eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 16/3

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0886
UVK Verlag Tübingen
91
2005
163 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Fallstudie: Qualität in der Produktentwicklung durch Kundenperspektive sichern

91
2005
Frank Lubatsch
Die Beschreibung von Qualitätsmerkmalen, die Durchführung von Tests aus Kundensicht unter realen Bedingungen sowie die Qualifikation der Projektmanager sind Teile des Qualitätssicherungsprozesses PQP (Product-Quality-Planning). Ziel des PQP ist es, die Berücksichtigung der Kundensicht von der Produktidee bis zum Verkauf sicherzustellen. Mit dieser Vorgehensweise sollen die Qualität gewährleistet und die Kosten in der Entwicklung reduziert werden. Je früher die Fehler in der Entwicklung gefunden werden, desto günstiger ist die Fehlerbehebung. Je später im Entwicklungsprozess ein Fehler entdeckt wird, desto teurer wird seine Behebung. Die Kosten für eine solche Fehlerbehebung potenziert sich sogar nach der schematisch gesehenen 10er-Regel, je weiter die Entwicklung gediehen ist (sie Abb. 1). Die Fehlerbehebung in der Produktionsphase ist sehr viel teurer als in der Entwicklungsphase. Für die Behebung des Abrechnungsfehlers musste das Unternehmen ca. 20 % der Entwicklungskosten aufbringen. Und hat einen hohen Imageschaden erlitten! Wenn der PQP-Prozess bei der Entwicklung von „Musik-Download“ durchgeführt worden wäre, hätten die Kunden ein positives Produkterlebnis gehabt, und die Mehrkosten hätten vermieden werden können.
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35฀฀ Fallstudie: ฀Qualität฀in฀der฀ Produktentwicklung฀durch฀ Kundenperspektive฀sichern Frank฀Lubatsch Die฀Beschreibung฀von฀Qualitätsmerkmalen,฀die฀Durchführung฀von฀Tests฀aus฀Kundensicht฀unter฀ realen฀Bedingungen฀sowie฀die฀Qualifikation฀der฀Projektmanager฀sind฀Teile฀des฀Qualitätssicherungsprozesses฀PQP฀(Product-Quality-Planning).฀Ziel฀des฀PQP฀ist฀es,฀die฀Berücksichtigung฀der฀ Kundensicht฀von฀der฀Produktidee฀bis฀zum฀Verkauf฀sicherzustellen.฀Mit฀dieser฀Vorgehensweise฀ sollen฀die฀Qualität฀gewährleistet฀und฀die฀Kosten฀in฀der฀Entwicklung฀reduziert฀werden.฀Je฀früher฀ die฀Fehler฀in฀der฀Entwicklung฀gefunden฀werden,฀desto฀günstiger฀ist฀die฀Fehlerbehebung.฀Je฀ später฀im฀Entwicklungsprozess฀ein฀Fehler฀entdeckt฀wird,฀desto฀teurer฀wird฀seine฀Behebung.฀ Die฀Kosten฀für฀eine฀solche฀Fehlerbehebung฀potenzieren฀sich฀sogar฀nach฀der฀schematisch฀ gesehenen฀10er-Regel,฀je฀weiter฀die฀Entwicklung฀gediehen฀ist฀(siehe฀Abb.฀1).฀Die฀Fehlerbehebung฀in฀der฀Produktionsphase฀ist฀sehr฀viel฀teurer฀als฀in฀der฀Entwicklungsphase.฀Für฀die฀Behebung฀des฀Abrechnungsfehlers฀musste฀das฀Unternehmen฀ca.฀20฀%฀der฀Entwicklungskosten฀ aufbringen.฀Und฀hat฀einen฀hohen฀Imageschaden฀erlitten! ฀Wenn฀der฀PQP-Prozess฀bei฀der฀Entwicklung฀von฀„Musik-Download“฀durchgeführt฀worden฀wäre,฀hätten฀die฀Kunden฀ein฀positives฀ Produkterlebnis฀gehabt,฀und฀die฀Mehrkosten฀hätten฀vermieden฀werden฀können. N ach ausführlicher Ankündigung und Bewerbung in den Medien bringt das Telekommunikationsunternehmen BLU das Produkt „Musik-Download auf dem Handy“ auf den Markt. Vier Wochen später werden die ersten Rechnungen versandt. Es ist Montag, Montagmorgen. Die Telefone im Kundenservicecenter stehen nicht mehr still. Verärgerte Kunden rufen an und beschweren sich über ihre Rechnungen. Die Abrechnung von „Musik-Download“ ist fehlerhaft: Die geladenen Musiktitel werden manchmal doppelt berechnet. Dieses Problem ist den Mitarbeitern im Kundenservice unbekannt. Sie kennen weder den Grund für die falsche Abrechnung noch können sie kurzfristig eine Lösung anbieten. Die Kunden sind über die falsche Abrechnung und den inkompetenten Kundenservice sehr verärgert. Schlecht entwickelte Produkte belasten nicht nur das Ansehen, sie kosten das Unternehmen auch sehr viel Geld. Neue Produkte auf den Markt zu bringen und bestehende Produkte zu verbessern sind die wichtigsten Ziele eines Unternehmens. Sie fordern alle an der Entwicklung und Produktion Beteiligten heraus, die Produkte in immer rascherer Abfolge zu entwerfen, zu produzieren und zu testen - und dies gilt für alle Branchen. Daher wird es für die Mitarbeiter im Projektteam auch schwieriger, für die Qualität der Produkte zu sorgen. Sie müssen sich noch stärker als bisher auf den für ihre Arbeit wichtigsten Maßstab konzentrieren: die Kundenperspektive. Die Kundenperspektive ist die grundlegende Orientierung in dem Qualitätssicherungsprozess, der hier vorgestellt werden soll: dem PQP (Product-Quality-Planning). Er umfasst die Qualitätsplanung wie auch die Qualitätssicherung und -kontrolle und vermindert Qualitätsrisiken bereits in der Produktentwicklung. Zunächst werden die Fehler vorgestellt, die in der Produktentwicklung häufig gemacht werden, und dann die Maßnahmen erklärt, die sie zu vermeiden helfen. Auf diese Fehler wird am Beispiel des Produkts „Musik-Download“ der Reihe der Produktionsschritte nach eingegangen und anschließend werden drei Möglichkeiten aus dem PQP vorgestellt, die im Produktentwicklungsprozess helfen sollen, dessen Qualität zu sichern. Kosten zur Fehlerbehebung Entwicklungsprozess Konzept 1x 10x 100x Design Entwicklung Testing Produktion Abb.฀1: ฀Kosten฀der฀Fehlerbehebung฀mit฀fortschreitender฀Entwicklung projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 3/ 20 0 5 aktuell 36฀฀ WISSEN 1฀ Probleme฀in฀der฀Produktentwicklung 1.1฀ Businessplan Marko Wehlandt arbeitet im Bereich Sales und Marketing als Produktmanager. Er ist für die Entwicklung neuer Produkte verantwortlich. Neue Produkte werden für Kunden und daher am besten aus der Sicht des Kunden entwickelt. Die Entwicklungsgrundlage dieser Produkte sind Ergebnisse aus Marktforschungen, Produkte anderer Wettbewerber sowie Ideen von Mitarbeitern. Gerade arbeitet er daran, den Download von Musik auch via Handy anzubieten. Mit einer speziellen Software auf dem Handy soll sich der Kunde seine Wunschmusik aus dem Internet herunterladen können. Die Voraussetzung zur Entwicklung dieses Produkts ist ein Businessplan. Marko Wehlandt ist als Produktmanager dafür verantwortlich, dass darin alle für den Entwicklungsstart notwendigen Informationen zusammengetragen werden. Viele Produktideen werden vom Management-Board abgelehnt. Für den Produktmanager ist deshalb die Entwicklungsfreigabe für ein neues Produkt immer ein besonderes Ereignis. Nach Wehlandts Erfahrung legt das Management bei der Entscheidung über eine Freigabe besonderen Wert auf das Management-Summary. Je detaillierter dieses ausgearbeitet ist, desto höher sind die Chancen einer Entwicklungsfreigabe für sein neues Produkt „Musik-Download“. Im Management-Summary wird das Produkt genau beschrieben, seine Marktchancen werden dargestellt und seine Finanzierung wird berechnet. Auch die zeitliche Abwicklung des Projekts, die wichtigsten Meilensteine sowie die benötigten Ressourcen werden dargestellt. Eine Liste offener Punkte, ausstehender Entscheidungen sowie der Randbedingungen bei der Realisierung komplettieren den Businessplan. Für die Produktentwicklung ist es erforderlich, dass die Qualitätsmerkmale aus der Sicht des Kunden definiert sind. Im Businessplan für „Musik-Download“ hat Marko Wehlandt aber nicht die kennzeichnenden Eigenschaften (Qualitätsmerkmale) definiert. Er hat zunächst nur die technischen Funktionen beschrieben, die dem Kunden zur Verfügung stehen sollen. Vier Wochen nach Fertigstellung des Businessplans hat das Management-Board der Entwicklung grünes Licht gegeben. 1.2฀ Technisches฀Design Steve Raine ist Manager im Entwicklungsbereich und für die Erstellung der Designdokumente verantwortlich. Ihm fällt auf, dass der Businessplan unvollständig ist. Er vermisst die Qualitätsmerkmale und einige wichtige Kennzahlen. Außerdem sind die Annahmen zum Entwicklungsaufwand aus seiner Sicht nur unzureichend auf ihre Stichhaltigkeit geprüft. Auch ist die detaillierte Produktdefinition in einigen Punkten lückenhaft. So ist zum Beispiel nicht genau beschrieben, an welcher Stelle im System-Workflow sich das Musiksuchfeld zur Eingabe der Musiktitel öffnen soll. Steve Raine entscheidet aus der Perspektive eines Designers, wann sich das Musiksuchfenster öffnen soll, und definiert die ausstehenden Kennzahlen. Die fehlenden Qualitätsmerkmale werden von ihm nicht angegeben. 1.3฀ Entwicklung Zur Realisierung des Produkts „Musik-Download“ sind unter anderem Entwicklungen an der Abrechnungssoftware und am Funknetz notwendig. Diese beiden Systeme werden von unterschiedlichen Bereichen betreut und entwickelt. Jeder dieser Bereiche stellt einen eigenen Projektleiter. Paul Stickland ist für die Entwicklung der Software zur Abrechnung verantwortlich, Frank Punzel für diejenige im Funknetz. Die Entwicklungen an der Abrechnungssoftware und im Funknetz werden unabhängig voneinander aufgesetzt. Die verschiedenen technischen Strukturen der beiden Systeme rechtfertigen aus Sicht der Bereichsleiter zwei separate, parallel laufende Projekte. Paul Stickland und Frank Punzel formulieren die Ziele und erstellen die Projektplanung daher unabhängig voneinander. Im Funknetzprojekt von Frank Punzel wird die von Nokia und Nortel gelieferte Software getestet und implementiert. Im Softwareprojekt von Paul Stickland wird die Software dagegen eigenständig entwickelt. Marko Wehlandt kontrolliert den Entwicklungsstand aus Marketingsicht in beiden Projekten nur selten. Als Ansprechpartner steht er kaum zur Verfügung. Den Teams um Paul Stickland und Frank Punzel ist die Kundenperspektive im Gegensatz zu ihm unbekannt; deshalb bleibt ihnen als einzige Orientierung das technische Design. Hinzu kommt, dass die Software englischsprachige IT- Spezialisten entwickeln. Oft gehen dabei wichtige Informationen verloren, wenn die Designdokumente in deutscher Sprache verfasst oder schlecht übersetzt sind. 1.4฀ Testing Die Qualität der Produktsoftware wird in der Testabteilung überprüft. Simon Chinn ist Testmanager und für die Durchführung dieser Tests verantwortlich. Er hat zwei wichtige Aufgaben: Zum einen definiert er die Testszenarios. Diese simulieren den Kaufvorgang des Kunden und die Abrechnung der geladenen Lieder. Zum anderen setzt er die Testumgebung auf. Diese muss mit der Produktionsumgebung absolut übereinstimmen. So muss es möglich sein, in der Testumgebung Lieder herunterzuladen und dafür automatisch eine Rechnung erstellen zu lassen. Die Testszenarios werden von Simon Chinn auf der Grundlage des technischen Designs erstellt. Er ist von den Verzerrungen der Kundenperspektive betroffen, die Steve Raine eingebracht hat. Chinn selbst bringt weitere Verzerrung in die Produktentwicklung, indem er die Prioritäten vergibt, nach denen die Szenarios getestet werden. So hat er ausgiebig den Verkauf getestet, die Abrechnung jedoch vernachlässigt. Als Testmanager erstellt Simon Chinn am Ende der Testphase eine Installationsempfehlung. Diese gibt über die Qualität der getesteten Software Auskunft. Allerdings basiert diese Empfehlung, wie oben bereits ausgeführt, nur auf den Ergebnissen von Tests, die aus technischer Sicht entworfen und durchgeführt wurden. Die verantwortlichen Manager bekommen eine Zusammenfassung dieser Testergebnisse erst kurz vor dem Software-Roll-out. Das Management geht meist irrtümlich davon aus, dass die getestete Software auch in der aktuell projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 3/ 20 0 5 37฀฀ Produktionsumgebung fehlerfrei läuft und die Anforderungen der Kunden erfüllt. Diesen Nachweis kann der Test auf einer Testumgebung nur eingeschränkt erbringen. 1.5฀ Live-Betrieb Nachdem die Software in der Produktionsumgebung installiert und die ersten Handys mit der Funktion für den „Musik-Download“ verkauft worden sind, meldet sich die Kundin Ilka Sommer mit einer ernsten Beschwerde. Das ausgewählte Musikstück kann sie zwar kostenlos Probe hören und bei Gefallen herunterladen. Wenn sie allerdings beim Herunterladen während einer Bahnfahrt unterbrochen wird, zum Beispiel, wenn der Zug in einen Tunnel fährt und die Verbindung abbricht und sie danach versucht, den Song noch einmal zu laden, wird ihr dieser Song ein zweites Mal berechnet. Dieses typische Kundenszenario wurde bei der Entwicklung und im Test nicht berücksichtigt. Das Design wird meist von IT-Spezialisten erstellt. Diese kennen die Kundenperspektive nicht oder nur unzureichend und können sie deshalb im Designdokument nicht abbilden. Die Kundensicht verliert während der Entwicklung daher völlig an Bedeutung, wie Abb. 2 zeigt. 1.6฀ Zusammenfassung 1. Der Businessplan wird oft nur unzureichend definiert. Das Designteam bleibt bei offenen Fragen im Ungewissen und hat beim Erstellen der Designdokumente viel Interpretationsspielraum. 2. Sprachhürden bei der Erstellung des Designs und der Testszenarios bringen einen erheblichen Informationsverlust, wenn deutsch- und englischsprachige Mitarbeiter im selben Projekt arbeiten. 3. Die Designdokumente werden vom Produktmanager und von den Spezialisten nur unzureichend geprüft. Geforderte Funktionen werden unvollständig oder falsch entwickelt. 4. Das Projektteam für die Softwareentwicklung und dasjenige für die Funknetzentwicklung arbeiten unabhängig voneinander an der Realisierung des Produkts. Dadurch kommt es zu Abstimmungsproblemen und Reibungsverlusten. 5. Die Testszenarios basieren ausschließlich auf dem technischen Design, und die End-to-end-Tests werden aus einer rein technischen Perspektive durchgeführt. Die Kundenanforderungen spielen bei diesen Tests keine Rolle. 6. Die Empfehlung, die Software in der Produktionsumgebung zu installieren, basiert auf den Ergebnissen in einer Testumgebung. Sie ist daher nicht verlässlich; der Roll-out bringt viele Risiken mit sich. 2฀ Qualität฀durch฀Kundenperspektive฀sichern Es werden nun drei Instrumente vorgestellt, welche die oben dargestellten Fehler vermeiden helfen: ❏ Qualitätsmerkmale aus Kundensicht definieren; ❏ Kundentest durchführen; ❏ Projektmanager qualifizieren. Berücksichtigung der Kundensicht im Entwicklungsprozess Entwicklungsprozess Konzept Design Entwicklung Testing Produktion Abb.฀2: ฀Verlust฀der฀Kundensicht฀während฀der฀Produktentwicklung projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 3/ 20 0 5 aktuell 38฀฀ WISSEN 2.1฀ Qualitätsmerkmale฀aus฀Kundensicht฀definieren Es ist entscheidend, dass die Qualitätsmerkmale bereits zum Entwicklungsstart vollständig definiert sind. Marko Wehlandt hätte im Businessplan die Qualitätsmerkmale und die sich daraus ergebenden Anforderungen beschreiben müssen. Dabei ist es wichtig, dass sich die Qualitätsmerkmale am Customer-Life-Cycle orientieren. Über den Customer-Life-Cycle wird sichergestellt, dass alle Customer-Touch-Points berücksichtigt sind. Die Customer- Touch-Points sind die Situationen, in denen der Kunde und das Unternehmen in Kontakt treten. Für jeden Customer-Touch-Point ist mindestens ein Qualitätsmerkmal zu definieren. Ein wichtiger Customer-Touch-Point ist die Mobilfunkrechnung. Dort kann der Kunde Abrechnungsfehler entdecken. Die Fehler im Beispiel von „Musik-Download“ wären nicht aufgetaucht, wenn die funktionalen Eigenschaften (Qualitätsmerkmale) korrekt und umfassend definiert worden wären. Die richtige Abrechnung wäre hier das zu definierende Qualitätsmerkmal gewesen. Es fordert, dass die Abrechnung auch dann korrekt sein muss, wenn der Musik-Download mangels Netzversorgung unterbrochen wird. 2.2฀ Kundentest฀durchführen Deckt das Produkt die Erwartungen der Kunden, und kennen die Mitarbeiter im Kundenservice alle Produktfunktionalitäten? Diese Fragen kann ein Test beantworten, der aus Kundensicht in einer realen Umgebung (Produktionsumgebung) durchgeführt wird. Dieser Kundentest verringert das Risiko, dem Kunden ein Produkt anzubieten, das nicht hundertprozentig funktioniert. Mit diesem Test kann aber nicht nur die Funktionsfähigkeit des Produkts geprüft werden, er gibt auch Auskunft darüber, ob zum Beispiel die Mitarbeiter im Kundenservice alle Anfragen sachgerecht bearbeiten können. Der Abrechnungsfehler wäre vor der Produkteinführung entdeckt worden, wenn der Testmanager Simon Chinn einen Kundentest unter realen Bedingungen durchgeführt hätte. Hier ein Beispiel dafür, wie unter realen Bedingungen getestet wird: „Starte den Musik-Download, steige in eine U-Bahn, bis die Netzversorgung unterbrochen wird! Dann starte den Vorgang noch einmal und überprüfe die Rechnung! “ Wenn die Software und das Funknetz in der Produktionsumgebung eingesetzt, die Prozesse publiziert sind und die Mitarbeiter eine Produktschulung erhalten haben, sind die Mindestanforderungen an einen Kundentest unter realen Bedingungen erfüllt. Die so durchgeführten Kundentests können eine gültige Aussage zur Produktqualität vor deren Vermarktung geben. 2.3฀ Projektmanager฀qualifizieren Fehler im Projektmanagement schlagen sich unmittelbar auf den Projekterfolg und damit auf die Produktqualität nieder. Im Beispiel „Musik-Download“ waren dem Projektmanager seine Stakeholder unbekannt, und es gab keine Kommunikationsstrategie. Die Kommunikationsstrategie beschreibt, welche Stakeholder wann über welches Medium informiert werden, zum Beispiel über Meetings und Telefonkonferenzen. Zur Minimierung der Risiken im Projektmanagement müssen sich die Projektleiter geeignet qualifizieren. Zur Verbesserung der Qualifikation bieten sich passende Schulungen an. Eine mögliche Schulung ist der Qualifikationslehrgang zum/ zur „Projektmanagement-Fachmann/ -frau“, der die allgemeinen Grundlagen des systematischen Projektmanagements vermittelt. Lehrgangsziel ist die umfassende Ausbildung im Projektmanagement zur selbstständigen Planung und Steuerung der Projekte. Die Durchführung von Selfassessments ist eine weitere Qualifikationsmaßnahme. Das Selfassessment dient zur Bewertung der Projektmanagementfähigkeiten und wird mit der Software PM-Delta durchgeführt. Diese Software orientiert sich am Projektmanagementkanon der Gesellschaft für Projektmanagement (GPM). Sie gibt dem Projektmanager die Möglichkeit, seine Projektmanagementmethoden an einem neutralen, normenkonformen Standard zu messen. Die Fragen der GPM und die Antworten des Projektmanagers helfen diesem, seine Stärken zu erkennen und sein Potenzial im Projektmanagement zu zeigen. Das Selfassessment wird für alle Projektmanager durchgeführt, die an Produktentwicklungsprojekten arbeiten. Die Projektmanagementqualität im Unternehmen kann man auch durch Projektsimulationen verbessern. Diese Projektsimulationen werden im Rahmen von Projektcoachings vor und während der Projektphasen durchgeführt. Dabei simuliert der Computer in einem interaktiven und multimedialen Planspiel den Ablauf und die integrierte Steuerung eines Projekts mit real auftretenden Ereignissen. Zum Beispiel muss das Projekt unter Zeitdruck geplant und es müssen schnelle Entscheidungen getroffen werden, die den Projektablauf beeinflussen. ■ Schlagwörter Kundensicht฀in฀der฀Produktentwicklung,฀Produktentstehungsprozess,฀Projektcoaching,฀Projektsimulation,฀Qualitätsmanagement Autor Frank฀Lubatsch,฀Diplom-Kaufmann,฀ geb.฀1968,฀ist฀bei฀O 2 ฀Germany฀im฀ Bereich฀Corporate฀Quality฀tätig.฀Dort฀ arbeitet฀er฀als฀PQP-Manager฀(PQP: ฀ Product-Quality-Planning)฀und฀Projektmanager฀(B-Level-zertifiziert฀nach฀ IPMA).฀Seine฀Aufgabenschwerpunkte฀ sind฀neben฀der฀Entwicklung฀von฀ PQP-Strategien฀die฀Qualitätssicherung฀in฀der฀Produktentwicklung฀sowie฀die฀Durchführung฀von฀Customer-Readiness-Tests.฀Mit฀seinen฀Ergebnissen฀aus฀einem฀Pilotprojekt฀ zur฀Optimierung฀von฀Produktentwicklungen฀hat฀er฀den฀ Grundstein฀zur฀Standardisierung฀des฀PQP-Prozesses฀bei฀O 2฀ Germany฀gelegt. Anschrift O 2 ฀Germany฀GmbH฀&฀Co.฀OHG Georg-Brauchle-Ring฀23-25 D-80992฀München Tel.: ฀0฀89/ 24฀42-41฀32 Mobil: ฀01฀79/ 2฀95฀81฀42 Fax: ฀0฀89/ 24฀42-41฀45 E-Mail: ฀frank.lubatsch@o2.com www.de.o2.com aktuell projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 3/ 20 0 5