PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2010
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Setting Milestones
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2010
Heinz Schelle
Sterrer, Ch./Winkler, G.: >setting milestones. Projektmanagement. Methoden – Prozesse – Hilfsmittel. Goldegg-Verlag, Wien 2009, 315 S., ISBN 978-3-901880-92-6, EUR 38,80
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22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2010 38 WISSEN Ein Anfänger, der sich in eine der großen Buchhandlungen Deutschlands begibt und das Regal „Projektmanagement“ ansteuert, wird vermutlich etwas ratlos vor der großen Zahl von einschlägigen Werken stehen. Mangels anderer Kriterien wird er sich möglicherweise an gut sichtbaren Merkmalen wie Preis und optisches Erscheinungsbild orientieren. Beim zweiten Kriterium, bei der grafischen Gestaltung, schneidet die Publikation von Sterrer und Winkler zumindest auf den ersten Blick recht gut ab. Unverständlich bleibt freilich die Rolle des Frosches, dessen Bild immer wieder im Band auftaucht. Das Werk ist sehr stark an Methoden und Instrumenten orientiert und enthält die großen Kapitel „Projekt, Projektmanagement“, „Projektbeauftragung“, „Projektmanagement-Methoden“, „Projektorganisation“, „Projekthandbuch“, „Projektcontrollingprozess“, „Vertiefende Methoden im Projektcontrolling“, „Projektkoordinationsprozess“, „Projektkrisenprozess“, „Projektabschlussprozess“, „Management von Kleinprojekten“ und „Management von Programmen“. Dabei leuchtet die gewählte Reihenfolge der Themen nicht immer ein. So wird im Kapitel „Projekthandbuch“ - nicht Projektmanagement-Handbuch - bereits auf Punkte wie Projektcontrolling und Projektabschluss eingegangen, obwohl sie detailliert erst später behandelt werden. Diese Kritikpunkte wiegen freilich nicht so schwer, wie viele andere Mängel, von denen einige nachstehend aufgeführt werden sollen: Wer für sein Buch schon die Überschrift „setting milestones“ gewählt hat, sollte wissen, was man unter einem Meilenstein versteht. Jedenfalls ist die folgende Definition unsinnig. Als Meilensteine definieren die Autoren „wesentliche terminkritische Ereignisse (Dauer = 0) im Projektverlauf“ (S. 98). Genauso unsinnig ist die unmittelbar daran anschließende Empfehlung: „Je nach Komplexität des Projekts sollten zwischen fünf und zehn Meilensteinen definiert werden.“ Eine Reihe von Abbildungen (z. B. S. 121, 122 und 124) trägt keine Unterschrift und wird auch nicht interpretiert. Obwohl die Bedeutung von Meilensteinen besonders hervorgehoben wird, wird dem Laien nirgends gesagt, dass es natürlich zahlreiche Standardvorgehensmodelle mit vordefinierten Meilensteinen gibt. PRINCE2 oder das V-Modell, um nur zwei Beispiele zu nennen, werden nicht erwähnt. Den Begriff „Stage-gate“ (S. 192) gibt es offiziell nicht, es handelt sich vielmehr um zwei verschiedene Termini, nämlich „Stage“ (Projektphase) und „Gate“ (Meilenstein). Die „Earned-value-Analyse“ ist keine grafische Methode (S. 194), wie die Verfasser glauben, ihre Ergebnisse werden nur in der Regel grafisch dargestellt. Ein Anfänger, der liest, wie der Fertigstellungswert ermittelt wird, wird die Vorgehensweise wohl auch kaum begreifen. Obwohl die Abbildungen im Allgemeinen gut gelungen sind, sind einige Bilder - etwa der PSP für das Beispielprojekt (S. 96) - reines Augenpulver und schwer zu lesen. Die Liste der Mängel, die in einer ausdrücklich von den Autoren als Handbuch bzw. Nachschlagewerk empfohlenen Publikation einfach nicht vorkommen dürfen, könnte noch erheblich erweitert werden. Sie würde noch deutlicher zeigen, dass Sterrer und Winkler nicht sorgfältig gearbeitet haben. Dabei hätte es genügt, wenn man ein einziges Werk beim Schreiben zurate gezogen hätte, etwa das Projektmanagementlexikon von Motzel, in dem Begriffe und Methoden mustergültig definiert und erläutert sind. Trotz dieser Kritik soll gar nicht geleugnet werden, dass die Autoren auch sehr viele informative Formularbeispiele und Tipps bieten. Dieser durchaus positive Aspekt kompensiert freilich nicht den größten Mangel des Buchs: Nirgends gibt es irgendwelche Hinweise auf vertiefende Literatur, auf Normen und Standards. Der unerfahrene Leser erfährt also z. B. weder etwas über DIN-Normen noch über Standards wie die NCB 3.0 oder den PMBoK. Er muss schließlich auch den Eindruck gewinnen, dass es keine anderen Werke zum Thema gibt und die Verfasser alles, was sie ausbreiten, selbst ab ovo entwickelt haben. Angesichts derartiger gravierender Lücken und Versäumnisse muss man folgenden Satz (S. 15) als Zumutung und Ausdruck unberechtigten Selbstbewusstseins ansehen: „Falls Sie an einer Zertifizierung (welche, wird nicht gesagt) interessiert sind, wird Ihnen das vorliegende Buch ganz sicher eine wesentliche Hilfestellung sein, da fast alle Kapitel des Buchs zertifizierungsrelevant (abhängig von dem angestrebten Zertifizierungslevel) sind.“ Kommen wir zu unserem einigermaßen verwirrten Buchhandlungsbesucher zurück. Ihm sei gesagt: Nicht überall, wo Projektmanagement drauf steht und gut verpackt geboten wird, ist auch wirklich gutes Projektmanagement drin. Den Verfassern sei der Rat gegeben, sich vor der Herausgabe einer möglichen zweiten Auflage intensiv mit dem Thema zu befassen. Heinz Schelle ■ Buchbesprechung Setting Milestones Sterrer, Ch./ Winkler, G.: > setting milestones. Projektmanagement. Methoden - Prozesse - Hilfsmittel. Goldegg-Verlag, Wien 2009, 315 S., ISBN 978-3-901880-92-6, EUR 38,80 PM_5-2010_1-52: Inhalt 08.11.2010 11: 54 Uhr Seite 38
