eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 17/3

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
91
2006
173 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Sprache und Projekterfolg

91
2006
Joachim C. Ohlig
Nicht der Einsatz einer besonderen Software-Sprache in einem Projekt und auch nicht die Verwendung von verschiedenen Fremdsprachen hat die hervorragende Bedeutung für den Projekterfolg, sondern vielmehr der gemeinsame Sprachgebrauch für die Arbeitskommunikation; mit anderen Worten: die Nutzung der Sprache als direkte menschliche Verbindungslinie in Arbeitsbeziehungen für gute Projekterfahrungen. Der Autor geht der Forderung nach Verständlichkeit und Transparenz nach und untersucht den Einsatz der Sprache im Alltag für den Projektfortschritt. Denn die Arbeit an der Projekt-Sprache ist (auch) Arbeit am inhaltlichen Projekt-Gedanken!
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38 WISSEN aktuell projekt M A N A G E M E NT 3/ 20 0 6 „Je schöner eine Idee, desto klingender der Satz, seien Sie dessen gewiss. Die Genauigkeit des Gedankens bewirkt (und ist sogar selbst) die des Wortes.“ Gustave Flaubert an Mlle Leroyer de Chantepie am 12. 12. 1857 W enn Projekte nicht gut laufen, wenn der Fortschritt nicht erreicht wird oder ein Projekt gar gestoppt werden muss, stellt sich konsequenterweise die Frage nach den Ursachen. Ein Aspekt (unter mehreren) ist der sprachliche - nämlich die Verwendung der Sprache im Projekt und in dessen Umfeld. Situationsbeschreibung Zwar wird der Erfolg eines Projekts maßgeblich geprägt durch eine zielgerichtete und ergebnisorientierte Vorgehensweise, als Grundvoraussetzung dabei ist jedoch die Sprache in der Projektarbeit nicht zu verkennen. Sprachgenauigkeit stellt sich den Anforderungen des Projektauftrags, präzise Worte und Bezeichnungen gehen mit ihren Ergebnissen direkt in die Projektleistung ein. Sprachliche Merkmale, Signale und Botschaften sowie projektspezifische Akzente und Betonungen sind nicht zu unterschätzen, da eine gemeinsame Projektsprache (für alle Beteiligten und Betroffenen) schnell auch eine Arbeitskonstellation schafft. Sprachliche Gleichgültigkeit oder gar Schlamperei rächt sich umgehend. Daher sind die Bedeutung von Begriffen und ihre Zuordnung zuvor zu klären. Begriffe, Ausdrücke, Bezeichnungen und Merkmale bedeuten Struktur und Richtung der Projektarbeit - als Basis für Verständigung und Produktivität. Wörtlichkeit unterstützt den Arbeits-, Führungs- und Kommunikationsprozess. Sprache und Projekterfolg Joachim C. Ohlig Nicht der Einsatz einer besonderen Software-Sprache in einem Projekt und auch nicht die Verwendung von verschiedenen Fremdsprachen hat die hervorragende Bedeutung für den Projekterfolg, sondern vielmehr der gemeinsame Sprachgebrauch für die Artbeitskommunikation; mit anderen Worten: die Nutzung der Sprache als direkte menschliche Verbindungslinie in Arbeitsbeziehungen für gute Projekterfahrungen. Der Autor geht der Forderung nach Verständlichkeit und Transparenz nach und untersucht den Einsatz der Sprache im Alltag für den Projektfortschritt. Denn die Arbeit an der Projekt-Sprache ist (auch) Arbeit am inhaltlichen Projekt-Gedanken! Gedankliche Klarheit ist die Voraussetzung für eine gemeinsame, vernetzte Aktivitätenkette im Projekt, für eine erfolgreiche Handlungsstruktur und somit auch für den optimalen Verlauf eines Projekts. Auf der Basis einer gemeinsamen, systematischen Begriffswelt und ihres Kontextes gelingen auch erst das grundlegende Arbeitsverständnis und das Ziel der Zusammenarbeit für (zumindest) ein aktuelles Arbeitsvorhaben/ Projekt. Denken, Sprechen und Handeln in erkennbarer Klarheit ermöglichen in konsequenter Folge die notwendigen Projektschritte vom Ziel über Strategie, Analyse und Konzept zur Realisierung und erfolgreichen Einführung. Insbesondere im Projektmanagement setzt sprachliche Präzisierung Denkklarheit voraus und befähigt dann auch zu Handlungskonsequenz. In der bewussten Verwendung einer artikulierten Sprache als gemeinsamer Orientierungshilfe erschließen sich der gedankliche Zusammenhang und in der Folge dann auch der fortschreitende Arbeitsprozess im Projekt. Eine wohl geordnete und vernünftige Gedankenfolge wird nicht chaotisch durcheinander gebracht durch unvorhersehbare Ereignisse oder konfliktträchtiges Tagesgeschehen im Projektalltag. Bewusster Umgang mit der Sprache ermöglicht erst effiziente Projektarbeit. Und das sprachliche Grundverständnis im Projekt gilt als Voraussetzung der Arbeitskommunikation - um sich zu verstehen im Verlauf der gemeinsamen Arbeit. Denn mit der notwendigen Begriffsklarheit und inhaltlichen Präzision gelingt dem Projekt der Weg von zieldefinitorischer Projektstrategie über Arbeitspakete zur Realisierung und erfolgreichen Übergabe bzw. Abnahme. Genaue Sprachverwendung in allen Projektfeldern kann somit als Fundament zum Verstehen sowie Steuern der Zusammenhänge und Wechselwirkungen im Projektalltag angesehen werden. Einheitliche Sprachregeln als Standards (für alle Projektbeteiligten) führen zur fortschreitenden Zusammenarbeit, und die sprachliche Grundverständigung dient auch als Minimierung der (normalen) Reibungsverluste wegen Begriffsverwirrung. Gleich von Anfang an, schon bei der Projektidee, bringt Sprachgenauigkeit eine Erleichterung der Vorarbeit, letztlich eine Verkürzung der notwendigen Projektvorbereitungszeit und damit auch die Chance eines optimalen Projektstarts. Denkklarheit Sprachklarheit Handlungsklarheit Abb. 1: Prozess/ Entwicklungskette 39 projekt M A N A G E M E NT 3/ 20 0 6 aktuell Neben dem allgemeinen klaren Sprachfundament haben firmeninterne bzw. projektspezifische Sprachregelungen ihre eigene Bedeutung. Aber auch die Fachsprachen der jeweils unterschiedlichen Arbeitsbereiche bilden einen zusätzlichen sprachlichen Rahmen. In diesem Zusammenhang sind auch allgemein gültige Definitionen (wie DIN, QM u. a.) zu nennen, die man gut als Arbeitshilfsmittel beim Projektfortschritt nutzen kann. Alle Sprachfelder unterstützen wichtige Teilaspekte der Projektarbeit. Anwendung im Vergleich Am Beispiel dreier verschiedener Modellkurven lässt sich die hohe Sprachrelevanz für den Projektverlauf verdeutlichen. Fall A: Der Sprache wird keine Aufmerksamkeit geschenkt. Ohne große Vorbereitung startet das Projekt rasant und hat zunächst einen erheblichen Arbeitsoutput. Die Signale der sprachlichen Unklarheiten werden übersehen, bzw. die erhebliche Sprachverwirrung wird als Kreativität gedeutet. Es entsteht in kurzer Zeit ein Projektknäuel, das nicht mehr zu entwirren ist. Im Gegensatz zur ersten Erfolgseuphorie stürzt das Projekt spätestens in der Phase zwei für alle erkennbar ab. Fall B: Gemeinsame Terminologie und Methodik werden zu Anfang vernachlässigt. Dadurch muss in allen Phasen wiederholt (grundsätzlich) diskutiert und sprachlich nachgebessert werden. Zwar kann man den Fortschritt steigern, pendelt aber oft von oben nach unten, da das Projekt kein stabiles inneres Gefüge hat. Dies drückt auch zwangsläufig auf den Erfolgsgrad. Durch die wiederkehrende sprachliche Spannung zur (Projekt-)Wirklichkeit wird die Effizienz der Projektarbeit beeinträchtigt. Der Projekterfolg lässt sich nicht optimal steigern. Fall C: Schon beim Projektstart wird dem sprachlichen Zusammenhalt im Projekt hohe Bedeutung beigemessen. Begriffliche und methodische Schwierigkeiten werden am Anfang gemeinsam diskutiert und ausgeräumt; „Sprachprobleme“ werden deutlich gemacht und gelöst; eine projektinterne Sprache wird festgelegt und später fortlaufend ergänzt. Dies kostet konsequenterweise zunächst Zeit, in Fachsprache (z. B. DIN, QM u. a.) Sprache (allgemein) Firmen-/ Sprachkultur Generelle Definitionen Basis/ Grundlage Plattform Arbeitsspitze Projektspezifische Bezeichnungen Spezifika/ Besonderheiten Abb. 2: Sprachpyramide und ihre Anwendung www.actano.de • info@actano.de Zielgerichtet RPlan: Vernetzte Projektsteuerung mit der Methodik des Kooperativen Projektmanagements In den Branchen mit komplexen Produktentwicklungsprozessen wie Automobil, Luft- und Raumfahrt oder Pharma gewinnbringend im Einsatz. Fordern Sie unsere Success Stories an und überzeugen Sie sich. Anzeige Ergebnis t Phasen 0 1 2 3 4 5 Zielerreichungsgrad 100 % 75 % 50 % 25 % Projektfortschritt C B A Abb. 3: Arbeitsverlauf und Projekterfolg 40 WISSEN aktuell projekt M A N A G E M E NT 3/ 20 0 6 den ersten Phasen klettert die Erfolgskurve nicht spektakulär, aber sie steigt kontinuierlich und stabil. Projekterfolg und Arbeitszufriedenheit sind optimal: neben Kosten- und Zeitminimierung ein konzentrierter Projekterfolg. Der recht unterschiedliche Verlauf der einzelnen Projekterfolgskurven macht die Ursache-Wirkung-Beziehung deutlich und lässt die Bedeutung der Sprache gut erkennen. Fazit Das Verhältnis der Projektbeteiligten zur Sprache prägt das Arbeitsverständnis. Klare Sprache im Projekt ist gut und nützlich für Transparenz, Kommunikation und Arbeitsfortschritt, also für die Produktivität insgesamt; sie dient der Projektqualität. In diesem Zusammenhang können nüchterne und scheinbar trockene sprachliche Regelwerke sehr wohl lebendig werden und aktiv unterstützen, es sind dann „Vorschriften“ als gelebte Projektpraxis. Ein vereinbarter Sprach- und Handlungsrahmen als verbindlicher Projektbaustein ist eminent hilfreich auf dem gemeinsamen zielgerichteten Arbeitsweg zu einem erfolgreichen Projektabschluss. Konkrete Handlungsfelder Wenn sprachliche Eindeutigkeit für den Fortgang eines Projekts förderlich und erforderlich ist, was ist dann konkret zu tun? Welche praktischen Aktivitäten sind im Projekt arbeitswichtig? Nachfolgend eine Auflistung von notwendigen Schritten und Maßnahmen: o gemeinsame Sprache initiieren (Projektstart), o Sprachbedeutung in der Projektgruppe/ dem Team diskutieren, o Wortbedeutungen, Begriffe sowie Ableitungen zusammen ermitteln, o Projektsprachgebrauch gemeinsam festlegen (was verstehen wir [hier] unter … ? ), o zusammen im Team auch Sachzusammenhänge und Sprachbeziehungen definieren, o Sprachmuster für das Projekt verständlich beschreiben, o projektspezifische Sprachregelungen zusammenstellen, o Sprachergebnis mit Auftraggeber/ Entscheidungsträger abstimmen, o Sprachergebnis beim Review Board/ der Fachinstanz vorlegen, o Projektsprache verbindlich machen, o Projektbegriffe zuordnen (z. B. Projektstrukturplan), o wichtige Begriffe/ Definitionen im Projektraum an die Wand hängen (z. B. Flip-Chart), o Projektsprachregelungen als Teil der Projektdokumentation anlegen, o projektspezifische Begriffssammlung im Projektinformationssystem festhalten, o Projektglossar/ Erläuterungen allen Projektbeteiligten zugänglich machen, o Projektentwicklung sprachlich begleiten, o Sprachbewusstsein systematisch entwickeln (im Team und ggf. Umfeld), o irreführende Interpretationen korrigieren (insbesondere zu Projektziel, -strategie, -ablauf), o hilfreiche sprachmächtige Denkfiguren im Projekt unterstützen, o Sprachabweichungen deutlich machen, o (evtl.) sprachlichen Nachholbedarf organisieren (Training), o Projektsprache später (im Projektverlauf) erweitern und ergänzen, o sprachliche Zwischenbilanz ziehen (im Team und ggf. im Umfeld), o Ergänzungen kontinuierlich bearbeiten, o widersprüchliche Bezeichnungen bereinigen, o elektronisches Projektlexikon aktualisieren, o Sprachdefinitionen in die Projekterfahrungdatenbank übertragen. Mit diesen Projekttätigkeiten ist somit besser vorgesorgt für den Projekterfolg. Denn die Arbeit an der Projektsprache ist (auch) Arbeit am inhaltlichen Projektgedanken! n Literatur [1] Canetti, E.: Das Gewissen der Worte. Essays, München/ Wien 1975, insbes. S. 158 ff. [2] Chomsky, N.: Probleme sprachlichen Wissens. Weinheim 1996 [3] Schneider, W.: Wörter machen Leute - Magie und Macht der Sprache. München/ Zürich 1989, insbes. S. 172-184 [4] Delius, F. C.: Die Verlockungen der Wörter. Berlin 1996, insbes. S. 16-23 [5] Schiewe, J.: Die Macht der Sprache. München 1998 [6] Gauger, H.-M.: Was wir sagen, wenn wir reden. München 2004 [7] Zimmer, D. E.: Sprache in Zeiten ihrer Unverbesserlichkeit. Hamburg 2005, insbes. Kap. 2, S. 219 ff. Schlagwörter Projektdurchführung, Projektentwicklung, Projektfortschritt, Projektleitung, Projektstart, Projektziel, Teambildung Autor Joachim C. Ohlig, Jahrgang 1943; Studium der Ökonomie und Politik sowie der Systemtechnik und Datenverarbeitung. Er war über lange Zeit in verschiedenen Funktionen und Positionen im Projektmanagement tätig, zuletzt als „Chief Plans and Projects“ in einem multinationalen Unternehmen. Er ist Unternehmensberater mit den aktuellen Schwerpunkten Projektmanagement, Bildungscontrolling und interkulturelle Kommunikation. In über 25 Jahren konnte er durch intensive Projektarbeit Erfahrungen sammeln insbesondere in IT-, OE- und PE-Projekten unterschiedlicher Größe - darunter auch Großprojekte und später Multi-Projekte - für die Industrie, den Handel, den Dienstleistungssektor und die öffentliche Verwaltung. Er ist Mitglied und Vorstand (seit 2005) im Fachverband Projektmanagement des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater e. V., Bonn, sowie Leiter der fachverbandsübergreifenden Arbeitsgruppe „Trends im Projektmanagement“. Anschrift CCT (Consulting, Coaching, Training) Postfach 45 08 D-65035 Wiesbaden Tel.: 0611/ 4 75 45 E-Mail: CCT-jcohlig@web.de