PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.„Darauf brennen, die Geschichte zu verfilmen – dies war unsere Motivation“
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Oliver Steeger
Der Weg zum Olymp Hollywoods ist dornig. Zwei Jahre rang Filmemacher Jochen Alexander Freydank mit der kargen Finanzierung seines Filmprojekts „Spielzeugland“. Die 60-köpfige Filmcrew: Freiwillige. Sein Equipment: zusammengeliehen von Dienstleistern, die wie er an das Filmprojekt glaubten. Doch als Jochen Alexander Freydank im Februar 2009 die Oscar-Trophäe in den Händen hielt, war die Mühsal vergessen. „Spielzeugland“ wurde als bester internationaler Kurzfilm in Los Angeles gefeiert. Heute wertet Jochen Alexander Freydank – seit 20 Jahren im Filmgeschäft – die begrenzten Mittel seines Projekts auch als günstigen Umstand. In der Knappheit liegt, so sagt er, der Reiz von Projekt und Film. Denn sein Freiwilligenteam „brannte“ innerlich für das Projekt; diese Leidenschaft merkt man dem knapp 15-minütigen Film an. „Spielzeugland“ – auch eine Lektion zu Projekten mit knappen Mitteln? Auf dem „Internationalen Deutschen Projektmanagement Forum 2009“ (14./15. Oktober 2009 in Berlin) wird der Regisseur dieses Lehrstück vorstellen.
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22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2009 6 REPORT Herr Freydank, Hand aufs Herz! Träumt man als Filmemacher von einem Oscar? Jochen Alexander Freydank: Ich habe schon immer davon geträumt, Filme zu machen. Aber mit meinem Team für einen Oscar nominiert zu werden, geschweige denn ihn zu bekommen - das habe ich mir niemals vorzustellen gewagt. Nicht mal im Ansatz. Ein Oscar lag zu weit weg von mir. So weit weg lag der Oscar offenbar nicht. Steinig aber war der Weg zu Ihrem oscarprämierten Film „Spielzeugland“. Drei Jahre Vorbereitung erforderte das Projekt, Filmemacher brauchen offenbar einen langen Atem. Für Insider ist die lange Zeit von der Idee zum fertigen Kurzfilm nichts Ungewöhnliches. Es hat allein zwei Jahre gedauert, die Finanzierung von „Spielzeugland“ auf die Beine zu stellen. Der Laie fragt: Weshalb drei Jahre für 15 Minuten Film? Der Aufwand für Kurzfilme ist ähnlich hoch wie für lange Spielfilme. Wir brauchten einen Kameramann und Beleuchter, wir brauchten Maskenbildner, Regieassistenz, Kostümbildner und Produktionsleiter; dies ist nicht anders als bei einem neunzigminütigen Film. Im Unterschied zu Langfilmen braucht man für einen Kurzfilm weniger Drehtage und weniger Zeit für den Schnitt … … Für „Spielzeugland“ hatten Sie nur fünf Drehtage, ein sehr schmales Zeitbudget. Für mehr Drehtage reichten halt unsere Mittel nicht. Wir hatten 30.000 EUR von der Filmförderung in der Oliver Steeger „Darauf brennen, die Geschichte zu verfilmen - dies war unsere Motivation“ Oscar-Preisträger Jochen Alexander Freydank über sein Filmprojekt „Spielzeugland“ Der Weg zum Olymp Hollywoods ist dornig. Zwei Jahre rang Filmemacher Jochen Alexander Freydank mit der kargen Finanzierung seines Filmprojekts „Spielzeugland“. Die 60-köpfige Filmcrew: Freiwillige. Sein Equipment: zusammengeliehen von Dienstleistern, die wie er an das Filmprojekt glaubten. Doch als Jochen Alexander Freydank im Februar 2009 die Oscar- Trophäe in den Händen hielt, war die Mühsal vergessen. „Spielzeugland“ wurde als bester internationaler Kurzfilm in Los Angeles gefeiert. Heute wertet Jochen Alexander Freydank - seit 20 Jahren im Filmgeschäft - die begrenzten Mittel seines Projekts auch als günstigen Umstand. In der Knappheit liegt, so sagt er, der Reiz von Projekt und Film. Denn sein Freiwilligenteam „brannte“ innerlich für das Projekt; diese Leidenschaft merkt man dem knapp 15-minütigen Film an. „Spielzeugland“ - auch eine Lektion zu Projekten mit knappen Mitteln? Auf dem „Internationalen Deutschen Projektmanagement Forum 2009“ (14./ 15. Oktober 2009 in Berlin) wird der Regisseur dieses Lehrstück vorstellen. Jochen Alexander Freydank arbeitete unter anderem als Cutter, Drehbuchautor, Regieassistent und Producer für Film und TV. Neben Werbung und Off-Theater inszenierte er drei preisgekrönte Kurzfilme (Glückliches Ende, 2000, Notfall, 2001, DIENST, 2003). Derzeit bereitet er seinen ersten Spielfilm vor. Der oscarprämierte Kurzfilm „Spielzeugland“, der auch mit vielen anderen Preisen ausgezeichnet worden ist, gilt als sein größter Erfolg. - Jochen Alexander Freydank ist Keynote Speaker auf dem „Internationalen Deutschen Projektmanagement Forum 2009“ (14./ 15. Oktober 2009 in Berlin). Foto: Schnitger PM_4-09_1-60: Inhalt 30.06.2009 9: 51 Uhr Seite 6 Kasse, dies ist für einen historischen Kurzfilm ein Minimalbudget. Realisieren konnten wir „Spielzeugland“ nur deshalb, weil wir von vielen Unternehmen und freiwilligen Helfern unterstützt wurden. Die Schauspieler und die gesamte Crew haben auf ihre Gage verzichtet, um „Spielzeugland“ zu ermöglichen. Projektmanager kennen diese Situation: Man muss mit wenigen Mitteln viel erreichen … Die Arbeit an Low-Budget-Filmprojekten klingt zunächst frustrierend, ich habe viel um Hilfe bitten, auch betteln müssen. Selbst kleinste Dinge wurden zum Problem. Für die Außenszenen brauchten wir Kunstschnee. Bei anderen Filmprojekten wird Kunstschnee eingekauft. Ich aber habe keinen Sponsor gefunden, der uns Kunstschnee stiftet - beim besten Willen nicht. Und? Was dann? Berlin hatte im Januar 2007, als wir gedreht haben, genau vier Schneetage. Drei davon fielen ausgerechnet auf unsere Drehtermine. Am letzten Tag schmolz der Schnee bereits. Lassen Sie mich aber bitte eines deutlich sagen: Die Knappheit der Mittel und die Arbeit mit vielen Freiwilligen und Unterstützern macht rückblickend auch den Reiz des Projekts aus - und des Films. Inwiefern macht Knappheit den Reiz Ihres Projekts aus? Sehr knappe Mittel - im Filmgeschäft spricht man von Low-Budget - setzen viel freiwilliges Engagement voraus. Alle Beteiligten, von den Schauspielern bis zum Team, waren am Set dabei, weil ihnen unser Film persönlich wichtig war. Sie wollten in „Spielzeugland“ die Geschichte über Schuld, Verantwortung, große und kleine Lügen im Nazi-Deutschland der 40er-Jahre erzählen. Einige haben sogar gut bezahlte Angebote abgesagt, um mitwirken zu können. Wäre der Film anders geworden, wenn man Sie mit einem für kommerzielle Filme üblichen Budget ausgestattet hätte? Sagen wir es so: Das gesamte Team brannte darauf, „Spielzeugland“ zu verfilmen. Allein diese Leidenschaft für die Geschichte hat mein Team angetrieben. Dies haben wir während des Projekts intensiv gespürt - und viele, die den Film gesehen haben, spüren dies auch. In der Psychologie nennt man dieses „Brennen“ intrinsische Motivation, also eine Motivation, die aus der Aufgabe selbst entsteht und nicht von Belohnung abhängt. Intrinsische Motivation gilt als besonders wirksam - sie muss aber bei allen Beteiligten geweckt werden. Es muss sehr früh ein Funke überspringen zwischen dem Projektleiter … … also Ihnen als Regisseur und Produzent in Personalunion … … und allen Beteiligten, also den Mitwirkenden und den Unterstützern. Man kann dafür also nicht das Drehbuch als PDF-Dokument beispielsweise an die Filmförderung oder an Schauspieler versenden und hoffen, dass das Buch auf die anderen wirkt. projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2009 l 7 Executive Education Programs in Project & Process Management These part-time executive education programs guarantee a profound international education in project and process management (PPM) enabling you to master challenging projects successfully. Duration: · 8 months: International Program in PPM · 18 months: Professional MBA in PPM · Part-time Start: · October 2009: Professional MBA in PPM · September 2010: International Program in PPM Language: English Contact: andrea.cerny@wu-wien.ac.at +43 1 313 36 5139 www.executiveacademy.at / ip_ppm www.executiveacademy.at / pmba_ppm Next Start: October 2009 Master your projects. And leverage them. Anzeige PM_4-09_1-60: Inhalt 30.06.2009 9: 51 Uhr Seite 7 Sondern? Ich musste meine Mitarbeiter persönlich von der Idee überzeugen. Deshalb war es wichtig, dass ich selbst für diese Geschichte gebrannt habe, dass sie sich als Vision in meinem Kopf festgesetzt hat. Nur so kann eine Filmidee oder eine Geschichte andere persönlich berühren und anstecken. Wie kann man andere für eine Idee „entzünden“? Wie gesagt, ich brannte selbst für die Geschichte von „Spielzeugland“. Rückblickend glaube ich, dass ich meinen Unterstützern das Gefühl gegeben habe, dass ich den Film sowieso drehe - mit oder ohne ihre Hilfe. Die Förderer spürten, dass sie mitmachen konnten, ich aber notfalls alles dransetzen würde, auch ohne ihre Hilfe meine Vision zu realisieren. Dies ist zweifellos ein Drahtseilakt. Natürlich! Ich brauchte ja ihre Unterstützung und durfte sie nicht verprellen. Einige Unterstützer fragten mich, ob ich den Film notfalls auch ohne ihre Hilfe drehen werde. Was soll ich auf diese Frage entgegnen? Antworte ich mit „Ja“ - so erwidern sie vielleicht, dass ich dann ihre Hilfe wohl nicht brauche. Antworte ich mit „Nein“, so zweifeln sie an meinem Durchhaltewillen. Viele Projektmanager versuchen, Mitstreitern den Nutzen ihres Engagements aufzuzeigen. Sie erläutern die „Win-win-Situation“, die sich aus der Zusammenarbeit für alle Beteiligten ergibt. Eine solche Win-win-Situation ist mit Sicherheit wichtig. Aber sie allein hätte bei meinem Projekt nicht ausgereicht. Es muss ein Funke überspringen. Der Funke der Begeisterung und der Entschlossenheit? Unsere Unterstützer und Helfer haben gespürt, dass meine Motivation von innen kommt. Ich habe das Feedback bekommen, dass man mir anmerken konnte: Ich will diesen Film. Und dies bildete vielen Beteiligten eine emotionale Brücke, selbst auch diesen Film zu wollen. Beispielsweise auch für die Schauspielerin Julia Jäger in der Rolle der Mutter. Sie hat schon viele ähnliche Rollen gespielt, auch in ähnlichen Filmen. Und doch habe ich sie mit dem Filmprojekt faszinieren können. Freiwillige zu finden ist die eine Aufgabe. Die andere Aufgabe besteht darin, aus ihnen ein Team zu formen und mit ihnen zu arbeiten. Unterscheidet sich die Arbeit mit einem Freiwilligenteam von der Arbeit mit einem Team bezahlter Mitarbeiter? Mit Sicherheit. Das Verhältnis zwischen meinem Team und mir hat sich in dieser Konstellation anders gestaltet als bei kommerziellen Filmprojekten. Auch der Umgang, das Miteinander im Team war anders. Zum Beispiel? Die Arbeit mit Freiwilligen ist von einer gewissen - sagen wir - Grunddankbarkeit geprägt. Als Regisseur und Produzent war ich für jeden Beitrag dankbar, der das Filmprojekt gefördert hat. Ich habe darauf geachtet, dass sich mein Team wohlfühlt und dass jeder dort eingesetzt wird, wo er seine Stärken hat. Wir haben auch die Erfolge intensiv miteinander geteilt. Ist dies bei kommerziellen Projekten anders? Es ist schon anders. Bei rein kommerziellen Projekten wählt man die Mitarbeiter nach ihren Fähigkeiten aus. 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2009 8 REPORT Regisseur Jochen Alexander Freydank im Gespräch mit der Hauptdarstellerin Julia Jäger. Intensiver Dialog mit den Beteiligten, dann entscheiden und dem Team die Entscheidung plausibel machen. So beschreibt der Regisseur sein Führungsprinzip. Foto: Steffen Schencker PM_4-09_1-60: Inhalt 30.06.2009 9: 51 Uhr Seite 8 Bei unserem Projekt haben sich viele Mitarbeiter angeboten und dabei gelegentlich auch Tätigkeiten gewünscht, die vielleicht nicht ihren Stärken entsprachen. Ich habe zunächst geschaut, wo die Mitarbeiter wirklich ihre Stärken haben - und sie dann auch dort eingesetzt. Bei einem kommerziellen Projekt geht man vielleicht nicht immer so sensibel mit Mitarbeitern um: Die Mitarbeiter werden bezahlt. Also müssen sie das leisten, wofür sie bezahlt werden. Im künstlerischen Metier tätige Menschen sind durchaus eigensinnig. Gerade Freiwillige sind geneigt, ihre persönliche Selbstverwirklichung vor die Sache zu stellen. Wie bringt man die Interessen der Mitstreiter unter einen Hut? Langsam! Ich hatte es mit Vollprofis zu tun, die wissen, wie man Filme dreht, was am Set erlaubt ist und wo die Grenzen der Selbstverwirklichung erreicht werden. Filmprojekte kann man nicht - um es so zu sagen - demokratisch führen. Für die Selbstverwirklichung Einzelner ist der Raum begrenzt. Ein Filmprojekt muss sehr hierarchisch geführt werden … Auf diesen Punkt will ich hinaus. Ein Team von Freiwilligen und straffe Führung - verträgt sich dies? Man kann straff führen - freilich anders als bei kommerziellen Projekten. Ich habe immer versucht, die Kreativität der Beteiligten zuzulassen. Ich habe mir Zeit genommen für den Dialog, ich habe den Beteiligten zugehört und versucht, ihre Sichtweise zu verstehen und zu nutzen. Aber: Nach diesen Gesprächen habe ich entschieden, wie es gemacht wird. Vergessen Sie bitte nicht: Wir hatten fünf Drehtage, wir standen unter Zeitdruck. Wir hatten im Januar Außenszenen zu drehen; um halb fünf schwindet das Licht. Da tickt die Uhr im Hintergrund. Wenn der Regisseur über das nötige Maß hinaus Diskussionen zulässt, dann gefährdet er das Projekt. Er muss an einem gewissen Punkt entscheiden und seine Entscheidung dem Team plausibel machen. Sie sagten vorhin, dass sich in einem Freiwilligenteam auch die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern anders gestaltet als in einem kommerziellen Team. Wie darf ich mir dies vorstellen? Man geht kooperativer miteinander um. Fehler werden eher verziehen. Dies habe ich auch bei unseren Schauspielern gemerkt, die der Crew gelegentliche Patzer nachsahen. Wie war die Verbindlichkeit im Team? Gut! Alle haben so zuverlässig gearbeitet wie bei kommerziellen Filmprojekten. Ein Projektmanager muss Vorbild sein - dies gilt besonders für nicht kommerzielle Projekte. Was macht einen Regisseur zum Vorbild? Ich war als Erster am Set und bin als Letzter gegangen. So, wie ich mich an meine Zusagen gehalten habe, so hielt sich auch das Team an seine. Aber wichtiger ist noch: Der Regisseur muss etwas haben, das ich persönliche Präsenz nenne. Nicht im Sinne des bloßen Anwesendseins, sondern des Führens. Diese Präsenz muss von Anfang bis Ende des Projekts aufrechterhalten werden. Präsenz im Sinne von ständiger Sichtbarkeit der ordnenden Führung? Das Team muss ständig Führung spüren, ja. Sie hatten fünf Tage Zeit, „Spielzeugland“ an Schauplätzen in Berlin zu drehen. Jeder Projektmanager weiß, dass Teams erst zueinanderfinden müssen, bevor sie effizient zusammenarbeiten können. Blieb für dieses Zusammenfinden überhaupt Zeit? Bei vielen Fernsehproduktionen, die eine Drehzeit von mehreren Wochen haben, findet die Teamfindung an den projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2009 l 9 GPM Basislehrgang IPMA D / Zertifizierter Projektmanagement-Fachmann (GPM) Die State-of-the-Art-Qualifikation von PM-Profis für PM-Profis aus allen Branchen. Abschluss mit IPMA-Zertifikat Level D. 11 + 1 Tage mit dem vollen Programm. Start Herbst 2009 Frankfurt/ M am 05.09. 2009 Karlsruhe am 12.09. 2009 Auch als Kombi-Lehrgang IPMA D/ C/ B buchbar. Aufbaulehrgang IPMA-Zertifizierung Level C/ B Prüfungsvorbereitendes Seminar für praktizierende Projektmanager. 5 Tage (2+3) D-Zertifikat erforderlich. Auch als D/ C/ B Kombi buchbar. Starttermine Mannheim am 14. 09. 2009 MS Project Silver Level Mehr als solide Grundlagen für künftige Profis Mannheim 31.8./ 1.9. + 28./ 29.9. + 26./ 27.10.2009 Königsfeld/ Schwarzwald 3./ 4.11. + 1./ 2.12.2009 MS Project Gold Level Praxisorientiert für weit fortgeschrittene User Mannheim 3./ 4.9. + 29./ 30.9. + 19./ 20.11.2009 MS Project Server Mit mobiler Schulungsumgebung - Inhouse Berater, Coaches und Trainer für Projektmanagement projektpartner management gmbH 68167 Mannheim · Fon 0621 178906-0 · Mail office@projektpartner.de · Web www.projektpartner.de Anzeige Jochen Alexander Freydank berichtet über sein Filmprojekt beim PM Forum am 14.10. 2009 in Berlin PM_4-09_1-60: Inhalt 30.06.2009 9: 51 Uhr Seite 9 ersten beiden Tagen statt - mit allen Problemen, die damit zusammenhängen können. Diese Zeit hatten wir nicht. Wir mussten von der ersten Stunde an durchstarten. Und wir mussten unsere Drehtage so vorbereiten, dass wir durchstarten konnten. Das heißt? Wir haben darauf geachtet, dass wir im Team alle Fragen vor Drehbeginn am runden Tisch geklärt hatten. Dies ist aufwendig, aber es muss sein. Das gesamte Team? 60 Teammitglieder? Nein, nur die „Spartenleiter“, wie man früher sagte, also diejenigen, die beispielsweise die Bauten und die Requisite, die Beleuchtung und die Kamera leiteten. Wie ich eben sagte, die Teams von Filmprojekten sind streng hierarchisch organisiert. Es wird festgelegt, wer auf welchem Wege wie mit Informationen versorgt wird und wer welche Entscheidungen zu treffen hat. Das Handy ist übrigens im Filmgeschäft der größte Feind dieser geordneten Kommunikation … Ach? Weshalb? Weil es dazu animiert, Fragen außerhalb der Hierarchien zu klären. Die Informationen schießen kreuz und quer - und gehen häufig an denen vorbei, die davon Kenntnis haben müssten. Da wird beispielsweise in einem Telefonat festgelegt, dass das Kleid der Hauptdarstellerin statt blau gelb sein wird; die Requisite erfährt nichts davon - und bringt am nächsten Drehtag wie ursprünglich geplant ein gelbes Auto mit. Gelbes Auto und gelbes Kleid, dies geht dann gar nicht. Sie werden auf dem „Internationalen Deutschen Projektmanagement Forum 2009“ der GPM als Keynote Speaker sprechen. Für einen Regisseur sind Projektmanager ein ungewöhnliches Publikum … Projekte sind doch unter anderem als einmaliges, zeitlich abgeschlossenes Vorhaben definiert. Richtig, insofern ist ein Filmprojekt ein „echtes“ Projekt. Ich gehe noch einen Schritt weiter. Filmprojekte sind sehr flüchtig. Man baut ein Set auf, man dreht, man entscheidet, ob die Szene in Ordnung ist - und baut das Set wieder restlos ab. Diese Szenen können Sie nicht wiederholen und noch einmal drehen. Nicht? Freilich können Sie ein Set nach drei oder vier Wochen noch einmal aufbauen, um eine Szene neu zu drehen - doch die kreative Stimmung, die den ursprünglichen Dreh begleitet hat, können Sie nicht ohne Weiteres wieder erzeugen. Diese Einmaligkeit können Sie nicht wiederholen. Was ist ein Projekt anderes als ein einmaliges, in dieser Form nicht zu wiederholendes Vorhaben? ■ 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2009 10 REPORT Der Kurzfilm „Spielzeugland“ erzählt eine spannende Geschichte über Schuld, Verantwortung, kleine und große Lügen, die im Nazi-Deutschland der frühen 40er-Jahre spielt. Der Film wurde vom Medienboard Berlin-Brandenburg und der FFA gefördert und mit einem Mini-Budget von 30.000 EUR an nur fünf Drehtagen an Originalschauplätzen in und um Berlin realisiert. Freydank benötigte zwei Jahre, um die Finanzierung des Films auf die Beine zu stellen. Im Jahr 2009 krönte ein „Oscar“ die vielen Auszeichnungen, die der Film zuvor auf Festivals bekommen hatte. „Spielzeugland“ gilt unter Cineasten als emotionaler Film mit ausgeprägter Bildsprache und komplexer Erzählstruktur. » Let yo Wien | Sa » Proje einer » Con » Syste » Begle PM_4-09_1-60: Inhalt 30.06.2009 9: 51 Uhr Seite 10
