PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Projektmanagementberatung – Beratungskompetenz auf einem höheren Niveau
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Andreas Frick
Die GPM hat im vergangenen Jahr einen Ausbildungsgang zur Beratung im Projektmanagement ins Leben gerufen. Das dafür erforderliche Themenspektrum wurde in einer dafür geschaffenen National Competence Baseline Consulting (NCBC) zusammengefasst. Die Entwicklung des Zertifizierungsverfahrens erfolgte national und international. Im Beitrag werden die Prozessberatungselemente kurz skizziert.
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D ennoch ist auch die Projektmanagementberatung vor einem der weitverbreiteten und größten Fehler in der Beratung nicht gefeit. Zu oft und zu sorglos werden „Lehrbuchlösungen“ oder Lösungen im Sinne einer „maximal möglichen“ oder „aus heutiger Sicht möglichen“ Lösung für eine Problemstellung verwendet. Zudem ist zu beobachten, dass zwar in vielen Fällen geeignete Lösungen durch die Beratung gefunden werden, nicht aber dafür Sorge getragen wird, dass die Organisation in Zukunft ohne Beratung auskommen wird. Heute weiß man, dass Projektmanagementberatung nicht einseitig im Sinne der Fachberatung erfolgen darf. Denn neben dem Einbringen von Know-how ist es auch erforderlich, die Anschlussfähigkeit einer Lösung an die Organisation zu gewährleisten. Auch wird heute in der Projektmanagementberatung sichergestellt, dass die Mitarbeiter der Organisation in geeigneter Weise eingebunden werden und dass Lern-, Arbeits- und Abstimmungsprozesse organisiert und unterstützt werden, die eine eigenverantwortlich gestaltete Lösungsentwicklung durch die eingebundenen Mitarbeiter der Organisation zum Ziel haben. Neben der Fachkompetenz, die ein Projektmanagementberater heute aufbringen muss, ist es erforderlich, auch die entsprechende Prozesskompetenz für die Beratung aufzubringen. Beide Kompetenzen fließen heute in zeitgemäße Beratungsansätze ein. In diesem Zusammenhang wird von konvergenten oder komplementären Ansätzen in der Beratung gesprochen; Fach- und Prozesskompetenz müssen ineinander verzahnt und aufeinander abgestimmt eingesetzt werden. Der im vergangenen Jahr durch die GPM ins Leben gerufene Ausbildungsgang zur Beratung im Projektmanagement verfolgt den hier skizzierten konvergenten Ansatz für die Projektmanagementberatung. Bei der Entwicklung der Ausbildung wurde das Themenspektrum der Beratung im Projektmanagement in einer eigens dafür geschaffenen „National Competence Baseline Consulting“ (NCBC) [2] zusammengetragen. Auch wurde aufbauend auf die Ausbildung ein Zertifizierungsverfahren entwickelt, das analog zu dem etablierten Zertifizierungsverfahren im Projektmanagement auch ein Vier-Ebenen-Modell für die Zertifizierung von Projektmanagementberatern vorsieht. Die Entwicklung des Zertifizierungsverfahrens erfolgte national wie auch international. Ein eigens dafür eingerichtetes Projektteam (CPMC) auf der Ebene der IPMA hat sowohl das Zertifizierungsverfahren als auch eine „International Competence Baseline Consulting“ (ICBC) [3] auf internationaler Ebene abgestimmt, deren Entwurf sich in der Endabstimmung befindet. Doch was steckt drin in der „Competence Baseline Consulting“? Was ist es, was ein Projektmanagementexperte nicht schon wüsste und auch kann, um erfolgreich beraten zu können? Zu Beginn des Beratungsprozesses stehen die Sicht des Kunden und das Erkennen der Ausgangssituation im Vordergrund. Dies ist der Zeitpunkt, an dem der klassische Fachberater die größten Fehler macht. Zu früh wird erläutert, wie man es denn „richtig“ macht. Zu wenig wird gefragt, zugehört und zunächst der Auftrag geklärt. Die „Competence Baseline Consulting“ verweist daher zu Recht auf zentrale Kompetenzfelder der Prozessberatung, wie zum Beispiel „Grundhaltungen und Rollen in der Beratung“, „Gesprächsführung und Fragetechniken“, „Strategien und Konzepte der Beratung“ sowie „Auftrags- und Kontextklärung“ (Abb. 1). Der folgende Schritt in der Beratung ist die kritische Bestandsaufnahme. Hier kennt der Fachexperte zahlreiche Instrumente zur Standortbestimmung, wie zum Beispiel das „Project Excellence Model“ oder die zahlreichen Reifegradmodelle. Doch wie werden diese eingesetzt? „Interview- und Befragungsmethoden“, „Mikro- 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2010 32 WISSEN Andreas Frick Projektmanagementberatung - Beratungskompetenz auf einem höheren Niveau Sie kennen sicher den Vorwurf, der oft gegen Beratungsunternehmen und Berater erhoben wird: „Eunuchen - sie wissen, wie man’s macht“ [1]. Auch wird gerade den großen Beratungsunternehmen vorgeworfen, dass sie zwar in der Analyse und Konzeption Ergebnisse erzielen können, die Umsetzung hingegen nicht gelingt bzw. von ihnen dann gar nicht angestrebt oder verantwortet wird. Die Projektmanagementberatung unterscheidet sich in diesem Punkt deutlich von diesem Beratungsverständnis. In den meisten Fällen legt sie den Fokus auf die Umsetzung und auf den Anwendungserfolg. Die GPM hat im vergangenen Jahr einen Ausbildungsgang zur Beratung im Projektmanagement ins Leben gerufen. Das dafür erforderliche Themenspektrum wurde in einer dafür geschaffenen National Competence Baseline Consulting (NCBC) zusammengefasst. Die Entwicklung des Zertifizierungsverfahrens erfolgte national und international. Im Beitrag werden die Prozessberatungselemente kurz skizziert. +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ PM_3-2010_1-56: Inhalt 27.05.2010 13: 08 Uhr Seite 32 politik und Macht in Organisationen“, „Methoden der Mitarbeitereinbindung“ sowie die „Managementprozesse in Organisationen“ sind hier wesentlich und werden durch die „Competence Baseline Consulting“ aufgegriffen. Im Anschluss geht es darum, ein Soll-Konzept für die Zukunft festzulegen und damit Lösungswege zu gestalten. Auch hier scheitert der reine Fachberater oft an seiner Lösungsverliebtheit und daran, dass er selbst nicht loslassen kann und die Lösung oft selbst festlegt. Zentraler Erfolgsfaktor ist, dass das Kundensystem selbst in die Verantwortung genommen wird. Zentrale Themen, die die „Competence Baseline“ hier aufzeigt, sind zum Beispiel „Methoden der Mitarbeitereinbindung“, „Strategien, Strukturen und Kulturen von Organisationen“ oder „Interventionsstrategien“. In der Umsetzungsphase spielen der „Umgang mit Widerstand“, das Konzept des „Management of Change“ und des „Wissensmanagements“ ebenso eine entscheidende Rolle wie im Abschluss zum Beispiel die Elemente „Evaluation“, „Beziehungsmanagement“ und „Akquisitionsstrategien“. Neben den hier kurz skizzierten Prozessberatungselementen der „Competence Baseline Consulting“ werden im Rahmen der Ausbildung auch Fachberatungsthemen vertieft behandelt. Das sind zum Beispiel die Themen „Strategische Unternehmensführung“, „Management projektorientierter Organisationen“, „Methoden des Programm- und Portfoliomanagements“, „Reifegradmodelle“ und das Themenspektrum „Projektmanagementsysteme“. Inhaltlich umfasst die Ausbildung damit all das, was künftige Beratungsprozesse im Projektmanagement umfassen müssen, um das Potenzial des Projektmanagements für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung auszuschöpfen. Und die Zertifizierung, in der Wissen, Können und Erfahrungen nachgewiesen werden müssen, wird mittelfristig zu Transparenz und Qualität in der Projektmanagementberatung führen. Die ersten „Zertifizierten Projektmanagementberater“ erhielten bereits im Herbst letzten Jahres ihr Zertifikat. Weitere Infos erteilt gern die Geschäftsstelle der GPM in Nürnberg. ■ Literatur [1] Pispers, Volker (Kabarettist): Berufsgruppen, die diese Welt nicht braucht. youtube [2] PM-Zert - Zertifizierungsstelle der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V.: National Competence Baseline Consulting NCBC V.10. 2010 [3] IPMA CPMC Projektteam: International Competence Baseline Consulting ICBC V.10 (Entwurf). 2010 Schlagwörter Beratung im Projektmanagement, Beratungskompetenz, International Competence Baseline Consulting (ICBC), konvergente Beratung, National Competence Baseline Consulting (NCBC), Zertifizierung von Beratern Kompetenzelemente der NCB 3.0 4.1.8 Problemlösung, 4.3.4 Projekt-, Programm und Portfolioorientierung Autor Andreas Frick ist Vorstandsvorsitzender der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. und geschäftsführender Gesellschafter der Projektforum Rhein Ruhr GmbH. Er berät seit mehr als 20 Jahren Unternehmen bei Fragen der Entwicklung und Einführung von Projektmanagement. Als „Zertifizierter Senior Projektmanager (IPMA/ GPM, Level B)“ kennt er die Praxis des Projektmanagements auch in komplexen Großprojekten. Als „Zertifizierter Projektmanagementtrainer (GPM)“ führt er regelmäßig Ausbildungsgänge zur Zertifizierung im Projektmanagement durch. Herr Frick ist Initiator und Wegbereiter des Ausbildungs- und Zertifizierungsgangs für Berater im Projektmanagement. Anschrift GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. Frankencampus Frankenstraße 152 D-90461 Nürnberg E-Mail: A.Frick@gpm-ipma.de Projektforum Rhein Ruhr GmbH Friederikastraße 65 D-44789 Bochum E-Mail: Andreas.Frick@Projektforum.de projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2010 l 33 Abb. 1: Kompetenzelemente der „Competence Baseline Consulting“ PM_3-2010_1-56: Inhalt 27.05.2010 13: 08 Uhr Seite 33