PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Nachrichten
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49 ■ Ein wichtiger, wenn nicht gar der wichtigste Erfolgsfaktor in Projekten sind die Menschen, die in dem Projekt mitarbeiten oder das Projekt leiten. Trotz dieser Binsenwahrheit war es in Unternehmen lange Zeit verbreitet, sich nicht über das übliche Maß hinaus um die Mitarbeiter in den Projekten zu kümmern. Die speziellen Anforderungen an das Projektpersonal wurden meist ignoriert. Seit einigen Jahren kann man hier einen Wandel beobachten. Die Menschen im Projekt rücken stärker in das Blickfeld der Personalabteilungen und der Vorgesetzten bis hin zur Ebene des Topmanagements. Die GPM-Expertentagung „People in Projects“ am 27. und 28. April in Darmstadt hat das Thema aufgegriffen und die Teilnehmer zu einem fruchtbaren Meinungsaustausch zusammengeführt. Die Tagung stand unter der Leitung von Prof. Hasso Reschke (Fachhochschule München) und Uwe Kliche (PM Academy München). Über wichtige Schwerpunkte soll im Folgenden ein kurzer Überblick gegeben werden. Projektmanagement-Qualifizierung Bei der Qualifizierung wurde der Bedarf an (konzern-)bereichsübergreifenden Vorgehensweisen deutlich. Durch die Qualifizierung soll unter anderem auch ein Standard für das Vorgehen in den Projekten im Gesamtkonzern angestrebt werden. Welche Größenordnungen hier erreicht werden, wurde von Dr. Christine Schamel und Gerd Schumacher am Beispiel der DB Bildung gezeigt. Im Jahre 2004 wurden hier rund 200.000 Teilnehmer von 600 fest angestellten und 100 freiberuflichen Trainern an über 100 Bildungsstandorten trainiert. In der Diskussion wurde die Frage der Messung der Transfererfolge solcher Trainings- und Entwicklungsmaßnahmen kontrovers erörtert. Projektmanagement-Karriere Die Projektmanagement-Karriereleiter als dritte Karriere-Säule im Unternehmen neben der Linien- und der Fachverantwortung ist nicht ganz unumstritten. Es wurden jedoch Ansätze vorgestellt, die sogar die Durchlässigkeit zwischen diesen Laufbahnen ermöglichen. Auch die Korrelation zwischen Karrierepfad und Gehaltsmodell, wie zum Beispiel bei Dornier Consulting, fand reges Interesse. Gerhard Fuchs betonte, dass bei Siemens neben dem Fach- und Projektmanagement-Wissen auch die praktische Erfahrung von mindestens fünf Jahren für die eigentliche Projektleiter-Laufbahn entscheidend sei. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Karriereplanung seien auch die präzisen Zielvereinbarungen mit entsprechenden, konkreten Messgrößen. „Gute“Zertifikateerfordern Garantiegeber,diesichdurch Bekanntheitsgrad,langjährige Bewährung,Neutralitätund Unabhängigkeitauszeichnen „Der Career Path in Project Management“ bei O 2 Germany sei voll in die Personalentwicklung eingebettet, betonte Peter Göttel, wobei die vier Ebenen mit den GPM-IPMA- Zertifikaten korrelieren. Der Karrierepfad ist aber auch in Kommunikations- und Informationsveranstaltungen rund um das Projektmanagement eingebunden. Projektmanagement-Kompetenz global In einem Vortrag über das Qualifikationsprogramm für Projektmanagement-Mitarbeiter bei Roche Diagnostics wurde die folgende These betont: „Es gibt keine nennenswerten Unterschiede in der Kompetenzentwicklung für Leadership in Matrix-, Linien- und Projektorganisationen“. Dies wurde sehr kontrovers diskutiert. Einig war man sich dagegen bei der Aussage, dass Organisationen klare Entwicklungsperspektiven für Projektleiter brauchen. Besondere Beachtung fand der Ansatz, dass die Eigeninitiative als der wesentliche Erfolgsfaktor bei der Entwicklung von Projektleadership-Kompetenzen für den weltweiten Einsatz gilt. Bei Lufthansa Systems werde mehr Wert auf die Kompetenzentwicklung als auf PM-Regelwerke und PM- Tools gelegt. Dabei ginge man davon aus, dass Kompetenz in erster Linie durch Praxis entstünde, erklärte Peter Ueberfeldt. Projektmanagement-Zertifizierung/ Professionalisierung In einem Plenumsvortrag führte Dr. Werner Dostal vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg in das Thema „Zertifizierung in projektorientierten Arbeitsmärkten“ ein. Nachdem er „Zertifikat“ als „jede Urkunde“ definiert hatte (z. B. auch Arbeitszeugnisse oder Hochschuldiplome), ging er auf die Vorzüge und die Gefahren bei der Nutzung von Zertifikaten in Matchingprozessen ein. Daraus entwickelte er am Ende übergeordnete Forderungen an „gute Zertifikate“. Dazu gehören insbesondere Garantiegeber, die sich durch Bekanntheitsgrad, langjährige Bewährung (Stetigkeit), Neutralität und Unabhängigkeit auszeichnen. In verschiedenen Vorträgen wurde die unterschiedliche Qualität der angebotenen Zertifizierungen diskutiert. Eindrucksvoll wurden auch die Kosten einer falschen Entscheidung in einem mittelständischen Unternehmen dargelegt sowie der anschließende Weg zur GPM-IPMA-Zertifizierung mit seinen Vorzügen. Auch das Thema der akademischen Ausbildung im Projektmanagement wurde am Beispiel des berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiengangs an der Fachhochschule in Friedberg diskutiert. Von allen Seiten wurde die Wichtigkeit zuverlässiger Zertifikate betont. BlendedLearning Am Beispiel des Projektmanagementsimulators SimulTrain wurden die Vorzüge des Blended Learning dargestellt. Peter Mietz-Mangold erläuterte vier wesentliche Faktoren, die für das Blended Learning maßgebend sind. Den Kern bildet die Integration des E-Learning in die Präsenzveranstaltungen. Die zweite Säule ist die Übungszentrierung der Online-Kurse. Die Lernprozessbegleitung funktioniert dann optimal, wenn sie mit angemessenen Lernfortschrittskontrollen Hand in Hand geht. Während der Tagung wurde mehrfach der Wunsch nach einer Plattform zum Gedankenaustausch und zur Weiterentwicklung der Themen geäußert. Die GPM wird sich dieser Frage annehmen und in Kürze eine Möglichkeit für alle Interessierten anbieten. NinoGrau GPM-Expertentagung: PeopleinProjects projekt M A N A G E M E NT 3/ 20 0 5 aktuell 52 NACHRICHTEN ■ Entrepreneurship im Projektmanagement oder die Frage „Was kann das Projektmanagement von Unternehmern lernen? “ stand im Mittelpunkt der diesjährigen „interPM - Konferenz zur Zukunft im Projektmanagement durch interdisziplinäre Ansätze“, die Anfang April bereits zum dritten Mal stattfand. Trotz Ferienzeit, Wochenende und herrlichem Wetter waren knapp 100 Teilnehmer nach Glashütten gekommen, um gemeinsam und interdisziplinär zu lernen. Der typische Unternehmer steht für Mut, Wille, Neugier, entschlossenes Entscheiden und Handeln, Risikofreude, Problemlösefähigkeit, Initiative und Selbstständigkeit. In diesem positiven Bild sind Unternehmer beispielgebend für Projektmanager. Als Intrapreneure können Projektmanager mit derselben Einstellung wie ein Unternehmer zum Wohle des Unternehmens und zum Wohle des von ihnen verantworteten Projektes agieren. Auf der Konferenz wurde deutlich, dass dies natürlich nur in den Organisationen möglich wird, die den Projektmanagern auch die erforderlichen „unternehmerischen Freiräume“ einräumen und Verantwortung übertragen. Konferenzeneinmaletwasanders: RückblickaufdieinterPM2005 N Vorausschau (Predictive Intelligence) Entscheidungsfähigkeit (Decisive Intelligence) Wahrnehmungsfähigkeit (Perceptual Intelligence) Nachhaltigkeit (Sustaining Intelligence) Energetisierende Kraft (Energia Intelligence) Identitätskraft (Pathfinding Intelligence) Emotionskompetenz (Emotional Intelligence) Schöpfungskraft (Creation Intelligence) Wie rufen wir im Projektmanangement alle Intelligenzien hervor? Emotionen lebendig dosieren Netzwerke schaffen und nutzen Erfolge ausleben und Angst aushalten Akzeptiertes Wertesystem als Voraussetzung f. Nachhaltigkeit Keine Nachhaltigkeit ohne kontrollierte Veränderung ... durch Normen, Werte und Kultur ... durch klare und gemeinsame Ziele ... braucht Transparenz, Zuwendung und Wertschätzung Auf beweglicher Plattform bewegliche Ziel ansteuern Vernetzung verstehen und betreiben Denken über das Projektende hinaus Komplettes Team in Wahrnehmung einbeziehen Offen Kommunikation vorleben Mit allen Augen sehen ... Entsteht im Widerspruch zu Routine Wie können PL und Unternehmer gemeinsam Schöpfungskraft wirken lassen? Freiraum - Not - Vision - Motivation Ich mache die Augen zu und prüfe mit dem Wahrgenommenen, ob die Zeit reif ist Ich starte, wenn alle ungefähr dieselbe Richtung nehmen; nur beim Fahren kann man lenken Vision - Kickoff - Punkte des Innehaltens während des Projektes - Nachbereitung Ich verabschiede mich von dem Zwang 100%iger Entscheidungen Ich bringe Kopf, Herz und Bauch in mir in Einklang Aus Entscheidungen lernen Die Besonderheit der Konferenz interPM besteht in der ausgewogenen Mischung aus Fachbeiträgen (Informationen) einerseits und der aktiven Einbindung der Teilnehmer andererseits. So wurde auch in diesem Jahr neben Vorträgen und Workshops durch eine weiterentwickelte Form der OpenSpace-Technologie wieder ein breiter Dialog unter den Teilnehmern ermöglicht. Eröffnet wurde die Konferenz mit einem Schlüsselvortrag von Prof. Gunter Dueck, Chief Technologist von IBM Global Services Germany. „Unternehmer, Pioniere, Künstler, Entrepreneure. Wenn sie zusammenarbeiten, verstehen sie sich oft nicht, weil sie buchstäblich auf verschiedenen Hirnfrequenzen denken. Und wenn sie dies merken, verlangen sie oft voneinander, alles gleichzeitig sein zu können: Techie, Manager und Entrepreneur - das All-in-One-Wesen. Dies finden wir sicher nur in Einzelfällen vor, doch schön wäre es, wenn Sie zumindest dies als Problem erkennen.“ Zweiter Key-Note-Sprecher war Prof. Jörg Knoblauch, geschäftsführender Gesellschafter mehrerer Unternehmen und Gewinner des „Best Factory Award“. Er betonte, dass der Erfolg von Projekten genauso wie von Unternehmen allein durch die Mitarbeiter erreicht wird. Sie sollten daher mitwissen, mitdenken, mitlernen, mitverantworten, mitgenießen und schließlich mitbesitzen können, damit ihr Wollen und ihr Können zum Erfolg beitragen. Jede Investition in Mitarbeiter ist, so sein Plädoyer, „eine Saat, die nach einer Zeit aufgeht, Früchte trägt und Ernte einbringt“. In dem folgenden Großgruppenworkshop wurde der Unternehmer in seinen verschiedenen Fassetten dargestellt. Mit Hilfe des Modells der Ratsversammlung wurden acht wesentliche Perspektiven des ganzheitlichen unternehmerischen Denkens und deren Übertragbarkeit auf das Projektmanagement herausgearbeitet. Dies waren die Perspektiven „Schöpfungskraft“, „Wahrnehmungsfähigkeit“, „Emotionskompetenz“, „Identitätskraft“, „Nachhaltigkeit“, „Vorausschau“, „Entscheidungsfähigkeit“ und „energetisierende Kraft“ (siehe Abbildung). Das Vortragsprogramm sowie die Workshops boten mit 24 Beiträgen einen interessanten Ausblick auf die Zukunft des Projektmanagements. Grundsatzbeiträge zum Intrapreneurship und Ansätze zu einem interdisziplinären, integrativen Projektmanagement waren ebenso vertreten wie Erfahrungsberichte, Praxisbeispiele und Forschungsergebnisse zu aktuellen Themenstellungen. Dazu zählten beispielsweise die projektorientierte Unternehmensführung, die Kompetenzfelder des IT-Projektmanagements und die Erfolgsfaktoren im internationalen Projektmanagement. Pointierte Beiträge zum „Abenteuer Wertvernichtung“, zu den „Bugs verschiedener Projektmanagement-Versionen“ und zum „Unternehmenstheater“ als neuartiger Methode des Change Management rundeten das Bild ab. Der Konferenzband ist im dpunkt. verlag erschienen (A. Frick, G. Kerber, R. Marré: Entrepreneurship im Projektmanagement, Beiträge zur Konferenz „interPM“, Heidelberg 2005, ISBN 3-89864-349-2) und auch über die Geschäftsstelle der GPM zum Preis von 42,- Euro zu beziehen. Weitere Informationen unter www.interPM.de. AndreasFrick(Konferenzleitung), Dr.ReinerHelfrich(T-Systems) AchtwesentlicheUnternehmerperspektiven SiegfriedWien,Stuttgart aktuell projekt M A N A G E M E NT 3/ 20 0 5