eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 18/4

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0886
UVK Verlag Tübingen
121
2007
184 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

„Konflikte schlichten braucht auch Mut und Überwindung“

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2007
Oliver Steeger
Konflikte im Projekt sind „ein heißes Eisen“. Viele Projektmanager machen einen großen Bogen um dieses unangenehme Thema. Denn Konflikte lassen sich vielfach nicht auf jener Klaviatur lösen, auf der Projektmanager virtuos spielen: also mit analytischem Sachverstand, Teamgeist, Verhandlungsgeschick und kluger Vernunft. Gerade deshalb hat sich eine Fachgruppe der GPM des Konfliktmanagements angenommen. Konflikte mögen die „Nacht- und Schattenseite“ des Projektmanagements sein – doch sie gehören zum Projektalltag. Und Projektmanager dürfen sie nicht ignorieren, wie Dr. Hans Leuschner meint. Der Berater leitet die GPM-Fachgruppe und berichtet von der Arbeit mit einem schwierigen Thema.
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9 projekt M A N A G E M E NT 4/ 20 07 aktuell Rundheraus gefragt: Sind deutsche Projektmanager eher konfliktscheu? Dr. Hans Leuschner: Wenn Sie mit der Frage darauf zielen, ob Projektmanager die Bearbeitung von Konflikten im Projekt eher meiden - dann stellen wir leider fest, dass sie tendenziell Konflikte in Projekten zu selten und zu oberflächlich lösen. Viele Projektmanager wenden sich vom Konflikt ab und vermeiden das Gespräch mit den Konfliktparteien. Sie befürchten unangenehme Konsequenzen des Konflikts für ihr Projekt. Also eine Vogel-Strauß-Politik? Den Kopf in den Sand stecken? Dieses Urteil erscheint mir zu abwertend. Oftmals stehen Projektmanager ja auch unter Zeitdruck und setzen ihre Prioritäten nach dem akuten sachlichen Handlungsbedarf oder eigenen Erfolgskriterien. Außerdem müssen sie die Fähigkeit haben, sich nicht durch jede Reiberei aus dem Konzept bringen zu lassen. Konfliktbearbeitung rutscht somit oft in der To-do-Liste nach hinten. Hinzu kommt, dass es schwierig ist, auf Konflikte richtig zu reagieren. Die Stimmung in Konflikten ist aufgeheizt, und unabsichtlich falsches Verhalten der Projektmanager gießt nur noch mehr Öl ins Feuer. Zum Beispiel? Manche Projektmanager gehen kühl und technokratisch an die Schlichtung, andere widerwillig und verständnislos, einige wenige auch überheblich und anmaßend. Es wird zu schnell Partei ergriffen. Angesichts der Fallen, die die Konfliktbearbeitung birgt, wundert die Zurückhaltung kaum. Und trotzdem fordern Sie Projektmanager auf, etwaigen Konflikten mehr Zeit und Kraft zu widmen. Alles andere wäre sehr kurzsichtig. Zum einen: Ungelöste Konflikte im Projekt binden Zeit und Energie. Sie untergraben die Motivation im Team. Zum anderen: Ungelöste Konflikte können das gesamte Projekt gefährden. Weshalb tun sich viele Projektmanager so schwer mit Konflikten? Viele Projektmanager haben für die Bearbeitung von Konflikten eine schlechte Ausgangslage. Meistens waren sie Fachspezialisten, bevor sie Projektmanager wurden; sie können vielfach perfekt technische Probleme lösen, tun sich aber mit Führungsaufgaben schwer. Sie fassen Projekte häufig als technische Herausforderung auf, nicht als Herausforderung für ihr Führungsgeschick. Im Übrigen werden sie bei ihren Führungsaufgaben auch nicht optimal unterstützt. „Konflikte schlichten braucht auch Mut und Überwindung“ Fachgruppenleiter Dr. Hans Leuschner über Konfliktmanagement Oliver Steeger Konflikte im Projekt sind „ein heißes Eisen“. Viele Projektmanager machen einen großen Bogen um dieses unangenehme Thema. Denn Konflikte lassen sich vielfach nicht auf jener Klaviatur lösen, auf der Projektmanager virtuos spielen: also mit analytischem Sachverstand, Teamgeist, Verhandlungsgeschick und kluger Vernunft. Gerade deshalb hat sich eine Fachgruppe der GPM des Konfliktmanagements angenommen. Konflikte mögen die „Nacht- und Schattenseite“ des Projektmanagements sein - doch sie gehören zum Projektalltag. Und Projektmanager dürfen sie nicht ignorieren, wie Dr. Hans Leuschner meint. Der Berater leitet die GPM-Fachgruppe und berichtet von der Arbeit mit einem schwierigen Thema. Foto: privat PM_4_07.indd 9 04.10.2007 13: 14: 33 Uhr 10 REPORT aktuell projekt M A N A G E M E NT 4/ 20 07 Inwiefern nicht optimal unterstützt? Ihren Kollegen, die die klassische Führungslaufbahn in der Linie eingeschlagen haben, werden wie selbstverständlich Trainings und Coachings zu Führungsfragen angeboten. Sie werden auf Führungsaufgaben gut vorbereitet. Der Führungsaspekt wird nicht nur von allen Seiten betont, sondern von den jeweiligen Vorgesetzten auch explizit eingefordert und gefördert. Für Projektmanager gilt dies leider nicht. Außerdem: Projektmanager leiten zwar ein Projekt, haben aber nicht die disziplinarische Macht, Mitarbeiter zur Räson zu rufen oder wirkungsvoll mit Sanktionen zu drohen. Denn disziplinarische Vorgesetzte sind zumeist die Abteilungsleiter der Linienorganisation, der die Mitarbeiter entstammen. Bei vielen Konflikten sehen sich Projektmanager schlichtweg machtlos. Sie sprechen von disziplinarischer Macht. Nach Ansicht Ihrer Fachgruppe ist der Weg, einen Konflikt mit Macht aus der Welt zu schaffen, nicht sonderlich günstig. Dies stimmt. Die in Konflikten vorgebrachten Streitpunkte kratzen häufig nur an der Oberfläche. Wenn Konflikte eskalieren, geht es häufig nicht mehr um gegensätzliche Sachpositionen, sondern um verletzte persönliche Bedürfnisse. Deshalb empfehlen wir Projektmanagern, bei ernsthaften Konflikten diese verletzten Bedürfnisse in Erfahrung zu bringen und auf dieser Ebene zu vermitteln. Nur so können die Parteien miteinander versöhnt werden. Unterstützt wird diese Empfehlung dadurch, dass der „machtlose“ Projektmanager ja gar keine Alternative hat - außer: nichts tun. Die GPM-Fachgruppe „kooperatives Konfliktmanagement“, die Sie leiten, wurde vor drei Jahren gegründet. Wie reagiert die Fachwelt auf Ihre Arbeit? Man tut sich schwer mit dem als eher weiches Thema angesehenen Konfliktmanagement. Wir können unseren Kollegen keine Punkt-für-Punkt-Rezepte an die Hand geben, die man wie Arbeitsanweisungen befolgen kann - beispielsweise wie bei einer Risikoanalyse oder der Ressourcenplanung. Wer Konflikte lösen will, muss den Mut zum Ausprobieren haben - und auch den einen oder anderen Misserfolg in Kauf nehmen. Manche fürchten schlichtweg, sich lächerlich zu machen. Sich lächerlich zu machen …? Wie gesagt, man muss zu den Bedürfnissen der Konfliktparteien vorstoßen. Diese Vorgehensweise ist vielen Projektmanagern fremd. Sie fühlen sich dabei nicht wohl in ihrer Haut und fürchten, sich eine Blöße zu geben. Dies braucht Mut und Überwindung - mehr, als man zunächst denkt! Ihre Fachgruppe hat kürzlich ein Buch zum Thema Konfliktmanagement veröffentlicht. Zwei Monate vor dem Erscheinungstermin lagen bereits über dreihundert Vorbestellungen allein vom Buchhandel vor. Der Erfolg freut uns. Doch das Buch hat einige radikale Ansätze und ist kontraststark geschrieben. Wir wollen mit dem Buch Klarheit schaffen und rechnen deshalb auch mit Widerspruch. ISBN 978-3-448-07520-5 39,80 [D] ISBN 978-3-448-08052-0 29,80 [D] ISBN 978-3-448-06819 -1 29,80 [D] ISBN 978-3-448-07521-2 24,80 [D] Haufe Haufe Projektmanagement in Kooperation mit der Gesellschaft für Projektmanagement Anzeige PM_4_07.indd 10 04.10.2007 13: 14: 34 Uhr 11 projekt M A N A G E M E NT 4/ 20 07 aktuell Die Kontrahenten lassen sich weder mit Sachverstand und Vernunft noch Appelle an Teamgeist und Kollegialität zur Räson bringen. „Bedürfnisorientiertes Konfliktmanagement“ kann helfen. n Foto: Lego Also „wachrütteln“ …? Auf jeden Fall! Konfliktmanagement muss stärker in den Fokus des Projektmanagements rücken. Dies zu unterstützen ist unser Ziel. Die Veröffentlichung gilt in Ihrer Fachgruppe als wichtiger Meilenstein. Welche Arbeiten sind noch geplant? Wir wollen vermehrt Studien auswerten, um das Thema noch mehr mit Zahlen und Fakten zu unterfüttern. Auch werden wir verstärkt Vorträge und Workshops zum Konfliktmanagement anbieten. Zudem wollen wir unsere Fachgruppe erweitern. Derzeit setzt sie sich mehrheitlich aus Beratern und Trainern zusammen. Wir wünschen uns ein ausgewogenes Verhältnis mit Vertretern aus Unternehmen. Bleiben wir beim Schmieden von Zukunftsplänen. Wo soll Ihre Fachgruppe im Jahr 2010 stehen? Wir haben das Ziel, dass bis dahin das Thema Konfliktmanagement und die Gruppe eine feste Größe bei Fachveranstaltungen sind. Wir wollen innerhalb der GPM der erste Ansprechpartner für dieses Thema sein und uns intensiv mit anderen Fachgruppen austauschen. Und spätestens im Jahr 2009 wollen wir für die Wirtschaft ein gefragter Partner für Veranstaltungen zum Konfliktmanagement sein, in denen die Projektleiter und deren Vorgesetzte die Schwerpunkte setzen. Starten Sie noch heute auf Projectplace.de oder rufen Sie +49 (0)89 970 07 429 für weitere Informationen an. Übernehmen Sie die Kontrolle in Ihrem Projekt! Jederzeit. Überall. 30.000 Projektleiter können sich nicht irren Anzeige PM_4_07.indd 11 04.10.2007 13: 14: 34 Uhr