PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.„Erst die Standortbestimmung, dann (vielleicht) das Führungskräftetraining“
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Motivation, Kommunikation, Konfliktbearbeitung, Teambildung: Zu fast jedem Führungsthema finden Projektmanager heute Trainingsangebote. Ein bunter Seminarmarkt hat sich rund um das Thema Führung entwickelt. Doch die Hoffnung trügt, Sozialkompetenz ähnlich wie die Methodenlehre im Projektmanagement schulen zu können. Die Rollenspiele, Gruppengespräche oder Abenteuertage sensibilisieren zumeist nur für die Führungsfragen; das Verhalten selbst ändern sie nur minimal. Nicht wenige Fachleute betrachten diese Trainings daher mit einer gehörigen Portion Skepsis. Die Münchner Karriereberaterin Madeleine Leitner empfiehlt, Standardtrainings nur sehr gezielt und im Rahmen eines Coachings einzusetzen. „Menschen verändern sich nicht in einer Woche“, sagt die Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin, die auch Vorsitzende der Sektion Wirtschaftspsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologen ist.
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6 KARRIERE projekt M A N A G E M E NT 1/ 20 07 aktuell In neueren Studien betonen Fachleute immer wieder, wie wichtig die Sozialkompetenz der Projektmanager für den Projekterfolg ist. Solche Führungskompetenzen kann man schulen und trainieren, wird gerne behauptet. Psychologen warnen allerdings vor der Illusion, man könne Führungsverhalten wie jede andere Kompetenz vermitteln. Madeleine Leitner: Die Skepsis teile ich. An die Trainings werden häufig zu hohe Erwartungen geknüpft. Es ist generell schwierig, das Verhalten von Menschen dauerhaft zu verändern. Man macht sich sicherlich Illusionen, wenn man von eher kontaktscheuen Mitarbeitern nach einem Training Führungskompetenz erwartet. Arbeitstechniken und Methoden kann man unterrichten - nicht aber Führungskompetenz? Ich bin der Überzeugung, dass Menschen so sind, wie sie sind. Selbst unter hohem Leidensdruck ist es sehr schwer, auch nur eine Kleinigkeit zu verändern. Dies muss man zur Kenntnis nehmen. Es fehlt freilich nicht an gutem Willen der Betroffenen, sondern an bestimmten Voraussetzungen bei ihnen. Wie würden Sie diese Voraussetzungen beschreiben? Es handelt sich um eine Begabung oder ein Talent, mit Menschen umzugehen. Nun wird für Projektleiter und Teams ein breites Spektrum von Trainings angeboten, darunter auch sogenannte Outdoor- und Abenteuertrainings. Von solchen Trainings darf man halt keine Wunder erwarten, sie haben häufig auch eine Art Incentive-Charakter. „Erst die Standortbestimmung, dann (vielleicht) das Führungskräftetraining“ Trainings für Führungskräfte verändern die Sozialkompetenz häufig nur minimal Oliver Steeger Motivation, Kommunikation, Konfliktbearbeitung, Teambildung: Zu fast jedem Führungsthema finden Projektmanager heute Trainingsangebote. Ein bunter Seminarmarkt hat sich rund um das Thema Führung entwickelt. Doch die Hoffnung trügt, Sozialkompetenz ähnlich wie die Methodenlehre im Projektmanagement schulen zu können. Die Rollenspiele, Gruppengespräche oder Abenteuertage sensibilisieren zumeist nur für die Führungsfragen; das Verhalten selbst ändern sie nur minimal. Nicht wenige Fachleute betrachten diese Trainings daher mit einer gehörigen Portion Skepsis. Die Münchner Karriereberaterin Madeleine Leitner empfiehlt, Standardtrainings nur sehr gezielt und im Rahmen eines Coachings einzusetzen. „Menschen verändern sich nicht in einer Woche“, sagt die Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin, die auch Vorsitzende der Sektion Wirtschaftspsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologen ist. Madeleine Leitner (51) ist Karriereberaterin, Diplompsychologin und Psychotherapeutin. Sie hat in psychosomatischen Fachkliniken gearbeitet, bevor sie 1989 in die Wirtschaftspsychologie wechselte. Schwerpunkt ihrer Arbeit waren die Potenzialanalysen (Assessment Center mit etwa 2.000 Bewerbern für einen großen deutschen Kommunikationskonzern) sowie die Abwicklung von Personalsuchaufträgen, vorwiegend in technischen Branchen. Seit 1997 berät sie bei der persönlichen Karriereplanung und beruflichen Neuorientierung. Die Münchner Fachfrau war einzige Vertreterin der privaten Berater in Deutschland bei einer internationalen Vergleichsstudie einer Kommission der OECD zur Qualität der Berufsberatung. Sie ist seit 2006 Vorsitzende der Sektion Wirtschaftspsychologie im BDP (Berufsverband Deutscher Psychologen). Foto: privat 62 KARRIERE aktuell projekt M A N A G E M E NT 1/ 20 07 Also reine Bespaßung von Führungskräften? Erlebnisorientierte Trainings sprechen die Emotionen an, sie können ein gewisses Maß an Betroffenheit auslösen - mehr als beispielsweise ein Vortrag. Solche Trainings konfrontieren Teilnehmer mit Situationen, die sie von ihrem Arbeitsplatz her nicht kennen. Sie können nicht mit ihren üblichen Mustern reagieren, dies zwingt sie zu lernen. Betroffenheit ist vielleicht der Anfang, um eine gute Führungskraft zu werden … … oder auch, um sich von Führungsaufgaben fernzuhalten. Es ist schon viel gewonnen, wenn man nach einem solchen Training seine Führungsprobleme kennt. Ein Training kann die Teilnehmer auf ihre individuellen Grenzen hinweisen, und mancher denkt darüber nach, ob die Führungsaufgabe richtig und sinnvoll für ihn ist. Aber: Gelöst sind damit die Probleme noch nicht. Ein Beispiel? Viele Manager wissen überhaupt nicht, dass ihnen die Führungskompetenz fehlt, dass sie kein Gespür für Menschen haben. Ihnen kann ein Training die Grenzen aufzeigen. Also Manager, die ihre eigene Führung rühmen … … und gar nicht erkennen, dass sie nicht mit Mitarbeitern umgehen können. Kritik an ihrem Führungsstil weisen sie weit von sich. Diese Leute werden „unbewusste Inkompetente“ genannt. Die „bewusst Inkompetenten“ dagegen wissen, dass sie sich mit Führungsaufgaben schwertun, dass ihnen beispielsweise Kommunikation, Konfliktlösung, Motivation oder Präsentationen schwerfallen. Sie haben dies akzeptiert, was bereits ein großer Fortschritt ist. Kann man die sogenannten bewusst und unbewusst inkompetenten Gruppen mit Trainings unterstützen? Im normalen Rahmen nicht. Früher hat man in Seminaren versucht, diese Schwächen auszugleichen. Die Erwartungen wurden nicht erfüllt, man ist davon wieder abgekommen. Es wurde viel Geld dafür ausgegeben, und am Ende erhielt man bestenfalls Mittelmaß. Diese Menschen mögen hervorragende Spezialisten für technische Fragen sein - kommunikative, führungsstarke Projektmanager werden nur sehr selten aus ihnen. Sie betonen immer wieder, wie schwierig es ist, das Verhalten von Menschen zu verändern. Ist Führungskompetenz eine Frage von Talent? Man muss Talent für den Umgang mit Menschen mitbringen, um führen zu können. Unter dieser Voraussetzung können Anleitung und Trainings auch auf fruchtbaren Boden fallen. Dies betrifft Menschen, die beispielsweise ein Gespür für Menschen und für Autorität haben, Menschen, die Konflikte nicht scheuen. Sie bringen von der Persönlichkeit her die Voraussetzungen mit, um zu lernen, wie sie besser verhandeln, motivieren oder kommunizieren können. Diese Gruppe wird die „bewusst Kompetenten“ genannt, also Menschen, die sich die erforderliche Sozialkompetenz angeeignet haben oder aneignen können. Wenn es eine bewusst kompetente Gruppe gibt - gibt es dann auch analog dazu eine unbewusst kompetente Gruppe? Die gibt es! Dies sind die Naturtalente, intuitive Meister der Führung, ohne dass sie es wissen … … und ohne dass sie ein Training brauchen? Die in der Tat kein Training brauchen. Ich habe sogar erlebt, dass ein Training diesen Leuten mehr schadet als nützt. Inwiefern? Ich habe solche Begnadeten in einem Workshop für Präsentationstechnik beobachtet. Am ersten Workshoptag haben die Talentierten - noch ohne Anleitung, Regeln und Feedback - hervorragend präsentiert. Dann wurden sie geschult mit den üblichen, recht einfachen Regeln. Welche Regeln waren dies beispielsweise? Man soll nicht mit dem Rücken zum Publikum präsentieren, man soll maximal fünf Zeilen präsentieren - also ganz einfache Techniken und Hilfen. Am nächsten Tag haben wir die Übung wiederholt. Diese Naturtalente haben dabei oft überraschend schlecht abgeschnitten. Das Training hat sie irritiert. Die Projektleitung wird heute häufig denjenigen übertragen, die über eine gute Fachkompetenz verfügen. Das ist ein großes Problem. Man achtet bei der Wahl zu wenig auf die persönliche Eignung für Führungsaufgaben. Projekte werden an fachlich geeignete Mitarbeiter vergeben - in der Hoffnung, dass diese Mitarbeiter persönlich in ihre neue Rolle hineinwachsen. Mit dieser Strategie erweist ein Unternehmen niemandem einen Dienst, weder sich selbst noch dem Mitarbeiter. Auch dem Mitarbeiter nicht? Nein, für eine Reihe von fachlich hoch kompetenten Spezialisten kann die Projektleitung reines Gift sein. Sie werden entfernt aus dem Bereich, in dem sie ihre technischen Talente entfalten können. Unternehmen sollten diesen Mitarbeitern die Projektleitung ersparen. Man tut ihnen keinen Gefallen damit. Also eher dem sozialkompetenten Generalisten den Vorzug geben? Möglicherweise kommen für solche Rollen eher diejenigen in Frage, die vielleicht als Tüftler und Bastler nicht so begnadet sind - sich aber dafür die Herzen von Kunden und Mitarbeitern erobern oder sich Respekt verschaffen können. Man sollte bewusst nach diesen Menschen suchen, wenn man Projektmanager auswählt. Wie kann man dabei vorgehen? Beispielsweise, indem man in Kriterien beschreibt, welche persönlichen Merkmale Projektmanager mitbringen sollen. Wie können Projektmanager überhaupt auf ihre Sozialkompetenz hinweisen und sie im Unternehmen „vermarkten“? Viele Mitarbeiter können ihre Fachkompetenz gut einschätzen, nicht aber ihr Führungsverhalten. Außerdem fällt es schwer, die Führungskompetenz überzeugend zu benennen und zu belegen. Die Gefahr besteht darin, dass dies gleich wie Selbstdarstellung oder Schaumschlägerei wirken kann. Besser eignen sich sachliche Argumentation und Be- 63 projekt M A N A G E M E NT 1/ 20 07 aktuell lege für die eigene Sozialkompetenz: Welche Ergebnisse hat der Einsatz der Sozialkompetenz gebracht? Zu welchen Ergebnissen führt es, wenn man Menschen besser motivieren kann als andere? Es fällt allerdings nicht jedem leicht, so zu denken und seine Qualifikation darzulegen. Einige Projektmanager zweifeln an ihrer Sozialkompetenz. Führungsprobleme müssen nicht immer in mangelnder Sozialkompetenz begründet sein. Die Führungsprobleme können viele Ursachen haben. Vielleicht hemmt das Arbeitsfeld das Führungsverhalten, vielleicht sind es die Vorgesetzten, die Aufgaben, vielleicht ist es die Unternehmenskultur. Beim Projektmanagement kommt hinzu, dass Teams häufig nur nach fachlicher Qualifikation zusammengestellt werden. Stimmt die Chemie im Team nicht, führt dies zu großer Ineffektivität. Und dies ist leider sehr häufig der Fall. Die Strategie, bei Zweifeln an der eigenen Sozialkompetenz gleich ein Training zu buchen … … ist in der Tat wenig aussichtsreich. Der Betroffene weiß ja in der Regel nicht, welchen Trainingsbedarf er hat, was lernbar ist und wann Trainings sinnlos sind. In diesem Fall empfehle ich eine Standortbestimmung mit Unterstützung eines Coachs. Wie verläuft eine solche Standortbestimmung? Ich suche mit meinem Klienten nach seinen natürlichen Talenten, nach dem, was er besonders gut kann. Diese Talente sind vielen Führungskräften gar nicht bekannt. Und: In diese Talente muss man zumeist wenig investieren, um sie zu entfalten. Ich habe im letzten Jahr einen Vertriebsingenieur beraten, der sich in seiner beruflichen Position unwohl gefühlt hat. Es stellte sich heraus, dass er hervorragende Talente für das Projektmanagement mitbrachte. Für ihn kam diese Erkenntnis überraschend. Welche Fragen spielen - neben der Frage persönlicher Talente - beim Coaching eine weitere Rolle? Es handelt sich um drei weitere Fragen: Welchen Rahmen und welches Umfeld braucht man, um effektiv zu arbeiten? Welche beruflichen Aufgaben und Situationen muss man auf jeden Fall vermeiden? Und wo kann man notfalls Kompromisse schließen? Ist dieser Rahmen abgesteckt, so kann man die Karriere fundierter planen. Man kann sich die richtigen Aufgaben suchen und die Personen finden, mit denen man effektiv zusammenarbeitet. Eine Reihe von Unternehmen laden mittlerweile Mitarbeiter zu einer solchen Standortanalyse ein. Wie darf ich mir das vorstellen? Die Personalentwickler haben aus den schlechten Erfahrungen mit Einheitstrainings gelernt. Heute schauen sich diese Unternehmen erst den Menschen an und basteln dann den passenden Job um ihn herum. Diese Strategie ist mit Sicherheit besser als der Versuch, grundlegende Dinge ändern zu wollen, wenn man den Mitarbeiter bereits auf einen Karriereweg geschickt hat. Sind im Rahmen dieser Standortanalyse dann auch Trainings sinnvoll? Trainings kann man nach dieser Analyse sehr gezielt einsetzen, wenn man weiß, wohin der Karriereweg führen soll. n Anzeige