PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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Gesellschaft für Projektmanagement„Projektmanagement hat für Banken heute strategische Bedeutung!“
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2006
Oliver Steeger
Von projektorientierten Organisationen reden viele. Der IT-Dienstleister „Postbank Systems“ hat mit seinen rund eintausend Mitarbeitern den Schritt nach vorne getan und Projektmanagement zur Vorstandssache erklärt. Mit wenigen, doch entscheidenden Änderungen in seiner Organisation hat sich das Bonner Unternehmen fit für das „Management by Project Management“ gemacht. Im Gespräch erläutert Vorstandmitglied Richard Moormann die Strategie.
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26 SCHWERPUNKT Projektmanagement ist in den letzten Jahren in der Finanzdienstleistungsbranche immer wichtiger geworden. Als Vorstand betonen Sie, dass Projektmanagement für die Entwicklung Ihrer Branche unerlässlich ist. Richtig. Projekte bringen eine Bank voran. Sie sind Katalysatoren für die Entwicklung. Deshalb hat Projektmanagement eine hohe strategische Bedeutung auch für die Postbank. Das Bankgeschäft scheint für Außenstehende doch eher Routinearbeit zu sein. Im Endkundengeschäft haben alle Voll-Banken ähnliche, wenn nicht sogar identische Produkte. Wo setzen Sie Projektmanagement ein? Bei einer Bank gibt es vereinfacht gesagt zwei Säulen des Handelns. Die eine Säule nennen wir „Run the Bank“. Hier geht es, wie Sie eben skizziert haben, um das Tagesgeschäft, um die Dienstleistungen für unsere Kunden und die sichere Abwicklung beispielsweise von Transaktionen. Wir haben rund zwölf Millionen Kunden. Die technische Bewältigung der täglichen Transaktionen ist eine wichtige Aufgabe der Postbank Systems. Dort dürfte Projektmanagement eher eine untergeordnete Rolle spielen … Ja, das stimmt. Spannender ist die zweite Säule des Handelns; wir nennen sie „Change the Bank“. Hier geht es um die Weiterentwicklung des Unternehmens beispielsweise mit neuen Produkten und vor allem um die ständige Verbesserung von Prozessen. In diesem Bereich ist hervorragendes Projektmanagement unerlässlich. Projektmanagement als wesentlicher Erfolgsfaktor - was haben Sie daraus konkret für die Postbank Systems abgeleitet? Wir haben die Organisation der Postbank Systems entsprechend aufgebaut. Wir haben dafür zwei Vorstandsbereiche; der eine Bereich unterstützt das Tagesgeschäft der Bank, der andere Bereich … … Ihr Bereich … … ist mit der Weiterentwicklung befasst. Das Projektmanagement untersteht meinem Vorstandsressort. Dieser Bereich ist stark projektorientiert aufgebaut. Im Jahr 2005 wickeln wir rund hundert IT-Projekte ab, um die Postbank voranzubringen. Beide Bereiche sind klar getrennt? Ja, wir haben im Laufe der letzten Jahre die Bereiche RichardMoormann,VorstandProjektebeiderPostbank SystemsAG: „UnsereProjektleitermüssendiePostbank unddiePostbankSystemsvoninnenherkennen.“ Foto: PostbankSystems „Projektmanagementhatfür Bankenheutestrategische Bedeutung! “ RichardMoormann,VorstandderPostbankSystems,imGespräch OliverSteeger VonprojektorientiertenOrganisationenredenviele.DerIT-Dienstleister„PostbankSystems“hatmitseinenrundeintausendMitarbeiterndenSchrittnachvornegetanund ProjektmanagementzurVorstandssacheerklärt.Mitwenigen,dochentscheidendenÄnderungeninseinerOrganisationhatsichdasBonnerUnternehmenfitfürdas„Management byProjectManagement“gemacht.ImGesprächerläutertVorstandsmitgliedRichardMoormanndieStrategie. aktuell projekt M A N A G E M E NT 1/ 20 0 6 PM_1_06.indd26 20.12.200517: 09: 53Uhr 27 immer deutlicher getrennt - letztlich auch, um Projektarbeit und Linienarbeit voneinander abzugrenzen. Welchen konkreten Anlass hatten Sie für diese Trennung? Ende der 90er Jahre stand die Postbank vor der Herausforderung, ihre Informationstechnologie auf einen bevorstehenden Strukturwandel im Bankengeschäft vorzubereiten. Wir haben allerdings unsere Projektorganisation stufenweise entwickelt. Dieser Prozess hat im Ganzen fünf Jahre gedauert. Es hat verschiedene Entwicklungen und Aufgaben gegeben, die uns von der Notwendigkeit organisatorischer Schritte überzeugt haben. Einer davon war ein Projekt, das wir im Jahr 2002 gemeinsam mit der SAP gestartet haben und das mit seiner Größe im deutschen Bankensektor Aufmerksamkeit erregt hat. Es bildete die Initialzündung, ein umfassendes Projektmanagement-System zu entwickeln und zu professionalisieren. Damals haben wir Projektmanagement zunächst noch nicht als eigenständiges Management erkannt. Wir haben mit der angesprochenen Neuorganisation unseres Geschäfts im Mai 2004 begonnen. Damals wurden dann die beiden Bereiche „Betrieb“ und „Projekte“ getrennt. Welche Vorteile hat dieser Schritt für das Projektmanagement? Eine ganze Reihe von Vorteilen. Erstens, unsere Projektleiter arbeiten jetzt hauptamtlich. Sie sind allein in Projekten beschäftigt und müssen nicht noch zusätzlich Linienaufgaben wahrnehmen … … eine Regelung, die Experten seit Jahren der Wirtschaft empfehlen … … und eine sehr sinnvolle Empfehlung, denke ich. Wir haben mit diesem Modell gute Erfahrungen gesammelt. Zweiter Vorteil für das Projektmanagement: Wir legen großen Wert auf eine hervorragende Qualifizierung unserer Projektleiter. Hier greift eins ins andere. Wir brauchen Spitzen-Projektleiter; weil Projektleiter bei uns hauptamtlich arbeiten, lohnt sich die intensive Qualifizierung. Projektleiter dürfen bei uns nur nach intensiver Ausbildung Projekte leiten - selbst dann, wenn sie zuvor bereits Erfahrungen als Projektleiter gesammelt haben. Zudem lassen wir alle Projektleiter nach IPMA- Standard zertifizieren. Projektorientierte Unternehmen müssen anders aufgebaut sein als herkömmliche Unternehmen. Der Projektleiter wird ja nicht aus einer Linienfunktion heraus zu einem Projekt gerufen, in die er wieder zurückkehrt … Wir haben unsere rund 50 Projektleiter in einem Skill- Pool zusammengefasst und können unserem Mutterkonzern rund 10.000 Projektleitertage im Jahr anbieten. Der Pool wird von einem People-Manager geleitet, dem der Projektmanager disziplinarisch untersteht. Fachlich ist er vergleichsweise frei. Wie rekrutieren Projektmanager die Fachkräfte für ihr Team? Neben dem Projektleiter-Pool gibt es bei uns sechs weitere Skill-Pools, in denen unsere Fachleute zusammengefasst sind. Wir haben Pools beispielsweise für SAP-Spezialisten. Auch sie werden von People-Managern geleitet. Diese People-Manager haben die Aufgabe, ihre Spezialisten an die Projekte zu vermitteln. Das heißt, Projektleiter müssen nicht um ihre Spezialisten bitten. Ihnen werden die Mitarbeiter angeboten …? Genau. Außerdem werden Projektleiter von einem Project-Office unterstützt. Hier arbeiten Projektkoordinatoren als Dienstleister für die Projekte. Um nochmals auf einen Punkt zurückzukommen: Sowohl für die Projektleiter als auch für die Spezialisten gilt, dass sie nur in Projekten eingesetzt werden. Sie werden nicht in der Linie eingesetzt? Nein, sie arbeiten ausschließlich in Projekten. Damit wird die vielfach beklagte Konkurrenz um Fachleute zwischen Projekt und Linie ausgeschlossen. Disziplinarisch unterstehen unsere Projektmanager und Fachmitarbeiter den People-Managern ihrer Pools. Es gibt durchaus Parallelen zum Sport. Wer im Zehnkampf einen Wettbewerb gewinnen will, muss in allen zehn Disziplinen Leistungen bringen - und das sind im Einzelnen nicht immer Spitzenleistungen. Die großen Weltrekorde werden allerdings in Einzeldisziplinen erzielt. Was bedeutet dies übertragen auf das Projektmanagement? Wer von seinen Projektmanagern Spitzenleistung einfordert, darf sie nicht mit anderen Aufgaben belasten, in projekt M A N A G E M E NT 1/ 20 0 6 aktuell PM_1_06.indd27 20.12.200517: 09: 54Uhr 28 SCHWERPUNKT denen sie auch noch gute Leistungen bringen sollen. Er muss seinen Projektmanagern den Freiraum geben, allein in ihrer Disziplin Bestleistung zu entfalten. Deshalb haben wir für Projektleiter und auch Fachmitarbeiter eigene Karrierepfade eingerichtet. Das heißt? Häufig sind die Positionen des Spezialisten und des Projektmanagers nur Durchgangsstationen für eine Führungskarriere. Mit unserem Karrierepfad haben wir eine Alternative entwickelt: Sowohl Projektleitern als auch Spezialisten bieten wir Möglichkeiten der beruflichen Entwicklung, die denen unserer Führungskräfte gleichen - auch von den Benefits her. Ich darf noch einmal auf das Projektmanagement selbst zurückkommen. Welche Qualifikationen müssen Projektmanager mitbringen? Qualifiziert werden sie durch die Lehrgänge. Dort lernen sie die Techniken und Methoden anzuwenden. Wichtige Voraussetzung sind in unserem Bereich allerdings eine gründliche Kenntnis des Bankgeschäfts sowie Kommunikationsfähigkeiten, ja, generell soziale Kompetenz. Sie ist eine wichtige Begleiterin beim Projektmanagement. Sie haben die Neuorganisation Ihres Unternehmens in die Bereiche „Run the Bank“ and „Change the Bank“ im Mai 2004 gestartet. Wie lange hat es gedauert, bis die Trennung sich organisatorisch ganz vollzogen hat? Sechs Monate brauchten wir, bis die neue Organisation komplett funktionierte. Es kamen auf unsere Mitarbeiter eine ganze Reihe von Veränderungen zu. Gab es Widerstände? Ich habe beobachtet, dass die „Zehnkämpfer“, von denen ich eben sprach, zunächst Probleme mit der neuen Organisation hatten. Das waren die Mitarbeiter, die Ambitionen sowohl für die Fachals auch für die Projektleiterlaufbahn hatten. Sie mussten sich ja nun für eine Laufbahn entscheiden. Welche Erfahrungen haben Sie mit der verpflichtenden Ausbildung und der Zertifizierung für alle Projektleiter gemacht? Sehr gute Erfahrungen. Selbst die Projektleiter, die bereits seit 15 oder mehr Jahren im Projektmanagement tätig waren, profitierten davon. Sie konnten einzelne Wissenslücken schließen und haben sich zudem positiv über die nun einheitliche Projekt-Fachsprache geäußert, die die Verständigung erleichtert. Die einheitliche Qualifizierung kommt auch bei unserer Kundin gut an. Verpflichten Sie auch externe Projektleiter oder werben Sie von außen Projektleiter an? Nein. Unsere Projektleiter müssen die Postbank und die Postbank Systems von innen her kennen. Ebenso wichtig ist ein Netzwerk im Konzern - was natürlich die Akzeptanz unserer Projektleiter im Mutterkonzern erhöht. ■ Der IT-Dienstleister Postbank Systems AG ist eine hundertprozentige Tochter der Deutschen Postbank AG. Das im Frühjahr 2000 gegründete und in Bonn ansässige Unternehmen bietet alle Produkte des IT- Betriebs sowie alle IT-Projekte; es beschäftigt mehr als 1.000 Mitarbeiter. Der Vorstand: Klaar de Graaf (Vorsitzender), Manfred Löw, Dr. Thomas Mangel und Richard Moormann. Die Postbank hat über zwölf Millionen Kunden und bewältigt allein im Zahlungsverkehr 6 Mrd. Transaktionen jährlich. Eine zentrale Herausforderung liegt in der effizienten und kostengünstigen Abwicklung der enormen Datenvolumina. So hat die Postbank Systems gemeinsam mit SAP eine Standardsoftware für große Retailbanken entwickelt. Im neuen Geschäftsfeld Transaction Banking stellt die Postbank anderen Banken Zahlungsverkehrsabwicklung als Dienstleistung zur Verfügung. Hier hat die Postbank im Jahr 2004 die Abwicklung des Zahlungsverkehrs sowohl für die Deutsche Bank als auch für die Dresdner Bank übernommen. DiePostbankSystemsAG aktuell projekt M A N A G E M E NT 1/ 20 0 6 PM_1_06.indd28 20.12.200517: 10: 22Uhr