PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Der „Lackmustest“ für Unternehmenswerte
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Oliver Steeger
Werte haben derzeit in der Wirtschaft Hochkonjunktur. Immer mehr Unternehmen erarbeiten einen Wertekodex und verpflichten sich, das Handeln an diesem „Kompass“ auszurichten. So hat der Gelsenkirchener Energiekonzern BP einen Wertekanon entwickelt; er fordert von seinem mittleren Management mehr Verantwortung für Veränderungsprozesse. Der Schmierstoff-Spezialist CARL BECHEM aktualisiert sein über 175 Jahre gewachsenes Wertefundament für das 21. Jahrhundert. Hilti legt ein Trainingsprogramm auf, um seine Werte global zu verbreiten. Konrad Stadler, Experte für wertegeleitete Führung, bringt auf den Punkt, was Projektmanager seit Langem ahnen: Werte leiten Mitarbeiter nicht nur zu ethischem Handeln an. Sie sind auch ein wichtiger Schmierstoff für Organisationen – und bringen Teams zu Höchstleistungen.
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projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2009 l 3 REPORT Oliver Steeger Der „Lackmustest“ für Unternehmenswerte Konrad Stadler über „wertegeleitete Führung“ Werte haben derzeit in der Wirtschaft Hochkonjunktur. Immer mehr Unternehmen erarbeiten einen Wertekodex und verpflichten sich, das Handeln an diesem „Kompass“ auszurichten. So hat der Gelsenkirchener Energiekonzern BP einen Wertekanon entwickelt; er fordert von seinem mittleren Management mehr Verantwortung für Veränderungsprozesse. Der Schmierstoff-Spezialist CARL BECHEM aktualisiert sein über 175 Jahre gewachsenes Wertefundament für das 21. Jahrhundert. Hilti legt ein Trainingsprogramm auf, um seine Werte global zu verbreiten. Konrad Stadler, Experte für wertegeleitete Führung, bringt auf den Punkt, was Projektmanager seit Langem ahnen: Werte leiten Mitarbeiter nicht nur zu ethischem Handeln an. Sie sind auch ein wichtiger Schmierstoff für Organisationen - und bringen Teams zu Höchstleistungen. Herr Stadler, die Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren das Thema „Werte“ entdeckt. Da ist viel von respektvollem Umgang, von Umweltschutz und sozialer Verantwortung die Rede. Sind solche Wertedebatten wirklich in Unternehmen verankert - oder sind sie nur eine neue PR-Masche, um kritischen Kunden ein gutes Gefühl zu geben? Konrad Stadler: Machen Sie einen Schnelltest, eine Art Lackmustest! Wie soll dieser Schnelltest funktionieren? Prüfen Sie, ob diese Werte wirklich Relevanz in dem Unternehmen haben. Fragen Sie nach, ob sie gelebt werden. Wird genau hingeschaut, ob die Mitarbeiter sich gemäß diesen Werten verhalten? Werden die Werte in Besprechungen und Teamreflexionen thematisiert? Beeinflussen sie die Auswahl und Beurteilung von Mitarbeitern? Gibt es strategische Entscheidungen, die aus diesen Werten heraus getroffen werden? Kennen die Mitarbeiter diese Werte überhaupt, wird über Werte auch informell geredet? Sie behaupten, Herr Stadler, dass die allermeisten Unternehmen diesen Test nicht bestehen würden. Man redet von Werten, man lebt sie aber nicht. Nach meinen Erfahrungen trifft genau das zu. Manche Mitarbeiter wissen nicht einmal mehr, was mit diesem Begriff gemeint ist. Moment! Vor einigen Jahrzehnten war der Begriff „Unternehmenswerte“ bestenfalls nur Wirtschaftssoziologen bekannt. Damals hat kaum jemand im Management Notiz davon genommen … … was nicht heißt, dass es damals keine Werte in Unternehmen gab. Man darf nicht von dem Fehlen eines niedergeschriebenen Wertekodex auf das Fehlen von Werten schließen. Nehmen wir als Beispiel Großunternehmen wie BMW oder die Allianz. In diesen Unter- Konrad Stadler (Jahrgang 1964) hat Philosophie und Erwachsenenbildung studiert. Er begleitet Unternehmen bei der Weiterentwicklung ihrer bestehenden Unternehmens- und Führungskultur auf Basis von Werten. Er hat im Jahr 2004 das „Anselm Bilgri-Zentrum für Unternehmenskultur“ mitbegründet. Zudem hat Konrad Stadler Bücher zum Thema „Unternehmenswerte“ unter anderem gemeinsam mit Anselm Bilgri, dem ehemaligen Prior des Klosters Andechs, veröffentlicht. Seit Juli 2008 ist er Partner bei der Beratungsgesellschaft stadler/ heinle/ schott in München, wo er neben seiner Beratungstätigkeit auch den wirtschaftlichen Nutzen einer wertegeleiteten Unternehmenskultur untersucht. Zu den Klienten des Unternehmens gehören unter anderem der Hilti-Konzern, BP sowie die HypoVereinsbank. Foto: stadler/ heinle/ schott PM_1-09_1-64: Inhalt 19.12.2008 13: 36 Uhr Seite 3 nehmen sind über Jahre Werte entstanden, auf die Mitarbeiter ebenso wie Manager stolz sind. Die Werte haben ihnen das Gefühl gegeben, zu einer großen Familie zu gehören und sinnvoll miteinander zu arbeiten. Die Frage ist nur: Trägt das Wertegerüst die Unternehmen auch in Zukunft noch? Weshalb sollte dieses Wertegerüst nicht in Zukunft tragen können? Es ist, wie Sie sagen, über Jahrzehnte entstanden. Häufig haben namhafte Unternehmenspersönlichkeiten die Werte geprägt. Die Kontinuität im Management war der Nährboden, auf dem Werte gedeihen konnten. Manager prägen die Werte und leben sie vor; Werte werden am besten durch Persönlichkeiten vermittelt. Wir aber befinden uns heute in einer Zeit der Umbrüche. Das Management wechselt sehr schnell. Viele Führungskräfte haben in den zwei oder drei Jahren, in denen sie heute eine Position innehaben, kaum die erforderliche Zeit, ihre Werte zu verbreiten und in eine gelebte Unternehmenskultur zu überführen. Dies klingt nach einem kaum zu lösenden Problem. Doch, es ist zu lösen! Vorausgesetzt, die Manager engagieren sich dafür, dass Werte eingeführt und „ohne Wenn und Aber“ umgesetzt werden. Manager dürfen nicht nur in Quartalsergebnissen denken. Weitere Schwierigkeiten, so hört man, ergeben sich aus dem immer größeren Tempo, mit dem Reorganisationen durchgeführt werden. Richtig! Viele Unternehmen werden aufgeteilt und umstrukturiert. Dabei werden gewachsene Strukturen auseinandergerissen. Über Nacht verschwindet für Mitarbeiter der Rahmen - und damit auch das gemeinsam über Jahre geteilte Wertesystem, beispielsweise Verlässlichkeit, Zusammenhalt, Solidarität mit Kollegen. Wird diese Gemeinschaft aufgelöst, bleibt ein Wertevakuum zurück. Die Mitarbeiter fragen sich, welches Verhalten künftig richtig ist. Auf was können sie sich verlassen? Was macht ihr neues Unternehmen aus? Wo steht es, wo will es hin? Auf solche Fragen fehlen ihnen Antworten. Diese Analyse lässt sich auch auf Projekte übertragen. Projektorganisationen werden schnell und für vergleichsweise kurze Zeit ins Leben gerufen. In vielen Projekten ist man sich der Notwendigkeit von Werten durchaus bewusst. Man spricht von Teamgeist, gemeint sind damit auch Werte wie Loyalität, Verbindlichkeit, Aufrichtigkeit, Kommunikation, Verpflichtung gegenüber dem gemeinsamen Ziel. Trotzdem scheitern Projekte an kulturellen Problemen. Bei vier von fünf gescheiterten Projekten sollen Schwierigkeiten im Spiel gewesen sein, die in Verbindung mit Werten stehen. Diesen Schätzwert kann ich aus meiner Erfahrung bestätigen. In Projekten lässt sich ausgezeichnet studieren, wie Werte entstehen, wie sie verankert werden und „Ohne Werterahmen werden Mitarbeiter arbeitsunfähig“ was sie bewirken können. Man kann beobachten, wie Werte einen Entscheidungsrahmen für die Teammitglieder definieren. Werte sind der Schmierstoff für Organisationen und Gemeinschaften, damit sie mit weniger Reibungsverlusten ihr Ziel erreichen. Ohne diesen Werterahmen fehlt den Mitarbeitern die Orientierung. Sie werden schlichtweg arbeitsunfähig. Gleich arbeitsunfähig? Ja, Werte haben essenzielle Bedeutung für das Zusammenwirken von Mitarbeitern. Sie machen eine Organisation verlässlich und berechenbar. Anhand von Werten kann ein Mitarbeiter abschätzen, ob er das Richtige tut und für seine Organisation auf dem richtigen Weg ist. Und Werte zeigen ihm auch, für was sein Unternehmen steht und für welche übergeordneten Ziele er arbeitet. Dies klingt abstrakt. Wollen wir den Wert der Werte an einem Beispiel illustrieren? Gerne. Denken Sie an die Innovationskultur! Wenn der Wert „Fehler sind erlaubt“ gilt, so werden Mitarbeiter experimentierfreudiger und innovativer handeln als in einer Umgebung, in der Fehler bestraft werden. Sie werden Probleme auf neuen, ungewohnten Wegen lösen können. Wer also eine innovative Teamkultur wünscht, muss Werte verankern, die Experimente erlauben, Freiheit geben, die Kommunikation erleichtern und achtsamen Umgang mit Wissen und Erfahrungen belohnen. Ein anderes Beispiel: Gilt der Wert „loyale Beziehung im 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2009 4 REPORT Konrad Stadler: „Der Arbeit Sinn zu geben ist eine große Motivationsquelle für Eigeninitiative.“ Foto: stadler/ heinle/ schott PM_1-09_1-64: Inhalt 19.12.2008 13: 36 Uhr Seite 4 gesamten Team“, wird der Projektmanager seine Mitarbeiter besser an sein Projekt binden können. Solche Werte sind sehr nützlich für das Projekt. Darf man überhaupt bei Werten nach dem Nutzen fragen? Warum nicht? Werte werden häufig mit ethischem Denken in Verbindung gebracht, und ethisches Denken ist vielen Menschen sankrosankt, gewissermaßen unantastbar. Sie warnen davor, Werte zu einem Mittel der Führung zu machen, also für wirtschaftliche Ziele zu vereinnahmen. Werte geben der Gemeinschaft, die auf ein Ziel gerichtet ist, einen Handlungsrahmen. Mehr ist damit zunächst nicht gemeint. Mag sein. Dies räumt die Zweifel aber nicht aus. Mit Werten zu führen kann Werte quasi entwerten. Ein Unternehmen kann auch Bestechung und Ellenbogen- Egoismus zu seinen Werten erklären. Es kann durch seine Werte Betrug des Kunden oder soziale Verwerfungen in Kauf nehmen. Der Zweck heiligt die Mittel - oder in diesem Fall: die Werte. In der Praxis beobachte ich immer wieder, wie verantwortungsbewusst Mitarbeiter Werte diskutieren. Wir dürfen eines nicht vergessen: Fast jeder Mensch hat ein Empfinden dafür, welche Werte angemessen sind. Wenn ein Projektmanager respektvollen Umgang der Mitarbeiter, Fairness, Verbindlichkeit oder offene Kommunikation einfordert, so ist dies ethisch haltbar. Man muss keinen Wirtschaftsethiker hinzuziehen oder akademisch diskutieren. Manager und Mitarbeiter können durchaus ihrer Intuition und dem gesunden Menschenverstand trauen. Wie kommt es dann zu den großen und kleinen Wirtschaftsskandalen? Das Problem scheinen mir nicht die falschen Werte zu sein, sondern die fehlende Verankerung der Werte im Handeln. Werte nutzen für den Projekterfolg Mehr durch Werte zu führen - dies schreiben Sie, Herr Stadler, Managern ins Stammbuch. Sie behaupten, dass Manager durch Werte auch deutlich besser führen können. Werte als Führungsinstrument? Manager profitieren von dem Aufbau und der Pflege einer Wertekultur in ihrer Organisation. Sie können über Werte viele Themen ansprechen und erörtern, die sich sonst schwer greifen lassen. Werte lösen sogar fällige Diskussionen über das Verhalten und die Arbeitsweise aus. Man bekommt ein besseres Gespür für Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit. Wie kann diese Führung durch Werte konkret aussehen? Wollen Manager beispielsweise mehr Verbindlichkeit einfordern, so können sie ihr Team auf die anfangs vereinbarten Werte verweisen - und haben damit einen idealen Einstieg. In Teamdiskussionen kann man Entscheidungen oder Kritik auf Basis der Werte begründen. Oder: Nicht wertkonformes Verhalten fällt häufig erst im Vergleich mit Werten auf … … quasi Kursabweichungen vom Wertekompass … Richtig. Über diese Abweichungen kann man Vieles thematisieren, was sonst nicht oder wenig ins Gespräch gebracht wird. Werte bringen Transparenz in die Führung. Weshalb bieten sich besonders die Werte als Führungsinstrument an? Wir sind in unserer Kindheit und Jugend durch Werte erzogen worden. Wir wissen, wie man durch Werte führt oder sich führen lässt. Jeder, der Kinder erzieht, arbeitet mit dieser „Technik“: Vereinbarungen treffen, Vorbild sein, wertekonformes Handeln loben, über Verstöße gegen die Werte reden. Diese Führung funktioniert unmittelbar und ist hocheffizient. Und was noch hinzukommt: Viele unserer Werte wurzeln in der christlichabendländischen Tradition. Sie sind uns bestens bekannt und bilden vertrautes Terrain. Über die Werte im Projektteam Schwierigkeiten ansprechen projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2009 l 5 Projektmanagement- Fachmann GPM Die State-of-the-Art-Qualifikation von PM-Profis für PM-Profis aus allen Branchen. Abschluss mit IPMA-Zertifikat Level D. 11 + 1 Tage mit dem vollen Programm. Start Frühjahr 2009 Frankfurt/ M am 31.01. 2009 Karlsruhe am 07.02. 2009 Vorbereitungslehrgang IPMA-Zertifizierung Level C/ B Prüfungsvorbereitendes Seminar für praktizierende Projektmanager 4 Tage Starttermine Mannheim am 16. 03. 2009 Mannheim am 15. 06. 2009 MS Project Silver Level Mehr als solide Grundlagen für künftige Profis Frankfurt 26./ 27.01. + 25./ 26.02. + 30./ 31.03. Mannheim 19. / 20.01. + 16. / 17.02. 2009 MS Project Gold Level Praxisorientiert für fortgeschrittene User Frankfurt 29./ 30.01. + 02./ 03.04. 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Die Regeln bildeten ein Zentrum dieser Gemeinschaften, und sie haben die schnell wachsenden Gemeinschaften zusammengehalten. Die Mönche haben sich in hohem Maße mit ihrem Orden identifiziert und erstaunliche Leistungen vollbracht. Auf die Wirtschaft übertragen … … illustriert das Beispiel der Orden, wie man durch richtig gewählte Werte Organisationen zu Höchstleistungen bringt und zugleich das Grundbedürfnis der Mitarbeiter nach Einbettung und Identifikation erfüllt. Wenn dies alles so einfach und selbstverständlich ist - weshalb tun sich Manager so schwer, mit Werten zu führen? Manager werden auf diese Aufgabe nicht vorbereitet. Sie werden bereits während ihrer Ausbildung so trainiert, „Manager sind nicht auf die Führung durch Werte vorbereitet“ dass sie Unternehmen wie eine Maschine führen. Die Organisation, so werden sie gelehrt, kann man durch Tools und Werkzeuge steuern, etwa durch Strategieentwicklung, Zielfindung oder Prozessgestaltung. Dahinter steht ein sehr technokratisches Verständnis von Führung. Auch Projektmanager arbeiten mit solchen Managementwerkzeugen. Ein Projekt ließe sich ohne dieses Instrumentarium heute nicht mehr bewältigen. Meine Kritik richtet sich darauf, dass heute allein und ausschließlich mit diesen Instrumenten geführt wird. Ich habe kürzlich an der Führungskräfteveranstaltung eines Chemiekonzerns teilgenommen, zu der rund sechzig Manager der oberen Führungsebene zusammengekommen waren. Dort wurden Roadmaps und Strategien vorgestellt. Die Konzernspitze lobte ihre Manager für die Arbeit. Erfreulich für die Manager … Da ist noch etwas zu berichten! Die Manager schienen ihre Hausaufgaben gemacht zu haben. Doch die Unternehmensspitze bemängelte, dass den Konzepten die Inspiration fehle, etwas „Geistiges“. Das Dargestellte wirkte wie business as usual - nur mit doppeltem Tempo betrieben. Eine Vision fehlte völlig; die Strategie war so kühl, dass sie nicht einmal die Unternehmensspitze angesprochen hat. Wie will man damit Begeisterung bei den Mitarbeitern wecken? Wie sollen Mitarbeiter darin einen Sinn für ihre Arbeit finden? Sinn? Werte vermitteln Sinn, dieser Aspekt wird selten in Betracht gezogen. Der Arbeit Sinn zu geben ist eine große Motivationsquelle für Eigeninitiative. Äußere Anreize wie Geld mögen kurzfristige Erfolge erbringen. Motivation durch Sinn dagegen wirkt dauerhaft. Durch Werte begreifen Mitarbeiter, dass ihre Arbeit und ihr Handeln Bedeutung haben. Einige Manager fühlen sich mit der Aufgabe überfordert, Werte zu schaffen und Sinn zu stiften. Sie wollen sich nicht als charismatische Vorbilder auf die Bühne begeben. Eine solche Rolle mag zu Managementgrößen wie Steve Jobs von Apple passen … Man darf Führung durch Werte und Vorbilder nicht verwechseln mit charismatischer Führung. In den USA wurde untersucht, welche Manager Werte prägen. Das erstaunliche Ergebnis: Werte werden nicht von Charismatikern, sondern von bescheiden wirkenden, eher stillen Managern vermittelt, die Verlässlichkeit ausstrahlen und einen Anker bilden. Ähnliches gilt für den Sinn. Charismatiker wollen Sinn geben. Ich halte mehr davon, dass das Team selbst Sinn findet und erlebt. Mitarbeiter finden selbst Sinn, erleben Sinn - was bedeutet dies konkret? Kluge Projektleiter geben ihrem Team zu Anfang eines Projekts Zeit und Gelegenheit, sich kennenzulernen, sich über Werte und Sinn auszutauschen und sich zu orien- „Das Team soll Sinn finden und erleben“ 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2009 6 REPORT Konrad Stadler: „Werte sind der Schmierstoff für Organisationen und Gemeinschaften, damit sie mit weniger Reibungsverlusten ihr Ziel erreichen.“ Foto: stadler/ heinle/ schott PM_1-09_1-64: Inhalt 19.12.2008 13: 36 Uhr Seite 6 tieren. Ein zweistündiger Spaziergang, bei dem jeder mit jedem spricht und offenes Feedback gibt, kann einiges bewirken. Die Empfehlung wirkt recht simpel … Das mag sein. Aber die Mitarbeiter wollen von sich aus Werte und Sinn finden. Dafür brauchen sie nur einen Rahmen und einen Manager, der es ernst mit diesem Thema meint. Viele Projektmanager erarbeiten zu Beginn ihres Projekts mit ihrem Team Spielregeln. Einige Regeln bringt der Projektmanager mit, andere werden vom Team beigesteuert. Danach werden diese Werte verabschiedet, indem beispielsweise jeder diese Spielregeln mit seinem Namen unterzeichnet. Diese Spielregeln sind bereits Werte. Projektmanager, die so vorgehen, sind auf einem guten Weg! Auf was kommt es an, wenn man im Team Werte entwickeln will? Am Anfang kann die Frage stehen, welches Verhalten wichtig ist, damit das Projekt gelingt und erfolgreich ist. Was erwartet der Projektmanager? Wie wollen die Mitarbeiter sich verhalten? Danach kann die Frage folgen, wie diese Werte zu dem passen, was die Mitarbeiter mitbringen. Das Team sollte sehr genau darüber nachdenken; es lohnt sich, Werte an Beispielen zu illustrieren. Danach können die Werte knapp, fast stichwortartig in einem kleinen Leitfaden auf den Punkt gebracht werden. Projekte gelten als erfolgreich, wenn sie pünktlich, budgetgerecht und in der vorgesehenen Qualität abgeschlossen werden. Diese Formel dürfte für die Diskussion von Werten und von Sinnhaftigkeit der Arbeit zu einfach sein. Mit einer solchen Formel springt man zu kurz. In Projekten geht es darum, etwas zu bewegen - was mit welchem Nutzen für wen bewegt wird, dies muss deutlich werden. Die Mitarbeiter wollen wissen, wie ihr Projekt das Unternehmen voranbringt, was es für Kunden oder ihre Organisation bewirkt. Projekte bringen nicht immer für alle Beteiligten Vorteile. Einige Vorhaben haben soziale Konsequenzen. Bei einem Organisationsprojekt kann es durchaus zu Entlassungen kommen. Die Verlagerung von Produktionsstätten hat Konsequenzen, beispielsweise für die Stadt, in der die Fabrik geschlossen wird. Wie können Projektmanager angesichts solcher Konsequenzen die Sinnhaftigkeit ihres Projekts vermitteln? Das Projektteam kann Werte setzen, die die Folgen ihres Projekts für die Betroffenen abmildern. Es kann sich verpflichten, den Betroffenen des Projekts gegenüber fair zu handeln oder sie ins Projekt einzubeziehen. Es kann sich den Wert setzen, für die Betroffenen eine bestmögliche Lösung zu erarbeiten. Solche Werte werden durchaus als sinnvoll empfunden. Sich Werte setzen, dies ist die eine Aufgabe. Die andere Aufgabe besteht darin, diesen Werten zu folgen. Projektmanager werden einwenden, dass der Arbeitsalltag vielen Teams kaum Zeit lässt, ihr Handeln unter dem Gesichtspunkt ihrer Werte zu reflektieren, also zu prüfen und zu verbessern. Diese Zeit muss man sich nehmen, und ich habe in vielen Projekten erlebt, dass diese Zeit gut investiert ist. Wie können Projektmanager Werte so verankern, dass sie gelebt werden? Der Projektmanager sollte die Werte immer wieder zum Thema machen. Die Reflexion und Diskussion eines wertegeleiteten Handelns darf nicht in der Tagesarbeit untergehen. Konkret? Der Projektmanager muss die Werte nicht nur vorleben, er sollte sie auch zum Inhalt von Feedbackgesprächen machen. Zudem helfen Reflexionen in der Teamrunde, beispielsweise beim Jour fixe der Tagungsordnungspunkt, wann und wo in der zurückliegenden Woche Werte gelebt wurden - und wann nicht. „Werte können den Sinn des Projekts vermitteln“ projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2009 l 7 Über 20 Jahre Erfahrung bei Beratung und Implementierung von zukunftssicheren und praxisnahen Softwarelösungen. 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Benedikt hat Führungskräfte ermahnt, „sich bereitzuhalten, Rechenschaft abzulegen“. Und von seinen Mönchen forderte er permanenten Werteabgleich und ständige Gewissenserforschung. „Das eigene Tun und Lassen jederzeit überwachen“, schrieb Benedikt in seiner Ordensregel. Zu Beginn unseres Gespräch sprachen Sie vom Schnelltest, dem „Lackmustest“ für Unternehmenswerte … Dieser Test zeigt, ob die Werte auch in die Tiefe gehen, ob sie wichtige Entscheidungen beeinflussen - oder, ob sie nur für die Komfortzonen des Managements eine Rolle spielen. Zum Beispiel? Nehmen Sie die Personalauswahl. Werden Mitarbeiter auch ins Team geholt, weil sie zu den Werten passen - unabhängig von der fachlichen und sozialen Kompetenz? Sind die Mitarbeiter bereit, sich auf der Basis von Werten zu reflektieren und zu verändern? Trennen sich Teams von Mitarbeitern, wenn die Werte des Mitarbeiters und der Gemeinschaft nicht zusammenpassen? Ist der Manager mutig, sich auch von „faulen Äpfeln“ zu trennen, die die gesunden krank machen? Oder: Wird „Mit Werten die ‚Komfortzonen‘ durchstoßen“ die Leistung von Mitarbeitern auch unter dem Aspekt bewertet, ob sie die Werte leben? Wird wertekonformes Verhalten belohnt? Gibt es vielleicht sogar einen Preis für Mitarbeiter, die ihr Handeln besonders gut an den Werten ausrichten? Jeder Projektmanager mit Berufserfahrung weiß, dass er im Arbeitsalltag schnell in einen Konflikt zwischen werteorientiertem Verhalten und Forderungen aus dem Tagesgeschäft gerät. Er verficht im Team die Aufrichtigkeit und Fairness, muss aber die Kostenschätzung für sein Vorhaben zu niedrig ansetzen, um überhaupt den Auftrag zu erhalten. Oder er vertritt den Wert, dass er seine Mitarbeiter stützt - muss aber ein Teammitglied auf Druck der Geschäftsleitung entlassen. Wie können Projektmanager mit solchen Konflikten umgehen? Mit Werten zu arbeiten, heißt ja nicht, dass das Leben plötzlich widerspruchsfrei wird. Der große Vorteil eines intensiven Wertediskurses ist, dass Führungskräfte und Mitarbeiter lernen, über schwierige Situationen zu sprechen. Für den Erfolg eines werteorientierten Unternehmens ist Transparenz entscheidend. Der Projektmanager muss offen mit seinem Team über diese Dinge sprechen; ich empfehle ihm, auch einen Vertreter der Geschäftsleitung hinzuzuziehen. Wir haben es doch mit mündigen und intelligenten Menschen zu tun. Alles, was nicht offen angesprochen wird, kommt als Vertrauensverlust wie ein Bumerang zurück. Sie haben ein Stichwort genannt: Vertrauen. Wer mit Werten arbeitet, braucht eine stabile Vertrauenskultur. Ohne gegenseitiges Vertrauen kann man keine Werte verankern. Benedikt von Nursia hat diesen Punkt in seiner Klosterregel sehr schön dargestellt. Er bezeichnet das Murren als das größte Gift in einer Organisation. Mit Murren ist das verdeckte Lästern und „Motzen“ gemeint. Dies entsteht, wenn Führungskräfte mit verdeckten Karten spielen und den Kontakt zu ihren Mitarbeitern verlieren. Die Benediktiner sprechen sogar von einer Verpflichtung zur Kommunikation. Über den Mangel an vertrauensvollen und offenen Gesprächen zwischen Manager und Mitarbeiter wird viel geklagt. Diese Gespräche haben für Manager nicht unbedingt oberste Priorität. Und manche tun sich schwer, sich als Mensch zu zeigen. Darin aber liegt die absolute Basis für das, was wir eine wertegeleitete Führungskultur nennen. Die Führungskraft muss sich selbst in die Waagschale werfen und die Kultur vorleben. Nochmals zu den Entscheidungskonflikten zwischen den Werten und sogenannten „Sachzwängen“. Bietet die heutige Führungsethik eine Art Faustregel für solche Konflikte? Gut gefällt mir die Formel des Ethikers Arthur Rich: „Handle den Sachen gemäß und werde den Menschen gerecht.“ Wer veraltete Kostenstrukturen aufrechterhält, Ordensregel als Inspiration für Werte 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2009 8 REPORT Auf der Suche nach Werten für Projektorganisationen und Unternehmen Foto: stadler/ heinle/ schott PM_1-09_1-64: Inhalt 19.12.2008 13: 36 Uhr Seite 8 handelt den Sachen nicht gemäß und gefährdet das Unternehmen; und wer den Menschen nicht in seiner ganzen Lebenswirklichkeit sieht, wird dem Menschen nicht gerecht. Ich kann zum Beispiel nicht verlangen, dass sich Projektmitarbeiter bereits am Sonntag zu einem Meeting treffen, weil das, wenn es zum Regelfall wird, das private Leben zerstört. Dann geht das rechte Maß verloren. Sie sprechen die ethische Formel des Aristoteles an - sinngemäß: „Wähle die Mitte und suche das rechte Maß …“ … eine Formel, die noch heute Gültigkeit hat. Wenn dauerhaft über die Grenzen hinweg gegangen wird, endet das in Überanstrengung und Krankheit. Dies dient weder den Menschen noch den Sachen. Ausgebrannte Menschen haben keine guten Ideen mehr und können auch keine Probleme lösen. Die GPM hat vor einiger Zeit für ihre Mitglieder einen Ehrenkodex verabschiedet. In diesem Kodex fordert sie Projektmanager auf, beispielsweise gesellschaftliche Werte zu achten, ihr Handeln am Gemeinwohl zu orientieren, sich zur persönlichen Integrität zu verpflichten oder auf Ausgleich bedacht zu handeln. Welche Bedeutung hat der Kodex eines Fachverbands für die Wertediskussion in der Wirtschaft? Eine sehr große! Ich war Gast auf der Tagung der Polizeipräsidenten von Sachsen-Anhalt. Dort habe ich das Berufsethos der Polizei kennengelernt - und mit Hochachtung bewundert. Meiner Meinung nach macht dieses Berufsethos Professionalität aus. Ein Kodex sensibilisiert für Problemfelder der eigenen Tätigkeit und ermöglicht Reflexion. Es handelt sich im gewissen Sinne um Antennen, über die man bestimmte Themen empfangen und reflektieren kann. Sie sprechen von Professionalität. Was meinen Sie damit? Wer eine Tätigkeit ausübt, erfüllt gewisse Mindestanforderungen. Er weiß, wie man eine Aufgabe erfüllt. Der Begriff Professionalität bezieht sich darauf, einen Beruf auszuüben, eine Berufung, die mit Selbstverpflichtung und Verantwortung verbunden ist. Anspruchsvolle Arbeit und Qualitätsentwicklung nähren sich aus beruflicher Identität. Was wir heute professionell nennen, ist eine systematische Umsetzung beruflicher Standards plus der besonderen Hingabe des Berufstätigen. Und deshalb verspüren „Berufs“-tätige häufig von sich aus das Bedürfnis nach Reflexion. Sie fragen sich, was sie unter ihrem Berufsethos verstehen und was das Ethos für ihr Arbeitsumfeld bedeutet. Da geht es auch um die Frage vom rechten Maß zwischen professionellem Anspruch und menschlicher Leistungsfähigkeit - also darum, wie man sich selbst treu bleiben und doch pragmatisch handeln kann. Diese Reflexion bleibt im Arbeitsalltag allerdings häufig auf der Strecke. Vielleicht, weil man sie fälschlicherweise für unangemessen oder überflüssig hält angesichts der verbreiteten Ehrenkodex professionalisiert Projektmanagement technokratischen Führungsinstrumente. Doch Manager tun gut daran, wenn sie sich regelmäßig zur Reflexion zurückziehen. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit haben Philosophen, Theologen und andere Denker sogenannte Fürstenspiegel geschrieben. Es handelte sich um ermahnende oder belehrende Schriften über Führung, es ging um die Tugenden und Pflichten eines Herrschers und die Grundsätze richtigen Regierens. Schon der Begriff „Spiegel“ illustriert einen dieser Grundsätze: Du kannst deine Werte nicht leben, wenn du dich nicht selbst betrachtest und prüfst. Dafür braucht es bestimmte Haltepunkte und Rituale im Arbeitsalltag. Klingt schwierig … … ist es aber nicht. Es ist bereits hilfreich, wenn Manager ihre Bürotür schließen, das Handy abschalten und rekapitulieren, was in ihrem Projekt läuft, wie ihn die Kunden im Augenblick sehen, wie sie mit ihrem Gesprächspartner zurechtkommen - und dies mit den Werten abgleichen, die sie sich gesetzt haben. Einige Manager verwenden dafür das klassische Ampelsystem. Bei Abweichungen vom Wertekompass springt die Ampel auf „Gelb“ oder „Rot“. Dann kann man prüfen, ob man das Projekt wieder auf den Kurs seiner Werte bringen muss. ■ Kompetenzelemente der NCB 3.0 4.2.15 Ethik projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2009 l 9 www.smbs.at EIN UNTERNEHMEN VON REPUBLIK ÖSTERREICH • LAND SALZBURG • UNIVERSITÄT SALZBURG AKADEMIE URSTEIN • WÜSTENROT • MALIK MANAGEMENT ZENTRUM ST. GALLEN Beginn: 21. September 2009 Dauer: 8 Module in 4 Semestern, berufsbegleitend konzipiert Akademischer Abschluss: MBA (Master of Business Administration) in Projekt- und Prozessmanagement Zielgruppen: Führungskader und Experten im Projekt- und Prozessmanagement Bereich Internationale Veranstaltungsorte: Salzburg, Toronto, St. Gallen, Berlin In Kooperation mit: - Institut für Technologiemanagement/ Universität St. Gallen - Rotman School of Management/ University of Toronto - Juridische Fakultät/ Universität Salzburg next level consulting - Steinbeis-Hochschule Berlin, Deutschland Information und Anmeldung: Mag. Birgit Huber, MBA birgit.huber@smbs.at Tel.: +43 (0)676 88222 217 Executive MBA Projekt- und Prozessmanagement Das in Europa einizigartige Studienprogramm verbindet eine betriebswirtschaftliche Basisausbildung mit General Management Know-how und setzt den Schwerpunktfokus auf den Bereich Projekt- und Prozessmanagement. nach den Qualitätskriterien der FIBAA akkreditiert Anzeige PM_1-09_1-64: Inhalt 19.12.2008 13: 36 Uhr Seite 9
