PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Global einheitliche PM-Qualifizierungen erfolgreich implementieren – Illusion oder mögliche Realität?
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Thomas Baumann
Tobias Schneider
Internationale, im Projektgeschäft tätige Unternehmen brauchen für die Planung und Abwicklung ihrer Vorhaben unternehmensweite Standards. Um diese Regeln sinnvoll handhaben zu können, sind professionelle Qualifizierungsmaßnahmen für die Mitarbeiter erforderlich. Die beiden Autoren geben detaillierte Ratschläge, wie solche als Projekt aufzufassende Weiterbildungsaktivitäten zu planen und zu realisieren sind. Sie weisen dabei auf typische Fehler in der Praxis hin und geben Handlungsempfehlungen.
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projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2010 l 39 KARRIERE PM-Standards von Organisationen wie GPM ® / IPMA ® oder PMI ® zurückzugreifen und gleichsam in allen betroffenen Ländern anzubieten. Vielmehr stellt sich die Frage: „Worauf ist bei der Konzeption und Realisierung solcher Qualifizierungsprogramme zu achten? Welche ‚Stolpersteine‘ kann es dabei geben? “ Der vorliegende Beitrag möchte darstellen, welche Fragestellungen bei einem solchen Qualifizierungsprojekt beachtet und beantwortet werden müssen, welche Schwierigkeiten auftreten können und welche möglichen Fehlerquellen denkbar sind, um auf dieser Basis Lösungen aufzuzeigen. Dabei ist der Aufbau des Artikels an einen Projektzyklus gekoppelt und unterteilt sich in folgende Abschnitte: ❑ Vorbereitung, ❑ Planung und Konzeption, ❑ Realisierung, ❑ Abschluss. Thomas Baumann, Tobias Schneider Global einheitliche PM-Qualifizierungen erfolgreich implementieren - Illusion oder mögliche Realität? Übergreifende Projekte in globalen Unternehmen erfordern, dass Projektarbeit international nach unternehmenseinheitlichen Regeln erfolgt. Dieser zwangsweisen Entwicklung müssen Unternehmen mit einem möglichst professionellen, einheitlichen und auf akzeptierten Standards beruhenden Projektmanagement begegnen. Um dies zu implementieren, sind weltweite Qualifizierungsprojekte erforderlich. Neben einem möglichst homogenen PM-Verständnis soll über die Akzeptanz der Trainingsinhalte, der Methodik und deren Vermittlung eine professionellere Projektarbeit erreicht werden. Auch dafür ist eine professionelle Vorgehensweise notwendig. Aber wovon hängt der Erfolg solcher Qualifizierungsvorhaben ab? Was sind die typischen Fallen und Fehler innerhalb dieser Aufgaben und welche Handlungsempfehlungen gibt es? Die Autoren betrachten in diesem Artikel typische Schwierigkeiten und Fehler und geben Hinweise, wie ein solches Projekt erfolgreich sein kann. 1. Ausgangslage Die heutige Projektwelt ist gekennzeichnet durch eine steigende Anzahl von Projekten; unter anderem durch eine erhöhte Anzahl an Varianten der angebotenen Produkte beziehungsweise Dienstleistungen, aber auch durch die Vereinheitlichung von Prozessen und die weltweite standortübergreifende Vernetzung von Projekten. Global agierende Unternehmen müssen ihre Projekte in internationalen Teams und an verschiedenen Standorten gleichzeitig realisieren. In diesen Projekten treten somit zunehmend Menschen in Beziehung zueinander, die völlig unterschiedlichen Kultur-, Gesellschafts-, Ausbildungskreisen entstammen. Soll dies gelingen, ist auch im Bereich des Projektmanagements wichtige Entwicklungsarbeit zu leisten. Es zeigt sich in der Praxis oftmals, dass solche Teams unterschiedliche Auffassungen vom Projektmanagement besitzen. Dies umfasst maßgeblich Themen wie Definitionen und Begriffe, Methoden, Abläufe und Prozesse, Zusammenarbeit und Führung. Ein wichtiger Erfolgsfaktor für erfolgreiches Projektmanagement in den oben genannten Unternehmen ist daher ein gemeinsames Verständnis und eine einheitliche Vorgehensweise bei der Planung, der Realisierung, der Überwachung und beim Abschluss von Projekten. Um dieses zu erreichen, entscheiden sich viele Unternehmen, die Konzeption und Umsetzung von weltweit möglichst einheitlichen Projektmanagementtrainings anzugehen. Dabei zeigt sich, dass es nicht ausreicht, auf allgemeine Internationale, im Projektgeschäft tätige Unternehmen brauchen für die Planung und Abwicklung ihrer Vorhaben unternehmensweite Standards. Um diese Regeln sinnvoll handhaben zu können, sind professionelle Qualifizierungsmaßnahmen für die Mitarbeiter erforderlich. Die beiden Autoren geben detaillierte Ratschläge, wie solche als Projekt aufzufassende Weiterbildungsaktivitäten zu planen und zu realisieren sind. Sie weisen dabei auf typische Fehler in der Praxis hin und geben Handlungsempfehlungen. +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ PM_2-2010_1-45: Inhalt 31.03.2010 9: 00 Uhr Seite 39 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2010 40 KARRIERE Als Titel eines entsprechenden Projektes schlagen die Autoren folgende Formulierung vor: „Konzeption und Realisierung eines international einheitlichen Qualifizierungsprogramms für Projektmanagement“. Die Autoren greifen bei dieser Arbeit auf eigene Erfahrungen der letzten fünf Jahre in globalen Qualifizierungsprogrammen aus Unternehmen der Kommunikations-, Automobil- und Pharmabranche zurück. 2. Vorbereitung des Projektes Eingangs sei zunächst eine Feststellung erlaubt: Die Bearbeitung eines solchen Qualifizierungsprogramms ist selbst als eigenes Projekt zu betrachten. Der Erfolg von Projekten hängt im Allgemeinen wesentlich von der integrativen Beachtung und Behandlung der Parameter Fä higkeiten, Wissen/ Erfahrung, Equipment und Willen/ Kul tur der involvierten Einzelindividuen sowie des Unternehmens als Organisation ab [2, 3, 5]. Wie bei jedem Projekt sind auch hier bei der Vorbereitung folgende Schwerpunktarbeiten durchzuführen: 2.1 Die Erstellung und Berechnung des Business Case Unternehmen initiieren und führen Projekte im Regelfall nur deshalb durch, weil durch deren Ergebnis der Erfolg des Unternehmens positiv beeinflusst werden kann. Es muss ein sogenannter Business Case (BC) darstellbar sein, der die Sinnhaftigkeit zeigen soll. In unserem Falle bedeutet das: Der mit diesem Qualifizierungsprogramm angestrebte und erzielbare Nutzen muss die erforderlichen Kosten seiner Entstehung und Implementierung übersteigen. Wollen wir also ein solches Programm initiieren und nach der Freigabe starten, muss ein solcher Business Case glaubhaft nachgewiesen werden [1, 5, 6]. Praktische Handlungsempfehlungen: Erstellen Sie in jedem Fall und vor Freigabe eines derartigen Trainingsprogramms eine klare Kalkulation des BC für das Vorhaben. Folgende Nutzenparameter sind unter anderem abzuprüfen: ❑ geminderte regionale Entwicklungs- und Anpassungskosten durch Nutzung von akzeptierten und internationalen einheitlichen Prozessen und Vorgehensweisen; ❑ verminderter Abstimmungsbedarf und -kosten durch einheitliche Sprachfindung und Kenntnisstand; ❑ verminderte Prozesskosten durch schnelle Verständniserlangung durch gleiches Wissen und Auffassung von den PM-Prozessen. 2.2 Aufbau einer projektspezifischen Organisation Planen Unternehmen ein solches Qualifizierungsvorhaben, so vergeben diese die Projektverantwortung oft richtigerweise in den für Personalentwicklung/ Qualifizierung zuständigen Bereich. Die Übernahme der Projektverantwortung umfasst aber auch die Verpflichtung, die geforderte Leistung in vereinbartem Umfang und vereinbarter Qualität, Kosten und Zeit zu liefern. Dies ist aus dem allgemeinen Verständnis heraus auch die originäre Aufgabe der hierzu benannten Projektleitung. Die Projektmanager handeln also im Auftrag einer Managementfunktion, die ihrerseits selbst als Lenkungs- und Entscheidungsfunktion handelt und damit ein wichtiges Element einer Projektorganisation darstellt. Typische Fehler in der Praxis: ❑ Die Benennung eines Projektleiters für dieses Projekt unterbleibt. ❑ Die erforderliche klare Aufbauorganisation des Projektes wird vernachlässigt, das heißt die Schaffung der notwendigen Projekthierarchien wie zum Beispiel Steuerkreis, Projektleitung und Projektteam unterbleibt. Praktische Handlungsempfehlungen: ❑ Bestimmen Sie einen verantwortlichen Projektleiter für das Projekt. ❑ Stellen Sie sicher, dass Sie die richtigen Personen in Ihrem Projektteam bzw. das geeignete Know-how zur Erhebung der Kosten und des Nutzens für das Qualifizierungsprogramm zur Verfügung haben. Diese könnten sein: ■ Vertreter der Personalentwicklung, ■ Experten für PM aus der Organisation, ■ Vertreter der zukünftigen Trainingsteilnehmer, ■ Vertreter des „Kunden“ (extern oder intern), ■ geeignete Dienstleister beziehungsweise Lieferanten. ❑ Definieren Sie klare Inhalte des Projektes und Abnahmeparameter. Klären Sie insbesondere: ■ wie die „Vermarktung“ des Projektes vorgenommen werden soll, ■ wie die Trainingsdokumentation festgehalten wird, ■ wie in der Vorbereitung der Qualifizierungsmaßnahmen die Abstimmung mit den Fachabteilungen erfolgt, ■ wie die Übergabe an den operativen Bereich erfolgen soll, ■ welche Pilotveranstaltungen durchzuführen und welche Dokumente an den operativen Bereich zu übergeben sind. ❑ Analysieren Sie das Projektumfeld. Identifizieren Sie die relevanten Interessengruppen und Risiken Ihres Projektes. Wer hat welche Interessen im Projekt und muss wie integriert werden? ❑ Schaffen Sie mit den Interessengruppen ein möglichst gemeinsames Verständnis vom Umfang des Projektes und vom Inhalt des Produktes. Geben Sie ihnen ein entsprechendes Forum, um am Verlauf des Projektes aktiv beteiligt zu sein. 2.3 Das Management des Projektes Wie eingangs schon angesprochen, ist es erfolgsrelevant, diese Aufgabe als Projekt zu definieren. Die wichtigsten Bestandteile von Projekten und Projektmanagement bilden ein Projektauftrag, eine stabile Projektorganisation und eine transparente, nachvollziehbare und belastbare Projektplanung inklusive freigegebener Ressourcen. Neben diesem Planungsanspruch muss also ein solches Projekt auch Anforderungen an die Projektsteuerung und das Projektcontrolling erfüllen. Typische Fehler in der Praxis: ❑ Die Freigabe der Projektplanung trägt keinen formellen Charakter. ❑ Die Komplexität des Qualifizierungsprogramms wird erheblich unterschätzt und nur aus einem „Blickwinkel“ (z. B. der Zentralabteilungen oder der Region) geplant. Praktische Handlungsempfehlungen: ❑ Planen und organisieren Sie als Projektleiter das regelmäßige Projektcontrolling dieses Vorhabens, indem Sie PM_2-2010_1-45: Inhalt 31.03.2010 9: 00 Uhr Seite 40 Projektmeetings, Statusberichte, Fortschrittsmeldungen und -prüfungen etc. festlegen, abstimmen und auch konsequent durchhalten. 3. Planung und inhaltliche Konzeption des Projektes Auch bei diesem Projekt liegt der besondere Schwerpunkt auf der Klärung der Leistungen, die im Rahmen des Projektes zu erbringen sind. Dies wird üblicherweise als „Scope“ definiert [4]. Es gilt also zu klären, was genau zum Abschluss des Projektes - der Übergabe an die Organisation - geliefert werden soll? Wer hat dies zu tun und was braucht er hierzu? Die Autoren unterscheiden dabei in: ❑ Projekt-Scope: Dies beschreibt den Umfang des gesamten Projektes vom Start bis zum Ende - also was zu leisten ist, um dieses Produkt „herzustellen“. ❑ Produkt-Scope: Beschreibt die Leistungsumfänge, die das „Produkt“ erfüllen soll, welches zum Ende des Projektes an den operativen Bereich übergeben wird. 3.1 Projekt-Scope Wir hatten schon angesprochen, dass ein solches Vorhaben als Projekt verstanden und geplant werden sollte und in unterschiedlichen Phasen ablaufen wird. Wenden Sie dieses phasenweise Vorgehen auch auf dieses Projekt möglichst konsequent an. Mögliche Phasen können zum Beispiel sein: ❑ Projektplanung, ❑ Produktdesign und Entwicklung, ❑ Produktimplementierung und Pilot, ❑ Produktevaluierung, ❑ Projektabschluss. Praktische Handlungsempfehlungen: ❑ Zunächst ist es wichtig, den Projekt-Scope genau zu definieren und ihn einer jeden Phase zuzuordnen. Hier einige anwendbare Checkpunkte zur Klärung des Scopes: ■ Geht es nur um die (inhaltliche) Konzeption des Qualifizierungsprogramms oder auch um die Realisierung der Trainingsmodule? ■ Soll eine entsprechende Umsetzungsunterstützung zum Beispiel von „Key Usern“ in diesem Projekt ebenso erfolgen? ■ Sind individuelle Coaching- und Begleitungsmaßnahmen nach dem Training vorzusehen? ■ Wie soll eine Realisierungsbegleitung durch das Management erfolgen? 3.2 Produkt-Scope Soll ein einheitliches und möglichst weltweites PM-Training aufgesetzt werden, so muss man sich auch Klarheit verschaffen, welchem methodischen Ansatz das Unternehmen beim Management von Projekten folgt oder folgen will, denn dieser wird wesentlichen Einfluss auf das Trainingsprodukt haben. Darüber hinaus haben wir einige Checkpunkte zusammengestellt, auf die typischerweise im Rahmen der Abgrenzung des Produkt- Scopes geachtet werden sollte. Anwendung von Standards: Meist wird man zunächst existierende nationale Standards für das Trainingsdesign betrachten. Hier sind zum Beispiel vorstellbar: ❑ ISO-Reihe 6990x (Projektmanagement) mit ihrem definitorischen Rahmen durch den PM-Kanon ® und die ICB ® der IPMA ® sowie die Nutzung des durch die GPM ® entwickelten und durch die IPMA übernommenen Standards der 4LC - Four Level Certification; ❑ PMBoK ® [4] als amerikanischer Standard (ANSI) mit der Zusammenstellung der für das Projektmanagement notwendigen Knowledge Areas und Process Groups und der zugehörigen Prüfung zum PMP ® (Project Management Professional); ❑ Prince2 ® als britischer Standard zur Beschreibung der wesentlichen Inhalte und Abläufe des Projektmanagements; ❑ „National Competency Standards for Project Management“ des Australian Institute of Project Management (AIPM ® ). Berücksichtigung eigener Inhalte: Legt man sich auf eine der Vorzugsmethodiken fest, wird man nicht umhinkommen, auch darüber zu befinden, ob der dargebotene Qualifizierungsinhalt sich ausschließlich auf den generischen Teil beziehen soll oder auch Inhalte aus der eigenen unternehmensspezifischen Projektabwicklung Eingang in das Qualifizierungsprogramm finden sollen. Niveau und Zielgruppe/ n: Neben den inhaltlichen Elementen (PM-Standards und unternehmensspezifische Inhalte) muss Klarheit geschaffen sein, welches PM-Niveau (Grundlagen/ Vertiefung etc.) angestrebt werden soll und wer die Zielgruppe/ n des Programmes sein soll/ en. Die Entscheidung über das entsprechende Curriculum wird im Wesentlichen davon anhängig zu machen sein, welchen Umfang die Projektarbeit im Unternehmen einnimmt. Inhaltliche Module und deren Zeitabstände: Entscheidet sich das Unternehmen, unterschiedliche Niveaus der PM-Qualifizierung anzubieten, muss es sich (auch für Fragen der Ressourcenplanung der künftigen Teilnehmer) der Frage zuwenden, welche inhaltlichen Module und in welchem zeitlichen Abstand diese Module dem Teilnehmer zugänglich gemacht werden sollten. Case Study (Fallstudie): Als eine Möglichkeit der inhaltlichen Gestaltung sind Fallstudien zu nennen, welche ein exzellentes didaktisches Element darstellen, weil es den entsprechenden Zielgruppen, deren Niveau und dem jeweiligen Curriculum-Level individuell angepasst projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2010 l 41 Anzeige PM_2-2010_1-45: Inhalt 31.03.2010 9: 00 Uhr Seite 41 werden kann. Fallstudien bieten darüber hinaus eine gute Möglichkeit, aktuelles Wissen zu überprüfen und zusätzliche Erfahrungen zu machen. Teilnehmerumfang und -zusammensetzung: Bei der Festlegung des Produktdesigns sollte auch überlegt werden, welcher Personenkreis angesprochen und qualifiziert werden soll. Insbesondere wäre zu entscheiden, ob auch Projektauftraggeber, Projektsponsoren oder Linienmanager zur Zielgruppe gehören. Ebenso wäre zu definieren, welche die optimale und damit angestrebte Zusammensetzung der Teilnehmergruppen ist. Interkulturelle Aspekte: Bei der Festlegung der Produktinhalte sehen wir es mit Blick auf unsere internationalen Erfahrungen für wichtig an, zu klären, ob und in welchem Umfang interkulturelle Aspekte berücksichtigt werden müssen. Dies betrifft vor allem spezielle Qualifizierungsinhalte wie Aspekte der Führung, der Teamarbeit, der Motivation und der Konfliktbewältigung. Wissensprüfung: Darüber hinaus ist auch festzulegen, ob im Rahmen der Qualifizierung eine Prüfung des Wissensstandes erfolgen soll, was die Ziele dieser Wissensprüfung sein sollen und wie gegebenenfalls eine Anbindung an bekannte nationale oder internationale Zertifikate geschehen soll. Zertifizierung: Zertifizierung ist ein heute übliches Mittel, um Wissen und Expertise auch nach „außen“ zu vermarkten. Dies gilt insbesondere dort, wo international gültige Zertifizierungen nach IPMA ® oder PMI ® herangezogen werden. Es ist auch hier zu überlegen, ob dies Bestandteil des Programms sein sollte. Anbindung Produktdesign an Trainerskills: Ein wesentlicher Teil des Erfolgs des Qualifizierungsprogramms hängt von der Qualität der Durchführung jeder einzelnen Qualifizierungsmaßnahme ab. Daher sollte das Anforderungsprofil der durchführenden Trainer klar durchdacht, definiert und fixiert werden. Dies betrifft sowohl den theoretischen Wissenshintergrund als auch die Trainererfahrung des durchführenden Trainers. Hinsichtlich dieser oben genannten Punkte, können folgende typische Fehler benannt werden: Typische Fehler in der Praxis: ❑ Das Qualifizierungsprogramm wird nicht global geplant und gestaltet, sondern „nur“ aus lokaler Sicht konzipiert. Damit erreicht man zwar zunächst eine beschleunigte Gestaltung des Produkt-Scopes, jedoch muss man später leider oft heftige Akzeptanzprobleme bei der Realisierung in den Regionen einkalkulieren. ❑ Bei der Definition der Qualifizierungs-Scopes werden die Ziele und Erwartungen des Managements nicht optimal berücksichtigt. Dadurch wird die Akzeptanz und Unterstützung in den Führungsebenen zu gering sein. Daraus ergeben sich folgende Handlungsempfehlungen: Praktische Handlungsempfehlungen: ❑ Wählen Sie sehr bewusst aus, welchen PM-Standard Sie für die Organisation bevorzugen. Berücksichtigen Sie dabei die Managementziele des Qualifizierungsprogramms, das aktuelle Niveau des Projektmanagements, die Regionen, in denen das Qualifizierungsprogramm realisiert werden soll, und die aktuelle Verbreitung von PM-Standards im Unternehmen. ❑ Integrieren Sie möglichst unternehmensspezifisches PM-Know-how und Fragestellungen in die Inhalte des Qualifizierungsprogramms. Dies sorgt für mehr Akzeptanz (speziell bei anspruchsvollen und projekterfahrenen Zielgruppen) und gewährleistet eine direkte Übertragung in die aktuelle Projektpraxis. ❑ Achten Sie sehr genau darauf, welche Inhalte der Zielgruppe vermittelt werden sollen. In einer Situation knapper Ressourcen, enger Terminkalender und ansteigender Projekte im Unternehmen ist es notwendig, effizient und ressourcenschonend zu arbeiten. ❑ Falls ein Übungsbeispiel oder eine Case Study (Fallstudie) zum Einsatz kommen soll, empfiehlt es sich, das Thema klug zu wählen. Passt es in die Unternehmenskultur und in den Geschäftszweck des Unternehmens? Ist es neutral genug, um nicht positiv oder negativ belegt zu sein? Ist es nicht zu neutral, um den Transfer in die Unternehmenswelt noch zu ermöglichen? Ist die Abklärung dieser Fragen auch mit den Auftraggebern erfolgt? ❑ Die didaktische Aufbereitung und Darbietung des Stoffes ist auf jeden Fall kulturspezifisch sorgfältig zu planen. Was sind die lokalen, landes- und kulturspezifischen Gepflogenheiten? Nutzen Sie diese! Es empfiehlt sich ein kluger Wechsel von Vortrag, Diskussion zum Inhalt, praktischen Beispielen, Übung, Präsentation und Diskussion zum Transfer, um nur einige didaktische Elemente zu nennen. ❑ Für die Gestaltung von Zertifizierungen und Prüfungen ist wichtig, dies gegebenenfalls mit den Vertretern der Arbeitnehmer (Betriebsrat) beziehungsweise der Personalbereiche abzustimmen, da diese auch als Mittel der Karriereentwicklung und Belohnung genutzt werden können. Darüber hinaus ist zu klären, ob eine solche Zertifizierung lediglich interne Gültigkeit haben soll oder einer externen Zertifizierungseinrichtung genügen muss. 4. Realisierung des Projektes Einer sorgfältigen Planung und inhaltlichen Gestaltung des Qualifizierungsprogramms folgt der entscheidende Teil - die Implementierung. 4.1 Pilotveranstaltungen Insbesondere bei global angelegten Qualifizierungsprogrammen sehen wir die Definition einer Pilotphase als notwendig an. Üblicherweise wird dieser Abschnitt beendet, wenn alle Qualifizierungsmaßnahmen zumindest ein Mal durchgeführt wurden. Im Einzelfall kann sich ein Pilot pro Region anbieten, wenn die Unterschiede der Wissensdarbietung sehr groß sind. Typische Fehler in der Praxis: ❑ Die Teilnehmer am Pilotelement sind nicht klug gewählt. In derartigen Fällen sind zum Beispiel Fachexperten nicht eingebunden, gegebenenfalls Projektleiter nicht integriert oder auch Fachvorgesetzte der Linie nicht eingeladen worden. ❑ Die eingesetzten Unterlagen und Dokumente wie Präsentationen, Fallstudien, Beispiele, Lösungen weisen Interpretationsmöglichkeiten auf. Diese sind oftmals weniger inhaltlicher Art als sprachlicher Art. Denken Sie dabei an Maßeinheiten (metri sches System vs. Zoll), Computerbildschirm- Drucke in nur einer Sprache, Verwendung von Abkürzungen mit nur nationalem Bekanntheitsgrad, um nur einige zu nennen. 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2010 42 KARRIERE PM_2-2010_1-45: Inhalt 31.03.2010 9: 00 Uhr Seite 42 Praktische Handlungsempfehlungen: ❑ Unterziehen Sie das Produkt (und hierunter verstehen wir das Programm, die Trainer, die Logistik von Anmeldung, Durchführung, Begleitung und Feedback) einer strengen Qualitätskontrolle. Definieren Sie nachprüfbare Qualitätskriterien: ■ Anforderungen an Trainer, ■ Anforderungen an Teilnehmer (Anmeldevoraussetzungen), ■ Anforderungen an den Prozess (Anmeldungen, Ankündigungen, Feedback inklusive Auswertemöglichkeit, Preisgestaltung, interne Leistungsverrechnung usw.). ❑ Prüfen Sie sprachliche und interkulturelle Erfahrungen des Trainers, wenn ein Einsatz im Ausland vorgesehen ist. Wir selbst sehen dabei die interkulturelle Komponente als die relevantere an. ❑ Es ist wichtig, den Start des Qualifikationsprogramms anzukündigen und in der lokalen wie zentralen Organisation zu „bewerben“. Diese umfasst die Teilnehmer aus der Projektarbeit, der Linienarbeit und des Managements. 4.2 Implementierung/ Abwicklung In der Implementierung werden die Qualifizierungsmaßnahmen gemäß der Planung im Unternehmen umgesetzt und das Wissen findet Anwendung in den Projekten. Typische Fehler in der Praxis: ❑ Das Trainingsprogramm wird weder ausreichend „beworben“ noch mit einer „Kampagne“ als wichtiges Programm in der Organisation eingeführt. ❑ Um die Qualifizierungsmodule zu füllen und um eine starke Auslastung des Programms nachzuweisen, nehmen die „falschen“ Teilnehmer an dem Qualifizierungsprogramm teil. ❑ Aus Zeit- oder auch Trainermangel werden ungeeignete Trainer eingesetzt (unzureichende Vorinformation, passen nicht zur Unternehmens- oder zur lokalen Kultur, bringen nicht die entsprechende Erfahrung mit etc.) beziehungsweise die Trainer werden nicht adäquat in die Aufgabe eingeführt. Praktische Handlungsempfehlungen: ❑ Prüfen Sie, ob in Ihrem Fall neue Trainingskandidaten durch kurze Trainingsvorstellungen ausgewählt werden sollen. Hier handelt es sich aus unserer Sicht um ein durchaus geeignetes Mittel, wie sie auch bei Trainerlizensierungen zum Einsatz gelangen. ❑ Es hat sich als hilfreich erwiesen, wenn auch nicht immer als einfach herausgestellt, wenn eine Qualitätssicherung der Teilnehmer durchgeführt wird. Hiermit soll sichergestellt werden, dass im Wesentlichen die „geeigneten“ Teilnehmer an entsprechenden Modulen des Qualifizierungsprogramms teilnehmen beziehungsweise eine gewisse Homogenität hinsichtlich des Vorwissens gegeben ist. ❑ Es hilft, wenn bereits zu Beginn der Pilotphase ein Prozess des Änderungsmanagements aufgesetzt ist, um zu definieren, wie Optimierungsvorschläge und notwendige Änderungen des Qualifizierungsprogramms gezielt bewertet und umgesetzt werden können. Gestalten Sie diesen Prozess wie bei jedem Produkt möglichst formal (Feedback, Änderungsbedarf, Evaluierung, Freigabe, Umsetzung, Release …). 5. Abschluss des Projektes Bereits mit dem Aufsetzen und Freigeben des Qualifizierungsprojektes ist es wichtig, sich mit der Frage der Übergabe in das „operative Trainingsgeschäft“ (wer, wann, in welcher Form, durch wen …) auseinander zu setzen und ebenso, wie die bei der Nutzenanalyse unterstellten und geplanten Nutzenelemente gemessen und generiert werden können. 5.1 Übergabe und Projektabschluss Wie bei allen Projekten geht es auch bei diesem Projekt darum, das Ende des Projektes professionell zu managen. Typische Fehler in der Praxis: ❑ Es ist nicht klar, an wen die Übergabe erfolgen soll und wer den Regelbetrieb des Qualifizierungsprogramms umsetzen wird. ❑ Die Übergabe an die Linienabteilungen verläuft ohne formelle Aktivitäten (dabei gehen oft mündliche oder nicht explizit festgehaltene Vereinbarungen verloren). Praktische Handlungsempfehlungen: ❑ Stellen Sie bereits zum Ende der Planungsphase sicher, was als „das Ende des Projektes“ anzusehen ist. Definieren Sie klar den Übergabezeitpunkt und die zugehörigen Übergabedokumente beziehungsweise notwendiges Know-how. ❑ Sehen Sie eine vorgelagerte Transferphase vor. Dies ermöglicht eine begleitende Einarbeitung oder auch eine Selektion der eingesetzten Trainer. ❑ Veranstalten Sie ein offizielles Übergabemeeting mit den wichtigsten Interessengruppen und lokalen Abteilungen. ❑ Um das Projekt auch formal abschließen zu können, ist es wichtig, eine offizielle Übergabe der Seminarabläufe, eingesetzten Unterlagen und didaktischen Elemente durchzuführen. ❑ Final empfehlen wir, einen „Lessons Learned“-Workshop mit allen Beteiligten durchzuführen. Falls dies mit allen Beteiligten nicht möglich ist, konzentrieren Sie sich auf das Kernteam und wichtige Partner des Auftraggebers. archimedon • Marienstr. 66 • 32427 Minden Tel.(+49 571) 9 74 35-0 • info@archimedon.de Unternehmensindividuelles Multi- Projektmanagement Informationssystem verbessert die Projektqualität steigert die Personalproduktivität erhöht die Transparenz • • • Die Sicht aufs Ganze www.admileo.de/ gpm PM_2-2010_1-45: Inhalt 31.03.2010 9: 00 Uhr Seite 43 5.2 Begleitung der Abwicklung Eigentlich gehört die Begleitung der Abwicklung im klassischen Projektverständnis nicht mehr zum Projekt. Es ist dennoch angebracht, in diesem Zusammenhang einige Aspekte dazu anzusprechen beziehungsweise einige Handlungsempfehlungen zu geben. Praktische Handlungsempfehlungen: ❑ Achten Sie auf die aussagefähige Gestaltung und Auswertung der Feedbacks der Teilnehmer, aber auch der ausführenden Trainer („Beide Seiten der Medaille“). ❑ Werten Sie diese vor allem in Bezug auf die Lernziele und über einen längeren Zeitraum systematisch aus. (Sind Trends zu erkennen? ) ❑ Definieren Sie einen klaren Prozess unter Einbeziehung der Teilnehmer, Trainer, Organisatoren, der Kundenmanager, um gegebenenfalls existierenden Änderungsbedarf zu definieren. ❑ Sehen Sie durchaus ein Budget für Änderungen vor. ❑ Planen Sie regelmäßige Trainer- oder Referententreffen. ❑ Führen Sie auch im Nachgang der Veranstaltungen (ca. 1-2 Monate später) eine Befragung der Teilnehmer beziehungsweise des Managements durch, um konkrete Veränderungen, Transfers und Stärken/ Schwächen zu identifizieren. Diese sollten im Rahmen eines Änderungszyklus in das Qualifizierungsprogramm einfließen. 6. Abschlussbemerkung Grundsätzlich wollen wir folgende Punkte zusammenfassen, auf die bei internationalen Qualifizierungsmaßnahmen aus der Sicht der Autoren besonders zu achten ist: ❑ Behandeln Sie ein solches Vorhaben als Projekt. ❑ Analysieren Sie sehr genau die zentralen und lokalen Interessengruppen und deren Ziele und spezifische Interessen! ❑ Definieren Sie möglichst die entsprechenden aktuellen und zukünftigen Zielgruppen und deren wirklichen Qualifizierungsbedarf. ❑ Definieren Sie präzise den Inhalt und Umfang des Projektes und des Qualifizierungsproduktes! ❑ Legen Sie eine klare, aber möglichst kompakte Projektorganisation fest. ❑ Berücksichtigen Sie interkulturelle Aspekte sowohl beim Management des Projektes als auch bei der inhaltlichen Konzeption der Qualifizierungsinhalte und deren Vermittlung. Gute wie schlechte Erfahrungen existieren - es gilt die guten zu nutzen und aus den schlechten zu lernen. Dazu bedarf es wie im Projektmanagement der Offenheit, Transparenz und Disziplin … und Persönlichkeiten, die diese verkörpern. ■ Literatur [1] Baumann, T./ Nehlsen-Pein, T.: Warum scheitern Projekte trotz PM-Implementierung. Projektmagazin, April 2006 [2] Baumann, T.: Performance of projects and project success - a combined approach of PM and neuroscience. 19 th IPMA world congress, Stream 6, New Delhi, November 2005 [3] Dworatschek, S./ Meyer, H.: Qualifikationen und Zertifizierung im internationalen Projektmanagement. In: Fischer, H. (Hrsg.): Unternehmensführung zwischen Finanz- und Kulturtechnik: Handlungsspielräume und Gestaltungszwänge. Gedenkband für D. Schwiering, Hamburg 2001, S. 313-333 [4] PMI Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge. Edition v. 3.0, Upper Darby, USA 2004 [5] Schelle, H./ Ottmann, R./ Pfeiffer, A.: Project Manager. 1. Auflage, GPM Verlag, Nürnberg 2006, S. 389 ff. [6] Schumacher, R.: Der produktive Umgang mit Fehlern: Fehler als Lerngelegenheit und Orientierungshilfe. Vortrag in der SWR-2-Reihe „Aula“, Humboldt-Universität zu Berlin, 20. Mai 2007 Schlagwörter Business Case, interkulturelle Aspekte, Personalentwicklung, Projektmanagement von Qualifizierungsprojekten, Projektmanagementtraining Kompetenzelemente der NCB 3.0 4.3.8 Personalmanagement Autor Thomas Baumann ist seit 1990 Berater im Bereich Projektmanagement und Unternehmensstrategie. Er ist in verschiedenen Branchen (Automobil, Public, Banken, Energie) international tätig (USA, Mexiko, Slowenien, Südafrika), zertifizierter GPM Trainer, Mitglied des Kuratoriums der GPM und Geschäftsführer der Orbitak International LLC. Er ist Autor verschiedener Veröffentlichungen und Vorträge bei internationalen Konferenzen. Anschrift Orbitak AG Schwachhauser Ring 78, D-28209 Bremen Tel.: 04 21/ 98 98 07 00 E-Mail: Thomas.Baumann@orbitak.com Autor Tobias Schneider, PMP ® , ist seit 1991 freier Trainer und Berater im Bereich Projektmanagement und Produkt-/ Prozessoptimierung. Er ist in verschiedenen Branchen (Automotive, Finanzdienstleistung, Pharma, Anlagen-/ Maschinenbau, Telekommunikation) international tätig (USA, Brasilien, Singapur, Japan, Frankreich, Italien, England, Türkei, Australien). Der Autor besitzt die PMP ® -Zertifizierung des PMI ® und hält eine Lehrbeauftragung an der Hochschule Biberach für ganzheitliches Projektmanagement. Er ist Autor verschiedener Veröffentlichungen/ Vorträge und Partner verschiedener Beratungsunternehmen, unter anderem der Tiba Managementberatung GmbH, München. Anschrift Scharhofer Straße 5, D-60307 Mannheim, Tel.: 06 21/ 78 98-5 51, Fax: 06 21/ 78 98-5 50 E-Mail: Schneider_Tobias@t-online.de 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2010 44 KARRIERE Fundier Sie sich über M Am bes Hol Wien | Salzb » Let you Semi „Som ab 03 Mehr Geben sicher PM_2-2010_1-45: Inhalt 31.03.2010 9: 00 Uhr Seite 44