eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 16/2

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
61
2005
162 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Erfolgreiches Ideenmanagement – Überwindung der Fuzzyness

61
2005
Horst Geschka
Die Bedeutung von Innovationen für die Existenz- und Zukunftssicherung eines Unternehmens ist heute von den meisten Unternehmen erkannt worden. Das Topmanagement gibt permanent entsprechende Erklärungen intern, aber auch nach außen ab. Innovation wird als sehr wichtig angesehen. Die Umsetzung dieser Erkenntnis ist ein systematisches Innovationsmanagement. Inzwischen ist auch das Innovationsmanagement empirisch gründlich erforscht worden; Erfolgsfaktoren wurden herausgearbeitet, Erfolgsbeispiele liegen vor und eine ganze Reihe bewährter Tools hat sich herausgebildet. Die konsequente Umsetzung ist in vielen Unternehmen noch nicht erfolgt; es bestehen noch Verbesserungspotenziale.
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24฀฀ WISSEN Erfolgreiches฀Ideenmanagement฀ -฀Überwindung฀der฀Fuzzyness฀ Horst฀Geschka Die฀Bedeutung฀von฀Innovationen฀für฀die฀Existenz-฀und฀Zukunftssicherung฀eines฀Unternehmens฀ist฀heute฀von฀den฀meisten฀Unternehmen฀erkannt฀worden.฀Das฀Topmanagement฀gibt฀ permanent฀entsprechende฀Erklärungen฀intern,฀aber฀auch฀nach฀außen฀ab.฀Innovation฀wird฀ als฀sehr฀wichtig฀angesehen.฀Die฀Umsetzung฀dieser฀Erkenntnis฀ist฀ein฀systematisches฀Innovationsmanagement.฀Inzwischen฀ist฀auch฀das฀Innovationsmanagement฀empirisch฀gründlich฀ erforscht฀worden; ฀Erfolgsfaktoren฀wurden฀herausgearbeitet,฀Erfolgsbeispiele฀liegen฀vor฀und฀ eine฀ganze฀Reihe฀bewährter฀Tools฀hat฀sich฀herausgebildet.฀Die฀konsequente฀Umsetzung฀ist฀ in฀vielen฀Unternehmen฀noch฀nicht฀erfolgt; ฀es฀bestehen฀noch฀Verbesserungspotenziale. 1฀ Der฀Innovationsprozess฀im฀Unternehmen Bevor aus einer Idee ein Produkt auf dem Markt wird, durchläuft diese Idee viele Entwicklungs- und Bewertungsstufen - den Innovationsprozess. Abb. 1 zeigt die Phasen des Innovationsprozesses: Er beginnt mit der Konzeptfindung, dann folgt das eigentliche Innovationsprojekt, das wiederum in drei Phasen gegliedert werden kann. In der ersten Phase, der Konzeptfindung, werden nach einer strategischen Ausrichtung Ideen generiert, ausgewählt und zu umsetzbaren Konzepten weiterentwickelt. Die zweite Phase des Innovationsprozesses umfasst die konzeptionelle Entwicklung der Innovationskomponenten. Eine Innovation besteht nicht nur aus einem neuen Produkt, sondern in der Regel aus vielen verschiedenen Neuerungen rund um das Produkt - den Innovationskomponenten: Dazu gehören neben dem neuen Produkt unter anderem neue Serviceleistungen, neue Marketingstrategien, neue Vertriebskonzepte, neue EDV-Konzepte und neue Produktionseinrichtungen oder -abläufe. In der dritten Phase des Innovationsprozesses erfolgt die Realisierung der vorher konzeptionell entwickelten Innovationskomponenten. Dabei ist zu beachten, dass die Verfügbarkeit aller Innovationskomponenten auf den gleichen Zeitpunkt, nämlich die Markteinführung, ausgerichtet sein muss. Einzige Ausnahme bildet hier das Marketing, das mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf zur Markteinführung einsetzen muss. Die vierte Phase des Innovationsprozesses ist die Einführung der Innovation am Markt. Viele Unternehmen haben ein systematisches Innovationsmanagement für die Phasen 2 bis 4 eingeführt und praktizieren es erfolgreich. Die Konzeptfindungsphase stellt allerdings einen Schwachstellenbereich dar. Sie wird im englischen Sprachgebrauch „fuzzy front end“ genannt; diese Bezeichnung soll ausdrücken, dass diese Phase vielfach unstrukturiert, zufallsbedingt, unsystematisch verläuft. Empirische Studien haben aufgezeigt, dass Mängel in dieser Phase Hauptgründe für das Scheitern von Innovationsprojekten sind. Auf der einen Seite führen Unternehmen Prozessabläufe und Regeln für die Durchführung von Innovationsprozessen ein, insbesondere in Form von Projektmanagement (z. B. Entscheidungsprozeduren, Projektplanung, Meilensteinplanung, Ressourcenplanung, Innovationscontrolling). Auf der anderen Seite können diese die Flexibilität und damit die Innovationsfähigkeit des Unternehmens behindern. Es sind Organisationskonzepte (Abläufe, Methoden, organisatorische Zuständigkeiten) zu schaffen, die beiden Aspekten Rechnung tragen. Die Konzeptfindungsphase ist so zu gestalten, dass hohe Flexibilität, vielfältige Informationsbeschaffung und bereichsübergreifende Zusammenarbeit gewährleistet sind. Ein straffes Projektmanagement kann erst nach Abschluss der Konzeptfindungsphase einsetzen. 2฀ Die฀Konzeptfindungsphase฀im฀Überblick Jedes Unternehmen kann und sollte auch für die Konzeptfindungsphase eine unternehmensspezifische Struktur schaffen. Abläufe, Methoden, Entscheidungspunk- Innovationsprojekt Innovationsprozess Konzeptfindung Entwicklung der Innovationskomponenten Schaffen der Marktbereitschaft Markteinführung 1 2 3 4 Abb.฀1: ฀Die฀Phasen฀des฀Innovationsprozesses aktuell projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 2/ 20 0 5 25฀฀ Anzeige te sowie Zuständigkeiten sind festzulegen; es muss aber auch Raum für Kreativität, Wechsel der Sicht und mehrfache Änderungen verbleiben. Abb. 2 zeigt die Aufgliederung der Konzeptfindungsphase in Stufen. Typisch für die Konzeptfindung sind folgende Aspekte: Im Sinne eines Managements von Innovationen ist der Beginn des Innovationsprozesses nicht bei der ersten Beschreibung einer Idee anzusetzen. Vielmehr beginnt der Innovationsprozess mit der Festlegung einer Innovationsstrategie. Diese Strategische Orientierung kann schriftlich in einem Strategiepapier festgehalten und verbreitet worden sein; sie kann aber auch aus persönlichen Äußerungen und entsprechendem Handeln des Topmanagements erkennbar werden. Auf der Grundlage der Strategischen Orientierung werden Innovationsideen zusammengetragen. Erfolgreich Innovationen anstrebende Unternehmen betreiben heute umfassende Ideenfindung, die nicht nur aus dem Unternehmen schöpft, sondern auch intensiv externe Quellen (Bedarfserfassung beim potenziellen Kunden, Lead-user-Einbindung, Technologie-Monitoring) nutzt. Große Zahlen von Ideen entstehen. In der folgenden Stufe der Ideenauswahl werden die Ideen in der Regel in mehreren Schritten bewertet, ausgewählt, ausgestaltet und erweitert. Wenige aussichtsreiche Ideen, die als Innovationskonzept ausgearbeitet sind, verbleiben. In dieser Stufe des Innovationsprozesses werden typischerweise Gruppen von Ideen bearbeitet. Im Prozess der Auswahl und konzeptionellen Ausgestaltung der Ideen ist irgendwann der Punkt erreicht, von dem an die Ideen nicht mehr als Ideengruppen, sondern einzeln bearbeitet werden sollten. Die Vorschläge sind dann einzelnen Mitarbeitern zur vertieften Informationsbeschaffung und konzeptionellen Durchdringung zu übertragen. An diesem Punkt entsteht das Vorprojekt. Das Management der Konzeptfindungsphase besteht im Wesentlichen darin, Abläufe festzulegen, für einzelne Arbeitsschritte geeignete, effiziente Methoden einzusetzen und organisationale Zuständigkeiten zu regeln. Zum einen muss es eine Zuständigkeit für den gesamten Prozess geben (process owner), zum anderen ist festzulegen, wer die einzelnen Arbeitsschritte auszuführen und die erforderlichen Entscheidungen zu treffen hat. Die spezifischen Methoden kommen dann im festgelegten Rahmen der Abläufe und Zuständigkeiten zum Einsatz. Ideenauswahl Vorprojekte Projekte • Strategische Leitlinien für Innovationen • Topmanagement -Mitwirkung • Informationsbeschaffung • Screening und Bewertungsmethodik • Konzeptionelle Weiterentwicklung • Ideenmanagement-System Strategische Orientierung Ideenfindung • Ideensammlung • Kundeneinbindung • Kreativitätstechniken • Workshops • Projektmanagement • Teams • Meilensteine • Projektzeitverkürzung • Projekt-Controlling • Informations- und Konzeptionsvertiefung • Detaillierte Analysen • Pflichtenheft • Marketinggrundkonzeption • Grobe Projektplanung • Projektteam Festlegung Entscheidung Innovationsprojekt Abb.฀2: ฀Die฀Stufen฀der฀Konzeptfindungsphase projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 2/ 20 0 5 aktuell 26฀฀ WISSEN 3฀ Die฀Stufen฀der฀Konzeptfindungsphase฀-฀Aufgaben฀ und฀Instrumente 3.1฀ Strategische฀Orientierung: ฀Leitlinien฀und฀Suchfelder฀für฀die฀Ideengenerierung฀festlegen Die Ideengenerierung soll sich an strategischen Leitlinien und Suchfeldern orientieren. Leitlinien für die Innovationssuche sind aus der bestehenden strategischen Unternehmensplanung abzuleiten. Sie können sich an Produkt- oder Funktionsfeldern, Know-how-Stärken, Marktsegmenten oder Technologien orientieren. Beispiele: Wir suchen Ideen für altengerechte Produkte im Sanitärbereich. Oder: Unser Know-how in der Sicherheitstechnik soll in Produkte des Freizeitbereiches eingebracht werden. Die Innovationsorientierung kann durch spezielle Methoden unterstützt werden. In Frage kommen vor allem ❏฀ die Produkt-Markt-Matrix (in Anlehnung an Ansoff), ❏฀ Suchfeldmatrizen, ❏฀ Szenarioanalysen. Diese Analysen führen letztlich dazu, für die Innovationssuche Felder festzulegen, die die strategischen Ziele unterstützen und ein attraktives Geschäftspotenzial darstellen. 3.2฀ Systematische฀Ideenfindung Die Leitlinien und Suchfelder sind den relevanten Mitarbeitern bekannt zu geben, um individuelle Ideenfindung anzuregen und passende vorhandene Ideen abzurufen. Wichtig ist, dass eine Stelle benannt ist, die die Ideen sammelt und einer Bearbeitung zuführt. (Die Mitarbeiter, die Ideen geliefert haben, müssen auch erfahren, dass sie bearbeitet werden, sonst sinkt die Bereitschaft, weitere Ideen einzubringen, deutlich ab.) Das breite, permanente Sammeln von Ideen ist sinnvoll und unverzichtbar. Um die Potenziale eines Feldes auszuloten und von der Zufälligkeit von Einzelideen wegzukommen, sollten darüber hinaus für die festgelegten Suchfelder Ideenfindungssitzungen oder Kreativ-Workshops durchgeführt werden. In diesen kommen insbesondere Kreativitätstechniken zur Anwendung. Für das Generieren von Innovationsideen eignen sich vor allem die Methoden Brainstorming und Kartenumlauftechnik, für besondere Aufgabenstellungen auch die Konfrontationstechniken. Für eine Ideenfindungssitzung ist ein Zeitrahmen von zwei Stunden anzusetzen. Einzuladen sind fünf bis sieben Mitarbeiter unterschiedlicher fachlicher und organisatorischer Herkunft, die aber alle eine Beziehung zum Thema haben sollten. Der Kreativworkshop ist einer in den Tagesablauf hineingeplanten Ideenfindungssitzung vorzuziehen. Er ist für mindestens einen Tag anzusetzen und sollte in störungsfreien Räumlichkeiten stattfinden. Hier kann mit einem gewissen Abstand zum Tagesgeschäft über neue Geschäftsfelder und Innovationen nachgedacht werden. Außerdem ist es möglich, mehrere Suchfelder zu bearbeiten und aussichtsreiche Ideen zu vertiefen. Nach Möglichkeit sollten zu solchen Workshops auch externe Experten, Kunden oder Endnutzer eingeladen werden. Ein Workshop ist bezüglich Ablauf, Methodeneinsatz sowie Geräteausstattung und Raumbedarf sorgfältig zu planen und vorzubereiten und sollte von einem versierten Moderator geleitet werden. Als Ergebnis einer Ideenfindungssitzung sind 30 bis 40 Ideen zu erwarten; in einem Workshop werden meist über 100 Ideen erarbeitet. Die Ideen sollten immer strukturiert (gegliedert) und einer ersten Spontanbewertung unterworfen werden. 3.3฀ Auswahl฀und฀konzeptionelle฀Vertiefung฀erfolgversprechender฀Ideen Aus den verschiedenen Quellen (freie Ideensammlung, Kundenvorschläge, Wettbewerbsanalysen, Technologieanalysen, Workshopergebnisse) kommen viele Ideen zusammen. Diese Ideenvielfalt ist gewollt, um aus der Fülle der Ideen die innovativen, erfolgversprechenden Ideen herauszufiltern. Die große Zahl an Ideen muss in einem effizienten und übersichtlichen Verfahren auf aussichtsreiche Vorschläge reduziert werden. Die Ideenbewertung und auswahl sollte in mehreren Stufen anhand eines festgelegten Bewertungssystems und durch bestimmte Bewertungsgremien vorgenommen werden. Es empfiehlt sich, zunächst nach Muss- und Sollkriterien auszuscheiden, dann die Nutzwertanalyse anzuwenden und schließlich Wirtschaftlichkeitsrechnungen (z. B. RoI, NPV) vorzunehmen. Typisch für den Bewertungs- und Auswahlprozess ist, dass von Stufe zu Stufe mehr und differenziertere Kriterien berücksichtigt werden. Gleichzeitig werden die Bewertungsverfahren komplexer, und es werden mehr Personen (z. B. Experten) herangezogen (vgl. Abb. 3). Häufig wirkt in der letzten Auswahlstufe die Geschäftsleitung mit. Die Bewertung und Auswahl von Innovationsideen sind begleitet von einem Prozess der Konkretisierung und Ausgestaltung der Vorschläge: Es werden viele vage Ideen eingebracht; im Auswahlprozess wird von Stufe zu Stufe die Informationsbasis verbessert, so dass ein tieferes Verständnis der Vorschläge entsteht und eine Konkretisierung möglich wird. Diese konzeptionelle Weiterentwicklung der Vorschläge durch die Bearbeiter soll bewusst gepflegt werden. Anzustreben ist, dass in der letzten Auswahlstufe abgerundete, überzeugende Konzepte als Projektvorschläge vorliegen. 3.4฀ Vorprojekte Aus der Ideenbewertung und -auswahl resultieren Projektvorschläge, die im Rahmen von Vorprojekten einem Assessment unterzogen werden (Feasibility-Studien). • Information • Weiterentwicklung der Ideen Viele Ideen • Bewertungsaufwand • Beteiligte Instanzen Lösungskonzept (Produktkonzept) Ideenfindungssitzungen Andere Quellen Abb.฀3: ฀Der฀Bewertungs-฀und฀Auswahlprozess aktuell projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 2/ 20 0 5 27฀฀ Hier werden technische Vorversuche durchgeführt; die Informationsbasis wird vertieft; es werden Anforderungen ermittelt, das Pflichtenheft, Marketingstrategien und Geschäftsplan festgelegt und eine grobe Projektplanung und -vorbereitung vorgenommen. Durch dieses „Projekt auf Bewährung“ werden Unsicherheiten, die im neuen Produkt oder Projekt liegen, reduziert und damit wird die Entscheidungsbasis deutlich verbessert. Häufige Defizite sind: Vorprojekte werden gar nicht durchgeführt; Marketingstrategien und Geschäftsplan fehlen oft. Die Marketingseite und die Geschäftsentwicklung müssen ebenso ausgearbeitet werden wie die technische Seite. Für die systematische Durchführung von Vorprojekten ist es entscheidend, dass ein Vorprojektleiter mit festgelegten Kompetenzen benannt wird. Er kann beispielsweise einzelne Mitarbeiter hinzuziehen, Gruppensitzungen einberufen oder kleine Aufträge vergeben. Über die positiv beurteilten Projektvorschläge wird in einem Managementgremium entschieden. Die so entstandenen Projekte sind dann an die F&E-Abteilung zu übergeben. Hier erfolgt der Übergang von der Phase der Konzeptfindung zum Innovationsprojekt. 4฀ Integration฀des฀Ideenmanagements฀im฀ Unternehmen Im vorangehenden Kapitel wurden die Stufen eines systematischen Ideenmanagements beschrieben; dabei standen das Vorgehen und die Methoden im Vordergrund. Überträgt man diese Ansätze ins Unternehmen, so sind zusätzliche Abläufe und Zuständigkeiten festzulegen. Heute wird man ein Ideenmanagement-System außerdem EDV-geführt konzipieren. Abb. 4 zeigt ein generelles Systemkonzept für Ideenmanagement, das natürlich unternehmensspezifisch angepasst/ abgeändert werden muss. Dazu seien einige Erläuterungen gegeben: ❏฀ Die „Strategischen Leitlinien für Innovationen“ werden aus der strategischen Planung des Unternehmens abgeleitet. Sie sind für längere Zeit gültig, sollten aber in bestimmten Abständen (z. B. ein Jahr) überprüft bzw. neu formuliert werden. ❏฀ Die Seele des Systems ist der Ideenmanager, der einerseits als Sammelstelle fungiert und andererseits den Ideenfluss bis zur Übergabe an die F&E-Abteilung administriert, betreut und verfolgt. ❏฀ Ein bereichsübergreifend zusammengesetzter Ideenbewertungsausschuss unterstützt ihn bei der Ideenbewertung und der Zuweisung der Ideen an interne Fachleute („Ideenkümmerer“). Sie sollen den Informationsstand der zugewiesenen Ideen verbessern und die Konzepte verfeinern. Der Ideenbewertungsausschuss ist auch für die zweite Bewertung zuständig, zu der fallweise interne und externe Experten hinzukommen. ❏฀ Die Ausarbeitung der Projektvorschläge wird vom Ideenkümmerer in Zusammenarbeit mit Fachabteilungen vorgenommen. ❏฀ Der Prozessdurchlauf und -speicher können nach projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 2/ 20 0 5 aktuell 28฀฀ WISSEN Innovationsarten, Geschäftsfeldern sowie anderen Kriterien differenziert werden. ❏฀ Man sollte auch den Ideenspeicher von Zeit zu Zeit durchforsten und Ideen „revitalisieren“ und in den Prozess neu einbringen; dabei ist eine „Aufbesserung“ in Kreativsitzungen sinnvoll. ❏฀ Die EDV-Führung des Systems in Form einer Ideendatenbank macht es möglich, den Ideenfluss für die betroffenen Mitarbeiter transparent und nachvollziehbar zu machen. ❏฀ Das Modell der Abb. 4 ist eine vereinfachte Darstellung. In der Praxis wird man mehrere Rückführungsschleifen (bei unklaren Ideen, bei Ideen mit zu geringem Informationsstand, bei Ideen mit ungelösten Teilaspekten etc.) vorsehen. Einige Unternehmen (z. B. Wella, 3M Espe, Bekaert) haben vergleichbare Ideenmanagementsysteme unter Einsatz einer Spezialsoftware eingeführt; die Systeme haben sich bewährt. 5฀ Voraussetzungen฀für฀ein฀erfolgreiches฀Ideenmanagement Unternehmen, die ein Ideenmanagement-System eingeführt haben, berichten über positive Effekte: ❏฀ Der Ideenfluss, der vorher durch eine unregelmäßige Folge von punktuellen Entscheidungen von Managern oder Gremien gekennzeichnet war, wurde durch einen berechenbaren Workflow ersetzt. ❏฀ Der Ideenfluss wurde erheblich beschleunigt. ❏฀ Die Qualität der realisierten Ideen wurde erhöht. ❏฀ Mehr Innovationen wurden hervorgebracht. ❏฀ Die Phase vor der Gründung von Projekten (Konzeptfindungsphase) wurde weitgehend transparent gemacht und wird damit zugänglich für Controlling und Analysen. ❏฀ Die Mitarbeiter haben das Ideenmanagement-System bereitwillig akzeptiert, weil es eine faire Behandlung ihrer Ideen gewährleistet und infolge der Transparenz die Kommunikation und Zusammenarbeit fördert. Die erfolgreiche Einführung eines Ideenmanagement- Systems knüpft allerdings an bestimmte Voraussetzungen an: ❏฀ Das System muss vom höheren Management (F&E- Leitung, Vorstand für Innovationen) nicht nur akzeptiert, sondern aktiv unterstützt werden. Ein Machtpromoter sollte sich für das Einführungsprojekt einsetzen. ❏฀ Neben dem Ideenmanagement-System darf es keine anderen Entscheidungswege für Innovationsvorschläge geben. (Wenn sich Sonderfälle einstellen, die anders zu behandeln sind, dann ist das System entsprechend zu ändern oder zu erweitern.) ❏฀ Alle Organisationseinheiten müssen ihre Rolle im Ideenmanagement-System positiv mitwirkend übernehmen. Das System wird nicht funktionieren, wenn sich einzelne Organisationseinheiten „ausklinken“ oder „mauern“. Um dies zu erreichen, muss in der Aufbauphase deutlich gemacht werden, dass das System für das Unternehmen, aber auch für die einzelnen Bereiche Vorteile bringt. ❏฀ Ein Ideenmanagement-System der geschilderten Art muss gründlich vorbereitet werden; eine Pilotphase von einigen Monaten ist zu empfehlen. Von Beginn der Analysen und konzeptionellen Überlegungen bis zur vollen Einführung wird wohl ein Jahr vergehe n. ■ Ideenkümmerer • Abweisen wegen Nichterfüllung formaler Kriterien • Verweisen an bereits laufende Projekte Clustern, Kategorisieren Strategische Leitlinien für Innovationen Projektentscheidung unter Beteiligung des höheren Managements Ideen- Speicher Multifunktionales Bewertungsgremium Strategiefilter Zuweisung A. Freie Ideensammlung B. Ideen aus strategischer Ideensuche Eingaben • Abweisen wegen Nichterfüllung der strategischen Leitlinien • Abweisen wegen Nichterfüllung von allgemeinen Muss-Kriterien • Positive Rückmeldung an Ideengeber Orientierungsrahmen Ressourcenbudgets • Abweisen wegen zu großen Ressourcenbedarfs • Zurückweisung als uninteressant • Zurückweisung wegen Nichterfüllung der allgemeinen Erfolgsfaktoren Aufbereitung der Ideen in der Ideensammelstelle Erstbewertung Strategiefit, Musskriterien Detaillierte Bewertung Nutzwertanalyse, Erfolgsfaktoren Ausarbeitung des Projektvorschlages Vorprojekt: Infobeschaffung, Konzept, Planung Suchfelder vorgeben Abb.฀4: ฀Ein฀allgemeines฀Ideemanagement-Modell aktuell projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 2/ 20 0 5 29฀฀ Literatur [1]฀Cooper,฀R.฀G.: ฀Predevelopment฀Activities฀Determine฀New฀ Product฀Success.฀In: ฀Industrial฀Marketing฀Management,฀Vol.฀ 17,฀August฀1988,฀S.฀237-247 [2]฀Geschka,฀H.: ฀Kreativitätstechniken.฀In: ฀Specht,฀D.; ฀Möhrle,฀ M.฀G.฀(Hrsg.): ฀Gabler฀Lexikon฀Technologie฀Management.฀Gabler,฀Wiesbaden฀2002,฀S.฀147-151 [3]฀Geschka,฀H.: ฀Kreativität฀in฀Projekten.฀In: ฀Gassmann,฀O.฀ (Hrsg.): ฀Praxiswissen฀Projektmanagement.฀Hauser,฀München,฀ Wien฀2005,฀S.฀153-181 [4]฀Geschka,฀H.; ฀Kirchhoff,฀G.: ฀FLUVIUS฀-฀An฀Idea฀Management฀ Software฀System.฀In: ฀Geschka,฀H.; ฀Moger,฀S.; ฀Rickards,฀T.฀ (Hrsg.): ฀Creativity฀and฀Innovation฀-฀The฀Power฀of฀Synergy.฀Proceedings฀of฀the฀Fourth฀European฀Conference฀on฀Creativity฀and฀ Innovation,฀Geschka฀&฀Partner,฀Darmstadt฀1994,฀S.฀141-149 [5]฀Geschka,฀H.; ฀Lenk,฀Th.: ฀Von฀der฀Strategischen฀Orientierung฀ zum฀F&E-Programm฀-฀Software-Unterstützung฀in฀der฀Vorphase฀des฀Innovationsprozesses.฀In: ฀Möhrle,฀M.฀G.฀(Hrsg.): ฀Der฀ richtige฀Projektmix.฀Springer,฀Berlin,฀Heidelberg฀et฀al.฀1999,฀ S.฀27-50 [6]฀Geschka,฀H.; ฀Lenk,฀Th.; ฀Vietor,฀J.: ฀The฀idea฀and฀project฀ database฀of฀WELLA฀AG.฀In: ฀International฀Journal฀of฀Technology฀ Management,฀Vol.฀23,฀2002,฀No.฀5,฀S.฀410-416 [7]฀Kleinschmidt,฀E.฀l.฀J.; ฀Geschka,฀H.; ฀Cooper,฀R.: ฀Erfolgsfaktor฀ Markt.฀Springer,฀Berlin,฀Heidelberg฀et฀al.฀1996 [8]฀Nehls,฀R.฀G.: ฀Innovationen฀typgerecht฀steuern฀-฀was฀es฀ bedeutet,฀was฀es฀bringt.฀In: ฀Harvard฀Manager.฀1991,฀Heft฀4,฀ S.฀49-55 Schlagwörter Ideenauswahl,฀Ideenfindung,฀Ideenmanager,฀Innovationsmanagement,฀Innovationsprozess,฀Konzeptfindung,฀Kreativworkshop,฀Vorprojekt Autor Prof.฀Dr.฀Horst฀Geschka฀ist฀Geschäftsführer฀der฀Geschka฀&฀Partner฀Unternehmensberatung฀in฀Darmstadt฀und฀ Inhaber฀des฀Lehrstuhls฀der฀Dr.-Otto- Röhm-Stiftungsprofessur฀für฀Unternehmensgründung฀der฀TU฀Darmstadt.฀ Er฀hat฀sich฀als฀Dipl.-Wirtsch.-Ingenieur฀schon฀früh฀dem฀Thema฀F&E-฀ und฀Innovationsmanagement฀gewidmet.฀Er฀war฀15฀Jahre฀in฀ der฀Battelle-Organisation฀in฀Frankfurt฀und฀Columbus฀(Ohio)฀ tätig฀und฀hat฀1984฀die฀Geschka฀&฀Partner฀Unternehmensberatung฀gegründet.฀Seine฀fachliche฀Ausrichtung฀liegt฀ganz฀ im฀Innovationsmanagement,฀wobei฀der฀Schwerpunkt฀bei฀ den฀frühen,฀vorbereitenden฀Aktivitäten฀des฀Innovationsprozesses฀liegt.฀Dabei฀sind฀Szenarioanalysen฀und฀Kreativ- Workshops฀Spezialgebiete. Anschrift Geschka฀&฀Partner฀Unternehmensberatung Eulerweg฀11 D-64291฀Darmstadt E-Mail: ฀info@geschka.de projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 2/ 20 0 5 aktuell