eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 18/4

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
121
2007
184 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Projektemacher

121
2007
Heinz Schelle
Krajewski, M. (Hrsg.): Projektemacher. Zur Produktion von Wissen in der Vorform des Scheiterns. Kulturverlag Kadmos Berlin 2004, 272 S., ISBN 3-931659-56-9, EUR 24,90
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48 WISSEN aktuell projekt M A N A G E M E NT 4/ 20 07 Wer in Google den Begriff „Projektemacher“ eingibt, dem wird eine Fülle von Eintragungen präsentiert. Meist ist der Kontext nicht sonderlich positiv. So heißt es zum Beispiel über Giacomo Casanova: „Giacomo Casanova, Chevalier de Seingalt, trat in den Metropolen des 18. Jahrhunderts in jeder nur denkbaren Profession auf. Hochgebildet und zu allem fähig, zog er als Magier, Spieler, Literat, Spion, Diplomat, Börsenspekulant, Projektemacher (Fettdruck durch den Rezensenten) durch ganz Europa.“ Vergessen wurde nur das Attribut „Frauenheld“. Es waren oft recht windige Burschen, die sich da mit kühnen Versprechungen an potenzielle Sponsoren, häufig Fürsten deutscher Kleinstaaten, heranmachten. Dabei würde ich den Begriff nicht unbedingt mit Projektleiter übersetzen, sondern eher mit Projektentwickler. Besonders negativ äußert sich das „Große vollständige Universal-Lexikon“ (Bd. 29, Pr-Pz, Halle und Leipzig 1741, Sp. 784) von Johann Heinrich Zedler. Im Brockhaus der damaligen Zeit steht im umständlichen Stil des 18. Jahrhunderts, den heute noch Beamte imitieren, geschrieben: „Projectenmacher, heissen insgemein diejenigen, welche den Leuten dieses oder jenes Project, davon sie sich vor die Erfinder ausgeben, entdecken, und sie zu deren Ausführung unter scheinbahren Vorstellungen eines daraus zu erwartenden Gewinns anermuntern. Einem solchen muß man nicht sogleich Gehör geben, weil sie insgemein Betrüger sind (Hervorhebung durch den Verfasser).“ Und Daniel Defoe hat über die Wege des Unglücks geschrieben: „Entweder man werde zum Selbstmörder, Verbrecher oder Projektemacher.“ Es muss einen dann auch nicht wundern, wenn das Volk in Württemberg im 18. Jahrhundert folgendes Lied gesungen hat: „Er zeigte wohl Projecten vor, die Geld eintragen müſ ſen; ſie fielen trefflich in das ohr, doch muſ ſt der burger büſ ſen.“ Wem fallen hier nicht zahlreiche Katastrophenprojekte der öffentlichen Hand ein, die der Bundesrechnungshof Jahr für Jahr anprangert? Markus Krajewski ist nun mit seinen Mitstreitern angetreten, für den Projektemacher eine Lanze zu brechen. Er stellt sich die Frage, „inwieweit der Projektemacher trotz des Nimbus seines scheinbar unvermeidlichen Scheiterns für eine äußerst produktive, wenn nicht gar fundamentale Art und Weise einsteht, ungeahnte Erkenntnisse hervorzubringen und innovative Entwicklungen anzustoßen …“ Er spricht in diesem Zusammenhang auch von der „Produktivität der Unvollkommenheit“. Der Grundgedanke: In einem Suchprozess, der letztlich zu nützlichen organisatorischen und technischen Neuerungen führen soll, sind Irrwege nicht nur unvermeidlich, sondern auch notwendig. Gestützt auf ein Werk aus dem Jahre 1746 (! ) leitet der Herausgeber dann Anforderungen an Projekte ab, die auch heute noch gelten: ein klares Ziel, schriftlich fixierte Pläne, wie dieses Ziel realisiert werden soll, und die Antizipation möglicher Probleme und Vorkehrungen zu ihrer Überwindung. Heute würde man Risikomanagement dazu sagen. An einige bekannte Consultingunternehmen erinnert die weitere Charakterisierung von Projektemachern: Er „beschränkt sich nämlich üblicherweise auf die Ausarbeitung und Skizzierung der Pläne, während er die tatsächliche Ausführung möglichst anderen zu überlassen sucht.“ In einem weiteren Artikel von G. Stanitzek („Der Projektmacher. Projektionen auf eine ‚unmögliche‘ moderne Kategorie“) wird der Projektemacher dann als Figur des aufkommenden Kapitalismus beschrieben. Er genießt zwar kein großes Ansehen, wird aber dennoch gebraucht. In einem zweiten Teil des Buches, überschrieben mit „Geschichte des Scheiterns“, werden dann sehr lesenswerte Fallbeispiele geboten. Dabei war für mich die Abhandlung über die projektierten „Vereinigten Staaten von Europa“ des Abbé de Saint Pierre (1658-1743) am interessantesten. Das Vorhaben, das den ewigen Frieden sichern sollte, wurde damals übrigens von den Zeitgenossen belächelt. Köstlich auch zu lesen, dass der Weltkonzern Siemens noch 1925 dem Goldmacher Miethe finanziell und reputativ Rückendeckung gab. Interessant schließlich auch die Analyse des Böttger’schen Erkenntnisprozesses, der zwar nicht die Formel für die Gewinnung von Gold, wohl aber die für die Erzeugung von Porzellan fand. Letztendlich sind diese Projekte eine Mahnung an diejenigen, die heute für die Genehmigung von F&E-Vorhaben zuständig sind, wieder etwas mehr Risiken einzugehen und nicht ausschließlich die kurzfristige Maximierung des Shareholder Value anzustreben. Sie sind auch ein Plädoyer für die heute selbst an Universitäten nicht mehr allzu gern gesehene Blue-Sky- Forschung. Der Rest des Buchs ist eher ärgerlich und - nach meiner Einschätzung - zumindest für den Leserkreis unserer Zeitschrift nicht sehr attraktiv. Absolut überflüssig zum Beispiel der Aufsatz über das prinzipiell interessante Thema „Karriere als Projekt“, geschrieben von einer Soziologin, die sich redlich Mühe gibt, hinter ihrem Fachjargon ihre Gedanken zu verbergen. Würde mich aber jemand fragen, worüber die Verfasserin eigentlich geschrieben hat, müsste ich antworten: Das hat sie leider nicht gesagt. Absolut Buchbesprechung Projektemacher Krajewski, M. (Hrsg.): Projektemacher. Zur Produktion von Wissen in der Vorform des Scheiterns. Kulturverlag Kadmos Berlin 2004, 272 S., ISBN 3-931659-56-9, EUR 24,90 Fortsetzung auf S. 45 PM_4_07.indd 48 04.10.2007 13: 14: 43 Uhr 47 projekt M A N A G E M E NT 4/ 20 07 aktuell Das Buch des Schweizers Jenny zeichnet sich durch eine besonders gute didaktische Gestaltung aus. Jedem Kapitel sind Lernziele vorgeschaltet. Den einzelnen Zielen sind außerdem die jeweils dazugehörigen Nummern der ICB-Elemente (ICB 2.0) zugeordnet. Perfekte Abbildungen und eine geradezu üppige Farbgebung verbunden mit einem Farbcode, der die Vernetztheit des Projektmanagementsystems zeigen soll, machen die Lektüre vor allem für den Anfänger auch zu einem ästhetischen Genuss. (Die in der GPM zum Teil verbreitete, typisch teutonische Haltung, dass ein Buch nicht „wie ein Roman“ lesbar sein soll, teile ich nicht.) Hinzu kommt eine sehr konsequente Prozessorientierung, die schon eine gewisse Tradition in Schweizer Lehrbüchern hat. Sie erleichtert dem Laien die Orientierung in einer schwierigen Materie sehr. Einige Abschnitte haben mir besonders gut gefallen, insbesondere weil sie in der Regel in den elementaren Lehrbüchern nicht zu finden sind, so ein interessanter Vorschlag für eine Einstufung von Projekten nach verschiedenen Klassen und das Kapitel über Projektziele mit der wichtigen und konsequent durchgehaltenen Unterscheidung in Abwicklungs- und Systemziele. So weit die positive Nachricht. Als fortgeschrittener Leser stören mich allerdings einige Dinge, so etwa, dass eine Projektklassifikation oder Projektziele „Grundwerte“ der Projektabwicklung sein sollen. Der Begriff ist für Postulate wie „Kundenorientierung“ oder „Umweltbewusstsein“ reserviert und sollte nicht verwässert werden. Auch die neue Definition für Projekte findet nicht meine Zustimmung. Sie enthält normative Elemente, was nicht sein sollte. Außerdem leistet sie nicht das, was sie leisten sollte: Leistungserstellung mit Projektcharakter von repetitiven Formen der Leistungserstellung abzugrenzen. Schließlich leuchtet mir der Unterschied zwischen Vorgehens- und Phasenmodell nicht ein. Probleme habe ich aber vor allem mit der Fallstudie, der Planung einer Weltreise durch eine eidgenössische Familie. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, eine solche Studie zu entwerfen. Man kann daran immer etwas aussetzen, egal wie gut sie ist. Von dieser Möglichkeit machen dann auch Leute, denen sonst nichts einfällt, reichlich Gebrauch. Aber in diesem Fall ist es meines Erachtens gerechtfertigt. In Seminaren klagen die Teilnehmer immer wieder, dass die Übungsbeispiele zu weit von der industriellen Realität entfernt sind und keinen großen Erkenntniswert haben. Auch die Stiftung Warentest kam beim Test von Projektmanagementseminaren (FINANZTEST 6/ 2004) zu diesem Urteil. Meinung eines Seminarbesuchers: „Ich habe in meiner täglichen Arbeit schwierigere Probleme zu lösen, als einen Betriebsausflug zu organisieren.“ Die Grenzen des gewählten Fallbeispiels zeigen sich dann auch deutlich bei Themen wie etwa Kostenschätzung und Einsatzmittelplanung. Trotz der genannten Einschränkungen muss man aber sagen: Für den Anfänger lohnt es sich sehr, das Werk durchzuarbeiten. Er bekommt vor allem wegen der vorbildlichen Didaktik einen hervorragenden Einblick in die Disziplin und lernt auch noch etwas über die ICB. Noch ganz am Rande: Auch dem Profi sei das köstliche Vorwort von Prof. Glinz zur Lektüre empfohlen. Meine Anregung ist, es ins Netz zu stellen. Heinz Schelle n Buchbesprechung Projektmanagement für eine erfolgreiche Karriere Jenny, B.: Projektmanagement für eine erfolgreiche Karriere. 2. durchgesehene Auflage, vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, Zürich 2005, 291 S., ISBN 3-7281-3004-4, EUR 49,90 www.rillsoft.de Download 30-Tage-Vollversion Rillsoft GmbH • Unterer Ezachweg 55 • 71229 Leonberg Tel.: 07152-395745 • Fax: 07152-395744 • E-Mail: info@rillsoft.de Projektmanagement Software - Terminplanung - Ressourcenmanagement - Kapazitätsplanung - Personaleinsatzplanung - Projektportfolio - Integrierter Report-Generator - Terminplanung - Ressourcenmanagement - Kapazitätsplanung - Personaleinsatzplanung - Projektportfolio - Integrierter Report-Generator Anzeige PM_4_07.indd 47 04.10.2007 13: 14: 42 Uhr 46 WISSEN aktuell projekt M A N A G E M E NT 4/ 20 07 Wer sich je durch das englische Manual von PRINCE2 1 gekämpft hat, wird das Buch zu schätzen wissen. Nach einer allgemeinen Einführung in das Projektmanagement wird PRINCE2 zunächst kurz vorgestellt. Die Autoren bezeichnen es als Projektmanagementmethode, die einen generischen Standard „für alle Projekttypen, für jede Art von Umgebung und für alle Projektgrößen“ bietet (S. 23). Ausdrücklich wird betont: „Soziale und kommunikative Fähigkeiten, Techniken und unterstützende Software sind nicht Teil von PRINCE2.“ Es folgt dann eine eingehende Darstellung der einzelnen Prozesse, nämlich o der Vorbereitung des Projekts, o der Initiierung eines Vorhabens, o der Lenkung eines Projekts, o der Steuerung einer Phase, o des Managements der Produktlieferung, o des Managements des Phasenübergangs und o des Abschließens eines Projekts. Die in Anlehnung an den PMBoK verwendeten Schemata „Input ➞ Subprozess ➞ Output“ machen die Zusammenhänge sehr gut klar. Anschließend werden die acht Komponenten von PRINCE2 erläutert. Dies sind o der Business Case, o die Organisation, o die Pläne, o die Steuerungsmittel, o das Projektmanagement, o die Qualität in den Projekten (gemeint ist das Qualitätsmanagement innerhalb einer Phase), o das Konfigurationsmanagement und o die Änderungssteuerung. Aus meiner Sicht ist besonders erfreulich, dass PRINCE2 den Business Case sehr hervorhebt und damit sowohl die Verbindung von Projektauswahl und der Strategie einer Organisation als auch den Anwendungserfolg eines Projekts in den Mittelpunkt stellt. Beide Aspekte werden ja im PMBoK (Third Edition), im alten Wissensspeicher der GPM und in der DIN 69 904 vernachlässigt, obwohl sich der Fokus seit Langem in der praxisorientierten Litera- 1 Vgl. auch den Beitrag von Alan Harpham und Graham Williams „Das aktuelle Stichwort: Prince2 - The Facts“ in der Nummer 3/ 2006 von projektMANAGEMENT aktuell . tur abzeichnet und die GPM in ihrer Loseblattsammlung bereits vor zehn Jahren in einem umfangreichen Aufsatz mit dem Titel „Projektmanagement und Geschäftsfeldstrategie“ auf die Thematik aufmerksam gemacht hat. In Abwandlung eines geflügelten Satzes der Juristen („Der Blick ins Gesetz erhöht die Rechtskenntnis.“) könnte man sagen: „Der Blick in die Literatur erhöht die Kenntnisse im Projektmanagement.“ Leider gilt die Lektüre von Fachliteratur in weiten Kreisen immer noch als Zeichen für Unterbeschäftigung im Unternehmen. Positiv ist auch zu bewerten, dass es gelungen ist, eine klare Definition für den Begriff „Programm“ zu finden, die auf die zeitliche Begrenztheit Bezug nimmt. Schließlich gefällt mir auch sehr gut, dass die Entwickler von PRINCE2 den eigentlichen Produktentstehungsprozess besonders hervorheben, ein großes Anliegen unseres Schwerpunkthefts 4/ 2006. Daneben werden noch vier sogenannte Techniken vorgestellt, und zwar die Produktbasierte Planung, die Technik der Arbeits- und Kapazitätsplanung (in Deutschland würde man Ablauf- und Einsatzmittelplanung sagen), der „Änderungssteuerungsansatz“ und die Qualitätsprüfungstechnik. Der Zusammenhang zwischen den drei verschiedenen Arten von Elementen, nämlich Prozesse, Komponenten und Techniken, wird auf S. 32 gezeigt. Bei der Einsatzmittelplanung tappen die Autoren allerdings voll in die Netzplantechnikfalle und propagieren eine vorgangsbzw. arbeitspaketorientierte Planung, die als gescheitert gelten kann. In der Anlage finden sich noch einige, relativ unsystematisch zusammengestellte Dokumente. Die zunächst insgesamt positive Beurteilung des Buches muss allerdings am Schluss etwas relativiert werden. So sieht sich der deutsche Leser mit einer ganzen Reihe von neuen Begriffen konfrontiert, so etwa „Projektmandat“, „Projektleitdokument“, „Integraler Selbstkostenpreis“, „Teamplan“ und „Risikoprotokoll“. Für den nicht so versierten Anfänger dürfte die Anwendung von PRINCE2 auch nicht ganz leicht sein. Man hätte sich hier doch für verschiedene Dokumente nicht triviale Beispiele gewünscht. Alles in allem ist das Buch aber sehr nützlich und trägt erheblich zum besseren Verständnis des Modells bei. Die Rezension gibt mir die Gelegenheit, nochmals auf meine seit Jahren erhobene Forderungen hinzuweisen: Die GPM muss so bald wie möglich ein eigenes Vorgehensmodell entwickeln. Sonst wird sie irgendwann von PRINCE2, das jetzt schon eine deutsche Benutzergruppe hat, ausgestochen. Heinz Schelle n Buchbesprechung Projektmanagement auf der Grundlage von PRINCE2 Hedemann, B./ Vis van Heemst, G./ Frederiksz, H.: Projektmanagement auf der Grundlage von PRINCE2 - PRINCE2 Edition 2005. Van Haren Publishing (NL) 2006, ISBN 90-77212-64-7, 276 S., EUR 31,75 PM_4_07.indd 46 04.10.2007 13: 14: 42 Uhr 45 projekt M A N A G E M E NT 4/ 20 07 aktuell Es gibt Projektmanagementbücher, die besser nicht geschrieben worden wären. Das Buch des Kollegen Aichele gehört dazu. Man hat an vielen Stellen den Eindruck, dass die Publikation durch Kopieren und Einfügen von Textpassagen aus unterschiedlichen Vorlesungsmanuskripten und im Literaturverzeichnis aufgeführten Referaten entstanden ist. Anders kann ich mir nicht erklären, wie eine ganze Reihe von Kapiteln in das Manuskript gekommen ist, die mit dem Titel des Buches wenig zu tun haben. Dass der Lektor diesem Unfug nicht Einhalt geboten hat, ist mir unverständlich. Hier einige Beispiele: Das Kapitel über Entscheidungstheorie (z. B. Minimax-. Maximax- und Savage-Niehans- Regel) hat in einem Projektmanagement-Lehrbuch absolut nichts zu suchen. Mit derartigem Stoff kann man Erstsemester traktieren, aber nicht Leute, die Rat für ihre tägliche Projektarbeit suchen. Es sei denn, der Autor kann einen konkreten Anwendungsfall anführen. Das kann er natürlich nicht. Die „Beispiele“, die er bringt, sind dann auch so blutleer und abstrakt, wie man das aus Lehrbüchern der Entscheidungstheorie gewohnt ist. Geholfen ist damit niemandem, weder den Studenten, die laut Klappentext „ihre akademischen Kenntnisse um Methoden der Praxis erweitern wollen“, noch „Praktikern aus Wirtschaft und Verwaltung, die ihren Projekterfolg sichern wollen.“ Leider ist das Beispiel aus der Entscheidungstheorie nicht das einzige. In diesem Stil geht es weiter. Dass die Vorgangspfeilnetztechnik sehr ausführlich behandelt wird, kann man ja gerade noch verstehen, warum aber für Praktiker und für Studenten, die für die Praxis vorbereitet werden sollen, die Anwendung der Petrinetz- Technik auf Termin- und Einsatzmittelplanung diskutiert wird, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Wer sich je mit den enormen Schwierigkeiten einer vorgangsbezogenen Einsatzmittelplanung auseinandergesetzt hat, kann hier nur noch sagen: intellektuell anregend, aber praktisch völlig irrelevant. Oder kennt jemand einen einzigen Fall der Anwendung der Petrinetz-Technik im Projektmanagement? Das würde mich sehr interessieren. Ich selbst habe nämlich in den frühen 80er-Jahren zusammen mit einem Mitarbeiter einen Versuch mit dieser Technik unternommen, aber schon sehr bald resigniert. Weitere irrelevante große Kapitel folgen. So wäre es natürlich sehr verdienstvoll, sich mit dem Thema „Kennzahlensysteme zur Steuerung von Projekten“ gründlich auseinanderzusetzen. Dem Leser ist aber wenig damit geholfen, wenn er sich auch mit Kennzahlensystemen befassen muss, die mit Leistungserstellung mit Projektcharakter absolut nichts zu tun haben. Warum zum Beispiel die Systematik der Bilanzkennzahlen von Coenenberg, das ehrwürdige Kennzahlenschema von DuPont und das ZVEI-Kennzahlensystem so ausführlich dargestellt werden, ohne dass ein erkennbarer Zusammenhang zu Projektkennzahlen hergestellt wird, ist nicht zu ergründen. Das ist ja gerade das Problem, dass sich die Bilanz und die G&V-Rechnung auf eine Rechnungsperiode, in der Regel ein Jahr, beziehen und nicht projektbezogen sind. Lachnit hat vor vielen Jahren in seinem bemerkenswerten, viel zu wenig beachteten Ansatz die Verknüpfung mit den Rechnungsgrößen von Projekten hergestellt. Davon ist freilich bei Aichele nichts zu lesen. Probleme hatte ich auch bei dem Kapitel „Modellierung“. Viele Ausführungen konnte ich schlicht nicht mit dem Thema „Projektmanagement“ in Verbindung bringen. Die zahlreichen Abbildungen, die zum Teil äußerst filigran sind, verwirren manchmal eher, als dass sie helfen. Dabei soll keineswegs geleugnet werden, dass der Verfasser über ein enormes Wissen verfügt, das er für unsere Disziplin sinnvoll hätte einsetzen können. Er hätte aber beim Schreiben des Buches sieben und immer nahe beim Thema bleiben müssen. Hätte er Ballast abgeworfen, hätten sich wichtige neue Themen wie zum Beispiel Projektbenchmarking und Karrieremodelle aufnehmen lassen. Diese Chance wurde leider vertan. Projektmanagementlehrbücher sollten keine Nebenprodukte von Vorlesungsmanuskripten sein. Heinz Schelle n Buchbesprechung Intelligentes Projektmanagement Aichele, Ch.: Intelligentes Projektmanagement. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart 2006, ISBN-10: 3-17-019094-6, 299 S., EUR 30,00 überflüssig auch die weiteren Essays, in denen der Begriff des Projekts zur Beliebigkeit verkommt. Der Gesamteindruck des Buches bleibt zwiespältig. Einige Aufsätze sind durchaus lesenswerte Beiträge zu einer Kulturgeschichte des Projektemachens von der frühen Neuzeit bis zum Kapitalismus des 20. Jahrhunderts. Man kann auch Lehren für die heutige Forschungspolitik unserer Hochschulen ziehen, die vom Evaluierungswahn befallen sind und in denen, wie Münch in einem soeben erschienenen Β uch 1 kritisch bemerkt, durch Drittmittel häufig nur noch Routinewissenschaft gefördert wird. Bei anderen Essays steht allerdings das Bemühen im Vordergrund, den Leser durch einen „elaborierten Code“ zu beeindrucken. Heinz Schelle n P. S. Noch etwas zum Gemälde auf dem Umschlagbild. Es ist von Spitzweg und heißt tatsächlich „Projektemacher“. Wie im richtigen Leben befinden sich die beiden Projektleiter in einer wenig komfortablen Situation. Fortsetzung von Seite 48 1 Münch, R.: Die akademische Elite. Zur sozialen Konstruktion wissenschaftlicher Exzellenz. Frankfurt/ M. 2007 PM_4_07.indd 45 04.10.2007 13: 14: 41 Uhr