eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 20/1

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
pm
2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
11
2009
201 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Projektmanagement

11
2009
Heinz Schelle
Bea, F. X./Scheurer, S./Hesselmann, S.: Projektmanagement. Reihe Grundwissen der Ökonomik, Betriebswirtschaftslehre. Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8252-2388-5, 732 S., EUR 29,90
pm2010046
22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2009 46 WISSEN Meine immer wieder geäußerte Forderung, dass sich die Betriebswirtschaftslehre stärker mit der Disziplin Projektmanagement befassen sollte, wird mehr und mehr erfüllt. Es dominieren nicht mehr nur die Ingenieure, die zum Teil immer noch der Meinung sind, dass es präzise Begriffe (z. B. die Unterscheidung von Auszahlungen, Ausgaben, Aufwand und Kosten im Rechnungswesen) nur in den Ingenieurwissenschaften gibt. Lange Zeit hat sich die akademische BWL der Leistungserstellung mit Projektcharakter kaum gewidmet. Die Werke von Patzak/ Rattay und Gareis sind eher Ausnahmen. Dabei wären in diesem Fach zahlreiche Schätze zu heben. Außerdem könnte für die Lehre vom Projektmanagement ein solideres Fundament gelegt werden. Es sei nur daran erinnert, dass die in der DIN 69 900 ff. definierten Kostenbegriffe zum Teil stark angreifbar sind, dass zahlreiche Stellen in der ICB 3.0 betriebswirtschaftlich schlicht falsch sind und dass das Rad von Autoren, die mit der Betriebswirtschaftslehre nicht genügend vertraut sind, immer wieder neu erfunden wird. Aus den genannten Gründen freut mich die vorliegende Publikation von Prof. F. X. Bea (Emeritus der Universität Tübingen) und seinen beiden Mitstreitern ganz besonders. Die Verfasser betonen gleich am Anfang die strategische Bedeutung des Projektmanagements, die viel zu lange sträflich vernachlässigt wurde. Sie begreifen Projektmanagement als Mittel der strategischen Unternehmensplanung und schreiben: Es ist „höchste Zeit, Projektmanagement neu im Kontext der Unternehmensführung zu interpretieren“. Sie betrachten Projektmanagement als Führungskonzeption und verstehen darunter „die grundsätzliche Ausrichtung der Unternehmensführung bei der zielorientierten Gestaltung des Unternehmens“. Dem kann man nur aus vollem Herzen zustimmen. Bea und seine Koautoren sehen im Rahmen der Unternehmensführung zwei Ziele des Projektmanagements, nämlich ❑ die Strategische Unternehmensentwicklung und ❑ die Steigerung des Unternehmenswerts. Der Prozess der Auswahl von Vorhaben sollte sich an qualitativen und quantitativen Kriterien einer strategischen Unternehmensentwicklung ausrichten. Angestrebt wird zudem eine nachhaltige Steigerung des Shareholder Value, wobei die Interessen der verschiedenen Stakeholder berücksichtigt werden müssen. Das bedeutet, etwas anders ausgedrückt, dass das Projektportfolio so zusammengestellt werden muss, dass sich eine aus Sicht des Kapitalgebers notwendige Wertsteigerung des Unternehmens erzielen lässt. In dem voluminösen Werk wird ein Entwicklungskontinuum des Projektmanagements beschrieben. Es wird unterschieden zwischen ❑ dem Management von Projekten, ❑ dem Management durch Projekte (Projekte, wie schon betont, als Mittel der Unternehmensentwicklung und zur Steigerung des Unternehmenswerts) und ❑ dem Projektorientierten Unternehmen. Der Schwerpunkt liegt hier auf einer „sukzessiven Anpassung der Führungsfunktion zur Unterstützung des wachsenden Projektgeschäfts“. Der Teil „Management von Projekten“ bietet die klassischen Lehrbuchinhalte. Aber bereits hier findet man eine Fülle von Ausführungen, so die Bemerkungen zur Projektkultur, die in Lehrbüchern selten sind. Besonders interessant war für mich der originelle Beitrag zur integrierten Projektkostenplanung mit den Bausteinen Prozesskostenrechnung, Lebenszyklusorientierung und Target Costing. Die Einbeziehung der Prozesskostenrechnung wird durch die hohe Bedeutung indirekter Leistungsbereiche, die Berücksichtigung von Target Costing durch das steigende Gewicht der Kundenorientierung plausibel begründet. Ein ausführliches Beispiel, das freilich dem Leser einiges abverlangt, erläutert das Konzept. Richtig spannend wird es dann im Teil „Management durch Projekte“. Die Autoren betonen hier nochmals die beiden strategischen Ziele. Sie stellen dann verschiedene Modelle der Unternehmensentwicklung vor, wie zum Beispiel den „Market-based View of Strategy“ und den „Resource-based View of Strategy“ und leiten daraus Gestaltungsempfehlungen für ein Management durch Projekte ab. Ich halte dieses Kapitel aus mehreren Gründen für besonders wichtig und möchte es allen, die an der Weiterentwicklung unserer Disziplin interessiert sind, ans Herz legen: ❑ Vergleichbare Inhalte finden sich in keinem der vielen PM-Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe, das heißt, diese Abschnitte des Buches sind wirklich neu und gehen über die vagen und unbefriedigenden Aussagen wie sie etwa im PMBoK, in der ICB 3.0 und im OPM3-Manual zu finden sind, weit hinaus. ❑ Bea und seine Mitstreiter liefern eine überzeugende Argumentationsbasis, um das Topmanagement für das Führungskonzept Projektmanagement zu gewinnen. ❑ Die Passagen bestätigen mich in meiner Auffassung, dass man zunächst nicht unbedingt in entlegenen Wis- Buchbesprechung Projektmanagement Bea, F. X./ Scheurer, S./ Hesselmann, S.: Projektmanagement. Reihe Grundwissen der Ökonomik, Betriebswirtschaftslehre. Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8252-2388-5, 732 S., EUR 29,90 PM_1-09_1-64: Inhalt 19.12.2008 13: 38 Uhr Seite 46 Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um die zweite deutsche Auflage (Übersetzung der neunten englischen Ausgabe). Gegenüber der ersten Auflage hat es an Umfang deutlich zugenommen, sodass es nun mit 23 Kapiteln auf mehr als 900 Seiten ein breites Spektrum an PM-Themen bietet. Mehr als 25 Fallstudien, über 100 Multiple-Choice-Fragen und fast 400 Diskussionsfragen erleichtern die Umsetzung des Erlernten. „Der Kerzner“ ist ein Standardwerk, das sich an unterschiedliche Zielgruppen richtet. Neben den Praktikern und Studierenden spricht es zwar in erster Linie die Personen an, die sich auf eine Zertifizierung zum PMP ® vorbereiten, es macht aber auch Zugeständnisse an die anderen angesprochenen Zielgruppen. Bei der Vorbereitung auf die PMP ® -Zertifizierungsprüfung des Project Management Institutes sollten deshalb auch noch folgende drei Werke mitbenutzt werden: Fallstudienbuch, Workbook-Übungen (Kerzner: Project Management Workbook and PMP ® / Capm ® Exam Study Guide, 9. Auflage) und PMBOK ® Guide, 3. Auflage. Am Anfang eines jeden Kapitels wird auf die korrespondierenden Kapitel in den drei oben genannten Büchern hingewiesen, was das Arbeiten sehr erleichtert. Die 23 Kapitel sind grob gesehen in drei Gruppen unterteilt. In den ersten zehn Kapiteln werden die Grundlagen vorgestellt, die Verständnis für die funktionsübergreifende Projektarbeit schaffen. Die Kapitel elf bis 20 widmen sich den eher quantitativen Methoden wie z. B. Planung, (Kosten-)kontrolle, Beschaffung und Qualität. Die letzten drei Kapitel beschäftigen sich mit den neuen Trends, Critical-Chain und dem Thema Project Office. Ausgehend vom systemorientierten Projektmanagementansatz führt Kerzner in das Thema ein, indem er die unterschiedlichen Rollen, ihre Interessen und die sich daraus ergebenden Spannungen erläutert. projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2009 l 47 sensgebieten - etwa in der Molekularbiologie - Anregungen für eine Weiterentwicklung der Disziplin suchen muss, auch wenn das im Rahmen des Entdeckungszusammenhangs durchaus legitim ist. Das Gute liegt freilich auch ganz nahe. Nicht minder anregend sind die Gedanken zum zweiten Ziel „Wertsteigerung durch Projekte“. Betrachtet man ein Vorhaben als betriebliche Investitionsalternative, stellt sich die Frage, welchen Beitrag zur Steigerung des Unternehmenswerts ein Projekt leisten kann. Ausgehend von dieser Problemstellung behandeln die Autoren die verschiedenen Verfahren der Investitionsrechnung, der Ermittlung von Entscheidungswerten auf Gesamtunternehmensebene und auf Projektebene. Letztendlich wird die Grundstruktur einer wertorientierten Projektwirtschaftlichkeitsrechnung vorgestellt. In einem weiteren Teil wird dann das Multiprojektmanagement behandelt. Auch hier werden viele neue Aspekte sichtbar, auf die aus Platzmangel nicht im Detail eingegangen werden kann. Erwähnt seien hier nur eine für mich neue, wertvolle Klassifizierung von strategischen Projekten und eine Einordnung in eine Balanced Scorecard, das Projektwertbeitrags-Erfolgswahrscheinlichkeits- Portfolio und das Wandlungsfähigkeitsportfolio. Im letzten Abschnitt entwickeln die Verfasser die Zukunftsvision einer rein projektorientierten Unternehmensentwicklung. Dabei folgen sie den Gedanken von Patzak/ Rattay und Gareis. Abschließende Bewertung: Das Werk lässt aus meiner Sicht so gut wie keine Wünsche offen, sieht man einmal vom Thema der Akzeptanz des Projektmanagements in Organisationen und dem Konzept des Agilen Projektmanagements, das die Selbstorganisation von Teams sehr stark betont, ab. Es stellt mit seinem weiten Horizont einen Meilenstein in der Entwicklung unserer Disziplin dar und sollte auch einen wesentlichen Beitrag zur Intensivierung der Projektmanagementausbildung an Universitäten und Fachhochschulen leisten. Ich wünsche dem Buch eine weite Verbreitung und aufmerksame Leser. Heinz Schelle ■ Buchbesprechung Projektmanagement - Ein systemorientierter Ansatz zur Planung und Steuerung Kerzner, H.: Projektmanagement - Ein systemorientierter Ansatz zur Planung und Steuerung. 2. deutsche Auflage, mitp-Verlag, Frechen 2008, ISBN 978-3-8266-1666-2, 937 S., EUR 89,- PM_1-09_1-64: Inhalt 19.12.2008 13: 38 Uhr Seite 47