PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2006
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Gesellschaft für ProjektmanagementOrganizational Project Management Maturity Model (OPM3) des PMI
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2006
Heinz Schelle
Das Projektbenchmarkingmodell des Project Management Institute of America (PMI) [1] ist im Gegensatz zu einer Reihe von anderen Modellen wie etwa CMM bzw. CMMI, BOOTSTRAP, SPICE oder dem Ansatz von Kerzner relativ spät, nämlich 2003, auf dem Markt erschienen. Es gehört zu den branchenneutralen Modellen, mit denen gemessen werden soll, wie hoch die Fähigkeiten einer Organisation zur Planung und Realisierung von Projekten sind. Schon wegen der starken Stellung des PMI ist zu erwarten, dass es viele Anwender finden wird. In einem zweiten Beitrag in diesem Heft wird eine in der Bundesrepublik erstellte Studie präsentiert. Auf der Grundlage von OPM3 wurde der Reifegrad der Projektmanagersysteme von rund 60 Finanzdienstleistern gemessen (S. 12).
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29 B esonders auffallend und erfreulich ist am Projektbenchmarkingmodell des PMI, dass im Gegensatz zum PMBOK der Zusammenhang zwischen Projektmanagement und Unternehmensstrategie stark betont und die Betrachtung nur eines einzigen Projekts aufgegeben wird. Dies zeigt schon der neu geprägte Terminus „Organizational Project Management“, definiert als „systematic management of projects, programs and portfolios in alignment with the achievement of strategic goals“ [1, S. XIII]. Die Grundannahme ist, dass die Fähigkeiten einer Organisation beim Management von Projekten, Programmen und Portfolios und die Fähigkeit, eine einmal gewählte Strategie auch zu realisieren, stark korrelieren. Im Folgenden wird das Modell in seinen Grundzügen beschrieben. Auf die Schilderung der umfassenden Bewertung (Comprehensive Assessment im Gegensatz zum High-Level-View [1, S. 37]) wird verzichtet. Die Entwickler wählten für die Strukturierung mehrere Dimensionen. Zunächst werden drei so genannte Domänen oder Ebenen des Assessments unterschieden, nämlich ❏ Projekt, ❏ Programm und ❏ Projektportfolio. Projekte und Programme bilden das Projektportfolio einer Organisation. Für den Terminus „Projekt“ wird die bewährte Definition aus dem PMBOK verwendet. Ein Programm wird definiert als „a group of related projects managed in a coordinated way to obtain benefits and control not available from managing them individually”. Unter einem Portfolio versteht das PMI „a collection of projects and/ or programs and other work that are grouped together to facilitate effective management of that work to meet strategic objectives. The projects or programs may not necessarily be interdependent or direct related.“ [1, S. 4] Eine weitere Kategorisierung liefert die Unterscheidung in vier aufeinander folgende Stufen der Entwicklung eines Projektmanagementsystems, nämlich ❏ Standardisierung, ❏ Messung, ❏ Control (im Kontext am besten wohl mit Kontrolle übersetzt) und ❏ kontinuierliche Verbesserung. Die beiden Dimensionen der Betrachtung sind in der Abbildung kombiniert. DasaktuelleStichwort: OrganizationalProject ManagementMaturityModel (OPM3)desPMI HeinzSchelle DasProjektbenchmarkingmodelldesProjectManagementInstituteofAmerica(PMI) [1]istimGegensatzzueinerReihevonanderenModellenwieetwaCMMbzw.CMMI, BOOTSTRAP,SPICEoderdemAnsatzvonKerznerrelativspät,nämlich2003,aufdemMarkt erschienen.EsgehörtzudenbranchenneutralenModellen,mitdenengemessenwerden soll,wiehochdieFähigkeiteneinerOrganisationzurPlanungundRealisierungvonProjektensind.SchonwegenderstarkenStellungdesPMIistzuerwarten,dassesvieleAnwenderfindenwird.IneinemzweitenBeitragindiesemHeftwirdeineinderBundesrepublik erstellteStudiepräsentiert.AufderGrundlagevonOPM3wurdederReifegradderProjektmanagementsystemevonrund60Finanzdienstleisterngemessen(S.12). Standardize Measure Control Continuously Improve Portfolio Program Project Increasing Maturity EntwicklungdesReifegradsnachOPM3 WISSEN projekt M A N A G E M E NT 1/ 20 0 6 aktuell PM_1_06.indd29 20.12.200517: 10: 23Uhr 30 WISSEN Bei dieser Systematik gibt es Parallelen zu CMM, wenngleich das PMI OPM3 nicht als Stufenmodell betrachtet, sondern von einem Kontinuum der Reife spricht. Eine dritte Dimension fügen die Entwickler mit der bereits aus dem Project Management Body of Knowledge (PMBOK) bekannten Unterscheidung der Prozesse in ❏ Start- (Initiating), ❏ Planungs-, ❏ Ausführungs-, ❏ Controlling- und ❏ Abschlussprozesse hinzu. BewertungdesProjektmanagementsystemseiner OrganisationdurchOPM3 OPM3 bietet dem Benutzer für die Selbstbewertung einen Katalog von 151 Fragen an. Für die Beantwortung und anschließende Auswertung gibt es ein EDV-Programm. In den Fragen finden sich die oben angeführten Dimensionen in unterschiedlichem Ausmaß wieder. Der Fettdruck mancher Begriffe im Text wurde vom Verfasser vorgenommen, um dies zu zeigen. VierausgewählteBeispiele Frage 23: „Gibt es in Ihrer Organisation standardisierte und dokumentierte Prozesse auf der Projektebene für den Abschluss des Vorhabens? Werden sie auch praktiziert? “ Frage 26: „Hat Ihre Organisation eine einheitliche Methode für die Definition, Sammlung und Analyse von Projektmetriken (Aspekt der Messung auf Projektebene; der Verfasser), um sicherzustellen, dass die Projektdaten konsistent und genau sind? “ Frage 60: „Existieren in Ihrer Organisation standardisierte und dokumentierte Prozesse auf der Programmebene für den Startprozess? Werden sie angewandt? “ Frage 145: „Identifiziert und bewertet Ihre Organisation Möglichkeiten der Verbesserung bei den wichtigsten Planungsprozessen (z. B. Projektdefinition, Schätzung der Vorgangsdauern und der Kosten, Risikoanalyse, Beschaffungsplanung usw.) auf der Projektportfolioebene? Werden die Verbesserungsmöglichkeiten auch realisiert? “ AuswertungderbeantwortetenFragen Haben ausgewählte Mitglieder der Organisation die Fragen beantwortet, gibt es eine Auswertung, das heißt eine Auflistung der Stärken und Schwächen? Außerdem liefert das Programm vier Übersichten (Gesamtbewertung, Projekt-, Programm- und Projektportfolioebene), die den relativen Reifegrad der Organisation in Form eines Prozentsatzes zeigen. In Tabelle 1 ist ein Beispiel aus dem OPM3-Manual [1, S. 44] dargestellt. Nach der Ermittlung der Stärken und Schwächen wird ein Plan für die Verbesserung des Projektmanagementsystems erstellt. Dabei hilft dem Anwender ein Best Practices Directory, das in sehr systematischer Form etwa 600 so genannte beste Praktiken enthält. Da das Manual auch hier wieder auf die Projekt-, Programm- und Projektportfolioebene und auf die vier Stufen Standardisierung, Messung, Kontrolle und Kontinuierliche Verbesserung Bezug nimmt, ist die Identifizierung von relevanten Best Practices nach der Stärken- und Schwächenanalyse einfach. Daneben gibt es ein Capabilities Directory. Als „Capability“ wird eine spezifische Fähigkeit bezeichnet, die es in einer Organisation geben muss, um bestimmte Projektmanagementprozesse ausführen und gute Projektergebnisse erzielen zu können. Solche Capabilities werden auch als „incremental steps leading up to to one or more Best Practices“ bezeichnet, das heißt also als Schritte der Implementierung. Zu jeder Best Practice gehören zwei oder mehr solche Fähigkeiten. Ein Beispiel: Eine Best Practice ist die Einrichtung von organisationsinternen Erfahrungsaustauschgruppen (Project Management Communities). Zu den in diesem Fall vier dazugehörigen Fähigkeiten zählt „Unterstütze Aktivitäten auf dem Gebiet Projektmanagment in der Organisation“. Das Ergebnis (Outcome) sind Initiativen bzw. Arbeitsgruppen, die sich mit ganz speziellen, für die Organisation relevanten Aspekten des Projektmanagements befassen. Außerdem gibt es noch so genannte Key Performance Indicators (KPI), mit deren Hilfe man ermitteln kann, ob das erwünschte Ergebnis mit der Fähigkeit erzielt wurde und in welchem Ausmaß. Auf unser Beispiel bezogen: Die Existenz von Initiativen zur Weiterentwicklung des Projektmanagements lässt sich feststellen, indem man prüft, ob es wirklich Gruppen in der Organisation gibt, die aktuelle Probleme anpacken. In anderen Fällen kann der KPI auch eine Kennzahl sein, wie etwa ein Maß für die Kundenzufriedenheit oder der Return on Investment. Die Tabelle 2 enthält einige Best Practices und zeigt, welche Dimensionen jeweils betroffen sind. Projektebene ReifegradinProzent Standardisierung 48% Messung 53% Kontrolle 50% KontinuierlicheVerbesserung 89% Programmebene Standardisierung 67% Messung 11% Kontrolle 0% KontinuierlicheVerbesserung 0% Projektportfolioebene Standardisierung 20% Messung 0% Kontrolle 0% KontinuierlicheVerbesserung 0% Gesamtbewertung 33% Tabelle1: OptimierungmitOPM3 aktuell projekt M A N A G E M E NT 1/ 20 0 6 PM_1_06.indd30 20.12.200517: 10: 23Uhr 31 Bewertung Wie man aus der Kurzbeschreibung unschwer erkennen kann, ist OPM3 sehr stark prozessorientiert. Es folgt damit den eingangs erwähnten Vorläufermodellen. Durch die Konzentration auf Prozesse treten die so genannten „weichen Faktoren“ in den Hintergrund. So schreibt Hall [2] über CMM: „It does not address human resources, for example, which are known sources of software risk.“ Dies gilt genauso für OPM3, aber auch für das Modell PM Delta der GPM. Durch die Entwicklung des People Capability Maturity Model (CMM-P) [3] ist allerdings gerade für das älteste Reifegradmodell dieser Vorwurf inzwischen weitgehend ausgeräumt. Dass es nicht nur auf Prozesse, sondern auch auf die Menschen, die in Projekten arbeiten, ankommt, hat Ruskin [4] mit großer Klarheit gesagt: „Once we measure both (1) the maturity of individual personnel and (2) the maturity of the organization’s infrastructure and operating procedures, we need to link them together. Perhaps a multiplicative product will suffice. After all, both organizational features and personal maturity are needed to have truly capable organization. A zero on either scale is terrible, even if the other value is at its maximum.” Mit diesem Einwand wird natürlich der große Nutzen von prozessorientierten Modellen für Organisationen nicht bestritten. Es ist aber zu wünschen, dass PMI dem Beispiel der CMM- Entwickler folgt und auch ein Reifegradmodell für die Menschen in Projekten erarbeitet. ■ Literatur [1]ProjectManagementInstitute(Ed.): OrganizationalProjectManagement Model(OPM3).KnowledgeFoundation,NewtonSquare,Pennsylvania2003 [2]Hall,E.M.: ManagementRisks: MethodsforSoftwareSystemsDevelopment. Boston1998,S.52 [3]www.sei.cmu.edu/ cmm-p/ version2/ v2-main.html,lastmodified: 3October 2005 . SieheauchMotzel,E.: 1.9StandardsundKompetenzmodelleimProjektmanagement.In: Schelle,H.; Reschke,H.; Schnopp,R.; Schub,A.(Hrsg.): Loseblattsammlung„Projekteerfolgreichmanagen“.18.Aktualisierung,Köln1994ff.,S.33ff. [4]Ruskin,A.M.: ProjectManagementMaturityModels.In: Duncan,W.R. (Hrsg.): PMNetwork,October1998,zitiertnach[3],S.36 Schlagwörter BestPractices,Projektbenchmarking,ProjektmanagementundUnternehmensstrategie,Reifegradmodelle,Selbstbewertung,WeiterentwicklungvonProjektmanagement-Systemen Autor HeinzSchelle,geb.1938,hattebiszumJahre2003eineProfessurfürBetriebswirtschaftslehremitbesondererBerücksichtigungdesProjektmanagementsanderFakultätfürInformatikderUniversitätderBundeswehrMüncheninne.Erist einerderGründerderGPMDeutscheGesellschaftfürProjektmanagemente.V.undwarvon1979bis1998Mitglieddes Vorstands.HeuteisterEhrenvorsitzenderderGesellschaft. Anschrift MünchnerStr.1 D-82496Oberau/ Loisach Tel.: 08824/ 1712 E-Mail: h.schelle@gaponline.de Identifikationsnummer Titel Beschreibung Projekt Programm Projektportfolio Standardisieren Messen Kontrolle Kontinuierliche Verbesserung 1390 Standardisierung desadministrativen Projektabschlussprozesses StandardsfürdenadministrativenProjektabschluss existieren x x 3120 Standardisierung derProzessefür denStarteinesProgramms StandardsfürdenProgrammstartexistieren x x 4280 KontrolledesVertragsmanagementprozessesfürein Programm KontrollenfürdasVertragsmanagementeinesProgrammssindinstalliertund werdendurchgeführt,um dieStabilitätdesProzesseszuüberwachen x x 6720 Verbesserungdes Planungsprozesses fürdieZusammenstellungdesProjektportfolios BeimProzessder Zusammenstellungdes Projektportfolioswurden dieSchwächenbewertet. EmpfehlungenzurVeränderungwurdengesammelt.Verbesserungenwurdenimplementiert x x Tabelle2: EinigeBestPracticesunddiebetroffenenDimensionen projekt M A N A G E M E NT 1/ 20 0 6 aktuell PM_1_06.indd31 20.12.200517: 10: 24Uhr
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