PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.„Er stellte entscheidende Weichen für das Projektmanagement“
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Oliver Steeger
Sie sind Weggefährten seit über dreißig Jahren: Professor Heinz Schelle und Manfred Saynisch haben die Gründungsurkunde der GPM mitunterzeichnet, gemeinsam wegweisende PM-Bücher auf den Markt gebracht, Seminare entwickelt und Symposien veranstaltet. „Wir waren in fachlichen Dingen nicht immer gleicher Meinung, doch aus unserem Disput sind häufig für das Projektmanagement wichtige Erkenntnisse erwachsen“, erinnert sich Manfred Saynisch, in der GPM aktiv unter anderem als Leiter der Fachgruppe „Neue Wege im Projektmanagement“ und als Kuratoriumsmitglied bis 2007. Er würdigt Professor Heinz Schelle als bedeutenden wissenschaftlichen Kommunikator und kenntnisreichen Brückenbauer von der Theorie zur Praxis – und als „Sparringspartner“ für seine eigene Forschungstätigkeit.
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Herr Saynisch, als Sie Prof. Heinz Schelle das erste Mal begegnet sind, war das Projektmanagement im heutigen Sinne noch gar nicht entwickelt. Sprach man damals überhaupt schon von Projektmanagement? Manfred Saynisch: Wir haben uns 1975 kennengelernt. Damals arbeitete man mit der stark mathematisch geprägten Netzplantechnik. Professor Heinz Schelle war, wie er sagt, frischgebackener Professor. Ich war im Bereich Aerospace and Defense tätig und bei der Deutschen Gesellschaft für Operations Research (DGOR) in der Leitung einer Arbeitsgruppe, die sich mit Netzplantechnik und Projektmanagement befasste ... Man sprach also vor fast 35 Jahren bereits von Projektmanagement? Projektmanagement kam gerade ins Gespräch. Ich begann, zusätzlich zur Netzplantechnik damals kaum bekannte Methoden des Projektmanagements in die DGOR-Gruppe hineinzubringen; diese Methode hatte ich in den Raumfahrtprojekten der USA kennengelernt. Ich habe Prof. Schelle auf das Gremium aufmerksam gemacht, und 1977 hat er die Leitung der Gruppe übernommen. Sein Verdienst war es, dem Projektmanagement in dieser Gruppe noch mehr Gewicht zu geben. Damit hat er entscheidende Weichen für die Verbreitung gestellt. Prof. Heinz Schelle ist von Hause aus Volks- und Betriebswirt. Aus dieser Perspektive hat er das Projektmanagement auch betrachtet. Es ging ihm unter anderem um Projektkostenrechnung und andere Methoden, die über die Netzplantechnik hinausreichten. Darin bestand sein Beitrag, dass Projektmanagement zu dem werden konnte, wie wir es heute kennen. Seither gingen Sie und Prof. Schelle immer wieder ein Stück gemeinsamen Weg. Wir waren und sind Weggefährten, dies gilt für die damalige Pionierzeit und gilt auch für die Gegenwart, in der Projektmanagement weiterentwickelt wird. Prof. Heinz Schelle hat sich früh als Herausgeber von Büchern, Sammelwerken und Schriftenreihen einen Namen gemacht. Er rief beispielsweise die GPM-Schriftenreihe ins Leben. Ihr Buch „Konfigurationsmanagement“ eröffnete 1984 die Reihe. Bereits vor dem Start dieser Schriftenreihe hat Professor Heinz Schelle an bedeutenden Büchern zum Projektmanagement mitgewirkt, sie sogar teilweise initiiert. Ich erinnere beispielsweise an das Gesamtwerk, das von ihm, Prof. Adolf Schub und mir 1979 als erste Übersicht für Projektmanagement in deutscher Sprache veröffentlicht worden ist. Für das Buch „Konfigurationsmanagement“ haben wir meine Erkenntnisse zum Konfigurationsmanagement intensiv diskutiert; er war nicht nur Herausgeber, sondern auch Geburtshelfer des Buches und mein wichtiger Sparringspartner beim Verfassen des Manuskripts. Eben dies schätze ich an ihm, und hier liegen unzweifelhaft seine Verdienste für die GPM und das Projektmanagement. Kritische Begleitung - als „spiritus rector“ vieler PM-Publikationen? Durch seine sorgfältige publizistische Tätigkeit hat er über viele Jahre für die Verbreitung des Projektmanagements gesorgt. Dies gilt auch für viele Tagungen, Symposien und Lehrgänge, die er inhaltlich verantwortet und an denen er mitgewirkt hat. Sein Verdienst ist, dass sich viele GPM-Veranstaltungen wie etwa die Jahrestagungen, die später zum PM-Forum wurden, so schnell etablieren konnten. Zu dem Erfolg dieser Veranstaltungen hat ja auch Professor Hasso Reschke entscheidend beigetragen. projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2008 l 13 Oliver Steeger „Er stellte entscheidende Weichen für das Projektmanagement“ GPM-Gründungsmitglied Manfred Saynisch über Prof. Heinz Schelle Sie sind Weggefährten seit über dreißig Jahren: Professor Heinz Schelle und Manfred Saynisch haben die Gründungsurkunde der GPM mitunterzeichnet, gemeinsam wegweisende PM-Bücher auf den Markt gebracht, Seminare entwickelt und Symposien veranstaltet. „Wir waren in fachlichen Dingen nicht immer gleicher Meinung, doch aus unserem Disput sind häufig für das Projektmanagement wichtige Erkenntnisse erwachsen“, erinnert sich Manfred Saynisch, in der GPM aktiv unter anderem als Leiter der Fachgruppe „Neue Wege im Projektmanagement“ und als Kuratoriumsmitglied bis 2007. Er würdigt Professor Heinz Schelle als bedeutenden wissenschaftlichen Kommunikator und kenntnisreichen Brückenbauer von der Theorie zur Praxis - und als „Sparringspartner“ für seine eigene Forschungstätigkeit. PM_3-08_9-20: Inhalt 29.04.2008 12: 24 Uhr Seite 13 Manfred Sie bezeichnen Prof. Heinz Schelle als Brückenbauer, als Katalysator für das vielfältige Wissen im Projektmanagement. Ja, diese Funktion hat er bis heute. Ihm gelingt es, die Spreu vom Weizen zu trennen, wichtige neue Themen aufzuspüren und Fachleute zum Schreiben zu bewegen. Die Zeitschrift projektMANAGEMENT aktuell beispielsweise hat er über viele Jahre über die Hürden gebracht, die eine junge Publikation notwendig überwinden muss. Nun ist er einerseits ein wohlwollender Förderer, andererseits auch ein scharfer Kritiker ... ... aber immer kenntnisreich und der Sache verpflichtet! Ich erinnere mich an unsere Auseinandersetzung im Rahmen der Neuorientierung im Projektmanagement und dem Konzept des Projektmanagement 2. Ordnung. Seine Einwände gegen diese Erkenntnisse hielt und hält er nicht zurück. Mitte der Neunzigerjahre kritisierte er in einer Rezension das soeben erschienene Buch von Henning Balck, ein Buch unter dem Titel „Networking und Projektorientierung“. Ich antwortete mit einer Replik, die ebenfalls in der Zeitschrift projekt- MANAGEMENT aktuell veröffentlicht wurde. Die unterschiedlichen Ansichten wurden deutlich und hart verteidigt. Dies war meiner Meinung nach ein Highlight wissenschaftlichen Diskurses in der GPM - gründlich, fair, sachlich und engagiert. Sie haben Prof. Heinz Schelle nicht nur als Herausgeber und Chefredakteur kennengelernt, sondern auch als Co-Referent. 1977 haben wir für die Carl-Duisberg-Gesellschaft ein vierzehntägiges Projektmanagementseminar in Singapur gehalten. Ich hatte es konzipiert, als Partner konnte ich mir damals nur ihn vorstellen. Denn er hatte über den Tellerrand der damals tonangebenden Netzplantechnik weit hinausgesehen und verstanden, dass Projektmanagement mehr bedeutete. Wir diskutierten damals neue, heute völlig selbstverständliche Methoden wie Konfigurationsmanagement, monatliche Berichterstattung, Projektphasenkonzepte oder Teamorganisation. Sie fühlten sich vor über dreißig Jahren - also noch vor der Gründung der GPM - als Pioniere? Wir fühlten uns nicht nur so, das waren wir auch. Viele Verfechter der reinen Netzplantechnik verhielten sich gegenüber unseren Ideen und Methoden misstrauisch, die wir in der Industrie gesammelt und insbesondere auch aus den USA geholt hatten. Andere sammelten ebenfalls, und wir suchten gemeinsam eine Heimat jenseits der als eng empfundenen Netzplantechnik. Diese Heimat haben wir in der GPM gefunden, an deren Gründung Professor Heinz Schelle und ich direkt beteiligt waren. Sie sind in der GPM bis heute gemeinsam aktiv. Beispielsweise sind Sie an der Verbesserung der Facharbeit beteiligt. Wir haben vor vier Jahren ein Konzept dafür entworfen, das nun auch umgesetzt wird. Daraus hat sich etwa der Forschungsbeirat entwickelt, ein Gremium, in dem wir beide Mitglied sind. ■ SONDERTEIL 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2008 14 Foto: Oliver Steeger Prof. Heinz Schelle (rechts) und Manfred Saynisch im Gespräch beim PM-Forum im Jahr 2006 Anzeige PM_3-08_9-20: Inhalt 29.04.2008 12: 24 Uhr Seite 14
