eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 19/2

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2008
192 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Qualitätsmanagement in der regulierten Industrie, Teil 1 – Eine Gegenüberstellung von CMMI und CAMP 4

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2008
Susanne Trutter
Uwe Haneke
Pharmaunternehmen und deren Zulieferer, zum Beispiel auch Softwarezulieferer, unterliegen einer Vielzahl von Gesetzen und Richtlinien. Die Einhaltung dieser Vorgaben muss vom Projektmanagement gewährleistet werden. Im Bereich der Validierung automatisierter Systeme ist vor allem der GAMP 4 („Good Automated Manufacturing Practice“) zu beachten; in der Softwareentwicklung wird vermehrt auf die Prozessverbesserung durch CMMI („Capability Maturity Model Integration“) gesetzt. Vorliegender Artikel untersucht die Frage, ob und wie CMMI und GAMP 4 zusammenpassen. Inwieweit erfüllen nach CMMI entwickelte Prozesse die Anforderungen des GAMP 4?
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Ziele Die Ziele bei der Erarbeitung von neuen Erschließungskonzepten im öffentlichen Regionalverkehr können in Vorgehens- und Systemziele unterteilt werden: Systemziele sind alle Forderungen und Bedürfnisse, die mit der Einführung eines neuen Erschließungskonzeptes im öffentlichen Regionalverkehr erreicht werden sollen. Vorgehensziele umfassen alle Vorgaben oder Auflagen, die während der Erarbeitung eines neuen Erschließungskonzeptes mit dem öffentlichen Regionalverkehr eingehalten werden sollen (Tabelle 2). Der Zielkatalog gilt für alle Projekte bzw. neuen Konzepte als Grundlage. Der Katalog wird je nach Projekt entsprechend angepasst bzw. konkretisiert. Beurteilung Das Grundangebot für den öffentlichen Regionalverkehr hat nach einer zwanzigjährigen Entwicklungsphase einen hohen Standard für die strategische Steuerung des öffentlichen Regionalverkehrs erreicht. Es ist in seiner heutigen Form ein ausgeprägtes Führungs- und Controllinginstrument für den öffentlichen Regionalverkehr im Kanton Schwyz. Das Grundangebot schafft für die Transportunternehmen, aber auch für die Bezirke und Gemeinden für jeweils vier Jahre eine hohe Planungssicherheit. Die klare Abgrenzung der Aufgaben, Kompetenzen und der Verantwortung zwischen den Bestellern (= Kanton Schwyz/ Bund) und den Erstellern (= Transportunternehmen) bringt große Vorteile. Redundanzen bei der Entwicklung von Projekten können so vermieden werden. Der Kanton kann die Personalressourcen tief halten. Den Transportunternehmern wird ermöglicht, die unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten bzw. die unternehmerische Verantwortung besser wahrzunehmen. Die Einführung des Projekthandbuches für sämtliche Projekte des öffentlichen Regionalverkehrs im Herbst 2006 hatte erste positive Auswirkungen. Die teilweise Übertragung von Projektaufgaben auf externe Dienstleister wurde vereinfacht. Beim nächsten Fahrplanwechsel im Dezember 2007 konnten bereits vier von neun definierten Projekten im öffentlichen Regionalverkehr umgesetzt werden. Dies ist nur dank gut strukturierter Projekte und klarer Abläufe möglich. ■ Schlagwörter Leistungsbesteller, öffentlicher Regionalverkehr, Projekthandbuch, Projektportfolio, Transportunternehmungen, zentraler Leistungsplan Autor Patrick Inglin, Dipl. Ing. ETH/ SIA (40), ist seit 1999 Abteilungsleiter öffentlicher Verkehr beim Kanton Schwyz. Zuvor war er Sachbearbeiter beim Landwirtschaftsamt des Kantons Zürich und bei einer Großbank im IT-Bereich tätig. Inglin absolvierte das Studium der Kulturtechnik und Vermessung an der ETH Zürich; während seiner Tätigkeit beim Kanton Schwyz absolvierte er ein Nachdiplomstudium im Bereich Betriebswirtschaft. Im Moment lässt er sich als Senior Project Manager (IPMA Level B) zertifizieren. Anschrift Neudorfstraße 16 CH-6312 Steinhhausen E-Mail: daning@bluewin.ch 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2008 30 WISSEN Tabelle 2: Zielkatalog öffentlicher Regionalverkehr Systemziele Angebotsziele - Taktsystem pro Linie - Tages-/ Wochenangebot - Aufwärtskompatibilität des Angebotes (Taktverdichtungen) Finanzziele - Kostengünstiges Regionalverkehrskonzept - Hoher Kostendeckungsgrad der Regionalverkehrslinien - Finanzierung von Zusatzangeboten durch Dritte Qualitätsziele - Hohe Fahrplanstabilität der Regionalverkehrslinien - Schlanke und einfache Umsteigemöglichkeiten zwischen den einzelnen Linien des öffentlichen Verkehrs (Transportketten) - Ausrichtung der Transportketten auf die Hauptnachfrage - Einsatz von nachfragegerechtem und modernem Rollmaterial - Zeitgemäße Bahnhofs-/ Haltestelleninfrastruktur Vorgehensweise - Umsetzung des neuen Konzeptes auf Fahrplanwechsel 20xy - Regelmäßige Information über das Projekt PM_2-08_26-30: Inhalt 26.02.2008 13: 52 Uhr Seite 30 Susanne Trutter, Uwe Haneke 1 Einleitung Unternehmen der regulierten Industrie müssen, wie es der Name bereits vorgibt, eine Vielzahl von Vorgaben und Richtlinien einhalten. Dies gilt auch und ganz besonders für die Pharmabranche. Die Regulatorien werden dabei sowohl von Regierungen und länderübergreifenden Institutionen als auch von lokalen Verbänden und Gemeinschaften erarbeitet und vorgelegt. Insbesondere sehr hohe Anforderungen an die Validierungs- und Qualifizierungsfähigkeiten der Unternehmen spielen hier eine große Rolle. Diese gelten nicht nur für die Pharmaproduzenten selbst, sondern häufig auch für deren Zulieferer. So muss sich auch ein Softwareunternehmen, dessen Kunden der Pharmabranche angehören, diesen Vorgaben stellen. Projektdurchführung und Projektergebnis dieser Unternehmen müssen die Erfüllung der Anforderungen sicherstellen. Speziell für die Validierung von automatisierten Systemen hat sich ganz besonders ein Leitfaden hervorgetan, der GAMP 4. Er ist international anerkannt und der De-facto-Standard für alle Pharmaunternehmen und deren Softwarezulieferer. Projektmanagement in solch einem Unternehmen zielt somit nicht zuletzt auf die Erfüllung der Anforderungen des GAMP 4. Gleichzeitig werden heutzutage vor allem in vielen Softwareunternehmen vermehrt Softwarereifegradmodelle eingeführt, allen voran das CMMI-Modell. Diese „Good Practice“-Modelle sollen Unternehmen bei der Verbesserung ihrer Prozesse helfen. Dabei werden den Prozessen sogenannte Reifegrade zugeordnet und es wird ein Rahmen geschaffen, diese erfolgreich und langfristig zu verbessern. Somit muss sich das Projektmanagement dieser Unternehmen der Herausforderung CMMI stellen. (Sowohl GAMP wie auch CMMI sind eingetragene Markenzeichen). Sowohl die Anforderungen des GAMP 4 als auch die des CMMI-Modells wollen die Qualität und Sicherheit der Produkte und Prozesse sicherstellen. Die Fragestellung des vorliegenden Artikels ist es nun zu klären, inwiefern die strengen Anforderungen der Pharmaindustrie, speziell die des GAMP 4, und die Prozessanforderungen des CMMI-Modells zusammenpassen. Dabei werden insbesondere die Konsequenzen einer CMMI-Einführung in Softwarezuliefererunternehmen der Pharmaindustrie geklärt. Dies sind Konsequenzen, die sich dann auch im Projektmanagement dieser Firmen niederschlagen müssen. Natürlich lässt sich das Ergebnis auch direkt auf die Pharmaunternehmen selbst übertragen, denn auch dort wird vermehrt CMMI eingeführt. Es gilt aber zu beachten, dass hier noch weitere Regulatorien neben den Vorgaben zur Validierung automatisierter Systeme eingehalten und somit CMMI gegenübergestellt werden müssen. Dieser Artikel wurde auf Basis einer Master Thesis verfasst, die 2006 bei Rockwell Software, einer Marke des Unternehmens Rockwell Automation, in Karlsruhe erarbeitet wurde [1]. 2 Begrifflichkeiten Fast alle Softwareunternehmen entwickeln ihre Software heutzutage nach einem bestimmten Vorgehensmodell. Das bekannteste dieser Kategorie ist das Wasserfallmodell. Ein weiteres Vorgehensmodell, das mehr Wert auf Verifikation und Validierung legt, ist im V-Modell zu finden. In jedem Fall wird der Softwareentwicklungsprozess in die Aktivitäten bzw. Phasen Analyse, Design, Implementierung, Test, Integration und Wartung eingeteilt. Deshalb spricht man hier alternativ auch von Phasenmodellen. Das aktuelle Stichwort: Qualitätsmanagement in der regulierten Industrie, Teil 1 Eine Gegenüberstellung von CMMI und GAMP 4 Pharmaunternehmen und deren Zulieferer, zum Beispiel auch Softwarezulieferer, unterliegen einer Vielzahl von Gesetzen und Richtlinien. Die Einhaltung dieser Vorgaben muss vom Projektmanagement gewährleistet werden. Im Bereich der Validierung automatisierter Systeme ist vor allem der GAMP 4 („Good Automated Manufacturing Practice“) zu beachten; in der Softwareentwicklung wird vermehrt auf die Prozessverbesserung durch CMMI („Capability Maturity Model Integration“) gesetzt. Vorliegender Artikel untersucht die Frage, ob und wie CMMI und GAMP 4 zusammenpassen. Inwieweit erfüllen nach CMMI entwickelte Prozesse die Anforderungen des GAMP 4? projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2008 l 31 PM_2-08_31-36: Inhalt 26.02.2008 13: 53 Uhr Seite 31 CMMI (Capability Maturity Model Integration) oder zum Beispiel auch SPICE (Software Process Improvement and Capability Determination) sind keine Vorgehensmodelle, sondern Reifegradmodelle. Sie definieren einen Rahmen, um Vorgehensmodelle erfolgreich anzuwenden und den Softwareentwicklungsprozess bewerten zu können. Sie wollen die Qualität der Prozesse und damit der Produkte erhöhen und werden so häufig vom Qualitätsmanagement eines Unternehmens gesteuert eingeführt. So kann man CMMI in gewisser Weise als Alternative oder Ergänzung für die Qualitätsnorm ISO 9001 sehen [2]. Im Projektbereich muss nun beides beachtet werden: Ein Softwareprojekt muss die Vorgaben des Reifegradmodells einhalten und anhand des Vorgehensmodells umgesetzt werden. Ziel eines jeden Unternehmens ist die Steigerung der Qualität seiner Produkte, um die Zufriedenheit der Kunden zu erhöhen. In Abb. 1 ist dargestellt, inwiefern sich Prozessqualität, Projektqualität und Produktqualität gegenseitig beeinflussen. Die Qualität der unternehmensinternen Prozesse ist vor allem für das (Qualitäts-)Management von Interesse. Die Prozessqualität beeinflusst wiederum die Qualität der Projekte, für welche die Projektleiter verantwortlich sind. Beides hat wiederum Einfluss auf die Produktqualität, dargestellt durch die beiden Faktoren Wartbarkeit und Brauchbarkeit (der Software). Prozessveränderungen und -vorgaben durch die Einführung von CMMI haben also letztlich auch einen Einfluss auf das Projektmanagement. 3 Überblick der Regulierungen der Pharmaindustrie 3.1 Einführung in die Grundlagen und Regulierungsbehörden Qualität und deren Sicherstellung spielen speziell in der Pharmabranche eine große Rolle, da bereits kleine Abweichungen von der Norm Menschenleben gefährden können. Viele Länder haben entsprechende Anforderungen in ihren Gesetzen festgeschrieben. Daneben gibt es nationale und internationale Behörden, Organisationen und Vereine, die an den Richtlinien mitwirken oder selbst Vorgaben beisteuern. In Abb. 2 sind einige der wichtigsten Institutionen aufgelistet. Es gilt zu beachten, dass Behörden wie das BfArM in Deutschland und die FDA in den USA Gesetze entwerfen, die absolut bindend sind. Daneben gibt es sogenannte Richtlinien („Guidelines“), die den aktuellen 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2008 32 WISSEN Abb. 1: Bedeutung verschiedener Qualitätsaspekte über der Zeit [3] Abb. 2: Wichtige Institutionen im Umfeld der Regulierungen der Pharmaindustrie # ' ( ) ' 2/ 0 / / 3 PM_2-08_31-36: Inhalt 26.02.2008 13: 53 Uhr Seite 32 Stand der Technik widerspiegeln und an diesen schnell angepasst werden können. Sie sind wiederum nicht bindend, sondern geben nur eine Empfehlung wieder. Diese Dokumente werden ebenso von Behörden wie auch von Verbänden und Vereinen veröffentlicht. All diese regulativen Dokumente basieren auf den guten Vorgehensweisen („Good Practices“). Für die produzierende Pharmaindustrie ist vor allem die GMP („Good Manufacturing Practice“, gute Herstellungspraxis) wichtig. Die GMP-Grundsätze können auf [4] eingesehen werden. Allen Gesetzen und Richtlinien unterliegen in jedem Fall die Pharmaunternehmen selbst. Sie haben die Verantwortung und müssen gegenüber den Behörden sicherstellen, dass ihre Prozesse den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Gerade aus dieser Verantwortung heraus haben Pharmaunternehmen ein großes Interesse daran, die Qualität ihrer Zulieferer sicherzustellen. Dies wird allgemein mit sogenannten Lieferantenaudits überprüft, das heißt Vor-Ort-Überprüfungen der Vorgehensweisen beim Lieferanten. Dabei wird vor allem Wert auf ein etabliertes und funktionierendes Qualitätsmanagementsystem gelegt. Im Wettbewerb der (Software-)Zulieferer wirkt sich ein schlechtes oder gar fehlendes Qualitätsmanagementsystem somit immer zum Vorteil der Konkurrenz aus. 3.2 Einführung in wichtige Regulierungen In Deutschland ist das wichtigste Gesetz das Arzneimittelgesetz (AMG), das 1961 erstmals von der BfArM publiziert wurde. Paragraf 54 dieses Gesetzes legitimiert sogenannte Betriebsverordnungen. Eine dieser Verordnungen bildet die Pharmabetriebsverordnung (PharmBetrV). Durch sie wurden die EC-GMP-Richtlinien in nationales Recht umgesetzt. In diesen bindenden Vorgaben sind allerdings keine Anforderungen an Softwarezulieferer zur Pharmaindustrie zu finden. Dennoch gibt es Vorgaben: zum einen in Form von Anhängen („Annexes“) zu den EC-GMP-Guidelines, zum Beispiel Annex 11 „Computerized Systems“, entwickelt von der EC; zum anderen gibt es Interpretationen dieser Anhänge, wie etwa die Richtlinie „Computergestützte Systeme“ von der APV, basierend auf dem Annex 11 der EC-GMP-Guidelines. In den USA besteht ein ähnliches System. Hier bildet die FDA die oberste Behörde des Pharmabereiches. Daneben gibt es noch die PDA, eine gemeinnützige Gesellschaft von Wissenschaftlern und Ingenieuren der Pharmabranche, die Erläuterungen zu den Regulierungen der FDA veröffentlicht. Das oberste Gesetz im Pharmabereich bildet in den USA der Food, Drug and Cosmetic Act (FFD&C Act) von 1938. Daneben gibt es den Code of Federal Regulations (CFR). Für den Pharmabereich sind vor allem 21 CFR Part 210, Part 211 und Part 11 von Bedeutung. Auch in der amerikanischen Gesetzgebung der Pharmaindustrie lassen sich kaum Hinweise für das Qualitätsmanagement der Zulieferer finden. Dennoch gibt es auch hier relevante Dokumente, die vorgenannte Gesetze detailliert interpretieren, so zum Beispiel die verschiedenen „Guidance for Industry“-Dokumente der FDA. Dazu gehören unter anderem die „General Principles of Software Validation; Final Guidance for Industry and FDA Staff“. Die PDA veröffentlicht dagegen Technical Reports, u. a. den „PDA Technical Report 32: Auditing of Suppliers Providing Computer Products and Services for Regulated Pharmaceutical Operations“. Auch internationale Organisationen, wie beispielsweise die ISPE, arbeiten an Richtlinien für die Pharmabranche mit. Sie streben vor allem das Zusammenbringen der verschiedenen GMP-Bestimmungen an, um international tätigen Unternehmen Hilfestellung leisten zu können. Eines der wichtigsten Werke der ISPE in diesem Bereich ist der GAMP 4. Daneben gibt es noch weitere „GAMP Good Practice Guides“. Nähere Informationen zur ISPE können unter [5] eingesehen werden. Auch die WHO, das PIC/ S und die ICH sind in diesem Umfeld auf internationaler Ebene tätig. Die in diesem Artikel nicht ausführlich darzulegende Analyse ergab, dass das wichtigste Dokument für die Softwarezulieferer der Pharmabranche der GAMP 4 ist. 4 GAMP 4 4.1 Struktur, Bedeutung und Ziele des GAMP 4 Die Abkürzung GAMP steht, wie schon erwähnt, für „Good Automated Manufacturing Practice“ und GAMP 4 ist der „Guide for Validation of Automated Systems”, ! " # $ % & ' ( ) ' * +, ) -,./ 0 1 2/ 0 / / 3/ 45- -6 ) 7 8 2/ 0 / / 3/ 43 .- ) ! 4 & 9: ) : ! Anzeige PM_2-08_31-36: Inhalt 26.02.2008 13: 53 Uhr Seite 33 also der Leitfaden für die Validierung automatisierter Systeme. Er wurde 1994 zum ersten Mal veröffentlicht und liegt nun seit 2001 in der vierten Version vor. Viele verschiedene Gremien und Pharmaunternehmen haben ihren Teil zum GAMP 4 beigetragen, verlegt wird er vom GAMP Forum, einem Teil der ISPE [6]. Inhaltlich behandelt der GAMP 4 die Schnittstelle zwischen Pharmakonzern und Softwarezulieferer. Dies ist auch das Besondere an diesem Werk. Es ist zugleich gültig für die Pharmaproduzenten, aber auch für die Softwarefirmen in diesem Bereich und gibt Hilfestellung für das gegenseitige Verständnis unter Einhaltung der strengen Vorgaben der europäischen und nordamerikanischen Pharmagesetzgebung. GAMP 4 ist aufgeteilt in einen Hauptteil, der etwa 80 Seiten umfasst, und eine Reihe von Anhängen von insgesamt circa 180 Seiten, kategorisiert nach Management, Entwicklung und Betrieb. Die Anhänge sind zumeist Beispiele für Prozessbeschreibungen oder Leitfäden für spezifische Themen. Insgesamt ist der GAMP 4 sehr vorsichtig formuliert und lässt viel Raum für Interpretationen. In der englischen Originalfassung wird zumeist das Wort „should“, also „sollte“, gebraucht. Wie bereits im vorherigen Kapitel besprochen, handelt es sich bei GAMP 4 nicht um ein bindendes Dokument. Aufgrund seiner Anerkennung und Verbreitung wird er aber als „ungeschriebenes Gesetz“ gesehen. Viele wichtige Institutionen verweisen auf dieses Werk, u. a. auch die FDA in zwei ihrer „Guidance for Industry“-Dokumente. Auch wenn gilt, und das wird im GAMP 4 selbst mehrfach angesprochen, dass auch andere Wege der Softwareentwicklung und Validierung möglich sind, so kann man doch sagen, dass der GAMP 4 ein anerkanntes Dokument ist und dass seine Einhaltung von den Pharmaunternehmen erwartet wird. Erklärtes Ziel des GAMP 4 ist es, Anbieter und Nutzer von automatisierten Systemen bei der Einhaltung der Richtlinien und Gesetze der Pharmabranche zu unterstützen und somit die Validierung dieser Systeme sicherzustellen. Die Mitarbeit der Softwarehersteller am Validierungsprozess der Systeme bzw. der Software hilft insbesondere den Pharmaunternehmen selbst, da diese die Validierung in jedem Falle sicherstellen und zum Beispiel vor der FDA darlegen müssen. Können sie nun auf Prozesse und Dokumente der Zulieferer zurückgreifen, welche die gleichen Vorgaben erfüllen wie sie selbst, so minimiert dies ihren eigenen Aufwand. GAMP 4 führt hierzu eine vorausblickende Validierung nach einem Lebenszyklusmodell ein. Die Vorteile des GAMP 4 sind sowohl für die Anbieter als auch für die Nutzer, also für die Softwareunternehmen und die Pharmaunternehmen, zahlreich. Im Folgenden ist ein kleiner Ausschnitt aufgelistet: ❑ Gebrauch einer einheitlichen Sprache und Terminologie ❑ Reduktion der Kosten und der Zeit für die Validierung der Systeme ❑ Erfüllung der Vorgaben durch Einführung eines einheitlichen Lebenszyklusmodells ❑ Keine teure rückwirkende Validierung ❑ Klärung der Verantwortlichkeiten zwischen Anbietern und Nutzern ❑ Verbesserung der Transparenz der Projekte ❑ Unterstützung von Qualitätsstandards wie ISO 9000 4.2 Inhaltlicher Überblick über GAMP 4 GAMP 4 schreibt für seine vorausblickende Validierung vier Validierungsaktivitäten vor: ❑ Validierungsplanung, 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2008 34 WISSEN Abb. 3: Das V-Modell des GAMP 4 [7] PM_2-08_31-36: Inhalt 26.02.2008 13: 53 Uhr Seite 34 ❑ Spezifikation, ❑ Testen und ❑ Review und Bericht. Die Verantwortlichkeiten dieser Aktivitäten liegen beim Nutzer der Software oder Systeme, also den Pharmaunternehmen, aber die Anbieter, also die Softwareunternehmen, müssen ihren Teil zu diesem Prozess beitragen. Der Validierungsplan ist ein „Living Document“, das vom Pharmaunternehmen fortgeschrieben wird und Angaben zur Validierungsstrategie und allen damit verbundenen Informationen enthält. Die anderen drei oben genannten Aktivitäten werden mit dem vom GAMP 4 angeratenen Lebenszyklusmodell abgedeckt. Es handelt sich dabei um das klassische V- Modell, dargestellt in Abb. 3. Die linke Seite dieses V-Modells zeigt die Spezifikation der Software auf, die rechte das Testen. Die Beteiligung der Softwareanbieter an diesem Prozess nimmt auf beiden Seiten von unten nach oben ab. Die Systemerstellung bzw. Implementierung wird allein vom Softwareanbieter vorgenommen, die Erstellung des Anwenderlastenhefts und der Systemtest weisen hingegen eine starke Kundenbeteiligung auf. Die Einzelschritte des V-Modells sollen an dieser Stelle nicht näher erläutert werden. Wichtig ist aber vor allem die Gegenüberstellung der Test- und Validierungsstufen rechts zu den jeweiligen Spezifikationsstufen links. Die vierte Validierungsaktivität des GAMP, „Review und Bericht“, kann ebenfalls in verschiedenen Stufen des V-Modells gefunden werden. So sind zum Beispiel Design Reviews, Construction Reviews und Code Reviews angeraten. Sie werden vom Anbieter oder Nutzer/ Kunden oder von beiden gemeinsam ausgeführt und immer dokumentiert. Die Wartung eines Systems oder einer Software wird mit der richtigen Dokumentation sehr viel einfacher. Aus diesem Grund legt der GAMP 4 großen Wert auf die Dokumentation. So werden auch sogenannte „Good Documentation Practices“ vorgegeben, welche die Erstellung, Review, Genehmigung, Verteilung und Aufbewahrung der Dokumente regulieren sollen. Daneben sind im GAMP 4 noch zwei weitere Abschnitte mit „Good Testing Practice“ und „Good Engineering Practice“ zu finden. Diese „Good Practices“ helfen die Sprache, Dokumente und Prozesse der beiden Seiten, Pharma- und Softwareunternehmen, zu vereinheitlichen und die Validierung schneller und einfacher sicherzustellen. Aus diesem Grunde entwickeln auch die Softwareunternehmen häufig nach dem V-Modell. Die Verwendung desselben Vorgehensmodells vereinfacht die Schnittstellen noch einmal. Außerdem führen sie, wie die Pharmaunternehmen selbst, ein GAMPkonformes Qualitätsmanagementsystem ein. Beides stellt die Forderung des GAMP 4 sicher, dass „Deliverables“ (lieferbare Ergebnisse, Dokumente oder Code zum Beispiel) in einer logischen Reihenfolge genehmigt werden müssen. So kann die Design-Phase zwar vor der Fertigstellung der URS („User Requirements Specification“, Lastenheft) und FS („Functional Specification“, Pflichtenheft) beginnen, die gesamte Design-Phase kann aber nicht genehmigt werden, bevor nicht die URS und die FS genehmigt sind. Die Rückverfolgbarkeit und Nachvollziehbarkeit müssen über den gesamten Prozess gesichert sein [7]. projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2008 l 35 FrankenCampus Frankenstraße 152 90461 Nürnberg Tel: 0911 35037-0 Fax: 0911 35037-11 Projektmanagement Projektleitung, Projektsteuerung Termincontrolling, Kostenmanagement Vertragsmanagement, Nachtragsmanagement Projektkommunikation, Bauüberwachung SiGe-Koordination, Umzugsmanagement Planung Generalplanung, Architektur Industrieplanung, Tragwerksplanung Technische Gebäudeausrüstung Umzugsplanung, Baugrunderkundung Brandschutzgutachten Consulting Einführung von PM-Systemen Bauberatung, Bauabnahmen Organisationsplanung Machbarkeitsstudien Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen Training Projektmanagement Zertifizierung nach 4-Level-Certification-System der IPMA Seminare Workshops Coaching www.gca-consulting.de Anzeige Anzeige PM_2-08_31-36: Inhalt 26.02.2008 13: 53 Uhr Seite 35