PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Nur unter Druck verbessern viele Mittelständler ihr PM
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Oliver Steeger
Die Not muss drängen. Anderenfalls halten sich die allermeisten Mittelständler vom Projektmanagement fern. Seit vielen Jahren schon. PM-Beraterin Sabine Peipe hat sich auf diese
schwierige Klientel spezialisiert. Sie spricht über die Ressentiments im Mittelstand, über für
den Mittelstand geeignete Methodik – und darüber, wie man den Mittelstand für das Projektmanagement gewinnen kann.
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Frau Peipe, wann führen Unternehmen des Mittelstands Projektmanagement ein? Sabine Peipe: Der Mittelstand führt Projektmanagement bestenfalls notgedrungen ein, wenn er unter Druck von außen steht, wenn bessere Produkt- und Prozessqualität von ihm gefordert wird. Proaktiv also nicht? In puncto Projektmanagement sind mittelständische Unternehmen keine „Überzeugungstäter“? Nein, die allermeisten nicht. Den Anlass, sich mit Projektmanagement zu befassen, bilden häufig Forderungen von außen. Forderungen beispielsweise nach projektorientierter Arbeitsweise. Oder ein anderes Beispiel: Ein Mittelständler ist so weit Technologieführer, dass er sich zu schnellerer Produktentwicklung gezwungen sieht. Immer spielt der Druck eine Rolle, intern die Auswahl und Abwicklung von Projekten zu verbessern. Wo liegt das Problem? Für die Zurückhaltung gibt es sicherlich mehrere Ursachen. Eine davon: Der Mittelstand ist stark auf das Tagesgeschäft konzentriert. Er will schnell Erfolge sehen bei Verbesserungen … In dieser Hinsicht dürfte ihn die Einführung von Projektmanagement enttäuschen. Man braucht Geduld. Es kann ein halbes Jahr oder länger dauern, bis die Einführung von Projektmanagement die Projektarbeit sichtbar verbessert. Eben! Mit dieser Ansicht tun sich Mittelständler schwer angesichts des vermeintlich hohen Aufwands und der vielen Ressourcen, die sie für die PM-Einführung bereitstellen müssen. Spielen diese Investitionen in der Tat eine so große Rolle? Nein. Manche Mittelständler scheuen auch Veränderungen. Wir begegnen in vielen mittelständischen Unternehmen einer über Jahrzehnte gewachsenen Arbeitsweise und Unternehmenskultur. Mittelständler fürchten, dass an dem Bewährten unnötig gerüttelt wird. Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung: Im mittleren Management gibt es häufig Vorbehalte gegen Projektmanagement - und Angst vor Machtverlust. Inwiefern Angst vor Machtverlust? Abteilungsleiter fürchten, dass sie mit ihren Mitarbeitern nicht mehr die Tagesarbeit schaffen, weil sie immer wieder ihre Ressourcen an Projekte abgeben müssen. Im Mittelstand ist die Personaldecke sehr dünn. Abteilungsleiter verteidigen ihre Ressourcen gegen Projekte, um ihre Abteilungsaufgaben bearbeiten zu können. Wie kann man dem Mittelstand Projektmanagement schmackhaft machen? Die Aussicht auf kurzfristige Erfolge wird im Mittelstand gerne gehört … Wir sagten vorhin, dass solche „Quick Wins“ kaum möglich sind, wenn man Projektmanagement solide einführen will. Die Frage ist doch, was als Erfolg in der Geschäftsführung verbucht wird. Manchen Unternehmen ist bereits mit einer Liste geholfen, der sie entnehmen kön- 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2011 22 REPORT Nur unter Druck verbessern viele Mittelständler ihr PM Am Bewährten möglichst wenig „rütteln“ Die Not muss drängen. Anderenfalls halten sich die allermeisten Mittelständler vom Projektmanagement fern. Seit vielen Jahren schon. PM-Beraterin Sabine Peipe hat sich auf diese schwierige Klientel spezialisiert. Sie spricht über die Ressentiments im Mittelstand, über für den Mittelstand geeignete Methodik - und darüber, wie man den Mittelstand für das Projektmanagement gewinnen kann. Oliver Steeger PM-Beraterin Sabine Peipe Foto: privat PM_4-2011_1-68: Inhalt 22.08.2011 11: 24 Uhr Seite 22 nen, welche Projekte in ihrem Unternehmen bearbeitet werden und welches wie weit vorangekommen ist. Nicht nur Geschäftsführer, auch Mitarbeiter im Mittelstand pflegen ihre Ressentiments gegen Projektmanagement. Richtig! Mitarbeiter müssen wir schnell davon überzeugen, dass Projektmanagement sie im Arbeitsalltag nicht zusätzlich belastet. PM-Berater bewegen sich im Mittelstand also auf recht dornigen Wegen ... So würde ich dies nicht beschreiben. Doch wir müssen behutsam vorgehen und immer die Akzeptanz für Veränderungen sicherstellen. Wie kann man im Mittelstand die Akzeptanz für Veränderungen verbessern? Die Akzeptanz für Veränderungen erhöht sich, wenn man das Unternehmen an sich zunächst würdigt, wenn man den Mitarbeitern zeigt, wie gut das Unternehmen ist, welche Spitzentechnologie es bietet, wie sorgfältig gearbeitet wird, wie stark der Teamgeist und der Zusammenhalt ist. Begriffe wie „Organisationsentwicklung“ oder „Veränderung“ sollten nicht fallen. Ich spreche bei meinen Beratungsprojekten viel von „Verbesserungen“, also davon, dass wir die Stärken des Unternehmens weiter stärken wollen. Neben diesem Sozialen, Atmosphärischen - was ist praktisch zu tun, um den Mittelstand noch mehr für Projektmanagement zu öffnen? Wir müssen aus der Vielzahl der PM-Methoden das Wesentliche und wirklich Wichtige auswählen - und auch auf einiges verzichten, was aus mancher Expertensicht vielleicht geboten wäre. Also: Wie viel Projektmanagement darf sein, um den Mittelstand für Projektmanagement zu erwärmen? Die Geschäftsführung braucht ein einfaches Instrument, um die Übersicht über Stand und Fortschritt der Projekte zu behalten. Eine einfache Liste reicht dafür. Das mittlere Management - ein Abteilungsleiter beispielsweise - braucht etwas für die Kapazitätsverwaltung seines Fachbereichs, also wiederum ein einfaches Instrument. Die Projektmanager selbst brauchen einen kleinen, einfachen, für sie nachvollziehbaren Methodenkoffer, zum Beispiel mit einer Checkliste für die Zieldefinition oder Formulare für Projektbesprechungen. Diese wenigen Instrumente müssen dann aber konsequent eingesetzt werden. Wie groß ist die Gefahr, dass diese wenigen Instrumente wieder in Vergessenheit geraten? Auch im Mittelstand muss man das Projektmanagement pflegen und immer wieder den Mitarbeitern in Erinnerung rufen. Darauf wollte ich hinaus! Wie soll dies gehen? Man kann das Projektmanagement bei der Unternehmenskommunikation stärker berücksichtigen - etwa durch Berichte über erfolgreiche Projekte auf der Homepage, in Kundenzeitschriften oder Newslettern für Mitarbeiter; oder einfach durch einen Bericht am Schwarzen Brett. So etwas hält die Methodik im Bewusstsein der Mitarbeiter. Eine andere Möglichkeit: Die Geschäftsführung, das mittlere Management und die Projektmanager sollten sich regelmäßig über Projektmanagement austauschen. Ein „PM-Tag“, wie ihn auch Konzerne veranstalten? Ein eigener PM-Tag würde die Möglichkeiten vieler Mittelständler übersteigen. Ich denke einfacher: Es würde reichen, sich bei den regelmäßigen Sitzungen zwanzig Minuten Zeit für dieses Thema zu nehmen und über das Projektmanagement zu sprechen. ■ projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2011 l 23 Anzeige QM-Ausbildung per Fernlehre www.cqa.de Anzeige PM_4-2011_1-68: Inhalt 22.08.2011 11: 24 Uhr Seite 23