PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2009
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Projektmanagement als Führungskonzeption – Konsequenzen für zukünftige Projektmanagementassessments
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2009
Michael Ribeiro
Steffen Scheurer
In diesem Beitrag wird eine erweiterte Sicht des Projektmanagements dargestellt: Projektmanagement wird als Führungskonzeption verstanden. Ziele, Aufgaben und Methoden des Projektmanagements sind somit unmittelbar mit der strategischen Entwicklung des Unternehmens verknüpft zu sehen. Aus diesem Verständnis von Projektmanagement erwachsen neue Anforderungen an die Entwicklung von organisationalen und persönlichen Projektmanagementkompetenzen in Unternehmen. Allerdings befindet sich nicht jedes Unternehmen in derselben Umfeld- und Unternehmenssituation und steht damit unterschiedlichen Entwicklungsherausforderungen gegenüber. Die Autoren stellen in diesem Beitrag ein Projektmanagementassessment vor, mit dem genau die Kompetenzbereiche identifiziert werden können, die für ein Unternehmen situationsadäquat von besonderer Bedeutung sind. Darüber hinaus wird eine systematische Einbindung des Topmanagements in das Assessment vorgeschlagen.
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1. Einleitung „Wie gut ist unser Projektmanagement wirklich? “ Eine immer wieder gestellte Frage, die sich unserer Meinung nach nicht eindeutig beantworten lässt. Es kommt darauf an! Aber auf was? Genau dieser Fragestellung wollen wir in diesem Artikel etwas genauer auf den Grund gehen. Kommt es darauf an, wie umfassend das Projektmanagement beschrieben ist? Oder kommt es darauf an, wie das Projektmanagement gelebt wird? Kommt es vielleicht sogar darauf an, in welcher Situation sich Ihr Unternehmen befindet? Oder kommt es vielmehr darauf an, welche Rolle Projektmanagement in Ihrem Hause spielt? Letztlich glauben wir, dass alle diese Aspekte wichtig und bei der Durchführung eines Projektmanagementassessments zu berücksichtigen sind. Zieht man die Ergebnisse einer Multiprojektmanagementstudie der Technischen Universität Berlin heran, so wird deutlich, wie wichtig die Durchführung systematischer Projektmanagementassessments als Grundlage zur Verbesserung der unternehmenseigenen Projektmanagementkompetenzen tatsächlich ist: Laut dieser Studie sind nur 20 Prozent der befragten Topmanager mit dem Management ihrer Projektlandschaft wirklich zufrieden [1]. Wie die oben genannten Aspekte unseres Erachtens in ein Projektmanagementassessment eingehen sollten, wird im Folgenden dargestellt. Zunächst werden wir auf die sich immer stärker wandelnde Rolle des Projektmanagements hin zu einer Führungskonzeption eingehen und aus dieser veränderten Rolle die Ziele für Projektmanagementassessments ableiten. Hieraus ergeben sich dann auch die Anforderungen an solche Assessments. Die Darstellung dieser Anforderungen stellt die Grundlage für einen Vergleich von verschiedenen Projektmanagementassessment-Modellen dar. Mit COACH PM stellen wir abschließend ein neues Tool vor, das auf einem primär handlungs- und managementorientierten Assessmentansatz basiert. 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 12 WISSEN Michael Ribeiro, Steffen Scheurer Projektmanagement als Führungskonzeption - Konsequenzen für zukünftige Projektmanagementassessments Eine veränderte und erweiterte Sicht des Projektmanagements - nicht nur als Problemlösungsmethodik, sondern als Führungskonzeption verstanden - setzt sich immer mehr durch. Projektmanagement wird damit zunehmend als wichtiger strategischer Wettbewerbs- und Erfolgsfaktor für ein Unternehmen gesehen. Aus diesem Grunde muss das Management sicherstellen, dass ausreichende Projektmanagementkompetenzen im Unternehmen vorhanden sind und diese auch richtig eingesetzt werden. Hier kann eine systematische Projektmanagementevaluation helfen. Allerdings ergeben sich aus dem neuen, umfassenden Verständnis des Projektmanagements als Führungskonzeption auch Konsequenzen für eine solche Bewertung der Kompetenzen. Zunächst wird in diesem Artikel thematisiert, welche Anforderungen sich durch die neue Perspektive ergeben. Auf dieser Basis werden verschiedene Projektmanagementassessment- Modelle miteinander verglichen und daraufhin untersucht, welchen Beitrag sie zu einer solchen erweiterten Evaluation der Projektmanagementkompetenzen im Unternehmen leisten können. In diesem Beitrag wird eine erweiterte Sicht des Projektmanagements dargestellt: Projektmanagement wird als Führungskonzeption verstanden. Ziele, Aufgaben und Methoden des Projektmanagements sind somit unmittelbar mit der strategischen Entwicklung des Unternehmens verknüpft zu sehen. Aus diesem Verständnis von Projektmanagement erwachsen neue Anforderungen an die Entwicklung von organisationalen und persönlichen Projektmanagementkompetenzen in Unternehmen. Allerdings befindet sich nicht jedes Unternehmen in derselben Umfeld- und Unternehmenssituation und steht damit unterschiedlichen Entwicklungsherausforderungen gegenüber. Die Autoren stellen in diesem Beitrag ein Projektmanagementassessment vor, mit dem genau die Kompetenzbereiche identifiziert werden können, die für ein Unternehmen situationsadäquat von besonderer Bedeutung sind. Darüber hinaus wird eine systematische Einbindung des Topmanagements in das Assessment vorgeschlagen. +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 12 2. Vom Einzelprojektmanagement zum projektorientierten Unternehmen Wie es scheint, haben Aufgaben, die den Charakter von Projekten annehmen, in der Geschichte der Menschheit schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Die Beispiele reichen vom Pyramidenbau über den Bau des Suezkanals bis hin zur modernen Raumfahrt. Ein Merkmal hatten diese Projekte alle gemeinsam: Es ging im Grunde immer um die Lösung besonders schwieriger technischer Aufgaben. Aus diesem Grund haben Ingenieure das Projektmanagement lange Zeit dominiert. Auch heute spielt sich eine Vielzahl von Projekten immer noch im technischen Umfeld ab, wie zum Beispiel in der Forschung oder in der Produktentwicklung. Nach wie vor ist somit das Projektmanagement als detaillierte Problemlösungsmethodik für technische Fragestellungen für Unternehmen sehr wichtig. Allerdings wird mit diesem Aspekt des Projektmanagements nur noch ein Teil seiner heutigen Bedeutung erfasst: Versteht man Projektmanagement zunehmend als Führungskonzeption, so bedeutet dies, „dass die Ziele, die Aufgaben und die Methoden des Projektmanagements unmittelbar mit der strategischen Entwicklung des Unternehmens verknüpft werden müssen“ [2]. Diese Zusammenhänge zwischen Projektmanagement und strategischer Unternehmensführung werden bislang noch zu wenig beachtet, obwohl sie aufgrund der zunehmenden Komplexität und Dynamik in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewinnen. Im Folgenden werden zunächst die Ursachen für die neue Rolle des Projektmanagements näher betrachtet. Anschließend wird Projektmanagement als Führungskonzeption beschrieben. Die Interpretation von Projektmanagement als Führungskonzeption führt in der Konsequenz zu einem erweiterten Verständnis von Projektmanagement. Damit erweitert sich nicht nur der Kreis der Adressaten des Projektmanagements deutlich, auch die zu beherrschenden Projektmanagementkompetenzen verändern sich. Wenn also die Frage gestellt wird: „Wie gut ist unser Projektmanagement wirklich? “, muss zunächst geklärt werden, ob ein Unternehmen Projektmanagement lediglich als Problemlösungsmethodik oder als umfassende Führungskonzeption mit verstärkt strategischem Charakter versteht und einsetzt. Je nach Verständnis des Projektmanagements muss ein Assessment unterschiedlich akzentuiert werden. 2.1 Wandel als Bedingung der strategischen Unternehmensentwicklung Worauf kann dieses neue Verständnis des Projektmanagements nun zurückgeführt werden? Zur Beantwortung dieser Frage nach den wachsenden Zusammenhängen des Projektmanagements und der strategischen Unternehmensführung erscheint es sinnvoll, zunächst die wichtigsten Entwicklungen im strategischen Management kurz zu beleuchten. In einer Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen und Lehrbüchern im Bereich des strategischen Managements steht der Wandel des unternehmerischen Umfeldes und damit auch der Wandel des Unternehmens selbst im Mittelpunkt der Betrachtung. Insbesondere wird von makroökonomischen, gesellschaftlichen, demografischen, politischen und technologischen Entwicklungen ausgegangen, die für Unternehmen von Bedeutung sind [3]. Aus diesen Entwicklungen lässt sich eine Vielzahl von strategischen Anforderungen an Unternehmen ableiten [4]: ❑ Die Beziehungen zwischen Umwelt und Unternehmung müssen besser wahrgenommen, analysiert und möglichst frühzeitig in die unternehmerischen Entscheidungen mit einbezogen werden. ❑ Komplexe Anpassungsprozesse an die veränderten, globalen Marktstrukturen werden notwendig. ❑ Der Zeitbedarf für Unternehmensprozesse muss deutlich verkürzt werden. ❑ Die Unternehmensprozesse müssen flexibel und vor allem kundenorientiert ausgerichtet werden. ❑ Wissen aus unterschiedlichen Fachgebieten muss für die zunehmend vielfältiger werdenden Probleme kombiniert werden; dies gilt insbesondere für das in vielen Branchen stetig wachsende Systemgeschäft. ❑ Flexibilität und Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens müssen erhöht werden. Vor dem Hintergrund solcher umfassenden Anforderungen stellt sich natürlich die Frage, wie und mit welchen Methoden die Unternehmensführung auf diese strategischen Herausforderungen reagieren soll. Diese Frage kann hier nicht umfassend und im Hinblick auf alle denkbaren Ansätze der Unternehmensführung behandelt werden [5]. Als eine gemeinsame inhaltliche Klammer einer Vielzahl von Ansätzen kann jedoch der Gedanke des „strategischen Fits“ betrachtet werden, nach dem die Unternehmensführung dafür zu sorgen hat, dass eine Abstimmung zwischen den Umweltanforderungen und den Strategien des Unternehmens erfolgt [6]. projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 l 13 Abb. 1: Ansätze des strategischen Managements und Gestaltungsempfehlungen PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 13 An dieser Stelle sollen lediglich einige Erkenntnisse skizziert werden, die auch im Kontext des Projektmanagements von besonderem Interesse sind. Diese Ansätze gehen davon aus, dass ein Management, das trotz des ständigen Wandels noch nachhaltige Renditen erzielen will, sich auf die in Abb. 1 dargestellten Gestaltungsaktivitäten konzentrieren sollte. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Bei erhöhter Dynamik des Wandels wird die Fähigkeit eines Unternehmens, sich schnell an neue Umweltsituationen anzupassen, zu einem bedeutenden Wettbewerbsvorteil, vielleicht sogar zum bedeutendsten Erfolgsfaktor überhaupt. Im Idealfall sollte diese Fähigkeit bis hin zu einer proaktiven Entwicklungsfähigkeit ausgebaut werden. Zahn spricht in diesem Zusammenhang vom Aufbau einer strategischen Kompetenz, die sich im kreativen Entwickeln neuer strategischer Logiken äußert sowie in der Möglichkeit, die neu entwickelte strategische Logik zu testen. Eine solche strategische Kompetenz beinhaltet somit quasi ein experimentelles strategisches Lernen [7]. Will man eine solche organisationale Lernfähigkeit und strategische Kompetenz aufbauen, so ist es notwendig, die strategische Steuerung zu „demokratisieren“: Hierarchien verlieren an Bedeutung, stattdessen gewinnt die Selbststeuerung und die partizipative Gestaltung von Steuerungsprozessen mit einer weitgehenden Dezentralisierung von Entscheidungen und Verantwortungen an Gewicht [8]. Hier liegt die Idee zugrunde, dass über die Förderung einer Vielzahl kreativer Selbstorganisationsprozesse eine proaktive Entwicklung des Unternehmens möglich wird. Auf diese Weise soll nicht nur die Anpassung des Unternehmens an das sich wandelnde Umfeld erleichtert werden, sondern das Unternehmen wirkt sogar selbst aktiv an der Gestaltung des Wandels seiner Umwelt mit, indem es kontinuierlich Strategieinnovationen entwickelt und so fortlaufend immer wieder neue Wettbewerbsvorteile aufbaut. 2.2 Projektmanagement als Führungskonzeption Nach dieser kurzen Betrachtung wichtiger Erkenntnisse aus dem strategischen Management stellt sich nun natürlich die Frage: „Was hat das alles mit Projektmanagement zu tun? “ - Viel! Unseres Erachtens bewegen sich strategisches Management und Projektmanagement zunehmend aufeinander zu, entwickeln Überschnittsbereiche und wachsen unter bestimmten Bedingungen sogar zusammen. Strategische Unternehmensführung befasst sich mit schlecht strukturierten und sehr komplexen Problemstellungen, die sich zudem vor dem Hintergrund des evolutionären Wandels der wechselseitig verflochtenen Einflussfaktoren fortlaufend verändern [9]. Gleichzeitig erfüllen strategische Problemstellungen alle Merkmale, die typischerweise Projekten zugeschrieben werden. Schon allein der Projektcharakter strategischer Problemstellungen spricht somit für den Einsatz des Projektmanagements im Rahmen der strategischen Unternehmensentwicklung. Noch stärker dafür spricht jedoch die Tatsache, dass in der Praxis ständig höhere Umsatzanteile von Unternehmen über Projekte realisiert werden. Projekte gewinnen somit rein faktisch eine strategische Bedeutung. Ein Verständnis von Projektmanagement, das nur auf die Abwicklung eines einzelnen Projektes fokussiert ist, reicht einfach nicht mehr aus. Dies gilt umso mehr, als nicht nur die Unternehmensentwicklung zunehmend von Projekten abhängt, sondern auch das Unternehmensergebnis beziehungsweise das Wertsteigerungspotenzial des gesamten Unternehmens. Neben der Frage der Effizienz des Einzelprojektes stellt sich damit zunehmend die Frage nach der Effektivität der gesamten „Projektlandschaft“ eines Unternehmens. „Aus diesem Grunde ist es höchste Zeit, Projektmanagement neu im Kontext der Unternehmensführung zu interpretieren. Wir betrachten Projektmanagement als Führungskonzeption. Eine Führungskonzeption beschreibt die grundsätzliche Ausrichtung der Unternehmensführung bei der zielorientierten Gestaltung des Unternehmens. Sie äußert sich in den Zielen, den Aufgaben und den Methoden der Führung. Wird das Projektmanagement als Führungskonzeption verstanden, so bedeutet dies, dass die Ziele, die Aufgaben und die Methoden des Projektmanagements unmittelbar mit der strategischen Entwicklung des Unternehmens verknüpft werden müssen“ [10]. Die Ziele des Projektmanagements können sich damit nicht mehr auf die effiziente Abwicklung von Einzelprojekten beschränken, vielmehr muss das Projektmanagement einen eigenständigen Beitrag zur strategischen Entwicklung des Unternehmens und zur Steigerung des Unternehmenswertes liefern. Wenn dies im Sinne eines „strategischen Fits“ erfolgt, sollte die Unternehmensführung eine Abstimmung zwischen den Umweltanforderungen, den Unternehmensstrategien und den unternehmerischen Strukturen, Prozessen und Kompetenzen des Projektmanagements anstreben. Es gibt somit nicht mehr das eine richtige Projektmanagement, sondern je nach Situation, in der sich das Unternehmen befindet, können unterschiedliche Ausprägungen des Projektmanagements sinnvoll sein. Abb. 2 zeigt den „Situativen Ansatz des Projektmanagements“ nach Bea/ Scheurer/ Hesselmann. Dort wird zur Systematisierung möglicher Ausprägungen des Projektmanagements ein Entwicklungskontinuum des Projektmanagements mit verschiedenen Schritten der Projektorientierung in einem Unternehmen vorgeschlagen [11]. Je weiter die konkrete Ausprägung des Projektmanagements auf diesem Kontinuum nach rechts rückt, desto stärker verändern sich die Aufgaben und auch die Methoden des Projektmanagements. Sie bekommen damit zugleich einen immer strategischeren Charakter und eine immer größere Nähe zu den Aufgaben und Methoden der Unternehmensführung: Management von Projekten: Das Management von Projekten fokussiert auf der Ebene der einzelnen Projekte ihre möglichst effiziente Umsetzung. In diesem Zusammenhang sind institutionale Fragen zu klären, wie die Ausgestaltung der Projektverantwortung, die Zuordnung von Mitarbeitern zu einem Projekt sowie die Modalitäten des Ablaufs der Planung. Darüber hinaus ist festzulegen, welche Phasen für ein Projekt idealtypisch in einem Unternehmen vorgesehen sind. Management durch Projekte: Im Rahmen des Managements durch Projekte wird Projektmanagement zum 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 14 WISSEN PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 14 Bestandteil der Unternehmensführung. Projekte werden als Mittel der Unternehmensentwicklung und als Mittel zur Steigerung des Unternehmenswertes gesehen. Projektmanagement wird so zu einem systematischen Multiprojektmanagement, das sich insbesondere mit der Planung, der Umsetzung und der Kontrolle eines ganzen Projektportefeuilles beschäftigt. Das projektorientierte Unternehmen: Das projektorientierte Unternehmen nimmt die Grundgedanken aus dem Management durch Projekte auf und führt sie weiter fort. Hier werden Projekte als „Kern des gesamten Geschäfts“ gesehen. Aus diesem Grunde erfolgen eine projektorientierte Weiterentwicklung der Führungssubsysteme sowie die Initiierung einer projektorientierten Unternehmenskultur. Darüber hinaus zeichnen sich projektorientierte Unternehmen durch eine weitestgehende Entscheidungsdezentralisierung und durch ein umfassendes Empowerment der Projektteams aus. Zudem gewinnt die Entwicklung einer lernenden Organisation zum Aufbau organisationaler und persönlicher Kompetenzen in Sachen Projektmanagement zunehmende Bedeutung. Welche Ausprägung des Projektmanagements zu einer bestimmten Umfeld- und Unternehmenssituation passt, kann nicht generell festgelegt werden. Es gibt allerdings einige grundlegende Zusammenhänge: Je globaler das Geschäft in einer Branche abläuft, je Know-howintensiver Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens sind, desto stärker unterliegen diese Unternehmen der weltweit vernetzten Veränderungsdynamik der Märkte. Je höher die Umweltdynamik und Komplexität des eigenen Geschäftes, desto proaktiver sollte sich das Management auf den Weg von der Abwicklung einzelner Projekte zu einem projektorientierten Unternehmen machen. Ein rein projektorientiertes Unternehmen kann als „Prototyp einer lernenden Organisation“ gesehen werden. Mit anderen Worten: Durch eine zunehmende Projektorientierung erlangt ein Unternehmen genau die Fähigkeiten, die die Ansätze des strategischen Managements besonders entwicklungsfähigen Unternehmen zuschreiben. 2.3 Konsequenzen für das Projektmanagement Was bedeutet das nun für das Projektmanagement? Aus einer solchen Interpretation von Projektmanagement als Führungskonzeption und dem damit verbundenen demokratisierten strategischen Steuerungscharakter ergeben sich sowohl Konsequenzen für die projektorientierte Gestaltung der Führungsinstrumente als auch für den Aufbau erweiterter Kompetenzen von Mitarbeitern, die projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 l 15 Abb. 2: Situativer Ansatz des Projektmanagements PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 15 im Projektmanagement tätig oder von Projekten betroffen sind. Wie können sich diese Konsequenzen im Unternehmen auswirken? Im Folgenden werden einige mögliche Auswirkungen kurz anskizziert. Nimmt die strategische Bedeutung von Projekten zu, beziehungsweise nutzt man Projekte, um strategische Aufgabenstellungen zu verwirklichen, so findet die strategische Planung und Steuerung zum Großteil in Form einer Kombination von vielen strategischen Projekten statt. Damit ist die strategische Steuerung nicht mehr allein Sache weniger Topführungskräfte, sondern sie verteilt sich nun im Unternehmen und muss mitsamt entsprechenden Entscheidungskompetenzen breiter auf allen Ebenen des Unternehmens verankert werden. Damit kann die Unternehmensentwicklung ebenso aus der Umsetzung von strategischen Großprojekten resultieren, die einer genau festgelegten strategischen Steuerungsabsicht entspringen, wie aus einer Vielzahl von kleinen Projekten, die sich jedoch in der Summe zu einem strategischen Muster verdichten. Eine solche partizipative Steuerung bringt grundlegend neue Aufgaben für die verschiedenen Führungsebenen mit sich: An die Stelle der Definition inhaltlicher Vorgaben und deren Umsetzungskontrolle tritt bei den Topführungskräften eher eine sinngebende Funktion sowie eine Kommunikations- und Koordinationsfunktion. Die sinngebende Funktion und die Kommunikationsfunktion des Topmanagements kommen insbesondere bei der Entwicklung eines normativen Rahmens sowie bei der Gestaltung der sonstigen Rahmenbedingungen für das Multiprojektmanagement zum Tragen. Die Koordinationsfunktion äußert sich vor allem im Rahmen des Projektportfoliomanagements und der Multiprojektkontrolle. Insgesamt gesehen verlagert sich der Gestaltungsschwerpunkt des Topmanagements somit weg von direkten Steuerungseingriffen hin zur Gestaltung der richtigen inhaltlichen und strukturellen Rahmenbedingungen für den Ablauf einer partizipativ angelegten strategischen Steuerung. Die Unternehmens- und die Führungskultur bekommen ebenso wie das Projektportfolio- und Projektprogrammmanagement einen vollkommen neuen Stellenwert. Wenn sich das Topmanagement eher auf die Gestaltung der normativen und institutionellen Rahmenbedingungen konzentriert, geht die Verantwortung für direkte strategische Steuerungseingriffe im Rahmen der strategischen Projekte stärker an das funktional orientierte Mittelmanagement und die Projektleiter über. Damit ist jedoch eine Abkehr von der aus Linienfunktionen gewohnten Verrichtung rein inhaltlich spezialisierter Tätigkeiten verbunden. Das Mittelmanagement ist somit durch ein institutionalisiertes Projektportfolio- und Projektprogrammmanagement zu unterstützen, das das Bindeglied zwischen Strategieentwicklung und Strategieumsetzung bildet. Mit der Delegation strategischer Projektaufgaben an Projektteams ist zugleich die Abgabe von Entscheidungs- und Führungskompetenzen durch das Topmanagement verbunden. Daraus resultiert eine höhere Verantwortlichkeit des gesamten Projektteams für den Gesamtunternehmenserfolg. Projektarbeit kann somit nicht mehr nur ausführungsorientiert betrachtet werden, vielmehr wird vom Projektteam ein hohes Maß an eigenverantwortlichem unternehmerischen Handeln gefordert, das zudem mit den übergeordneten unternehmerischen Zielvorstellungen in Einklang stehen muss. Entsprechende Kompetenzen sind bei Projektleitern und Projektmitarbeitern aufzubauen. Die erweiterte Sichtweise und die damit verbundenen neuen Aufgaben des Projektmanagements sind auch an den Fachverbänden, die sich mit Projektmanagement befassen, nicht unbemerkt vorbeigegangen. So finden sich beispielsweise in den neu aufgelegten ICB 3.0, dem Projektmanagementstandard der IPMA [13], unter dem Stichwort „PM-Verhaltenskompetenz-Elemente“ verstärkt Kompetenzelemente, die sich im weitesten Sinne mit Führung in Projekten auseinandersetzen. In den „PM-Kontextkompetenz-Elementen“ befassen sich eine ganze Reihe von Kompetenzelementen mit dem Zusammenspiel zwischen Projektmanagement und Unternehmensführung. Ebenso hat PMI seinen Standard zum Einzelprojektmanagement, den PMBOK Guide [14], mit Veröffentlichungen zu Projektprogramm- und insbesondere Projektportfoliomanagement ergänzt. Aus den dargestellten Entwicklungen wird deutlich, dass die Beherrschung des Projektmanagements zu einem immer wichtigeren strategischen Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor für Unternehmen wird. Allerdings nicht für alle Unternehmen in gleichem Maße und in derselben Ausprägung. Um einen strategischen Fit zu erreichen, muss das Management dafür Sorge tragen, dass genau die Projektmanagementkompetenzen im Unternehmen vorhanden sind und auch richtig zum Einsatz gelangen, die zur Situation des Unternehmens passen. Ob dies wirklich der Fall ist, kann nur mittels systematischer Projektmanagementassessments herausgefunden werden. Wie diese Assessments vor diesem Hintergrund ausgestaltet sein sollten, wird nach den obigen Ausführungen nun selbst zu einer wichtigen Fragestellung. Auch die Frage „Wie gut ist unser Projektmanagement wirklich? “ muss wohl angepasst und durch eine situative Komponente ergänzt werden. Die Frage müsste also wohl eher lauten: „Wie gut ist unser Projektmanagement auf unsere Unternehmenssituation zugeschnitten und wie gut beherrschen wir das von uns in dieser Unternehmenssituation benötigte Projektmanagement wirklich? “ Diese veränderte Fragestellung wirft nun natürlich auch veränderte Anforderungen an ein Projektmanagementassessment auf. Diese werden im nächsten Abschnitt genauer betrachtet. 3. Anforderungen an Projektmanagementassessments Zum Auftakt dieses Abschnitts soll noch auf unsere Sicht einer handlungsorientiert ausgerichteten Betriebswirtschaftslehre [15] hingewiesen werden, nach der nicht nur die beschreibende, sondern vor allem die gestaltende Absicht im Vordergrund steht. Dieses praxis- und umsetzungsorientierte Verständnis von Betriebswirtschaftslehre schlägt sich auch in den Anforderungen an Projektmanagementassessments nieder. Demnach machen Assessments unseres Erachtens nur dann Sinn, wenn sie konsequent so aufgebaut sind, dass sie alle wichtigen Grundlagen für die Ableitung konkreter Verbesserungsmaßnahmen liefern. Im Einzelnen lassen sich aus unserer Sicht somit folgende Anforderungen ableiten: 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 16 WISSEN PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 16 ❑ Das Assessmentmodell sollte sich an einem Verständnis von Projektmanagement als Führungskonzeption orientieren. ❑ Ein Assessmentmodell sollte aufgrund des projektorientierten und damit partizipativen Steuerungsverständnisses sowohl das Topmanagement als auch die Projektmanagementexperten mit einbeziehen. ❑ Mit dem Assessmentmodell sollte der Ansatz des strategischen Fits, also die konkrete Passung zwischen den Umweltanforderungen, den Unternehmensstrategien und den unternehmerischen Strukturen, Prozessen und Kompetenzen des Projektmanagements überprüfbar sein. ❑ Das Assessmentmodell sollte einen ausreichenden Einblick in situations- und strategiebezogene Stärken und Schwächen des Projektmanagements eines Unternehmens ermöglichen. ❑ Das Assessmentmodell muss die Grundlage für praxisrelevante und situationsadäquate Verbesserungen des Projektmanagements bieten, die dem jeweiligen Unternehmen einen praktischen Mehrwert bringen. ❑ Die Durchführung des Assessments muss mit einer sinnvollen Aufwands-/ Nutzenrelation möglich sein. ❑ Ein Assessmentmodell muss das relevante und verfügbare Projektmanagement-Know-how mit einbeziehen. Mit diesen Anforderungen wird deutlich, dass es nicht das eine richtige Projektmanagement geben kann, das gleichermaßen für alle Unternehmen passt. Bewusst wird hier von einem allgemein verbindlichen Projektmanagementmaßstab Abstand genommen, an dem jede Organisation identisch geprüft wird. An die Stelle von Assessmentansätzen, die häufig auch als Methode zum Benchmarking dienen, sollte unseres Erachtens besser ein situationsspezifischer, auf die konkreten strategischen Erfordernisse des Unternehmens zugeschnittener Evaluationsansatz treten. Aufgrund des begrenzten Umfangs des Beitrags können nicht alle Anforderungen umfassend dargestellt werden. Stattdessen werden stellvertretend im Folgenden einige der Anforderungen nochmals herausgegriffen und detaillierter betrachtet. 3.1 Berücksichtigung des aktuellen Projektmanagement-Know-hows Um das relevante und verfügbare Projektmanagement- Know-how einzubeziehen, sollte ein Projektmanagementassessment-Modell auf vorhandene Wissensbasen zurückgreifen. Im Folgenden sind einige weitverbreitete Wissensbasen aufgeführt: ❑ ICB 3.0 der International Project Management Association (IPMA) ❑ PMBOK Guide des Project Management Institute (PMI) ❑ CMMI des Software Engineering Institute (SEI) [16] ❑ EFQM der European Foundation for Quality Management [17] ❑ PRINCE2 des Office of Government Commerce [18] Neben diesen systematischen Wissensbasen sind zahlreiche empirische Untersuchungen über kritische Erfolgs- oder Misserfolgsfaktoren verfügbar, die weiteres Knowhow für Assessmentmodelle liefern können [19 a-d]. Um die Breite der Themenabdeckung zu gewährleisten und nicht zu stark vom manchmal doch sehr spezifischen Blickwinkel der jeweiligen Wissensbasis abhängig zu werden, empfiehlt sich eine Kombination der meist komplementären Erkenntnisse aus den verschiedenen Wissensbasen und Studien. 3.2 Berücksichtigung der konkreten Unternehmensbedürfnisse Es wurde bereits mehrfach darauf verwiesen, dass unterschiedliche Ausprägungen des Projektmanagements in unterschiedlichen Unternehmenssituationen sinnvoll sein können. Damit kann es das eine richtige Projektmanagement nicht geben, vielmehr gibt es nur ein situationsbezogen passendes Projektmanagement. Konsequenterweise sollte ein Projektmanagementassessment dazu in der Lage sein, die Ausprägung des Projektmanagements abzuprüfen, die für ein spezielles Unternehmen in seiner konkreten Unternehmenssituation situativ passend erscheint. Im Rahmen eines Assessments müssen folglich bestimmte Themen des Projektmanagements je nach situativer Unternehmensnotwendigkeit geprüft oder weggelassen werden können. Zudem sollten die verschiedenen Assessmentthemen unterschiedlich stark gewichtet werden können. 3.2.1 Möglichkeiten einer situativen Fokussierung des Projektmanagementassessments Abhängig von der strategischen Situation sollte der Umfang des Projektmanagementassessments variieren. Für Unternehmen, die sich eher im Bereich des „Managements von Projekten“ befinden, spielt die Untersuchung ihres Einzelprojektmanagements die zentrale Rolle. Unternehmen, die sich hingegen im Entwicklungskontinuum des Projektmanagements eher im oder jenseits des Bereichs des „Managements durch Projekte“ befinden, benötigen eine umfassende Überprüfung, die neben dem Einzelprojektmanagement auch das Multiprojektmanagement sowie die Rahmenbedingungen des Projektmanagements umfasst. Das Assessmentmodell sollte daher auf einen unterschiedlichen Prüfungsumfang anpassbar sein. 3.2.2 Möglichkeiten einer situationsbezogenen Priorisierung der Projektmanagementkompetenzen Wenn das Projektmanagement im Sinne des Fit-Gedankens überprüft werden soll, sollte es im Assessmentmodell möglich sein, im jeweils untersuchten Unternehmen innerhalb einzelner Themen individuell Schwerpunkte zu setzen. Nur so kann eine strategiekonforme Überprüfung des Projektmanagements überhaupt gelingen. Es gibt drei Möglichkeiten, solche Priorisierungen vorzunehmen: ❑ Anzahl der Fragen: Wird ein Thema im Assessmentmodell gegenüber anderen Themen mit mehr Fragen beleuchtet, kann es so stärker betont werden. ❑ Tiefe der Frage: Auch die Variation der Detailtiefe einzelner Fragen erlaubt eine Betonung bestimmter Themen. ❑ Gewichtung der Fragen: Durch Gewichtungen der einzelnen Fragen ist es möglich, die Themengebiete entsprechend ihrer strategischen Bedeutung zu berücksichtigen. projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 l 17 PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 17 Natürlich lassen sich diese Möglichkeiten auch kombinieren. Dabei ist jedoch die Anwendbarkeit der zwei ersten Vorgehensweisen beschränkt. Diese benötigen Expertenwissen bei der (Um-)Formulierung der Fragen, sind zeitaufwendig und wenig flexibel. Die Möglichkeit der Gewichtung von Fragen ist vergleichsweise einfach anzuwenden und kann zusammen mit dem Topmanagement vorgenommen werden. Dies ist ein großer praktischer Vorteil, denn dadurch kann die Gewichtung zusammen mit der Zielgruppe im Unternehmen durchgeführt werden, die den besten Blick auf die situative Bedeutung des Projektmanagements für die strategische Entwicklung des Gesamtunternehmens hat. 3.3 Identifizierung situationsbezogener Verbesserungspotenziale Der Kern eines Projektmanagementassessments besteht darin zu ermitteln, wie gut eine Organisation die einzelnen Projektmanagementthemen beherrscht, um daraus Verbesserungsnotwendigkeiten abzuleiten. Die Stärken und Schwächen werden ermittelt, indem Fragen zu den einzelnen Projektmanagementthemen gestellt werden. Deren Beantwortung gibt Einblick in den Beherrschungsgrad. Üblich sind „ja/ nein“, vierstufige, fünfstufige oder noch feinere Bewertungsausprägungen. Rückschlüsse auf Verbesserungsnotwendigkeiten, wie sie von den bekannten Assessmentmodellen gezogen werden, beziehen sich ausschließlich auf den Beherrschungsgrad. Sie stellen somit einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Beherrschungsgrad und Verbesserungsnotwendigkeit her, wie in Abb. 3 dargestellt. ❑ Bei gutem Beherrschungsgrad ist die Notwendigkeit zu Verbesserungen gering. ❑ Bei mittlerem Beherrschungsgrad ist die Notwendigkeit zu Verbesserungen mittelstark. ❑ Bei schlechtem Beherrschungsgrad gibt es starken Verbesserungsbedarf. Alle untersuchten Unternehmen hätten somit dieselben Anforderungen im Projektmanagement mit derselben unternehmensspezifischen Bedeutung. Dieser unmittelbare Zusammenhang zwischen Beherrschungsgrad und Verbesserungsbedarf muss jedoch infrage gestellt werden, wenn unternehmensspezifische Unterschiede berücksichtigt werden sollen, die sich aus dem Gedanken des strategischen Fits ergeben. Stattdessen führt die Verwendung von gewichteten Fragen, wie im vorangegangenen Kapitel beschrieben, weiter, denn sie verfeinert diese Auswertung um einen entscheidenden Schritt: Es scheint plausibel, dass Projektmanagementthemen, die besonders wichtig für eine Organisation sind, von dieser besser beherrscht werden sollten als Themen von geringerer Wichtigkeit. Folglich hängt der Verbesserungsbedarf nicht nur vom Beherrschungsgrad einer Projektmanagementkompetenz, sondern auch von deren Wichtigkeit für das Unternehmen ab. Erst eine Korrelation beider Größen gibt somit differenzierte und situationsbezogene Hinweise auf Verbesserungsnotwendigkeiten. 3.4 Beteiligung von Fachexperten und Topmanagement Eine weitere Anforderung an ein situativ ausgerichtetes Assessmentmodell ergibt sich aus dem partizipativen Verständnis von Unternehmensentwicklung, das bereits in Abschnitt 2.3 angesprochen wurde: Projektmanagement bekommt für ein Unternehmen einerseits eine strategische Bedeutung und wird als Mittel der strategischen Unternehmensentwicklung und Wertsteigerung gesehen. Andererseits erhalten Projektmanager und mit ihnen auch ihre Projektteams ein wesentlich höheres Maß an unternehmerischer Verantwortung. Um beide Perspektiven in einem Projektmanagementassessment zu erfassen, sollten sowohl das Topmanagement als auch die Projektmanagementexperten beteiligt werden. Das Topmanagement sollte vor allem bei der Beurteilung der strategischen Passung zwischen Unternehmensentwicklung und Projektmanagement und damit insbesondere bei der Beurteilung der situationsbezogenen Bedeutung einzelner Projektmanagementthemen für das Unternehmen herangezogen werden. Die Projektmanagementexperten können dagegen am besten einschätzen, welche Projektmanagementkompetenzen im Unternehmen wie stark ausgeprägt sind und wie gut diese Kompetenzen praktisch wirklich zum Einsatz kommen. 4. Vergleich bestehender Projektmanagementassessment-Modelle Für den Vergleich verschiedener Assessmentmodelle wurden die oben skizzierten Anforderungen zugrunde gelegt. Folgende Assessmentmodelle wurden in den Vergleich mit einbezogen: ❑ PM Delta: Dieses Modell wurde von einer Arbeitsgruppe der GPM erarbeitet. Es ist ein praxisorientiertes Tool-basiertes Modell, das auf der ICB 2.0 und mehreren weiteren Standards aufbaut [20]. ❑ OPM3: Hierbei handelt es sich um das Assessmentmodell des weltgrößten Projektmanagementverbandes, PMI [21]. ❑ CMMI: Dieses Modell wurde vom SEI als Prozessreifeassessment-Modell konzipiert. Auch wenn es nicht primär zur Projektmanagementevaluation entwickelt wurde, so deckt es doch fast alle Projektmanagementthemen ab und ergänzt komplementär noch einige interessante Prozessgebiete. ❑ COACH PM: Hierbei handelt es sich um ein neues, situativ ausgerichtetes Assessmentmodell, das die Autoren zusammen mit Kollegen entwickelt haben. 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 18 WISSEN Abb. 3: Vereinfachte Interpretation des Beherrschungsgrades PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 18 Die Assessmentmodelle PM Delta, OPM3 und CMMI sind in der Praxis bereits seit Jahren erfolgreich im Einsatz. Allerdings werden die letzten vier Kriterien der Vergleichsmatrix, die sich speziell aus dem neuen Rollenverständnis des Projektmanagements ergeben, von diesen Assessmentmodellen nur bedingt erfüllt. Zudem hat sich mittlerweile, nicht zuletzt aufgrund der beschriebenen Entwicklungen im Projektmanagement, die Know-how-Basis des Projektmanagements weiterentwickelt. Aus diesen Gründen erscheint uns auch eine Weiterentwicklung der Assessmentmodelle erforderlich. Mit COACH PM wurde der Versuch gemacht, sowohl die neuen Erkenntnisse zum Projektmanagement in einem Assessmenttool abzubilden, als auch den erweiterten Anforderungen an ein situationsbezogenes Projektmanagementassessment gerecht zu werden. 5. COACH PM - mit einem neuen Assessmentansatz zum Fit zwischen Unternehmensstrategie und Projektmanagement Der Entwicklung von COACH PM liegt ein Verständnis von Projektmanagement als Führungskonzeption zugrunde. Zudem stand der Wunsch Pate, die immer wieder in Beratungsprojekten auftauchende Frage nach der Qualität des Projektmanagements unserer Kunden umfassend, strukturiert und nach neuesten Erkenntnissen beantworten zu können. Der Name „COACH“ steht für „Competency and Application Check”. Der Begriff „Check“ vermittelt bewusst den Eindruck eines zunächst eher gröber konzipierten Assessments, da wir effizient „auf den Punkt kommen“ wollen, um so für die Kunden möglichst schnell und situationsadäquat Ansatzpunkte für Verbesserungen ableiten zu können. projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 l 19 PM Delta OPM3 CMMI COACH PM Assessmentumfang Projekt, Organisation Portfolio, Programm, Projekt F&E Prozessreife Projekt, Multiprojekt, Projektmanagementkontext Zugrundeliegende PM-Wissensbasis ❑ DIN 69 904 ❑ ISO 10006 ❑ PM-KANON ❑ ICB 2.0 ❑ „Projektmanagement Fachmann“ Sammlung von Best Practices, am PMBOK Guide orientiert Bewährtes SEI F&E Prozessmodell über PM hinausgehend ❑ ICB 3.0 ❑ PMBOK Guide ❑ Empirische Erfolgsfaktoren ❑ Mit weiteren Wissensbasen abgeglichen Assessmentaufwand Umfangreich Bis zu 300 Fragen Sehr umfangreich, basiert auf 600 Best Practices, kurzes Self-Assessment verfügbar Drei Stufen von sehr aufwendig bis kurz und knapp (SCAMPI A, B, C) Ca. 220 Fragen, skalierbar mit dem Assessmentumfang Mögliche Ergebnisse Stärken-Schwächen- Profil und hinterlegte Verbesserungsvorschläge Stärken-Schwächen- Profil und hinterlegte Verbesserungsvorschläge ❑ Offizieller Reifegrad ❑ Stärken-Schwächen-Profil ❑ Optional Verbesserungsvorschläge ❑ Stärken-Schwächen-Profil ❑ Identifikation von Verbesserungsnotwendigkeiten ❑ Optional Verbesserungsvorschläge Abprüfung des strategischen Fits Nicht explizit, nur mit Zusatzaufwand Nicht explizit, nur mit Zusatzaufwand Nein Ja, durch gezielte Fragestellungen Anpassbarkeit von Umfang und Fokus Teilweise Teilweise Teilweise Umfang und Fokus anpassbar Priorisierung von PM-Themen möglich Nein Nein Nein Ja, durch Gewichtung zusammen mit dem Topmanagement Einbeziehung von Topmanagement und Projektmanagementexperten Möglich Möglich Möglich Abgestimmte Einbeziehung im Evaluationsprozess Tabelle 1: Vergleich von Assessmentmodellen PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 19 5.1 Überblick über den Assessmentprozess Der Assessmentprozess involviert sowohl das Topmanagement als auch die Projektmanagementexperten. Dies ist aus unserer Sicht unumgänglich, wenn Projektmanagement als Führungskonzeption verstanden und ernst genommen wird. Abb. 4 stellt den fünfstufigen Prozessablauf von unten nach oben aufsteigend dar. Schritt 1: Der situative Check der Organisation und die Festlegung des Assessmentumfangs werden zusammen mit dem Topmanagement durchgeführt. Schritt 2: Das Topmanagement legt über die Durchführung von Gewichtungen auch die Bedeutung der verschiedenen Projektmanagementthemen für das betrachtete Unternehmen fest. Diese Gewichtung wird in der Regel auf einer aggregierten Ebene durchgeführt und betrifft circa 50 sogenannte Kompetenzfelder, sodass nicht alle 220 in COACH PM hinterlegten Einzelkompetenzen gewichtet werden müssen. Schritt 3: Die Bewertung des Beherrschungsgrades der Einzelkompetenzen wird gemeinsam mit den Projektmanagementexperten des untersuchten Unternehmens vorgenommen. Der Bewertungsumfang variiert in Abhängigkeit vom definierten Assessmentumfang. Er kann sich auf ein einzelnes Projekt beziehen oder mehrere Projekte zusammen mit dem Multiprojektumfeld berücksichtigen. Schritt 4: Die Ergebnisse werden ausgewertet und zusammen mit den Projektmanagementexperten analysiert. Handlungsfelder werden identifiziert und mit einem Ansatz für die Verbesserung der betroffenen Projektmanagementkompetenzen hinterlegt. Schritt 5: Die Assessmentergebnisse und die Verbesserungsvorschläge werden gemeinsam mit dem Top- 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 20 WISSEN Abb. 4: Ablauf des Assessmentprozesses Unternehmenssituation U nternehmensgröße Anteil von Projekten an der Umsetzung von Strategien Projektumsatz in % des Gesamtumsatzes H eterogenität des Leistungsprogramms Projektumfeld Projektumfelddynamik Technische Komplexität des Geschäftes Internationalität des Projektgeschäftes Einflussstärke Stakeholder Projektcharakteristika Projektkomplexität Portfolioorientierung der Projekte Anpassungsgrad der Führungsfunktionen an PM Organisationsform des Projektgeschäftes hoch mittel gering Unternehmenssituation Projektumfeld Projektcharakteristika Abb. 5: Exemplarische Auswertung eines Situationschecks PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 20 management und den Projektmanagementexperten diskutiert. Durch diese Vorgehensweise wird die direkte Kommunikation zwischen Topmanagement und Projektmanagementexperten zum Stand des Projektmanagements im Unternehmen intensiviert. Im Folgenden werden die einzelnen Schritte etwas detaillierter beschrieben. 5.2 Situationscheck Ausgangspunkt des Projektmanagementassessments ist die Bestimmung der Unternehmenssituation, in die das Projektmanagement eingebettet ist. Diese Situationsbestimmung wird zusammen mit dem Topmanagement des Unternehmens durchgeführt. Das Assessmentmodell bietet einen Situationscheck, der entlang von drei Dimensionen aufgebaut ist: Zur Bestimmung der Situation werden die Dimensionen „Unternehmenssituation“, „Projektumfeld“ und „Projektcharakteristika“ mit jeweils vier Variablen beschrieben und in ihrer Ausprägung vom Topmanagement eingeschätzt. Hieraus ergibt sich dann eine Situationsbeschreibung, die anhand eines Beispiels in Abb. 5 dargestellt ist. Anhand dieses Situationschecks wird dann zusammen mit dem Topmanagement eine Bewertung durchgeführt und festgelegt, welche Rolle das Projektmanagement in dem untersuchten Unternehmen einnimmt und in welcher Ausprägung des Projektmanagements ein Fit zwischen Unternehmensstrategie und Projektmanagement vorliegt. Im konkreten Beispiel ergab sich die Einschätzung durch das Topmanagement, die in Abb. 6 dargestellt wird. 5.3 Gewichtung der Kompetenzfelder Der nächste Schritt besteht in einer situationsbezogenen Gewichtung der Projektmanagement-Kompetenzfelder. Die Gewichtung dient der weiteren Konkretisierung der Passung von Unternehmensstrategie und benötigtem Projektmanagement in der vorliegenden Situation aus Sicht des Topmanagements. Diese Priorisierung der Kompetenzfelder in Zusammenarbeit mit dem Topmanagement ist ein essenzielles Merkmal des Assessmentmodells. Damit wird sichergestellt, dass sich die Ausrichtung des weiteren Assessments wirklich unmittelbar am Bedarf und an der konkreten Situation des untersuchten Unternehmens ausrichtet. Auf diese Weise entsteht ein für jede Organisation spezifisches Profil von Gewichtungen. Abb. 7 zeigt einen Auszug aus einem solchen Gewichtungsprofil, hier beispielhaft anhand der Kompetenzfelder im Bereich des Einzelprojektmanagements (EP). Dieses konkrete Beispiel zeigt, dass in diesem Fall die Projektinitiierung und der Projektabschluss für das Topmanagement nicht die gleiche Bedeutung haben wie die Themen, die im laufenden Projekt anfallen, also Planung, Umsetzung und Kontrolle. 5.4 Bewertung des Beherrschungsgrades Als Nächstes wird bewertet, inwieweit die einzelnen Projektmanagementkompetenzen im Unternehmen beherrscht werden. Diese Bewertung wird idealerweise zusammen mit einem oder mehreren Projektmanageprojekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 l 21 Unternehmenssituation Projektumfeld Projektcharakteristika Management von Projekten Management durch Projekte Projektorientiertes Unternehmen - Alle Situationsdimensionen weisen auf ausgeprägten Bedarf von Einzelprojektmanagement hin - Projektumfeld zeigt deutlichen Bedarf von Management durch Projekte - Unternehmenssituation zeigt leichten Bedarf von Management durch Projekte - Dagegen zeigen die Projektcharakteristika, dass bisher nur auf Einzelprojektmanagement fokussiert wird Abb. 6: Situationsbewertung durch das Topmanagement GPM Basislehrgang IPMA D / Zertifizierter Projektmanagement-Fachmann (GPM) Die State-of-the-Art-Qualifikation von PM-Profis für PM-Profis aus allen Branchen. Abschluss mit IPMA-Zertifikat Level D. 11 + 1 Tage mit dem vollen Programm. 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Die Fragen zum Multiprojektmanagement sollten gemeinsam mit den Multiprojektmanagement-Verantwortlichen (PMO-Manager, Portfoliomanager, Programmmanager) beantwortet werden. Die im Namen von COACH PM enthaltenen Begriffe „Competency and Application“ beziehen sich auf die im Assessmentmodell vorgesehenen Differenzierungsmöglichkeiten in der Bewertung. COACH PM ermöglicht eine Unterscheidung nach vorhandenen Kompetenzen und deren praktischer Anwendung. Die Bewertung dokumentierter Prozesse und Methoden eines Unternehmens, also der organisationalen Projektmanagementkompetenzen, werden unter der Kategorie „Existent“ vorgenommen. Parallel dazu wird deren praktische Verwendung in den Projekten bzw. im Multiprojektmanagement unter der Kategorie „Angewendet“ erfasst. Die Bewertung für „Angewendet“ wird also für die „gelebten“ Prozesse und Methoden vergeben. Die Darstellung des Beherrschungsgrades in Abb. 8 gibt auf übersichtliche und intuitive Weise Aufschluss über die Güte des Beherrschungsgrades, und zwar unterschieden hinsichtlich der Existenz und der praktischen Anwendung eines Projektmanagement-Kompetenzfeldes. Wird ein Kompetenzfeld besser bei „Existent“ bewertet als bei „Angewendet“, dann kann daraus geschlossen werden, dass die eigentlich vorhandenen und im Unternehmen beschriebenen Kompetenzen nicht optimal umgesetzt werden. Das kann an einem mangelhaften Rollout liegen, aber auch an fehlenden individuellen Kompetenzen auf Projektebene. Schneidet ein Kompetenzfeld unter „Angewendet“ besser ab als bei „Existent“, dann deutet dies auf schwache Projektmanagementprozesse und -methoden im Unternehmen hin. Allerdings werden diese Schwächen offensichtlich in der praktischen Projektabwicklung durch die Projektmitarbeiter mit deren praktischer Erfahrung ausgeglichen. Allerdings erfolgt dies dann meist nur projektspezifisch und in jedem Projekt unterschiedlich. Aus der Bewertung des Beherrschungsgrades lassen sich die Stärken und Schwächen auf der Ebene der Projektmanagement-Kompetenzfelder, bei Bedarf aber auch bis auf die Ebene der Einzelprojektmanagement-Kompetenzen herauslesen. Für die letztendliche Evaluation fehlt jedoch noch die Betrachtung der Dringlichkeit von Verbesserungsaktivitäten. Für diesen Schritt wird in COACH PM das „Aktionsportfolio“ eingesetzt. 5.5 Auswertung und Vorschlag von Verbesserungsmaßnahmen Wie schon beschrieben, ermöglicht erst die Korrelation zwischen zugewiesener Gewichtung und ermitteltem Beherrschungsgrad der untersuchten Kompetenzfelder eine klare Aussage über den konkreten Verbesserungsbedarf. Im Zuge des Assessments mit COACH PM wird diese Information in Aktionsportfolios für die Dimensionen „Einzelprojektmanagement“, „Multiprojektmanagement“ und „Projektmanagement-Rahmenbedingungen“ aufbereitet. Hierbei wird jeweils ein Aktionsportfolio für die Kategorien „Existent“ und „Angewendet“ erstellt. In Abb. 9 wird auszugsweise ein Beispiel eines Aktionsportfolios für das Einzelprojektmanagement („Angewendet“) 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 22 WISSEN Projektinitiierung EP Vorarbeiten EP Formaler Projektstart EP Erste Projektarbeiten Projektplanung EP Erstellung Projektplan EP Planungsmethodik EP Planung Begleitprozesse Projektumsetzung EP Projektumsetzung EP Projektleitung Projektkontrolle EP Kontrollmethodik EP Projektsteuerung EP Reporting Projektabschluss EP Projektabschlussarbeiten extern EP Projektabschlussarbeiten intern EP Lessons earned Projektinitiierung Projektplanung Projektdurchführung Projektabschluss Projektkontrolle unwichtig wichtig sehr wichtig L Abb. 7: Auszug aus einem Gewichtungsprofil PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 22 dargestellt. Die neun Felder des Aktionsportfolios tragen die Ampelfarben Grün (G), Gelb (Y) und Rot (R). In der Matrix werden die verschiedenen Projektmanagement-Kompetenzfelder jeweils in Form eines Punktes eingetragen. In dem Beispiel weisen die Kompetenzfelder 2, 3, 4 und 6 nur einen mittelmäßigen Beherrschungsgrad auf. Diese Erkenntnis ist auch schon in Abb. 8 ersichtlich und gibt für sich alleine noch keinen Hinweis darauf, ob wirklich Handlungsbedarf besteht. Erst durch die Korrelation mit der Gewichtung, die ja die durch das Topmanagement festgelegte unternehmensspezifische Bedeutung der Kompetenzfelder zeigt, entsteht ein klares Bild des Aktionsbedarfs. Kompetenzfeld 6 wird demnach vom Topmanagement nur eine geringe Bedeutung zugewiesen, deshalb ist hier eine mittelmäßige Beherrschung auch in Ordnung und es entsteht kein weiterer Aktionsbedarf. Ganz anders stellt sich die Situation für Kompetenzfeld 4 dar. Da ihm eine hohe Bedeutung beigemessen wird, ist hier auch der Anspruch an eine gute Beherrschung der betroffenen Projektmanagementkompetenzen wesentlich höher. Hier reicht Mittelmäßigkeit nicht aus und es besteht dringender Handlungsbedarf. Den Kompetenzfeldern 2 und 3 wurde eine mittelstarke Bedeutung zugewiesen. Die gelbe Farbe ihres Portfoliofeldes signalisiert, dass sie im Auge zu behalten sind, aber kein vordringlicher Verbesserungsbedarf besteht. Kompetenzfeld 5 ist bei gegebener Bedeutung und gegebenem Beherrschungsgrad ein klarer Problemfall. Kompetenzfeld 1 ist zwar exzellent beherrscht, hat aber nur eine geringe Bedeutung. Die Farbe Gelb weist in diesem Fall darauf hin, dass hier zu prüfen ist, ob nicht ein übermäßiger Aufwand in die Beherrschung dieses Kompetenzfeldes fließt. Möglicherweise könnte ein verringerter Aufwand ausreichen. projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 l 23 Abb. 8: Darstellung des Beherrschungsgrades (Auszug) Unternehmensspezifische Bedeutung Beherrschungsgrad 1 4 22 33 66 Y Aufmerksamkeit notwendig R Dringender Verbesserungsbedarf G O.k. R Y R R G Y G Y G 1 EP Formaler Projektstart 4 EP Projektleitung 2 EP Planungsmethodik 5 EP Projektsteuerung 3 EP Planung Begleitprozesse 6 EP Projektabschluss intern 1 EP Formaler Projektstart 4 EP Projektleitung 2 EP Planungsmethodik 5 EP Projektsteuerung 3 EP Planung Begleitprozesse 6 EP Projektabschluss intern 5 5 Abb. 9: Aktionsportfolio (Auszug) Aktionsbedarf „Angewendet“ PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 23 Das Aktionsportfolio weist in übersichtlicher Weise und auf einer überschaubaren Aggregationsebene auf den konkreten Handlungsbedarf hin. Damit eignet es sich hervorragend als Basis zur Erarbeitung von konkreten Verbesserungsmaßnahmen. Naheliegend wäre nun eine vertiefte Analyse der Kompetenzfelder mit dringendem Verbesserungsbedarf. Hierzu kann nun auf einer Detaillierungsebene tiefer, also auf der Ebene der einzelnen Projektmanagementkompetenzen des betroffenen Kompetenzfeldes und deren Beherrschungsgrad angesetzt werden. Um jedoch wirksame und zugleich effiziente Verbesserungsprogramme zu entwickeln, sollte diese Detailanalyse nicht für jedes Kompetenzfeld separat vorgenommen werden. Vielmehr ist zunächst zu überprüfen, welche der betroffenen Kompetenzfelder miteinander verknüpft sind. Wenn beispielsweise bereits in der Projektplanung große Schwächen identifiziert werden, dann können sich diese Schwächen über die Projektabwicklung bis hin zur Projektkontrolle durchziehen. Solche Abhängigkeiten zwischen Kompetenzfeldern oder auch zwischen Einzelkompetenzen können in der Auswertung durch eine geeignete Clusterung berücksichtigt werden. Anhand solcher Clusterungen können konkrete Maßnahmen dann so entwickelt werden, dass sich durchgängige und konsistente Verbesserungen erzielen lassen. Nachdem die notwendigen Verbesserungsmaßnahmen mit den Projektmanagementexperten und dem Topmanagement abgestimmt sind, werden konkrete Aktionsprogramme entwickelt. 6. Fazit ❑ In diesem Artikel wurde zunächst ein erweitertes Verständnis von Projektmanagement vorgestellt und in Form des Projektmanagements als Führungskonzeption präzisiert. ❑ Anschließend wurde ein Entwicklungskontinuum des Projektmanagements dargestellt und anskizziert, welche neuen Ziele, Aufgaben und Methoden auf ein Projektmanagement in einem erweiterten Verständnis zukommen. ❑ Zugleich wurde betont, dass dem Aufbau situationsbezogener Projektmanagementkompetenzen auf unternehmerischer und individueller Ebene eine steigende Bedeutung im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens zukommt. ❑ Das Management sollte somit dafür sorgen, dass im Unternehmen ein zur jeweiligen Situation passendes Projektmanagement existiert und dass dieses auch tatsächlich in der Praxis zum Einsatz kommt. Dies kann mit der Durchführung eines Projektmanagementassessments überprüft werden. ❑ Die erweiterte Sichtweise des Projektmanagements bringt auch neue Anforderungen an Assessmentmodelle mit sich. Diese Anforderungen wurden beschrieben und als Maßstab für den Vergleich verschiedener Assessmentmodelle verwendet. ❑ Aus dem Vergleich der Assessmentmodelle hat sich gezeigt, dass nicht alle Assessmentmodelle den neuen Anforderungen gerecht werden. ❑ Aus unserer Sicht ist deshalb die Entwicklung erweiterter Assessmentmodelle notwendig. Zur Veranschaulichung wurde mit COACH PM exemplarisch ein Assessmentmodell neuen Typs vorgestellt. Hinweis: „OPM3“ und „PMBOK“ sind eingetragene Warenzeichen des Project Management Institute. „EFQM“ ist eingetragenes Warenzeichen der Stichting European Foundation for Quality Management. „CMMI“ ist eingetragenes Warenzeichen der Carnegie Mellon University. ■ Literatur [1] Vgl. Gemünden, H. G./ Dammer, H.: Multiprojektmanagement-Studie 2004-2006. Berlin 2006 [2] Bea, F. X./ Scheurer, S./ Hesselmann, S.: Projektmanagement. Stuttgart 2008, S. 5 [3] Vgl. exemplarisch Bea, F. X./ Haas, J.: Strategisches Management. 4. Auflage, Stuttgart 2005, S. 7 ff. und 89 ff., sowie Haas, J.: Die Entwicklungsfähigkeit von Unternehmen. Eine theoretische und pragmatische Analyse. Frankfurt am Main 1997, S. 11 ff. [4] Vgl. Haas, J.: Die Entwicklungsfähigkeit von Unternehmen. Eine theoretische und pragmatische Analyse. Frankfurt am Main 1997, S. 17 [5] Vgl. hierzu den ausführlicheren Überblick bei Scheurer, S.: Strategische Unternehmensentwicklung durch strategisches Multiprojektmanagement. In: Zeitschrift für Planung, 2000, S. 381 f. [6] Vgl. hierzu ausführlich Bea, F. X./ Haas, J.: Strategisches Management. 4. Auflage, Stuttgart 2005, S. 16 ff. [7] Vgl. Zahn, E.: Strategiekompetenz - Voraussetzung für maßgeschneiderte Strategien. In: Zahn, E./ Foschiani, S. (Hrsg.): Maßgeschneiderte Strategien - der Weg zur Alleinstellung im Wettbewerb. Stuttgart 1999, S. 13 ff. [8] Vgl. Zahn, E.: Strategiekompetenz - Voraussetzung für maßgeschneiderte Strategien. In: Zahn, E./ Foschiani, S. (Hrsg.): Maßgeschneiderte Strategien - der Weg zur Alleinstellung im Wettbewerb. Stuttgart 1999, S. 15 [9] Ausführlich zum Charakter strategischer Steuerungsprobleme und den daraus resultierenden Konsequenzen: Scheurer, S.: Bausteine einer Theorie der strategischen Steuerung von Unternehmen. Berlin 1997 [10] Bea, F. X./ Scheurer, S./ Hesselmann, S.: Projektmanagement. Stuttgart 2008, S. 5 [11] Vgl. hierzu ausführlich Bea, F. X./ Scheurer, S./ Hesselmann, S.: Projektmanagement. Stuttgart 2008, S. 21 ff. [12] Vgl. hierzu ausführlich Bea, F. X./ Scheurer, S./ Hesselmann, S.: Projektmanagement. Stuttgart 2008, S. 669 ff. [13] Vgl. ICB - IPMA Competence Baseline - in der Fassung als Deutsche NCB - National Competence Baseline Version 3.0 der PM-ZERT Zertifizierungsstelle der GPM e.V., 2008 [14] Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge. Dritte Ausgabe (PMBOK ® Guide), Newtown Square, PA, USA 2008 [15] Vgl. Heinen, E.: Industriebetriebslehre als Entscheidungslehre. In: Heinen, E. (Hrsg.): Industriebetriebslehre. Entscheidungen im Industriebetrieb. 8., durchgesehene und verbesserte Auflage, Wiesbaden 1985, S. 5 [16] CMMI for Development. Version 1.2 CMMI-DEV, V1.2, Carnegie Mellon Software Institute, Pittsburgh, PA, 2006 [17] Weitere Informationen auf www.efqm.org [18] Weitere Informationen auf www.ogc.gov.uk/ methods_ prince_2.asp, besucht am 5.1.2009 [19 a] Harmuth, U.: Erfolgsfaktoren für Projekte. Kurzfassung der Diplomarbeit für die GPM e. V., Nürnberg 2004 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 24 WISSEN PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 24 [19 b] Lange, D./ Engel, C./ Holm, C.: Studie zur Effizienz von Projekten in Unternehmen. Frankfurt/ Nürnberg 2004 [19 c] Engel, C./ Menzer, M./ Nienstedt, D.: Ergebnisse der Projektmanagement Studie „Konsequente Berücksichtigung weicher Faktoren“. Frankfurt/ Nürnberg 2006 [19 d] Engel, C./ Holm, C.: Ergebnisse der Projektmanagement Studie 2007 - Schwerpunkt Kosten und Nutzen von Projektmanagement. Frankfurt/ Nürnberg 2007 [20] Weitere Informationen auf www.pmdelta.read-x.de [21] Project Management Institute: Organizational Project Management Maturity Model (OPM3). Second Edition, Newtown Square, PA, USA 2008 Schlagwörter Aktionsportfolio, Entwicklungskontinuum des Projektmanagements, Projektmanagement als Führungskonzeption, Projektmanagementassessment, unternehmerischer Wandel Kompetenzelemente der NCB 3.0 4.1.5 Qualität, 4.2.1 Führung, 4.3.1 Projektorientierung, 4.3.2 Programmorientierung, 4.3.3 Portfolioorientierung Autor Dipl.-Phys. und MBA Michael Ribeiro ist seit sieben Jahren als Berater und Trainer in den Bereichen Projektmanagement, Multiprojektmanagement, Unternehmensstrategie sowie Prozessmanagement schwerpunktmäßig in Entwicklung, Controlling und Vertrieb aktiv. Zuvor war er lange Jahre in der Siemens AG tätig und hat den EMEA-Vertrieb eines amerikanischen Systemanbieters geleitet. Michael Ribeiro hat sich als Project Management Professional (PMP ® ) und Senior Projektmanager (GPM) zertifiziert. Autor Dr. Steffen Scheurer ist Gründer und Inhaber der Unternehmensberatung Dr. Scheurer GmbH & Co. KG. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen in den Bereichen Unternehmensführung, Controlling, Projektmanagement, HR-Strategien und Kompetenzmanagement. Er hat erst kürzlich zusammen mit Prof. F. X. Bea und S. Hesselmann das Lehrbuch „Projektmanagement“ veröffentlicht. Seine Arbeits- und Beratungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Unternehmens- und Geschäftsbereichsstrategie, Multiprojektmanagement und Projektsteuerung sowie strategische Personalentwicklung. Dr. Steffen Scheurer hat zudem mehrere Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen. Anschrift der Autoren Unternehmensberatung Dr. Scheurer GmbH & Co. KG Hauffstraße 9 D-72793 Pfullingen E-Mail: info@ub-scheurer.de www.ub-scheurer.de projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2009 l 25 in-Step ® Risikomanagement Qualitätsmanagement Projektmanagement Die Lösung für Scrum V-Modell ® XT PRINCE2 ™ Automotive SPICE ™ konformes Vorgehen Eigene Prozesse making IT better Konfigurationsmanagement www.in-Step.de microTOOL GmbH Voltastraße 5 13355 Berlin Germany Tel.: +49 30 / 467 08 6-0 Fax: +49 30 / 464 47 14 E-Mail: info@microTOOL.de für prozessbasiertes Projekt- und Anforderungsmanagement für mehr Qualität: Entwicklungsprojekte einheitlich planen und sicher durchführen Die Infrastruktur für alle Projekte - in LAN und Internet Multiprojektmanagement & Anforderungsmanagement Änderungsmanagement & Anzeige Anzeige PM_5-09_1-60: Inhalt 24.09.2009 11: 09 Uhr Seite 25