PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
pm
2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
61
2006
172
Gesellschaft für ProjektmanagementNutzenpotenziale interkultureller Projektteams
61
2006
Friedel Ahlers
Claus Steinle
Urte Weinkopf
Interkulturelle Projektgruppen werden immer häufiger in internationalen Unternehmungen gebildet, um grenzüberschreitende, konzernweite Themenstellungen zu bearbeiten. Der Projekterfolg ist dabei in höherem Maße als im nationalen Kontext von der gezielten Ausschöpfung der Nutzenpotenziale einer entscheidungsförderlichen Synthese unterschiedlicher Problemsichtweisen abhängig. Entsprechende Herausforderungen liegen in der Gestaltung effektiver Kommunikations- und Koordinationsprozesse vor dem Hintergrund kultureller Besonderheiten. Interkulturelle Projektteams können bei professioneller Gestaltung zur Erhöhung individueller wie organisationaler Kompetenz beitragen. Auf Basis einer intensiven Befragung von zwölf Projektleitern und -teilnehmern sowie vier Beratern werden dazu Überlegungen dargestellt, die in einzelnen Empfehlungen münden.
pm1720034
36 SCHWERPUNKT SCHWERPUNKT aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 6 ben der Verfügbarkeit, die sechs Befragungsteilnehmer als ein entscheidendes Kriterium angaben, wurden fachliche und sprachliche Kompetenz am häufigsten genannt. Weiterhin als relevant gilt soziale sowie interkulturelle Kompetenz. Auch eine hohe Hierarchiestufe, (Projekt- )Managementerfahrung, Organisationsvertrautheit und Beziehungsnetzwerke wurden besonders für die Projektleitung als wichtige Kriterien ausgewiesen. Des Weiteren können auch politische Hintergründe, gerade für interne Projekte, eine Rolle spielen. Auf die Selektion der Teammitglieder wird nach Aussage eines Beraters in letzter Zeit mehr Aufmerksamkeit gerichtet. Aufgrund negativer Erfahrungen der Unternehmungen in der Vergangenheit wird immer mehr Wert auf interpersonelle Sensitivität sowie interkulturelle Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit gelegt. Während in Asien eine starke Team- und Diskussionskultur besteht, sind in den USA in der Regel „Entscheider“ gefragt Eine gezielte Vergabe zusätzlicher Anreize für die Teilnahme an einem internationalen Projekt lässt sich, über die üblichen nationalen hinaus, in der Regel nicht feststellen. Lediglich vier Befragte wiesen auf die Vergabe finanzieller Incentives hin. Die am häufigsten genannten indirekten Anreizelemente sind Karrierechancen sowie eine individuelle Bereicherung. Der wirksamste Anreiz für die Teilnahme an einem interkulturellen Projekt ist nach Ansicht eines Beraters eine projektorientierte Personalentwicklung, die zur Nutzung der im Projekt erzielten Lerneffekte und dem Aufbau von Karrierewegen beiträgt. Analyse- und Konzeptionsphase: Kommunikations- und Koordinationsprozesse als Lern- und Entwicklungseffekte Im interkulturellen Kontext unterscheiden sich Analyse- und Bewertungsprozesse von Entscheidungsalternativen in der Detailgenauigkeit, so ein Berater. Zudem wies ein Gesprächsteilnehmer darauf hin, dass Verzerrungen durch Divergenzen in der Situationsbewertung entstehen können. In einigen der befragten Unternehmungen sind Bewertungsvorgänge unter anderem aufgrund des zeitlichen Drucks oder technischer Aspekte stark vorbestimmt. In anderen Unternehmungen existiert jedoch kein standardisierter Prozess; die Analyse und Bewertung von Entscheidungsalternativen verlaufen teamspezifisch und abhängig von der jeweiligen Länderkonstellation oder der Unternehmungskultur. Außerdem können berufsspezifische Unterschiede auftreten. Einige Befragte gaben weiterhin an, dass derartige Prozesse weniger kulturdeterminiert als vielmehr durch die individuelle Wahrnehmung geprägt seien, was sich zum Beispiel in unterschiedlichen Prioritäten der einzelnen Personen ausdrückt. Die jeweilige Sozialisation tritt lediglich verschärfend hinzu. Die Projektsprache ist häufig Englisch. In der Kommunikation können dabei sprachliche Schwierigkeiten auftreten. Um missverständliche Situationen zu vermeiden, werden von den Befragungsteilnehmern eine intensive Kommunikation und ein Mindestmaß an „Face-to- Face“-Kontakten empfohlen. Die Kommunikationsmöglichkeiten (wie z. B. Telefon- und Videokonferenzen, Internet, …) sind dabei nach Aussage eines Gesprächspartners „… unbegrenzt, die Kommunikationskoordination lässt allerdings zu wünschen übrig.“ Es sollte eine sinnvolle Balance zwischen persönlichen Treffen, E-Mail-Austausch und Telefon- oder Video-Konferenzen sowie zwischen intensiver Kommunikation und Effektivität angestrebt werden. Bei kritischen Entscheidungen wird angeraten, sich nicht per E-Mail, sondern in einer persönlichen Zusammenkunft abzustimmen. Zur effektiven Gestaltung der Kommunikation ist die Festlegung von Kommunikations- und Verhaltensregeln sinnvoll. Auch der Aufbau persönlicher Kontakte und einer gemeinsamen Arbeitskultur wurde durchweg als wichtig eingestuft. Entscheidungsphase: Konsenserzielung in konfliktären Entscheidungsprozessen Die Entscheidungsprozesse im Projektteam verlaufen nach Aussage der Mehrheit der befragten Unternehmungsmitglieder in der Regel konsensorientiert oder demokratisch. Die finale Entscheidung wird jedoch in vielen Unternehmungen durch die Hierarchie beeinflusst und liegt letztlich beim Gesamtverantwortlichen oder dem Auftraggeber des Projektes. In dieser Projektphase können verschiedene kulturgeprägte Vorgehensweisen aufeinander treffen. So existiert in Asien zum Beispiel eine starke Team- und Diskussionskultur, in den USA sind hingegen in der Regel „Entscheider“ gefragt. Der Verlauf von Entscheidungsprozessen kann daher sowohl vom Projektkontext als auch vom Machtträger abhängig sein. Auch der Unternehmungskultur kommt ein starker Einfluss auf den Prozess der finalen Entscheidungsfindung zu. Ebenso besitzt die Situation Determinierungspotenzial für den Entscheidungsverlauf. Drei Interviewpartner merkten an, dass es bei bestimmten Gegebenheiten, zum Beispiel in Notsituationen oder bei Deadlines, sinnvoll sein kann, eine Entscheidung von oben zu treffen. Insgesamt sollten eine Balance und effiziente Mischung von Konsens- und Top-down-Entscheidungen angestrebt werden. Gerade im internationalen Kontext ist der Bedarf an Konsensentscheidungen erhöht, da dort Projekte sonst schnell Gefahr laufen zu scheitern, so ein Interviewpartner. Zudem sollte ein „faires“ Gleichgewicht zwischen lokalen und konzernbezogenen Interessen gefunden werden. In dieser Phase ist besonders eine hohe Sozialkompetenz des Teamleiters relevant, um Konfliktsituationen zu bewältigen. Zur Konfliktvermeidung können außerdem eine hohe Transparenz der Entscheidungsprozesse sowie die Festlegung von Entscheidungsregeln beitragen. Des Weiteren sollten Autoritätsaspekte bereits zu Projektbeginn geklärt werden, da unterschiedliche Verständnisse von Führung, Hierarchie, Projektteam und Projektleiter aufeinander treffen können. Bei den Angelsachsen werden nach Aussage eines Beraters Hierarchien wenig betont, wobei aber zum Beispiel in Lateinamerika und Asien eine starke Hierarchieorientierung vorliegt. Dennoch sind die Aussagen der Befragungsteilnehmer nicht immer einheitlich. So gaben einige Gesprächspartner an, dass in den USA zwar vordergründig sehr informell gearbeitet wird, hintergründig aber ein 37 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 6 aktuell starkes Hierarchiedenken dominiert. Es wird somit evident, dass kulturelle Unterschiede nicht problemlos zu pauschalisieren sind. Dies gilt auch für das Führungsverhalten. Grundsätzlich hielt ein Interviewpartner fest, dass in Nordeuropa der Führungsstil eher partizipativ, in Asien eher autoritär geprägt ist. Dennoch wurde durch die Befragungsteilnehmer darauf verwiesen, dass das Führungsverhalten Abhängigkeiten sowohl zur Person, der Branche, der Unternehmungskultur, dem Projektleiter oder der Projektdominanz aufweisen kann. Zur Konfliktvermeidung wurden auch hier der Einsatz interkultureller Trainings, eine Sensibilisierung des Bewusstseins für kulturelle Unterschiede sowie die Klärung von Zielen und Verhaltensweisen im Vorhinein empfohlen. Realisierungsphase: Umsetzung der Projektideen in den internationalen Konzerneinheiten Die Realisierung der Projektideen wird bereits durch das Planungsvorgehen determiniert, in dessen Rahmen sich kulturelle Differenzen widerspiegeln: Einige Gesprächspartner gaben zum Beispiel an, dass Deutsche in der Regel detailliert und zeitaufwendig planen und in der Umsetzung sehr termintreu vorgehen. Die Planung in angelsächsischen Kulturen wurde eher als kurzfristig und grob, sehr flexibel und pragmatisch beschrieben. Auch die Einhaltung der Vereinbarungen kann durch kulturgeprägte Verhaltensweisen beeinflusst sein. Ein Berater stellte folgenden Zusammenhang fest: Bei hoher Unsicherheitsvermeidung (z. B. in Deutschland, Asien) tendieren Personen eher als in risikogeneigten Ländern (z. B. Südamerika, USA) dazu, Pläne zu erstellen und sie einzuhalten. Die Ergebnisse der Befragung weisen jedoch darauf hin, dass kulturelle Differenzen in der Realisierungsphase nicht nur ländersondern auch personenbezogen sein können. Zudem wird vieles durch die Unternehmungsstrategie und Budgets bestimmt. Gerade im Hinblick auf Zeit- und Kostenaspekte spielen kulturbedingte Unterschiede daher eine untergeordnete Rolle, was jedoch dazu führen kann, dass kulturelle Differenzen in dieser Phase oft zu spät realisiert werden. Zur Sicherung einer konsequenten Zielumsetzung schlug ein Befragungsteilnehmer die Festlegung von Rollen, Zielen und Verantwortlichkeiten vor. Zudem sollten eine hohe Kostentransparenz gewährleistet, „To- Do“-Listen sowie für alle verbindliche Budget- und Zeitpläne erstellt und eine kontinuierliche Information über den Status des Projektes gegeben werden. Ein gutes Projektmanagement ist nach Ansicht eines Interviewpartners im internationalen Kontext daher noch wichtiger als auf nationaler Ebene, da durch die fehlenden täglichen Abstimmungsmöglichkeiten besonders schnell Missverständnisse entstehen können. Vor allem ist zur Gewährleistung einer konsequenten Zielumsetzung aber die Akzeptanz der Entscheidungen von Bedeutung. Eine Mehrheit der Befragten sieht dies vor allem durch die Involvierung der Betroffenen in den Entscheidungsprozess und eine Entscheidungspartizipation als gegeben. Eine weitere Möglichkeit, die Akzeptanz und konsequente Zielumsetzung zu sichern, liegt in der Verantwortungsübertragung der Zielumsetzung zum Beispiel auf die Vorgesetzten der Projektteilnehmer. Auch eine hohe Verankerung des Projektes in der Organisation und die Beteiligung hierarchisch hoch angesiedelter Teammitglieder können positive Effekte mit sich bringen. Zudem kann eine Anpassung an die Standortbedingungen dazu beitragen, die dortigen Einflussgegebenheiten und „Herrschaftsverhältnisse“ nutzbar zu machen. Reflexions- und Feedbackphase: Lernorientierte Auswertung der Projektergebnisse Für eine Zielerreichungskontrolle werden nach Angabe der Befragungsteilnehmer verschiedene Kontrollinstrumente eingesetzt. Sowohl Projekt-, Budget-, Zeit- und Meilensteinpläne, Status-Reports, Zielvereinbarungen und Management mit Zielen, Business-Case-Analysen und die Festlegung von Key-Performance-Indikatoren, Ist-/ Soll-Daten-Vergleich, Ergebnispräsentationen, Beurteilung durch die Reaktionen der Projektpartner und Auftraggeber sowie (Multi-)Projektcontrolling wurden dabei genannt. Es gibt jedoch kein spezielles Controlling bzw. einen Kontrollprozess für den internationalen Kontext. Ein systematisches Projekt-Controlling zur Sicherstellung der Zielerreichung oder auch die Nutzung der erstellten Protokolle werden oftmals nicht in ausreichendem Maße vorangetrieben. Vor allem eine Verantwortungsübernahme durch die Linie wird daher angeraten. Ebenso wie die Zielerreichungskontrolle erfolgt auch die Bereitstellung der Erkenntnisse für die gesamte Or- 38 SCHWERPUNKT SCHWERPUNKT aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 6 ganisation sehr unterschiedlich. Die von den Befragungsteilnehmern genannten Möglichkeiten umfassen u. a. die Nutzung von Datenbanken, die Erstellung von Projektprofilen und formale Post-Evaluation, Workshops, Präsentationen in der Corporate University, in Road-Shows, Veranstaltungen oder auf der Unternehmungshomepage, Lessons-Learned-Treffen und Quality Assessment, offene Kommunikation, Meetings oder Präsentationen in Konferenzen, persönlichen Transfer, Wissensmanagement oder interne und externe Medien. Als erstrebenswert wird zudem die Einführung eines Projekt-Office oder „Learning Point“ erachtet. Nach Aussage von zwei Beratern ist das Management von Wissen bei der Gesamtheit der Unternehmungen bislang eher durchschnittlich bis mangelhaft ausgeprägt. Zur Unterstützung individueller Lernprozesse in einem interkulturellen Projektteam ist die Vergabe von Feedback sinnvoll. Auch hier zeichnete sich in der Untersuchung kein einheitliches Vorgehen ab. Einige Gesprächsteilnehmer gaben an, dass Feedback nicht formalisiert oder im Projekt nur in eskalierenden Situationen gegeben wird. Nur ein Interviewpartner erklärte, dass ein Feedback im Projekt regelmäßig alle drei Monate sowie auf Anfrage und bei Projektabschluss durchgeführt wird. Eine Leistungsrückkopplung findet bei einigen Unternehmungen aber auch über regelmäßige oder direkte Kommunikation oder im Rahmen von Mitarbeitergesprächen statt. Vor allem bei längerem Projekteinsatz sollte das Feedback in die Regelbeurteilung aufgenommen und systematisiert werden. Eine Rückkopplung kann durch den Projektleiter durchgeführt werden, vor allem erscheint aber der Einsatz externer Begleiter sinnvoll. Die Internationalität der Teamzusammensetzung ist bei der Vergabe von Feedback besonders zu beachten, da Leistungsrückkopplung nicht in allen Ländern gleichermaßen durchgeführt wird. In angelsächsischen Regionen wird Feedback sehr offen gehandhabt und findet relativ häufig statt. In Asien, Südeuropa und Lateinamerika wird individuelles Feedback jedoch oft gemieden, da dadurch eine Person ihr Gesicht verlieren könnte. Eine Gestaltung nach den lokalen Präferenzen ist daher anzustreben. 2.3 Zentrale Problemfelder einer interkulturellen Projektarbeit aus Praxissicht sowie Zwischenfazit Die Problemfelder interkultureller Projektarbeit sind breit gefächert. Zentrale Probleme liegen nach Aussage der Befragungsteilnehmer in der Praxis vor allem im „Cultural Gap“, was sich beispielsweise im unterschiedlichen Verständnis von Optimum und Qualität, in verschiedenen Verhaltens-, Arbeits- und Vorgehensweisen sowie in Sprachbarrieren und Kommunikationsproblemen ausdrückt. Dadurch können kulturbedingte Missverständnisse und Konflikte ausgelöst und die Effizienz kann unter anderem durch einen erhöhten Zeit- und Koordinationsaufwand beeinträchtigt werden. Ein unzureichendes Bewusstsein, eine mangelnde Transparenz und Aufmerksamkeit gegenüber interkulturellen Differenzen sowie ein lückenhaftes Wissen über die Kultur und Wertehintergründe des einzelnen Projektteammitgliedes forcieren Missverständnisse und Konflikte. Zudem tragen die räumlichen und zeitlichen Distanzen und die Zunahme an virtueller Arbeit zu einem erhöhten Kommunikationsverlust und Koordinationsaufwand sowie zu zusätzlichen Kosten durch Reisen bei. Weitere Probleme treten nach Auffassung der Befragungsteilnehmer durch die mangelhafte Erstellung einer detaillierten Problembeschreibung sowie unzureichende Klarheit der Verantwortungsbereiche und der Auftragsdefinition auf, da dies zu internen Abstimmungsschwierigkeiten führen kann. Des Weiteren können Interessenkonflikte im Team, das Aufeinandertreffen unternehmungspolitischer Interessen sowie Probleme im Zusammenspiel der Zentrale mit dezentralen Einheiten zur Behinderung der Projektarbeit führen. Häufig fehlt es zudem an der Transparenz der Entscheidungsprozesse, wodurch Akzeptanzprobleme auftreten. Insgesamt bringt die „Vermischung“ unternehmungs-, landeskultureller und berufsspezifischer Differenzen, die nur schwer zu trennen sind, eine schwer zu handhabende Komplexität mit sich. Die Lösung interkultureller Konflikte in internationalen Projektteams ist sowohl für Unternehmungen als auch für Berater immer noch ein Pionierfeld Zur Vermeidung der Probleme interkultureller Zusammenarbeit müssen nach Ansicht der Befragungsteilnehmer vor allem die kulturellen Unterschiede und ihre Komplexität bewusst und gestaltbar gemacht werden. Auch der Aufbau persönlicher Beziehungen, die Durchführung von Team-Events, Team-Building, Start-up- oder Faceto-face-Meetings sowie eine interkulturelle Vorbereitung können einen Beitrag zur Lösung der Probleme leisten. Ebenso wird der Einsatz eines Teamcoachings als sinnvoll bewertet. Zudem sollte im Projekt offen und häufig kommuniziert werden. Auch die Festlegung von Kommunikations- und Verhaltensregeln sowie eine mehrsprachige Erstellung wichtiger Dokumente und eine Einigung auf bestimmte Projektbegriffe können zur Reduktion von Missverständnissen beitragen. Diesbezüglich sind vor allem das Fingerspitzengefühl des Projektleiters sowie ein situationsspezifisches Projektmanagement gefragt. Die Lösung interkultureller Konflikte in internationalen Projektteams ist sowohl für Unternehmungen als auch für Berater immer noch ein Pionierfeld. Das „Cultural Gap“ bringt jedoch nicht nur negative Effekte, sondern auch große Chancen mit sich. Je nach Projekt und Zielsetzung können sich starke kulturelle Differenzen auch sehr positiv auswirken, was weiter zu verdeutlichen ist. Zwischenfazit: Interkulturelle Projektteams: Mehr als nur „Aushängeschild“ für Internationalität von Unternehmungen Die Befragungsergebnisse verdeutlichen, dass der Einsatz interkultureller Projektteams nicht nur als attraktivitätsförderndes, aber weitgehend inhaltsleeres „Aushängeschild“ der Internationalität einer Unternehmung aufgefasst werden kann. Alle Befragungsteilnehmer sind sich einig, dass der Einsatz interkultureller Projektteams einen entscheidenden Beitrag zur Erhöhung der Unternehmungsintelligenz leistet und als Wettbewerbsfaktor zur Sicherung der Unternehmungsexistenz von großer Bedeutung ist. Der Vorrat an Fähigkeiten und Knowhow kann erweitert, die Kreativität durch verschiedene Perspektiven erhöht und alte Strukturen können aufge- 39 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 6 aktuell brochen werden. Lernprozesse werden angeregt und soziale und personenbezogene Netzwerke aufgebaut. Dies gilt auch für die Verbesserung der Akzeptanz von Entscheidungen. Erforderlich hierfür ist die zielgerichtete Kanalisation entsprechender positiver Effekte. Der zukünftige Stellenwert internationaler Projektteams wird von allen Befragungsteilnehmern als hoch bzw. steigend eingeschätzt. Besonders im internationalen Kontext ermöglicht diese Organisationsform eine noch bessere Abbildung der Aufgaben. Die Befragungsergebnisse verdeutlichen allerdings auch, dass der Beitrag interkultureller Projektteams zur Unternehmungsintelligenz noch stärker als bisher ausgeschöpft werden kann. Gerade im Hinblick auf die Personalentwicklung sollten interkulturelle Projektteams als zentrale Ressource wahrgenommen werden. Auf diese und andere Optionen zur gezielten Ausschöpfung der interkulturellen Projektarbeit zur Erhöhung der Unternehmungsintelligenz wird nun im Folgenden eingegangen. 3 Ausgewählte Gestaltungsempfehlungen zu interkulturellen Projektteams Das Spektrum der Gestaltungsempfehlungen zu internationalen Projektteams ist breit gefächert und betrifft verschiedene Ebenen einer Unternehmung. Folgende zentrale Gestaltungsfelder lassen sich identifizieren: Selbstverständnis interkultureller Projektteams Zur Förderung der organisationalen Problemlösefähigkeit sollten kulturübergreifende Projektteams als Unterstützungsfunktion für das Management wahrgenommen und legitimiert werden und eine Konzentration auf strategische und unternehmungspolitische Aufgaben sowie eine hohe Ansiedlung in der Organisationsstruktur erfahren. Dabei sollte das Projektmanagement als strategisches Führungs- und Organisationskonzept eingesetzt und dem Projektteam sollten hoher Entscheidungsspielraum und die Möglichkeit zur Selbstorganisation gegeben werden. Förderung kultureller Sensitivität Das Team sollte zum einen abhängig vom Projektziel, zum anderen aber auch vom Ausmaß kultureller Unterschiede gestaltet werden. Die Identifikation kulturbedingter Stärken und Schwächen kann dies unterstützen. Zudem ist es sinnvoll, dass die zukünftigen Projektteilnehmer bereits vor Projektbeginn eine Vorbereitungsphase interkultureller Zusammenarbeit durchlaufen. Ein besonderer Schwerpunkt sollte dabei auf kultureller Sensitivität liegen. Auch eine Anpassung beim Transfer von Managementkonzepten an andere Kulturen ist für das Gelingen eines Projektes von großer Bedeutung. Zudem können eine starke Unternehmungskultur sowie eine effektive Teamführung und die Festlegung von Regeln der Zusammenarbeit die Arbeit im Team erleichtern. Zieladäquate Teamzusammensetzung Zur bestmöglichen Entwicklung einer kollektiven Problemlösefähigkeit sollte die Zusammensetzung eines interkulturellen Projektteams weitgehend ressourcenunabhängig gestaltet werden (also nicht: wer gerade kann). Für die Selektion der Teilnehmer ist die Anwendung strukturierter Prozesse anzuraten. Als Auswahlkriterien sollten dabei vor allem eine hohe Bereitschaft und die Fähigkeit zur interkulturellen Zusammenarbeit herangezogen werden. Der Teamleiter sollte zudem über die Fähigkeit zur Gestaltung sozialer und kognitiver Prozesse verfügen. Zur optimalen Besetzung eines Teams erscheint ein Mittelweg zwischen fachlicher Qualifikation und Entwicklungspotenzial sinnvoll. Intensivierung von Arbeitsprozessen durch virtuelle Teamarbeit Zur Intensivierung von Arbeitsprozessen kann der Einsatz virtueller Teamarbeit hilfreich sein. Die virtuelle Interaktion sollte jedoch durch persönliche Kontakte ergänzt werden. Zudem sind die Durchführung von Teambuilding und eine Förderung der Cultural Awareness sinnvoll. Auch die Klärung einer gemeinsamen Vorgehensweise, die Festlegung von Teamregeln und Zielen, der Aufbau einer Austausch- und Kommunikationsstruktur sowie der Einsatz eines Moderators können unterstützend wirken. Ein kontinuierliches Leistungsfeedback und die Rücksichtnahme auf verschiedene kulturelle Einstellungen können zudem zur Verringerung von Konfliktpotenzial beitragen. Ausgestaltung als individuelle Qualifizierungsmaßnahme Kulturübergreifende Projektteams sollten stärker als bisher als individuelle Qualifizierungsmaßnahme genutzt werden. Eine projektorientierte Personalentwicklung kann dabei eine Anreizfunktion übernehmen. Durch die Anbindung an ein Führungskräfteentwicklungsprogramm oder eine Laufbahnplanung kann dieser Effekt noch verstärkt werden. Eine weitere Anreicherung des Projektes durch eine Leistungs- und Potenzialbeurteilung sowie die Definition von Leistungs- und Entlohnungsstandards können ebenfalls unterstützend wirken. Der Projektleiter sollte dabei die Rolle eines Coachs oder Mentors übernehmen. Durch die Bereitstellung von Freiräumen und einer geeigneten Infrastruktur kann der Wissenstransfer zudem noch weiter intensiviert werden. Selbstverantwortung und interkulturell geprägte Lernprozesse Zur Entwicklung einer individuell geprägten Problemlösefähigkeit ist ein „Empowerment“ interkultureller Projektteams durch mehr Selbstverantwortung und Partizipation der Projektteilnehmer von großer Bedeutung. Dies kann durch schrittweise Qualifizierung und schrittweisen Vertrauensaufbau sowie durch die Sicherung eines Qualifikationsmix erreicht werden. Gleichzeitg muss das Top Management Bereitschaft zeigen, Verantwortung abzugeben, und ein Zugang zu allen benötigten Ressourcen, Informationen und Kommunikationsmöglichkeiten gewährleistet werden. Die Führung im Projekt sollte dabei auf Vertrauen und Partnerschaft basieren. Sie setzt eine entsprechende Ausbildung des Teamleiters 40 SCHWERPUNKT SCHWERPUNKT aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 6 voraus. Die angeregten Lernprozesse können durch eine internationale Karriereplanung, Best-Practice-Foren, Erfahrungsnetzwerke und Rotation verstetigt werden. Vernetztes System interkultureller Projektteams Gestaltungsempfehlungen zur intendierten intelligenzverstärkenden Positionierung interkultureller Projektteams müssen neben der Förderung von Lernprozessen auf verschiedenen Ebenen auch durch ebenenübergreifende Vernetzungen akzentuiert werden. Über Personennetzwerke und in Projektteams kann personales Wissen transferiert werden und zur kollektiven Problemlösung sowie zu einer Erhöhung der strategischen Entscheidungs- und Führungskompetenz beitragen [9, S. 31]. Durch die Vernetzung von Projekten und den Rückfluss der Projekterfahrungen in die Organisation, zum Beispiel durch ein gezieltes Wissensmanagement, wird die organisationale Problemlösefähigkeit erhöht. Auch eine gegenläufige Beeinflussungsrichtung ist dabei denkbar. Die Ermöglichung der formellen und informellen Vernetzung zwischen Individuen und Projektteams inner- und außerhalb der Organisation ist dabei essentiell. Eine durchlässige Gestaltung der Teamgrenzen, die Aufnahme des Vernetzungsgedankens in die Projektleitfäden, die Schaffung von Anreizsystemen für die Netzwerknutzung sowie die Verantwortungsübernahme für eine Vernetzung durch das Management und die Linie können hierbei Unterstützung leisten. Zudem müssen Zeit, Raum und finanzielle Ressourcen für den Wissenstransfer zur Verfügung gestellt werden. Interkulturelle Projektgruppen übernehmen damit Funktionen, die auch vitalen Wissensgemeinschaften inhärent sind; sie bilden somit den Kern eines lebendigen Wissensmanagements [10, S. 52]. Über den Wissens- und Lernaspekt hinaus weisen interkulturelle Projektteams aufgrund des (innovativen) Arbeitsobjektes wie auch der (flexiblen) Vorgehensweise enge Affinitäten zur Unternehmungsvitalisierung im interkulturellen Umfeld auf. Jedoch nur bei gezieltem Einsatz und einer Fokussierung der Kompetenzgenerierung bilden interkulturelle Projektgruppen die intendierten Kristallisationspunkte organisatorischer Intelligenz und geben Impulse für eine zukunftsgerichtete Unternehmungsvitalisierung. n Literatur [1] Hammerschmidt, A.: Herausforderung „Lernende Organisation“ im Kontext der Internationalisierung. In: Reineke, R.-D.; Fussinger, C. (Hrsg.): Interkulturelles Management: Konzeption - Beratung - Training, Wiesbaden 2001, S. 21-32 [2] Doppler, K./ Minx, E.: Interkulturelle Zusammenarbeit in einer globalen Ökonomie. In: OrganisationsEntwicklung, 19. Jg., 2000, Heft 1, S. 74-75 [3] Fritz, W.: Interkulturelle Kompetenz: Ein vernachlässigter Erfolgsfaktor internationaler Unternehmen. In: management Berater, 5. Jg., 2001, Heft 2, S. 60-62 [4] Patzak, G./ Rattay, G.: Projekt Management: Leitfaden zum Management von Projekten, Projektportfolios und projektorientierten Unternehmen. 3. Auflage, Wien 1998 [5] Ayas, K.: Project Design for Learning and Innovation: Lessons Learned from Action Research in an Aircraft Manufacturing Company. In: Easterby-Smith, M.; Raujo, L.; Burgoyne, J. (Eds.): Organizational Learning and the Learning Organization - Developments in Theory and Practice. London/ Thousand Oaks/ New Delhi, 1999, pp. 176-193 [6] Abatemarco, D.: Multikulturelle Projektteams als strategisches Instrument der Personalentwicklung: Ein praxisorientiertes Konzept für Unternehmen auf dem Weg zur Transnationalität. Dissertation, Universität St. Gallen, Zürich 2001 [7] Heinze, T.: Qualitative Sozialforschung: Einführung, Methodologie und Forschungspraxis. München/ Wien 2001 [8] Atteslander, P.: Methoden der empirischen Sozialforschung. 8. bearbeitete Auflage, Berlin/ New York 1995 [9] Stauber, E.: In und aus Projekten lernen: Projektarbeit im lernenden Unternehmen. In: projektMANAGEMENTaktuell, 13. Jg., 2002, Heft 3, S. 29-38 [10] North, K./ Omhardt, K./ Robst, G.: Wissensgemeinschaften: Keimzellen lebendigen Wissensmanagements. In: io management, 69. Jg., 2000, Heft 7/ 8, S. 52-62 Schlagwörter Interkulturelle Projektarbeit, Internationale Projektteams, Internationale Unternehmungsführung Autor Dr. Friedel Ahlers, freiberuflicher Dozent und Mitarbeiter einer Unternehmensberatung in Hannover. Autor Prof. Dr. Claus Steinle leitet das Institut für Unternehmensführung und Organisation der Universität Hannover. Die Forschungsschwerpunkte liegen auf den Gebieten Ganzheitliches Management, Planung, Kontrolle und Controlling, Organisationsgestaltung und -änderung, Personalführung, Ökologieorientierung und Gründungsmanagement. Autorin Diplom-Ökonomin Fam Urte Weinkopf, Product Management Business Jet Services, Deutsche Lufthansa AG, Lufthansa Base, Frankfurt/ Main. Anschrift der Autoren Prof. Dr. Claus Steinle Universität Hannover Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Institut für Unternehmensführung und Organisation Königsworther Platz 1 D-30167 Hannover E-Mail: claus.steinle@ufo.uni-hannover.de 41 WISSEN projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 6 aktuell Was ist neu? Die zentrale Veränderung gegenüber der bisherigen Norm ist, dass nicht mehr die Normung von Begriffen im Vordergrund steht: Die neue Norm enthält vielmehr einen vollständigen Durchlauf eines Projektes aus Projektmanagement-Sicht. Dieser zeigt die Abfolge der einzelnen Projektmanagement-Prozesse und stellt zudem deren Vernetzung mit dem Umfeld des Projektes dar. Ausgehend von diesen Prozessen schlägt die Norm nützliche Projektmanagement-Methoden vor und erklärt die verwendeten Projektmanagement-Begriffe. Zusätzlich wird in der neuen Form ein einheitliches Datenmodell für den Austausch von Informationen zwischen IT-Systemen im Projektmanagement enthalten sein. Damit legt die künftige Norm den Grundstein für eine Standardisierung des Projektmanagements, die eine Zusammenarbeit in Projekten organisationsübergreifend vereinfachen wird. Sie wird voraussichtlich als DIN 69901 „Projektmanagementsysteme“ erscheinen und aus fünf Teilen (Normblättern) bestehen. Prozessarchitektur: Vom Überblick zum Detail Die künftige Norm betrachtet ein Projekt über den gesamten Projektlebenszyklus und gliedert es von Anfang bis Ende in fünf logische Phasen (Projektmanagement- Phasen). Die darunter liegenden Prozesse werden in vier Prozessgruppen unterteilt: Führungs-, Projektmanagement-, Unterstützungs- und Wertschöpfungsprozesse. Mit dieser Prozessarchitektur setzt die neue DIN-Norm einerseits den Standard für einheitliche Prozesse im Projektmanagement, bietet daneben aber auch den Rahmen, um diese an die Wertschöpfungsprozesse innerhalb und außerhalb des Projekts sowie an die Führungs- und Unterstützungsprozesse in der umgebenden Organisation anzubinden. Die Prozesse und ihre Vernetzung werden sowohl im Überblick visualisiert als auch einzeln detailliert beschrieben. Damit kann der Nutzer der künftigen Norm die Prozessarchitektur flexibel an seine Bedürfnisse anpassen. Projektmanagement-Methoden: Integriert in den Prozess Die Prozessbeschreibungen enthalten einen Hinweis auf hilfreiche Methoden. Dabei beschränkt sich die Norm auf die Beschreibung der für das Projektmanagement relevanten Methoden. So ist zum Beispiel die „Projekt-Aufwandsschätzung“ als Methode in der neuen DIN enthalten, während auf die Beschreibung der „Moderation“ als Methode verzichtet wird. Begriffe: Aktuell, vollständig, praxistauglich Nicht fehlen darf natürlich die Definition wichtiger Begriffe im Projektmanagement. Das Glossar umfasst alle Begriffe, die in der Norm enthalten sind, und definiert sie eindeutig und konfliktfrei. Damit bietet die künftige Norm eine solide Basis für die eindeutige Verwendung von Begriffen im Projektmanagement, was insbesondere in der organisationsübergreifenden Zusammenarbeit von hoher Bedeutung ist. Die neue Projektmanagement- Norm - prozessorientiert, integriert und praxisnah Markus Obels, Ralf Roeschlein, Marc Staiger, Wolfram von Schneyder, Reinhard Wagner, Gernot Waschek Die vergangenen zwei Jahrzehnte haben eine rasante Entwicklung der Wirtschaft mit sich gebracht. Die Beschleunigung von Abläufen, die Intensität der Unterstützung durch die Informationstechnologie und - damit verbunden - das Ausmaß der Verknüpfung von Prozessen innerhalb von Organisationen und über deren Grenzen hinweg haben unsere Welt in einem Umfang verändert, der vor dieser Zeit noch nicht vorstellbar gewesen wäre. Da verwundert es nicht, dass die mehrheitlich im Jahre 1987 erschienenen Normen der Reihe DIN 69900 ff. dem Leser etwas antiquiert erscheinen, dass sie - anders gesagt - die Anforderungen des Projektmanagements unserer Zeit nicht mehr zu erfüllen vermögen [1]. Aus diesem Grund wurde in 2003 eine Neuauflage der Normenreihe auf den Weg gebracht. Dieser Beitrag schließt sich an den Bericht „Deutsche Projektmanagement-Normung“ von Gernot Waschek in der letzten Ausgabe dieser Zeitschrift an, in dem die bisherige Entwicklung beschrieben wurde. 42 WISSEN aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 6 Datenmodell: Basis für den Austausch über Schnittstellen Die vierte Komponente der neuen Norm beschreibt ein standardisiertes Datenmodell für den Austausch von Projektmanagement-Informationen zwischen IT-Systemen. Mit der zunehmenden Vielfalt der Unterstützungssoftware im Projektmanagement tritt immer häufiger die Notwendigkeit auf, Informationen aus einem Unterstützungssystem in ein anderes zu übertragen. Da eine große Zahl von Herstellern von Projektunterstützungssoftware bereits erklärt hat, Schnittstellen auf Basis des einheitlichen Datenmodells zu erstellen, wird dies voraussichtlich künftig wesentlich leichter möglich sein [2]. Prozessorientierung als Grundlage Das Prozessmodell bildet die innere Struktur der Norm. Es gibt Orientierung, welche Schritte und Abläufe bei der Durchführung des Projektmanagements nach der künftigen Norm durchzuführen sind. Den Überblick über dieses Prozessmodell zeigt die schematische Darstellung des „Prozesshauses“ (Abb. 1). Das „Prozesshaus“ stellt auf der obersten Ebene den Projektlebenszyklus mit seinen fünf Phasen (Projektmanagement-Phasen) von der Initialisierung über die Definition, die Planung und Steuerung bis hin zum Abschluss eines Projektes dar. Im Mittelpunkt stehen dann die eigentlichen Projektmanagement-Prozesse. Weiter detaillierte Darstellungen zeigen dann auch noch die Verknüpfungen und Rücksprünge (Rekursionen), die beim realen Prozessdurchlauf im Projektmanagement auftreten können. Schließlich wird noch die Vernetzung des Projekts innerhalb der umgebenden Organisation mit der bereits weiter oben angesprochenen Unterteilung in vier Prozessgruppen dargestellt: 1. Führungsprozesse, 2. Projektmanagement-Prozesse, 3. Unterstützungsprozesse, 4. Wertschöpfungsprozesse. Zu 1. Führungsprozesse: Die Führungsprozesse bilden alle für das Projektmanagement relevanten Führungsaufgaben ab, die im Unternehmen oder in der Organisation zu leisten sind. Beispiele hierfür sind die Beauftragung eines Projekts oder die Freigabe zum Übergang in die nächste Projektmanagement-Phase. Ihre Regeln sind meist den einzelnen Projekten übergeordnet. Zu 2. Projektmanagement-Prozesse: Diese Prozessgruppe enthält alle Prozesse des Projektmanagements. Hierdurch werden das Vorgehen innerhalb des Projektmanagements einschließlich aller notwendigen Rekursionen sowie die Anknüpfungen an die Führungs-, Unterstützungs- und Wertschöpfungs-Prozesse praxisnah beschrieben. Zu 3. Unterstützungsprozesse: Die Unterstützungsprozesse stellen die Tätigkeit von unterstützenden Funktionen dar, die im Unternehmen beziehungsweise in der Organisation vorhanden und tätig sind. Für ein Projekt werden sie auf Anforderung aktiv und erbringen dann eine definierte Leistung. Beispiele dafür sind der Einkauf und das Personalwesen. Zu 4. Wertschöpfungsprozesse: Die Wertschöpfungsprozesse enthalten die eigentliche Arbeit im Projekt, die zum Erreichen des Projektziels notwendig ist. Beispiele sind das Bauen eines Hauses, das Entwerfen eines Schiffs oder die Implementierung einer Software. Aufgrund großer Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen zeigt die neue Projektmanagement-Norm hierzu lediglich die Schnittstellen, um inhaltlich (branchen-)neutral zu bleiben. Zudem ist die zeitliche Verschiebung zwischen Wertschöpfungs- und Projektmanagement-Prozessen zu beachten. Beispielsweise sind planerische Arbeiten hinsichtlich des Projektinhaltes (Konstruktion des Hauses o. Ä.) aus Sicht des Projektmanagements bereits Teil der Steuerungsphase, denn der eigentliche Projektinhalt wird vollständig im Laufe dieser Projektmanagement-Phase erarbeitet. Detaillierte Beschreibung schafft Standards Aufgabe einer Norm ist es, Orientierung zu schaffen und zu einem gleichen Verständnis eines Sachverhalts bei einer großen Zahl von Personen zu führen. Dafür sorgt die bislang dargestellte Einheitlichkeit der Prozesse. Um auch innerhalb der Prozesse ein einheitliches Verständnis zu erreichen, enthält die künftige Norm eine strukturierte Beschreibung aller enthaltenen Prozesse. Diese Struktur zeigt Abb. 2. Die Prozesse werden dabei zunächst benannt, mit einer eindeutigen Identifikationsnummer versehen und durch die Definition ihrer Vorgänger und Nachfolger in den Kontext gestellt. Die Beschreibung ihres Zwecks und Hintergrunds erklärt, wozu der Prozess benötigt wird. Darauf folgt die Beschreibung des Vorgehens, die zeigt, wie bei der Bearbeitung des Prozesses vorzugehen ist. Abschließend werden die notwendigen Inputs und die zu erzeugenden Outputs benannt sowie hilfreiche Projektmanagement-Methoden zugeordnet. Diese Methoden sind an anderer Stelle in der Norm ausführlich beschrieben. Vorgehen bei der Erarbeitung Bei der Erarbeitung der neuen Norm wurde vom ersten Tag an großer Wert auf die Einbindung von Ex- Das Prozesshaus Abschluss Steuerung Planung Definition Initialisierung Führungsprozesse Projektmanagement- Prozesse Unterstützungsprozesse Wertschöpfungsprozesse xxxxxxxxxx xxxxxxxxxx xxxxx xxxxx xxxxxxxxxx Projektmanagementphasen Prozesse Prozessgruppen Prozessuntergruppen Abb. 1: Das Prozesshaus der künftigen PM-Norm
