eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 22/1

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
11
2011
221 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Ein roter Faden für das Projektmanagement

11
2011
Sigrid Pander
Nina Trobisch
Heldenmythen erzählen von außergewöhnlichen Unternehmungen in unbekanntem Terrain. Sie sind Sinnbild für spannungsreiche Entwicklungs- und Veränderungsprozesse. Zukunftsfähige Projektarbeit findet ebenfalls unter unsicheren und in weiten Teilen unplanbaren Bedingungen statt. Das Heldenprinzip® greift metaphorisch die Analogie zwischen dem wagemutigen Weg eines Helden und dem risikoreichen Arbeitsalltag eines Projektleiters auf. Mit dem „Heldenprinzip als Matrize“ bestimmen wir die personalen Kompetenzen, auf die es in moderner Projektarbeit ankommt. Das „Heldenprinzip als Methode“ beschreibt den archetypischen Verlauf, wodurch diese Kompetenzen erworben werden können. Projekte werden erlebbar durch die Transformation der drei Akte der Heldendramaturgie auf die Projektmanagementphasen. Heldenreisen zeigen Best-Practice-Beispiele für gelingende Kompetenzentwicklung und die Schaffung von Identität und Vertrauen.
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projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2011 l 27 WISSEN Projekte stemmen: Die Erzählungen von Projekten in Geschichten und Mythen „Wenn du König werden willst, bring mir zuerst das goldene Vlies“, mit diesen oder ähnlichen Worten forderte wohl der unrechtmäßige König von Jolkos den rechtmäßigen Thronfolger Jason heraus. So lapidar dahergesagt, so schwierig realisiert, eine schier unlösbare Aufgabe! Es muss ein Schiff gebaut werden, das den Stürmen der See trotzt und auf den Schultern der Mannschaft tragbar ist; die Argo. Es muss eine ideale Besatzung geordert werden, diese mächtige und kühne Unternehmung zu bewältigen; die Argonauten. Unter diesem Namen sind sie als Spitzenteam in die Geschichte eingegangen. Die wichtigsten Männer Griechenlands wie Herakles, der unerschrockenste Kämpfer seiner Zeit, Orpheus, der wundervollste Sänger aller Zeiten, Theseus, der Bezwinger des Minotaurus, und der scharfblickende Lynkeus werden Gefährten; ein optimales Team … Die Argonauten stechen in See, bereit, das Unmögliche zu vollbringen. Ein unbekanntes Abenteuer liegt vor ihnen, noch wissen sie nicht, welche Hindernisse drohen, welche Winde sie treiben, welche Gefahren lauern, welchen Verführungen sie widerstehen müssen. Mühsam, aufreibend und lang ist der Weg nach Kolchis. Endlich erreicht, soll Jason mit den feuerschnaubenden erzfüßigen Stieren den Aresflur pflügen und Drachenzähne säen … Wie das? ! In Medea, der schönen Königstochter mit den magischen Kräften, findet Jason eine wissende und liebende Helferin. Schon glaubt Jason das goldene Vlies unversehrt über das Meer zurück in die Heimat bringen zu können. Doch bevor sie die Heimat erreichen, müssen noch - teils zu Lande, ihr Schiff auf den Schultern, teils zu Wasser, den Stürmen trotzend - schmerzhafte Kämpfe gefochten, Verfolger verdrängt und existenzielle Entscheidungen getroffen werden. Seit jeher müssen Menschen Projekte stemmen. Projekte sind Aufbruch zu Neuem, Unbekanntem. Das macht den Umgang mit ihnen so schwierig. Aber wir Menschen sind gut in der Lage, solche Aufgaben zu bewältigen. Das zeigen die über Jahrtausende übermittelten Mythen. Sigrid Pander, Nina Trobisch Ein roter Faden für das Projektmanagement Personale Kompetenzen für ein zukunftsfähiges Projektmanagement mit einem archetypischen Grundmuster ergründen und entwickeln Mythen verdichten in Geschichten, was die Menschen seit Jahrtausenden erlebt und erfahren haben. Dieser gebündelte Wissensschatz gibt Richtung und Orientierung. Der Heldenmythos verkörpert in sich ein Sinnbild risikoreicher, spannungsgeladener Entwicklungs- und Veränderungsprojekte. Mit dem daraus abgeleiteten Heldenprinzip ® suchten wir Anknüpfungspunkte an die moderne Projektarbeit und Antworten auf die Frage: Was kann die charakteristische Schrittfolge eines Heldenweges Projektmanager gegenwärtig bei ihrem Kompetenzaufbau lehren? Mit heutigen Worten formuliert, beschreiben Heldenreisen per se Best-Practice-Beispiele für gelingende Projektarbeit. Das gemeinsame universale Grundmodell der mythologischen Heldenfahrten umfasst elementares kollektives Potenzial an (Vor-)Bildern, Orientierungsmustern und Handlungsanleitungen. Ihre archetypische Struktur wirkt somit, bewusst und unbewusst, auf kognitiver, körperlicher und emotionaler Ebene. Das macht sie zu einer kongenialen Basis für ein integratives Projektmanagement sowie eine ganzheitliche Kompetenzentwicklung. Wir schöpften aus diesem Potenzial und entdeckten im Prozess der Heldenreise die personalen Kompetenzen von Projektleitern aus einem ganz neuartigen Blickwinkel. Ausgehend von diesen Erkenntnissen vertreten wir die These, dass die Nutzung von „heldischen Kompetenzen“ Projektleiter zu „Meistern eines zukunftsfähigen Projektmanagements“ macht. Heldenmythen erzählen von außergewöhnlichen Unternehmungen in unbekanntem Terrain. Sie sind Sinnbild für spannungsreiche Entwicklungs- und Veränderungsprozesse. Zukunftsfähige Projektarbeit findet ebenfalls unter unsicheren und in weiten Teilen unplanbaren Bedingungen statt. Das Heldenprinzip ® greift metaphorisch die Analogie zwischen dem wagemutigen Weg eines Helden und dem risikoreichen Arbeitsalltag eines Projektleiters auf. Mit dem „Heldenprinzip als Matrize“ bestimmen wir die personalen Kompetenzen, auf die es in moderner Projektarbeit ankommt. Das „Heldenprinzip als Methode“ beschreibt den archetypischen Verlauf, wodurch diese Kompetenzen erworben werden können. Projekte werden erlebbar durch die Transformation der drei Akte der Heldendramaturgie auf die Projektmanagementphasen. Heldenreisen zeigen Best-Practice-Beispiele für gelingende Kompetenzentwicklung und die Schaffung von Identität und Vertrauen. +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ PM_1-2011_27-35: Inhalt 31.01.2011 13: 46 Uhr Seite 27 In Mythen und Geschichten ist der Erfahrungsfundus der Menschen in anschaulich kräftiger Form gebündelt, um diesen „Schatz“ anderen zugänglich zu machen. Wir definieren den Mythos als eine ursprüngliche Form menschlicher Wirklichkeitsdeutung, der Lebenswissen überliefert. Die Lessons Learned aus den Projekten des Lebens. Das war einmal, heute haben wir dafür Tools und Programme, verlassen uns auf Technik und Internet. Reicht das aus? Braucht man mehr? In unserer Arbeit untersuchen wir mit Sicht auf den abenteuerlichen Weg eines Helden, welche Kompetenzen obligat und wertvoll sind, um gegenwärtige komplexe Projekte souverän zu managen. Diesen Fragen wenden wir uns auf zwei Ebenen zu: Als Erstes ziehen wir den Extrakt aus einer Befragung von Projektleitern, die die GPM in Kooperation mit dem Forschungsprojekt „Innovationsdramaturgie nach dem Heldenprinzip“ verantwortete. Als Zweites wenden wir unsere Aufmerksamkeit auf unsere Einsichten aus den Forschungstagen „Kompetenzgewinn nach dem Heldenprinzip“ (interdisziplinäre Forschungstage der beiden BMBF-geförderten Projekte „Innovationsdramaturgie nach dem Heldenprinzip“ und „KES-MI: Künstlerisch - Erfahrungsgeleitet - Spielerisch. Management des Informellen zur Förderung innovativer Arbeit“). Projekte bewegen: Erkenntnisse aus einer Befragung zur Situation von Projektleitern Die GPM führte in Kooperation mit dem Forschungsprojekt „Innovationsdramaturgie nach dem Heldenprinzip“ im Zeitraum März / April 2010 eine Befragung durch (Titel: „Projektmanagement heute: Anforderungen, Kompetenzen und Bedarfe im aktuellen Projektmanagement“) [1]. Ausgangspunkt der Befragung waren drei Hypothesen: A. Kreativität, Schöpferkraft und Vertrauen sind wichtige Ressourcen der Projektleiter. B. Diese Ressourcen müssen gestärkt werden. C. Projekte sind spannungsvolle Entwicklungsprozesse. Vor dem Hintergrund dieser Hypothesen stehen drei Interpretationsstränge der Ergebnisse zur Diskussion. 1. Projektleiter verfügen bereits über eine Reihe von Ressourcen, um ihre Arbeit zu realisieren: Sie sind gut ausgebildet im Projektmanagement. Sie haben eine Vielzahl technischer Tools, die das Projektmanagement unterstützen. Sie sind hoch motiviert für verantwortungsvolle und spannende Projekte und sind erfolgsorientiert. Konsequenz: An der guten und tiefgründigen Ausbildung und Ausstattung der Projektleiter muss unbedingt festgehalten werden. 2. Für die Bewältigung der vielen verschiedenen Situationen und Anforderungen der Projektarbeit benötigen sie Kraft, Kreativität und Motivation. Dies sind Ressourcen, die immer wieder neu aufgebaut werden müssen. Sie verbrauchen sich über lange Zeiträume. Konsequenz: Der Projektleiter muss Chancen erhalten, die auf den Aufbau und die Reproduktion genau dieser Ressourcen zielen. Dazu gibt es zwei Wege: Ein Weg besteht im Auf- und Ausbau unternehmensinterner (kollegialer) Unterstützungsstrukturen. Der zweite Weg besteht in unternehmensexternen Seminarangeboten, die der Stärkung dieser persönlichen Ressourcen der Projektleiter dienen. 3. Projekte bleiben das, als was sie definiert sind: herausfordernde und risikoreiche Vorhaben. Sie verlaufen niemals glatt. Es gibt Spannungsbögen, kleine und größere Krisen, Erfolge und Misserfolge. Mit Vertrauen in den Prozess, in die Beziehungen zu Kollegen, Vorgesetzten und Stakeholdern sind viele dieser Situationen gut zu meistern, ohne ständig an die Grenzen der Belastbarkeit zu gelangen. Diese Ergebnisse erfordern ein neues Denken im Projektmanagement. Das aktuelle Leitbild besteht jedoch immer noch darin, dass ideale Projekte linear und gleichförmig verlaufen. Tools und Handlungsabläufe richten sich entsprechend diesem Leitbild aus. Es wird versucht, dem Risiko mit vernünftigen, gar wissenschaftlichen Methoden unter dem Postulat der Berechenbarkeit betrieblicher Abläufe zu begegnen, wie sie etwa die klassischen PM-Handbücher vorgeben. Dies führt schnell zu Paradoxien, unter anderem: Optimierung der Planung bei Zunahme von Unsicherheit Erhöhung der Arbeitsintensität bei gleichzeitiger Dynamisierung der Arbeitsabläufe Menschen berechnen wollen in unberechenbaren Entwicklungsnetzwerken Nichtplanbares als Störfall erfassen in stark veränderlichen Umwelten Die konträren Anforderungen sollen mit einem „Mehr desselben“ gesteuert werden, sind aber der Situation nicht zuträglich. So verkehrt sich der gewünschte Projekterfolg nicht selten ins Gegenteil: (1) Aufgrund ineffizienter Projektabwicklung scheitert eine Vielzahl der Projekte und wird nicht im vorgegebenen Ressour cenrahmen abgewickelt. (2) Aus Projektleitern werden Projektleider, die sich fremdgesteuert und machtlos, als reine „Erfüllungsgehilfen“ fühlen, mit großer Verantwortung, aber wenig Gestaltungsspielraum. Viele Projektleiter empfinden diese Paradoxien als Belastung und Druck. Sie erkennen, dass die bekannten Vorgehensweisen schon lange an ihre Grenzen stoßen. Das Bedürfnis nach adäquaten Konzepten zur Unterstützung ihres persönlichen Professionalisierungsprozesses wächst. Wir suchen also nach dem „Was stattdessen“ und plädieren dafür, ideale Projekte anders zu definieren. Ein neues Leitbild spiegelt die These wider, dass innovative Projekte eher zirkulär ablaufen, mit einem Wechsel von Spannung und Entspannung, mit Höhepunkten und Ruhepunkten. Konsequenz: Das Verständnis für die Dramaturgie von Projektverläufen als immer wiederkehrende Abfolge von Aufbruch, Weigerungen, Überwindung von Hindernissen, Bewältigung von Prüfungen sowie der Rückkehr in einen Unternehmensalltag der Linienorganisation kann Projektleiter dabei unterstützen, Turbulenzen, Rückschläge und Krisen im Projektalltag produktiv anzunehmen und effektiv zu bewältigen. Als „Zwischenergebnis“ lassen sich nun folgende Antworten nach den Gemeinsamkeiten von Helden und Projektleitern festhalten. 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2011 28 WISSEN PM_1-2011_27-35: Inhalt 31.01.2011 13: 46 Uhr Seite 28 Was eint Helden und Projektleiter? Unwägbarkeiten säumen ihren Pfad, sie begeben sich mutig hinein. Hindernisse versperren ihnen den Weg, sie überwinden sie situativ. Unbekannte Probleme fordern sie heraus, sie finden kreative Lösungen. Das Ziel ist erst erreicht, wenn Errungenschaften in der Praxis verankert sind. Projekte leiten: Ein Paradigmenwechsel - Anforderungen an die personalen Kompetenzen für ein zukunftsfähiges Projektmanagement Wohl kaum einer der Protagonisten der alten Mythen, ob nun die Ritter der Tafelrunde, die Argonauten oder die Helden von Troja, ging davon aus, dass in den Gefilden des Unbekannten alles geordnet nach Plan läuft. Ihnen war bewusst, dass es darum geht, im rechten Moment die rechte Fähigkeit einzusetzen, die rechten Ideen oder Entscheidungen parat zu haben. Sie vertrauten sich und ihrer Berufung, folgten ihrem Gespür und ihrer Intuition. Der Archetyp des Helden entspricht im ursprünglichen Verständnis nicht dem verzerrten Heldenbild, das sich hierzulande leider ausbreiten will: Held = Schlachten schlagender Dauersieger. Eher das Gegenteil: Der Heros lässt sich im heutigen Vokabular vielmehr als ein Sinn- und Leitbild für Veränderungskompetenz übersetzen, bewegt von Höhen und Tiefen. Helden dienen als Metapher für jene, die beherzt ihrer Vision und Berufung folgen, sich trotz Risiken und Widerständen neuen Herausforderungen stellen und so zu den Quellen für Wachstum und Wandel vorstoßen. Dieses Bild galt früher nicht anders als heute: In einem komplexen und unbestimmten Projektumfeld sind und bleiben Position und Persönlichkeit des Projektleiters erfolgskritisch für ein zukunftsfähiges Projektmanagement. Hier hängt der Projekterfolg zunehmend von dem Grad der ganzheitlichen Führungskompetenz des Projektleiters ab. In ihm schlummern Potenziale an Kreativität, Schöpferkraft und Fantasie, die im Managementalltag häufig brach liegen. Noch immer herrscht, zumindest in Deutschland, als Leitbild für eine Führungskraft das favorisierte kognitive aufgabenorientierte Verhalten vor [2]. Unter diesem Leitbild arbeitet die Führungskraft nicht „mit allen Sinnen“, bleibt „kopfgesteuert“, zielorientiert und sachbezogen. So bleibt ein Großteil des eigenen Potenzials ungenutzt auf der Strecke, die eigenen Quellen versickern zunehmend. Deshalb erfordert eine moderne Führung die Entwicklung von vier grundsätzlichen Ebenen der Persönlichkeit: Verstand/ Kognition Emotion/ Empfinden Körper/ sinnliche Wahrnehmung Bauchgefühl/ Intuition Gefragt ist die ganze Person, mit einer sensibilisierten Körperlichkeit, einer wachen Wahrnehmung, einer kreativen Geisteskraft, einer empathischen Kontaktaufnahme, mit all ihren Emotionen und Intuitionen. Der Projektleiter agiert somit quasi als „ein Unternehmer seiner Potenziale“. (Der Soziologe Peter Spiegel fordert diesen Status von allen Menschen ein [3]. Er gilt unserer Ansicht nach besonders für Projektleiter.) Es spielt der klare analytische Blick eine ebenso wichtige Rolle wie projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2011 l 29 F P R O I S R L mit P O F I gfw - Gesellschaft zur Förderung der Weiterbildung an der Universität der Bundeswehr München e.V. www.gfw-munich.de 23 Jahre Managementausbildung: General MBA - Cert. International Management - MSc in Project Management Cert. Projektmanagementfachmann (GPM) Make this your next project: Professional MSc in Project Management. AUF EINEN BLICK: Berufsbegleitendes MSc-Studium mit Schwerpunkt Projektmanagement. Internationalität durch entsprechende Workshopthemen sowie Auslandsaufenthalt in Form von MBA-Modulen und/ oder Unternehmensprojekten (optional). Vertiefungsmöglichkeiten bspw. in Automotive & IT. Akademische Leitung: Prof. Dr. Heinz Schelle Internationale Ausrichtung: MBA-Module und Unternehmensprojekte im Ausland möglich; Vertiefungsmodul International Project Management Projektmanagement & Management Know-how aus Wissenschaft & Wirtschaft: Hochschulprofessoren mit Managementerfahrung sowie Führungskräfte und Berater aus der Wirtschaft. Erfahrungsaustausch: Fach- und Führungskräfte aus der Wirtschaft tauschen ihre Erfahrungen in gemeinsamen Workshops aus. Kleine Lerngruppen: Hohe individuelle Betreuungszeiten durch die Dozenten Studienkonzept: Kombination aus Workshops, Fallstudien aus der Praxis und Selbststudienanteilen Freie Auswahl von Zusatzmodulen: Zusätzliche Module aus weiteren akkreditierten MBA-Programmen können für die individuelle Karriere ausgewählt werden. Studienzeit: 24 Monate: Workshops an den Wochenenden Kontakt: claudia.doerr@gfw-munich.de Tel. +49 89 6060 63-13 Anzeige PM_1-2011_27-35: Inhalt 31.01.2011 13: 46 Uhr Seite 29 der Umgang mit eigenen und fremden Emotionen. Notwendig ist das Vertrauen in die eigene Kraft, auch in Situationen, die nach vorn offen und ungewiss sind. „Die Fähigkeit, im Moment des Aufbrechens der alten Strukturen einen sich öffnenden Möglichkeitsraum zu sehen, sich darauf einzulassen, einzutauchen, Ereignisse kommen zu lassen, dann den neuen Impuls zu verdichten und in die Welt zu bringen, ist vielleicht die wichtigste Schlüsseldisziplin unserer Zeit“, beschreibt Otto Scharmer die Stationen des Prozesses. Diese innere Haltung baut auf Selbstreflexion, Inspiration und Neugier auf und verfestigt sich durch einen kontinuierlichen Lernprozess. „Folge deinem Zukunftsgefühl, nicht deinen vergangenheitsgerichteten rationalen Erwägungen“, appeliert Scharmer an Persönlichkeiten, die durch „die Öffnung des Denkens, die Öffnung des Fühlens und die Öffnung des Willens“ zukunftsgewandt Neues gestalten können [4]. Der Spagat zwischen Widerstandsfähigkeit und Sensibilität, Flexibilität und Stabilität, Empathie und Entscheidungskraft, Durchsetzungsstärke und Kooperation muss gelingen, wenn Projektleiter zukünftig Resilienz (= die innere und äußere Widerstandsfähigkeit einer Person) und Potenzialität (= das höchstmögliche Potenzial, das eine Persönlichkeit in sich entfalten kann) beweisen wollen. Projekte lebendig halten: Die Vielfalt der heldischen Kompetenzen Heldenmythen, egal aus welchem Kulturkreis oder welchem Jahrhundert, zeichnen sich dadurch aus, dass sie nach einem gemeinsamen Muster aufgebaut sind. In seinen Forschungsarbeiten zur vergleichenden Mythologie entschlüsselte Joseph Campbell diesen „Geheimcode“ des Heldenmythos und legt ihn in seinem Buch „Der Heros in tausend Gestalten“ dar [5]. Er weist nach, dass allen Heldenmythen ein universales Grundmodell innewohnt, er spricht vom Monomythos des Helden. Wenn dem so ist, dass die Mythen eine wesentliche Erfahrungsquelle der Menschheit sind und Heldenmythen herausragende Wachstums- und Reifeprozesse beschreiben, liegt nahe, diese Essenz für innovative Projektarbeit zu adaptieren. Aus dieser Intention entstand die Veränderungsdramaturgie nach dem Heldenprinzip ® , ein modernes Trainings-, Beratungs- und Coachingszenario [6]. Auf zwei Säulen fußend, zapft das Heldenprinzip ® den gewaltigen Wissenspool der Menschheit an. Zum einem bezieht es sich auf das Sinnbild des Helden, der archetypisch für Wachstum und Wandel steht, zum anderen verweist es mit dem Wort „Prinzip“ auf das Regelwerk für Struktur, Reihenfolge und Matrix. In der Adaption greift das Heldenprinzip ® die Analogie zwischen dem wagemutigen Heldenweg und dem risikoreichen Arbeitsalltag eines Projektleiters auf: Es transformiert das Grundmuster des Monomythos auf organisationale und individuelle Prozesse und verknüpft den kollektiven humanen Erfahrungsschatz mit Arbeitsweisen aus Management, Psychologie und Kunst. Eine Erkenntnis liegt nahe: Heldenreisen präsentieren nichts weniger als Best-Practice-Beispiele für gelingende Projektarbeit. Der Interventionsansatz bildet eine ideale Basis für das Verstehen, Erleben und Gestalten nachhaltiger personaler Kompetenz. Einerseits werden die Kompetenzen fokussiert, die ein „Held“ braucht, um sein Ziel zu erreichen (das Heldenprinzip ® fungiert hier als Matrize). Andererseits verzeichnet er den archetypischen Verlauf, wodurch diese Kompetenzen erworben werden können (das Heldenprinzip ® als Methode). Lernbar wird somit, bewusst auf tief verankerte Ressourcen zurückzugreifen, die den Zugang zu Stärke, Risikobereitschaft und Kreativität ermöglichen. Mit dem Modell können Rollen und Funktionen der Beteiligten beschrieben, Werkzeuge geliefert und der Arbeitsprozess strukturiert werden. Herausfordernde Projekte erhalten durch Metaphern, Geschichten und innere Bilder eine stabilisierende Struktur und zugleich erweitern sich die schöpferischen Handlungsspielräume. Projekte gelingen lassen: Die Dramaturgie des Heldenprinzips ® Kompetenzdefinitionen sind Arbeitsdefinitionen, es gibt nicht „die“ Kompetenzdefinition und somit auch keine „endgültige“. Die Deutsche NBC 3.0 beschreibt Kompetenzen als „Kombination von Wissen, persönlichem Verhalten, Fertigkeiten und spezifischer Erfahrung, die nötig ist, um in einer bestimmten Funktion erfolgreich zu sein“ [7]. So kennt die NBC 3.0 eine Reihe von PM- Verhaltenskompetenzen, die vom Projektleiter gefordert werden, u. a. Führung, Selbststeuerung, Durchsetzungsvermögen, Stressbewältigung, Kreativität usw. Der Kompetenzforscher Prof. John Erpenbeck versteht unter Kompetenzen die „Disposition zur Selbstorganisation, also Selbstorganisationsdispositionen“ [8]. Kompetenzen lassen sich nicht „anlesen“ oder im Frontalunterricht vermitteln. Kompetentes Handeln kann nur durch Handlung erlernt werden. Kompetentes Handeln ist situativ und kreativ, werte- und sinnorientiert, geschieht ins Offene hinein mit einem hohen Grad an Selbstorganisation. Für die Beleuchtung des Kompetenzprofils eines „zukunftsfähigen Projekteiters“ verwendeten wir das Heldenprinzip ® als Matrize. Dessen archetypische Dramaturgie erlaubte uns einen neuartigen Blick auf personale Kompetenzen - lebendig, prozessorientiert, assoziativ, kognitiv und emotional erfahrbar (Abb. 1). 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2011 30 WISSEN Abb. 1: Dramaturgie des Heldenprinzips ® PM_1-2011_27-35: Inhalt 31.01.2011 13: 46 Uhr Seite 30 Was ist das Besondere an der dramaturgischen Grundstruktur des Heldenprinzips? Der Entwicklungsweg des Helden ist die Heldenreise, die sich in etwa so beschreiben lässt: Protagonisten sind diejenigen, die bereit sind, mit ganzer Kraft „ihrem Ruf“ zu folgen und mit allen Sinnen für die Erfüllung ihres Anliegens einzustehen. Der Weg des Helden ist getrennt in zwei grundsätzlich verschiedene Teile; zum einem ist da die bekannte Welt, in der der Held lebt, deren Muster und Gewohnheiten ihm geläufig sind, in denen es sich leicht, weil gewohnt, bewegen und agieren lässt. Zum anderen ist da die unbekannte fremde Welt, die nicht überschaubar ist. Davon ist zunächst nichts oder nur sehr wenig bekannt. In der unbekannten Welt, umgeben von Engen und Zwängen, von freundlichen und feindlichen Gestalten, muss ein „Elixier“ mühevoll errungen und in der Normalität gesichert werden. Erst dann ist die Bewegung hin auf eine höhere Kompetenzstufe erfüllt. Zwei Welten, getrennt durch eine Schwelle. Die Schwelle trennt die gewohnte bekannte Welt von der ungewissen, unwägbaren Welt. Der Prozess der Heldenreise verläuft in einem dramatischen Spannungsbogen. Diese Spannungen sind notwendig, um an den entscheidenden Stationen genügend Energie, Aufmerksamkeit und Konzentration aufzubringen. Die Spannungskurve ist ansteigend und erreicht in der entscheidenden Prüfung ihren Höhepunkt. Die Drehpunkte bezeichnen die zentralen Momente der Entwicklungsphasen (Szenen). Dort entscheidet sich, ob der Held für die nächste Herausforderung befähigt ist (Abb. 2). Die Dramaturgie des Heldenprinzips ® ist unterteilt in drei Akte: „Der Aufbruch“, „Im Land der Abenteuer“, „Die Rückkehr“, mit insgesamt zehn Szenen. Im ersten Akt - „Der Aufbruch“ - muss der Ruf wahrgenommen werden (Szene 1.1); es erfolgt eine Auseinandersetzung mit der Weigerung, dem Zweifel, dem Mangel an Kraft, um die notwendige Entwicklung einzuleiten (Szene 1.2). An dieser Stelle braucht der Akteur Hilfe und Unterstützung, eine Kraft, Information, Person, die wir als Mentor bezeichnen (Szene 1.3). Nun ist es ihm möglich, die Schwelle in das neue Unbekannte zu überwinden (Szene 1.4). Es ist der Aufbruch in die Landschaft der Prüfungen, ins Abenteuer. Dieser Aufbruch wird mit der Besinnung auf die eigene Kraft (Weigerung) und die Kraft der Umwelt (Mentor) bewältigt. Im zweiten Akt - „Im Land der Abenteuer“ - muss der Protagonist auf dem Weg zum Ziel in vielen neuen Handlungsfeldern Prüfungen (Szene 2.1) bewältigen. Sie gelingen oder auch nicht; sie können erfolgreich sein oder nicht. Es gibt Fehler, Erfolge, Versagen, neue Chancen. Es geht darum, dass er erkennt, was mit den vorhandenen Potenzialen möglich ist, was hinzukommen muss. Unerwartetes und Ungewohntes wird anders angeschaut, angepackt und realisiert - dies ist ein aktiver Prozess der Entwicklung neuer Kompetenzen. Es gibt immer die eine entscheidende Prüfung (Szene 2.2), die den Durchbruch bedeutet. Bei der höchsten Prüfung im „Land der Abenteuer“ wird der Kern der Veränderung offensichtlich - Schwierigkeiten, Herausforderungen, Grenzüberschreitungen. Diese höchste Prüfung ist zugleich der Höhepunkt der dramatischen Spannung. Für minder ängstliche Menschen nennen wir diese Phase auch die „Höhle der größten Angst“. Auf das Bestehen der größten Prüfung folgt eine Belohnung mit dem Elixier (Szene 2.3), die meist nicht materieller Natur ist, sondern eine Bereicherung vielerlei Art sein kann. Mit dieser Belohnung - sie schützend und ehrend - tritt der Held den immer noch spannungsvollen Rückweg an. Der dritte Akt - „Die Rückkehr“ läutet den Rückweg in die bekannte Welt ein. Mit dem Überschreiten der 2. Schwelle (Szene 3.1) tritt ein gereifter und gestärkter Mensch in eine Welt ein, die sich mit dieser Person und durch sie verändert. Hier muss der Hero die neu gewonnenen Erfahrungen in den Alltag integrieren, er verknüpft sie mit den Erfahrungen, die im Unbewussten, im Routinehandeln verankert werden können. Doch der schwierige Rückweg (Szene 3.2) birgt noch die Gefahr, dass die neu errungenen Schätze verloren gehen können. Hier muss also immer noch aufmerksam und konzentriert das Neue verankert werden. Ist das geschafft, ist der Protagonist auf seinem Entwicklungsweg nach dem Heldenprinzip zum „Meister zweier Welten“ (Szene 3.3) - der bekannten und der unbekannten Welt - geworden. Es wird ihm in Zukunft besser gelingen, neue Herausforderungen anzunehmen und sich wieder auf einen Entwicklungsweg zu begeben. Die Spannung klingt langsam ab. Projekte erleben: Transformation der Heldendramaturgie auf die Projektmanagementphasen Die Heldendramaturgie vor Augen, folgte für uns nun die Aufgabe, die Akte des Heldenprinzips ® auf die Phasen des Projektmanagementprozesses zu transformieren und die personalen Kompetenzen für die einzelnen Szenen zuzuordnen (Abb. 3). Das Heldenprinzip ® diente uns hier als Matrize. Wir lösten diese spannende Fragestellung in einer Workshop-Reihe im Rahmen der Forschungstage „Kompetenzgewinn nach dem Heldenprinzip ® “. Mentoren und Unterstützer fanden wir in unseren Mitstreitern Prof. Fritz Böhle und Dr. Eckhard Heidling vom ISF e.V. München. Gemeinsam erkundeten wir eine Vielzahl von Kompetenzen für das Gelingen von Vorhaben in dynamischen, unwägbaren Situationen. Hilfreich für das Verständnis war dabei die Unterscheidung der Begriffe „Eigenschaften“ und „Kompetenzen“. Denn uns wurde projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2011 l 31 Abb. 2: Spannungsbogen der Heldendramaturgie PM_1-2011_27-35: Inhalt 31.01.2011 13: 46 Uhr Seite 31 deutlich, dass Kompetenzen ihren Ursprung in menschlichen Eigenschaften haben müssen. Viele Eigenschaften sind in den Menschen grundsätzlich angelegt und könnten zur Entfaltung kommen, wäre da nicht im Laufe des Lebens eine Vielzahl von Erfahrungen, Verboten und Konventionen, die sie hemmen und klein halten. Manche dieser Eigenschaften müssen dann in einem intensiven Lernprozess als Kompetenz wieder errungen werden. Nehmen wir zum Beispiel Eigenschaften wie Kreativität, Lernbereitschaft oder Vertrauen. Kein Kind wird darüber nicht verfügen, doch schon junge, engagierte Erwachsene setzen sich vielfältigen Lernprozessen aus, um diese Qualitäten neu zu verankern. Unter „Eigenschaften“ verstehen wir angeborene Persönlichkeitsmerkmale, die Bereitschaft ausdrücken (z. B. grundsätzlich Vertrauen zu können). Demgegenüber verweisen „Kompetenzen“ auf eine Fähigkeit (z. B. Vertrauen aufbauen können), die im Laufe der persönlichen Entwicklung erlernt und geübt werden muss. Die folgenden Schaubilder zeigen die Zuordnung von Eigenschaften und Kompetenzen zu den Akten und Szenen des Heldenprinzips ® und die Transformation auf die Projektmanagementphasen. Ergänzt wird diese Zuordnung durch bildliche Assoziationen, die sich uns im Arbeitsprozess zeigten (Abbildungen 4, 5 und 6). Kompetenzen entwickeln: Das Heldenprinzip ® als Methode Bei unserer „Zuordnungs- und Entdeckungsarbeit“ wurden wir gewahr, dass die von uns beleuchteten Szenen Kompetenzen in sich bergen, die sich zum Teil in sehr wohltuender Weise von anderen Kompetenzdefinitionen abheben. Sie sind unmittelbarer, emotionaler, ja, sie leben mehr. Begriffe wie Kommunikations- und Problemlösungsfähigkeit sind sicherlich akzeptierte und verbreitete Kompetenzbeschreibungen. Jedoch: Umschreibungen wie „verlocken lassen“, „sich auserwählt fühlen“, „standhaft bleiben“ oder auch „praktische Klugheit entwickeln“ bringen unserer Ansicht nach eine besondere Qualität und Griffigkeit mit sich und sind damit wesentlich näher an der Person. Unsere Aufspürungen erheben keinen Allgemeingültigkeitsanspruch und sind sehr wohl im Kontext mit anderen Definitionen personaler Kompetenzen zu betrachten. Sie stehen nicht in Konkurrenz, sondern sollen vielmehr eine neue Sicht auf das Potenzial von Projektleitern eröffnen. Die Beteiligten lernen dadurch, auch andere Wahrnehmungskanäle in ihrer Arbeit zu nutzen. So können sie oft früher erspüren und erkennen, was sich zu verändern lohnt. Die Bild- und Erzählsprache, die künstlerischen und erfahrungsorientierten Interventio- 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2011 32 WISSEN Abb. 3: Transformation der Akte des Heldenprinzips ® auf die Phasen des Projektmanagementprozesses Abb. 4: Transformation des 1. Akts des Heldenprinzips ® auf die PM-Phasen „Initialisierung/ Definition“ PM_1-2011_27-35: Inhalt 31.01.2011 13: 46 Uhr Seite 32 nen aktivieren die kreativen Potenziale der Akteure. Die Beteiligten werden darin bestärkt, die Welt mit ihrem Körper, ihrer reichen Emotionalität, ihrem Verstand und ihrer Intuition wahrzunehmen. Bildhaftigkeit, Metapherarbeit, Körpereinsatz und gestaltendes Verändern entsprechen dem Bedürfnis von Menschen, enge Bezüge zwischen der eigenen Arbeit und dem eigenen Leben, der eigenen, ganzen Persönlichkeit herzustellen. Das Neue ist dann häufig gar nicht so beängstigend neu, sondern als neue Situation, die gleichzeitig spannend ist, auch mit anderen Situationen vergleichbar. Das Heldenprinzip ® bietet - nach unseren bisherigen Erkenntnissen - diesen Raum, die eigene Schöpferkraft, Kreativität und Fantasie wieder zu entdecken. Dadurch eignet sich das Heldenprinzip ® auch als effektive Methode zum Aufbau der notwendigen Kompetenzen für ein modernes Projektmanagement. Eigene Geschichten werden gesponnen, Mentorschaften entstehen. Projektmanager entdecken die Fähigkeit, die vielfältigen Eindrücke des Alltags mit wirkmächtigen Bildern zu verbinden. Diese leisten Hilfe bei der Erkundung des eigenen Heldenwegs (Beispiel: Besteigung projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2011 l 33 Abb. 5: Transformation des 2. Akts des Heldenprinzips ® auf die PM-Phasen „Planung/ Steuerung“ Abb. 6: Transformation des 3. Akts des Heldenprinzips ® auf die PM-Phase „Abschluss“ PM_1-2011_27-35: Inhalt 31.01.2011 13: 46 Uhr Seite 33 des Kilimandscharo durch ein Führungskräfteteam [9]). Feedback-Gespräche werden inszeniert, Ängste demaskiert, Alltagssituationen dramatisiert. Mit lebendigen Arrangements, Assoziationen und Fantasieübungen können sich bei den Teilnehmern Erfahrungsräume öffnen, die sie verborgen, verschüttet oder gar für immer vermauert glaubten. Lern- und erfahrbar wird somit, bewusst auf tief verankerte Ressourcen und Werte des eigenen Handelns zurückzugreifen und mit deren Aktivierung Haltung und Einstellung zur Rolle eines Projektleiters auf persönlicher Ebene reifen zu lassen. Dadurch formt sich schließlich das individuelle Selbstbild eines Projektleiters, der in seiner Innen- und Außenwelt nachdrücklich kommunizieren kann: So verstehe ich mich als Projektleiter. Ausblick: Kreativität und Klarheit „Die Gegensatzpaare von Sein und Nichtsein, Leben und Tod, Schönheit und Hässlichkeit, Gut und Böse und all die anderen Gegensätze, die die Kräfte des Menschen in Furcht und Hoffnung halten und sein Handeln auf Taten der Verteidigung und des Eroberns richten, sind die Symplegaden, die zusammenprallenden Felsen, die den Wanderer zermalmen, zwischen denen der Heros aber heil hindurchgeht.“ (Joseph Campbell) Als Ausblick und als eine Art Zusammenfassung unserer Ausführungen fassen wir hier sieben wesentliche Thesen zusammen, die die Nutzung des Heldenprinzips ® für ein zukunftsfähiges Projektmanagement interessant machen. 1. Heldenreisen zeigen Best-Practice-Beispiele für gelingende Kompetenzentwicklung: Jede Projektarbeit gleicht einer Heldenreise. Das weltweit verbreitete Grundmotiv der Fahrt des Helden, der einen Zustand verlässt, um in einen reiferen und reicheren Zustand zu gelangen, trifft auf alle Projektmanager zu und kann helfen, Kompetenzen zu entwickeln, um mit Ungewissheit und Unwägbarkeit gestaltend umgehen zu können. 2. Gemeinsam geteilte Bilder schaffen Identität und Vertrauen: Der persönliche Entwicklungsprozess erhält durch Metaphern, Geschichten und innere Bilder eine stabilisierende Struktur und erweitert zugleich die schöpferischen Handlungsspielräume. Im Zusammenspiel von Körper, Verstand und Gefühl lassen sich „heldische“ Lern- und Handlungskompetenzen analysieren sowie ausbauen. 3. Eine der ältesten und ursprünglichen Formen des Wissensmanagements sind die Mythen: Humane Wachstumsprozesse fußen auf einem universellen Zyklus. Dieser Erfahrungsschatz ist - als „kollektive Intelligenz“/ „kollektives Gedächtnis“ - im Menschen wirksam und prägt seine Bedürfnisse und Werte. Das Heldenprinzip nutzt diese tief verwurzelten Wahrnehmungs- und Erfahrungsmuster für die spezifischen Aufgabenstellungen in den Projekten. Auf diesem assoziativen gemeinsamen Fundament sind die klassischen Projektmanagementphasen für alle Projektbeteiligten sinnlich konkret nachvollziehbar, kommunizierbar, beeinflussbar. 4. Kompetenzentwicklung in Projekten folgt einer Dramaturgie: Mit der Abbildung der Kompetenzentwicklung in einem dynamischen Spannungsbogen lassen sich andere Lösungsansätze generieren, als in linearen Abfolgen. Projektverläufe werden als dramatische Kurvenverläufe mit exemplarischen Spannungsbögen, Handlungsabläufen und repräsentativen Rollenmustern gestaltet. Sie setzen Emotionen und Energien frei. Der dramaturgische Ansatz ermöglicht eine natürliche Integration von Widersprüchen in den Entwicklungsprozessen. 5. Bewusste Prozessüberdehnung verdeutlicht Widersprüche: Die Zuspitzung zum Dramatischen unterscheidet das assoziativ-ästhetische Konzept von den klassischen Vorgehensweisen. Statt Rationalisierung und Strukturbildung erfolgt hier eine bewusst überhöhte Emotionalisierung und Prozessüberdehnung, um die Widersprüche und Spannungsfelder des Handelns deutlich hervorzuheben. 6. Die Ästhetisierung und Emotionalisierung des Managements als bestimmende Ressource künftiger Wettbewerbsfähigkeit: Ästhetische Herangehensweisen finden zunehmend Eingang in das Management aufgrund ihrer auf Menschen orientierten Verfahren. Sie aktivieren die Kreativität der Beschäftigten. In einer Projektarbeit nach dem Heldenprinzip ® wird der Mensch zudem auch als kulturelles Wesen wahr- und ernst genommen. Die Beteiligten fühlen sich in ihrer kulturellen und schöpferischen Kompetenz gebraucht. 7. Die Verknüpfung von Alt-bewährt mit Neu-erkundet: Analoges Erfahrungswissen und zeitgemäße Erkenntnisse aus Management, Wissenschaft, Psychologie, Neurobiologie und Kunst ermöglichen eine neue Lernkultur für die persönliche Kompetenzentfaltung. Das Heldenprinzip ® als Forschungsgegenstand Inwieweit nun das Heldenprinzip ® ein sinnstiftendes Navigationsgerät für die Suche nach probaten Kompetenzen für organisationale und individuelle Entwicklungs- und Innovationsprozesse darstellt, wird die praxisorientierte Arbeitswissenschaft analysieren, erproben und modellhaft zusammenfassen. Das Heldenprinzip ® hat Einzug in das Bundesministerium für Bildung und Forschung gehalten. Unter dem Förderschwerpunkt „Die Balance von Stabilität und Flexibilität in einer sich wandelnden Arbeitswelt“ beschäftigt sich das interdisziplinäre Forschungs- und Entwicklungsprojekt „Innovationsdramaturgie nach dem Heldenprinzip“ (Fokus: Vertrauen und Innovation) mit der Frage, wie es auf Basis des Heldenprinzips ® gelingen kann, nachhaltige Kompetenzentfaltung für Unternehmen, Teams und Einzelpersonen zu generieren. Näheres siehe unter http: / / www.udk-berlin.de/ sites/ innovation-heldenprinzip. Entwickelt werden soll ein Konzept, das den Blick auf den roten Faden des Projektes lenkt und die Projektleiter in die Lage versetzt, Teams durch Projektabenteuer zu führen - in einer kreativen, zielorientierten und nachhaltigen Art und Weise. Auf diese Weise will das Forschungsprojekt dazu beitragen: Projektleitern neue Wege für die Führung ihrer Projektteams zu eröffnen; Projektleitern neue Konzepte für die Projektdurchführung und die Arbeit mit den Stakeholdern an die Hand zu geben; das Umfeld von Projektleitern mit zu gestalten. 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2011 34 WISSEN PM_1-2011_27-35: Inhalt 31.01.2011 13: 46 Uhr Seite 34 Im Projekt „Innovationsdramaturgie nach dem Heldenprinzip“ (www.innovation-heldenprinzip.de) und im Projekt „KES-MI: Künstlerisch - Erfahrungsgeleitet - Spielerisch: Management des Informellen zur Förderung innovativer Arbeit“ (www.kes-mi.de) wurden bereits Entwicklungsprozesse nach dem Heldenprinzip ® mit Projektleitern gestaltet. Aus diesen Erfahrungen heraus haben Nina Trobisch und Sigrid Pander bei der GPM angeregt, ein Seminar für Projektleiter anzubieten, das diese befähigt, Veränderungs- und Wandlungsprozesse nach der Struktur des Heldenprinzips ® besser zu bewältigen. Nach dem erfolgreichen Pilotseminar im Juni 2010 ist dieses Angebot nunmehr Regelangebot der GPM. Wir gehen davon aus, dass mit dem Konzept des Heldenprinzips ® Unternehmens-, Team- und Führungskulturen entstehen, die stabil sind und sich gleichzeitig flexibel anpassen können und in denen sich die Kreativität und Schöpferkraft der Menschen entfalten kann. Auf diese Weise wird das Vertrauen zu sich selbst, in die Beziehungen zu Vorgesetzten, Kollegen und anderen Stakeholdern sowie in Prozesse und das organisationale Umfeld gestärkt. Literatur [1] Denisow, K./ Trobisch, N.: Projektarbeit heute - Anforderungen, Kompetenzen und Bedarfe im aktuellen Projektmanagement. Eine Gemeinschaftsstudie des BMBF-geförderten Projekts „Innovationsdramaturgie nach dem Heldenprinzip“ und der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Ergebnisse abrufbar unter www. lumen-gmbh.com [2] Brodbeck, F.: „In Deutschland heißt Führen, hart zu sein“. Interview in der Süddeutschen Zeitung vom 5.7.2007 [3] Spiegel, P.: Faktor Mensch. Ein humanes Wirtschaftswunder ist möglich. Ein Report an die Global Marshall Plan Initiative. Münster 2005 [4] Scharmer, C. Otto: Theorie U: Von der Zukunft her führen. Prescencing als soziale Technik. Heidelberg, 2009 [5] Campbell, J.: Der Heros in tausend Gestalten. Frankfurt/ Main 1999 [6] Trobisch, N.: Sich jetzt auf Heldenreise begeben. In: Wissen + Karriere, Magazin für Persönlichkeitsentwicklung, Motivation, Aus- und Weiterbildung, Ausgabe 5/ 2010 [7] GPM e. V. (Hrsg.): Deutsche NBC 3.0 der PM-ZERT Zertifizierungsstelle der GPM e. V. Ausgabe März 2008, Aktualisierung September 2009 [8] Erpenbeck, J.: Kompetenzentwicklung im Netz. New Blended Learning mit Web 2.0. Frankfurt/ Main 2007 [9] Pander, S.: Künstlerisch - erfahrungsgeleitet - spielerisch: Neue Konzepte für das Projektmanagement von innovativer Arbeit auf Basis der Heldenreise nach Joseph Campbell. In: Gatermann, I./ Fleck, M. (Hrsg.): Innovationsfähigkeit sichert Zukunft. Beiträge zum 2. Zukunftsforum Innovationsfähigkeit des BMBF. Berlin 2009 Schlagwörter Heldenmythen, Heldenprinzip, Innovation, Kompetenzentwicklung, Kreativität, Projektmanagement Elemente der NCB 3.0 4.1.8 Problemlösung, 4.1.18 Kommunikation, 4.2 PM-Verhaltenskompetenz-Elemente Autorin Sigrid Pander leitet die Abteilung Personalmanagement und Personalentwicklung bei der Kayser-Threde GmbH in München. Sie entwickelt dort unter anderem Ansätze zur Kompetenzerweiterung von Projektmanagern in Großprojekten der Raumfahrtindustrie. In ihrer Funktion als Industriepartnerin diverser wissenschaftlicher Projekte fördert sie aktiv den Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft und vermittelt neue Erkenntnisse als Dozentin an Hochschulen sowie als Fachautorin. Anschrift Kayser-Threde GmbH Perchtinger Straße 5 D-81379 München E-Mail: Sigrid.Pander@kayser-threde.com www.kayser-threde.com Autorin Nina Trobisch ist Diplom-Theaterwissenschaftlerin und Diplom-Dramadozentin. Als Dramaturgin für Veränderungsprozesse und Gesellschafterin der Lumen. Organisationsentwicklung. Inspiration. Coaching GmbH ist sie in Unternehmen, Teams und Projekten tätig. Im November 2010 übernahm sie die Forschungsleitung in dem von ihr initiierten Projekt „Innovationsdramaturgie nach dem Heldenprinzip“. Anschrift Weydingerstraße 14-16 D-10178 Berlin Tel: 0 30/ 24 00 93 15 Fax 0 30/ 24 00 93 16 E-Mail: Trobisch@lumen-gmbh.com www.heldenprinzip.de, www.lumen-gmbh.com projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2011 l 35 Haftungsausschluss Die Inhalte dieser Zeitschrift werden von Verlag, Herausgeber und Autoren nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und zusammengestellt. Eine rechtliche Gewähr für die Richtigkeit der einzelnen Angaben kann jedoch nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für die Websites, auf die verwiesen wird. Es wird betont, dass wir keinerlei Einfluss auf die Inhalte und Formulierungen dieser Seiten haben und auch keine Verantwortung für sie übernehmen. Grundsätzlich gelten die Wortlaute der Gesetzestexte und Richtlinien sowie die einschlägige Rechtsprechung. PM_1-2011_27-35: Inhalt 31.01.2011 13: 46 Uhr Seite 35