eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 22/1

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
11
2011
221 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Handbuch Project Management Office

11
2011
Reinhard Wagner
Sandrino-Arndt, B.; Thomas, R.; Becker, L. (Hrsg.): Handbuch Project Management Office. Mit PMO zum strategischen Management der Projektlandschaft. 1. Auflage, Hardcover, 482 Seiten, ISBN 978-3-939707-65-3, Symposion Publishing, Düsseldorf 2010, EUR 69,–
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Kein Thema wird zurzeit in Projektmanagementkreisen so intensiv diskutiert wie das „Project Management Office“ (PMO). Einerseits scheint das PMO in vielen Unternehmen wie auch öffentlichen Einrichtungen als Organisationsform stark an Bedeutung zu gewinnen, andererseits spiegelt diese Diskussion auch die Zunahme der Projektarbeit in vielen Bereichen unserer Gesellschaft wider. Im deutschsprachigen Raum widmen sich bislang nur vereinzelt Fachbücher der speziellen Materie. Das im Symposion-Verlag erschienene „Handbuch Project Management Office“ schließt deshalb eine Lücke in der Projektmanagementliteratur. Gleich 35 Autoren stellen in diesem Sammelband auf fast 500 Seiten interessante Einblicke auf das Thema PMO dar und folgen damit dem hohen Anspruch der Herausgeber, die ihre Erwartungshaltung an das PMO zu Beginn des Buches wie folgt postulieren: „Aufgabe einer solchen Instanz ist es, durch projektorientierte Arbeitsweisen Organisationen effizienter und effektiver zu gestalten und so Wertschöpfungsprozesse entscheidend zu verbessern. PMO dient damit der dauerhaften Institutionalisierung von Projektmanagement im Unternehmen, indem es strategische, operative und organisatorische Elemente miteinander verbindet.“ Wer nun ein wissenschaftlich fundiertes, stringentes Konzept erwartet, wird vermutlich enttäuscht. Dazu sind die Ausgangsbedingungen und die Gestaltungsoptionen in der Praxis allerdings auch zu unterschiedlich. Deshalb ist den Herausgebern und Autoren hoch anzurechnen, dass sie stattdessen das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. So stellen sie die Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft dar und reden einer zunehmenden „Projektwirtschaft“ das Wort, die geeignete Organisationsformen erfordert, bei denen Projektmanagement als zukunftsorientierte Form der Unternehmensführung einen wertvollen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung des Unternehmens leisten soll. Daneben werden unterschiedliche Typen und Funktionen des PMO in der Praxis, hilfreiche Methoden und Tools für das PMO sowie Aufwand und Nutzen bei der Einführung dargestellt. Abgerundet wird das Handbuch durch einen kritischen Disput der Herausgeber. „Treiben wir nicht gerade wieder eine neue Sau durchs Dorf - wieder so ein Managementkonzept, das genauso schnell verschwindet, wie es gekommen ist? “, so eine der zentralen und, wie ich meine, berechtigten Fragen der drei Herausgeber. Prof. Dr. Norbert Walter, ehemals Chef-Volkswirt der Deutschen Bank, stellt in seinem Geleitwort die volkswirtschaftlichen Herausforderungen für Unternehmen heraus und sieht eine neue Form der Wirtschaft voraus, die „Projektwirtschaft“, die Wertschöpfung völlig neu definiert und Einfluss auf Organisationsstrukturen und Führung haben wird. Dr. Ingo Rollwagen von der DB Research knüpft an diese Überlegungen an, beschreibt wie Unternehmen in der Projektwirtschaft kooperieren und gemeinsam Werte schöpfen. Er formuliert eine zentrale Anforderung an die Unternehmen: „Es wird in Zukunft darauf ankommen - auf Basis formal sauberer Strukturen - eher den informellen, kreativen, kooperativen Austausch und die gemeinsame entdeckerische Entwicklung der unterschiedlichen Partner in neuen Wertschöpfungsbereichen zu fördern.“ Wie das mit dem PMO zu realisieren ist, bleibt allerdings offen. Ist das PMO also nur eine Reaktion auf eine zunehmende Zahl von Projekten und eine verstärkte überbetriebliche Zusammenarbeit in Wertschöpfungsketten? Das reicht sicherlich nicht aus, um das Phänomen PMO und seine Popularität zu erklären. Prof. Dr. Lutz Becker - einer der Herausgeber - geht hier einen Schritt weiter und beleuchtet das PMO aus einer völlig anderen Perspektive, nämlich der evolutorischen. Das Buchbesprechung Handbuch Project Management Office Sandrino-Arndt, B.; Thomas, R.; Becker, L. (Hrsg.): Handbuch Project Management Office. Mit PMO zum strategischen Management der Projektlandschaft. 1. Auflage, Hardcover, 482 Seiten, ISBN 978-3-939707-65-3, Symposion Publishing, Düsseldorf 2010, EUR 69,- PM_1-2011_1-26_36-60: Inhalt 31.01.2011 14: 22 Uhr Seite 45 PMO ist seiner Ansicht nach als organisatorische Befähigungsinstanz zu verstehen, die Funktionen wie Bereitstellen, Organisieren, Lernen/ Coaching, Ermöglichen wahrnimmt, Adaptionsprozesse unterstützt und der Führung wie auch den Projektteams als zentrale Servicestelle zur Verfügung steht. Die konkrete Ausgestaltung hängt von internen wie externen Rahmenbedingungen sowie der „Vorprägung“ einer Organisation ab. Das PMO als Befähiger auf dem Weg zu einer vollständig an Projekten orientierten Organisation? So sieht es Dr. Steffen Scheuerer, der in seinem Beitrag ein Entwicklungskontinuum vom „Management von Projekten“ über das „Management durch Projekte“ bis zum „Projektorientierten Unternehmen“ aufzeigt und die Rolle des PMO beschreibt. Besonders betont wird in diesem wie auch in anderen Beiträgen die Rolle des PMO bei der Planung und Steuerung der gesamten Projektelandschaft eines Unternehmens, und zwar nicht nur in global ausgerichteten Großkonzernen, sondern auch zunehmend in kleinen und mittleren Betrieben. Darüber hinaus kommt dem PMO die Aufgabe zu, Strategie- und Projektarbeit besser zu verbinden. Einerseits hilft das PMO, die Strategie zu entwickeln und die Umsetzung zu planen, andererseits übernimmt das PMO auch eine wichtige Rolle bei deren konsequenter Umsetzung und der strategischen Kontrolle. Das PMO-Handbuch liefert wichtige Impulse für Wissenschaft und Praxis. Vielfältige Zugänge und Erfahrungsberichte wecken die Lust auf mehr. Ein entscheidendes Dilemma kann das PMO-Handbuch allerdings auch nicht lösen. Ein PMO einzuführen und zu betreiben, um damit die Entwicklung der Organisation in Richtung einer projektwirtschaftlich vernünftigen Balance von Effektivität (die richtigen Projekte tun) und Effizienz (die Projekte richtig tun) voranzubringen, kostet Geld. In größeren Organisationen sogar viel Geld. Worin liegt nun genau der Wertbeitrag eines PMO? Welcher Return on Investment kann erzielt werden? Hierzu fehlen klare Antworten. Diese werden aber nötig sein, um die Unternehmensleitung für die Einführung eines PMO zu gewinnen. Hier sollte die gesamte PM- Community zusammenstehen und schlüssige Argumente liefern, damit dem PMO - und damit dem Projektmanagement insgesamt - zum Durchbruch verholfen werden kann. Reinhard Wagner 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2011 46 WISSEN Endlich wieder einmal ein richtiges Projektmanagement-Lehrbuch auf meinem Schreibtisch, endlich wieder einmal Autoren, die terminologiesicher und sich nicht zu schade sind, ein Literatur- und ein Stichwortverzeichnis zu erstellen, endlich wieder einmal Verfasser, die auch aktuelle Entwicklungen berücksichtigen und nicht 1985 stehen geblieben sind. Ich bitte den Leser um Verständnis für meinen kleinen Gefühlsausbruch, aber viele Publikationen des Projektmanagements können einem die Freude an Rezensionen schon verderben, wenn man nicht von Hause aus ein Sadist ist, dem es Spaß macht, ein Buch in der Luft zu zerreißen. Aber nun zum Werk selbst: Pfetzing und Rohde haben ein sehr solides Lehrbuch geschrieben, das sich nach den Grundlagen des PM mit der Aufbauorganisation, mit Multiprojektmanagement (sehr zu empfehlen! ), dem Projektstart, der Projektplanung, der Projektdiagnose und -steuerung, dem Projektabschluss und den Weiterentwicklungen des Projektmanagements befasst. Dabei kommen organisationspsychologische Aspekte keineswegs zu kurz. Das alles ist natürlich nicht neu und muss es auch in einem einführenden Werk nicht sein, es ist aber sehr sauber und gut lesbar mit vielen Grafiken und Tabellen aufbereitet. Ein nicht triviales, durchgezogenes Beispielprojekt (Aufbau eines Callcenters für den Kundenservice), auf das immer wieder Bezug genommen wird, ist für das Verständnis des Lehrstoffs sehr hilfreich. Besonders hervorzuheben ist, wie schon betont, dass auch neuere Themen behandelt werden, die in vielen Lehrbüchern jüngeren Erscheinungsdatums nicht zu finden sind. So kann man Ausführungen zu PRINCE2, zu OPM3, zum Reifegradmodell von Kerzner und zum Vbzw. Spiralmodell lesen. Höchst erfreulich auch, dass die Autoren der ICB 3.0, die vielen Verfassern soeben erschienener PM-Bücher überhaupt nicht bekannt zu sein scheint, immerhin drei Seiten widmen und jeweils den Bezug zu den eigenen Kapiteln herstellen. Eine kleine Kritik sei am Schluss erlaubt. Ich sehe ein, dass Fuß- oder Endnoten vor allem bei Anfängern nicht sehr beliebt sind, an manchen Stellen, so etwa bei meiner eigenen Darstellung von Projektarten auf S. 25, bei der Betroffenheitsanalyse nach Lomnitz (S. 153) oder beim OPM3-Modell (S. 443), wären sie aber unbedingt angebracht gewesen. Fazit: Ein Buch, das guten Gewissens zum Kauf empfohlen werden kann, und zwar auch Leuten, die sich mit dem Gedanken tragen, selbst eines zu schreiben. Heinz Schelle Buchbesprechung Ganzheitliches Projektmanagement Pfetzing, K.; Rohde, A.: Ganzheitliches Projektmanagement. 3. bearbeitete Auflage, Versus Verlag, Zürich 2009, ISBN 978-3-03909-143-0, 493 S., EUR 34,- PM_1-2011_1-26_36-60: Inhalt 31.01.2011 14: 22 Uhr Seite 46