PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Rollenklärung und Entwicklung für Projektleiter und Teams
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Verena Korn
Wenn ein Veränderungsbedarf bei Personen oder Teams erkannt wird, greifen Maßnahmen, die auf eine reine Änderung des Verhaltens abzielen, meistens zu kurz. Die Chance auf eine echte Veränderung steigt, wenn zusätzlich zur Verhaltensänderung auch die Fähigkeiten, Überzeugungen und das Rollenverständnis von Einzelnen und Teams berücksichtigt werden.
Mit den logischen Ebenen nach Robert Dilts erhalten Projektleitende und Teamentwickler ein Instrument an die Hand, um alle Dimensionen einer Veränderung zu erfassen und zu gestalten. Projektleitende, die sich und ihr Team weiterentwickeln möchten, können das Instrument für die Auslegung der eigenen Projektleitungsrolle ebenso verwenden wie für die Klärung der Projektteamrolle. Gibt es Konflikte in einem Team, kann mit diesem Werkzeug herausgefunden werden, was die Gemeinsamkeiten sind, was das Team trennt und welche Art der Zusammenarbeit von allen Teammitgliedern akzeptiert wird.
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22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2011 34 WISSEN 1. Einleitung Wenn in Projekten ein Konflikt oder ein Veränderungsbedarf erkannt wird, werden vielfach Maßnahmen festgelegt, die sich auf Verhaltensänderungen beziehen, zum Beispiel „Überstunden werden künftig vermieden“. Einige Zeit nachdem die Maßnahmen definiert wurden, macht sich oft Enttäuschung breit: Es hat sich nichts geändert. Die Ursache, weshalb Verbesserungsmaßnahmen nicht greifen, liegt häufig darin, dass die Überzeugungen und Fähigkeiten in einem Team bei der Maßnahmendefinition nicht berücksichtigt werden. So kann beim Beispiel „Überstunden“ die Überzeugung im Team vorliegen, dass „der Projektabschluss sowieso immer nur durch Nachtschichten erreicht werden kann“. Möglicherweise ist auch die Fähigkeit noch nicht entwickelt, Aufgaben zu priorisieren, oder es fehlt das Durchsetzungsvermögen, späte Change Requests abzulehnen, was dann wiederum in Überstunden mündet. Das Instrument der logischen Ebenen berücksichtigt alle Dimensionen, die bearbeitet werden sollten, damit eine dauerhafte Entwicklung und Veränderung erreicht werden kann. Anhand von drei Beispielen - der Rollenklärung einer Projektleiterin, der Bildung eines Teams und der Konfliktlösung in einem Team - möchte ich zeigen, wie das Werkzeug für Veränderungen in verschiedenen Kontexten genutzt werden kann. 2. Die logischen Ebenen nach Robert Dilts Die logischen Ebenen sind ein Instrument aus der NLP (Neurolinguistische Programmierung) und wurden von Robert Dilts entwickelt [1]. Bei der Anwendung der Methode werden bis zu sechs Ebenen bearbeitet, auf denen Lern- und Veränderungsprozesse ablaufen können. Jede Ebene hat ihren eigenen Schwerpunkt, der auch durch W-Fragen verdeutlicht werden kann (siehe unten). Die ursprünglichen Bezeichnungen von Robert Dilts sind teilweise etwas abstrakt, deshalb benenne ich die Ebenen mit Bezug auf die Praxis von Projektleitenden folgendermaßen: ❑ Vision (Wozu das Ganze? Wohin wollen wir? ) ❑ Rolle, Identität (Wer sind wir? Wer wollen wir sein? ) ❑ Werte, Überzeugungen (Warum machen wir das? ) ❑ Fähigkeiten (Wie machen wir das? ) ❑ Verhalten (Was machen wir? ) ❑ Rahmenbedingungen (Wann/ wo handeln wir? Welche Rahmenbedingungen gibt es? ) Zu jeder Ebene werden jene Punkte und Eigenschaften auf Karten gesammelt, die aus der eigenen Perspektive heraus relevant sind und ausdrücken, was dem Einzelnen bzw. dem Team wichtig ist. Die Anzahl der Karten pro Ebene nimmt üblicherweise von oben (Vision) nach unten (Rahmenbedingungen) zu und kann die Form einer Pyramide annehmen (Abb. 1). Jede Ebene beeinflusst die darunter liegenden Ebenen und fördert oder hemmt deren Ausprägungen. So wird beispielsweise das Verhalten „auf andere Menschen eingehen“ von einer Person nur dann gezeigt werden können, wenn die handelnde Person die Fähigkeit zur Rollenklärung und Entwicklung für Projektleiter und Teams Wie echte Veränderungen entstehen Projektleitende werden in immer stärkerem Maße als Führungskräfte und Teamentwickler gefordert: Sie arbeiten mit vielfältigen, gemischten Teams, deren Zusammensetzung sich rasch ändern kann. In Projektteams, die als Matrix organisiert sind, müssen Mitarbeiter aus anderen Abteilungen und Bereichen des Unternehmens integriert werden. Demzufolge steigen die Anforderungen an die Projektleitenden und ihre Fähigkeit, Teams aufzubauen, zu führen und Konflikte zu lösen. Im nachfolgenden Artikel wird ein praxiserprobtes Instrument vorgestellt, das Projektleitenden und Teamentwicklern bei der Rollenklärung, Teambildung und Konfliktlösung hilft. Wenn ein Veränderungsbedarf bei Personen oder Teams erkannt wird, greifen Maßnahmen, die auf eine reine Änderung des Verhaltens abzielen, meistens zu kurz. Die Chance auf eine echte Veränderung steigt, wenn zusätzlich zur Verhaltensänderung auch die Fähigkeiten, Überzeugungen und das Rollenverständnis von Einzelnen und Teams berücksichtigt werden. Mit den logischen Ebenen nach Robert Dilts erhalten Projektleitende und Teamentwickler ein Instrument an die Hand, um alle Dimensionen einer Veränderung zu erfassen und zu gestalten. Projektleitende, die sich und ihr Team weiterentwickeln möchten, können das Instrument für die Auslegung der eigenen Projektleitungsrolle ebenso verwenden wie für die Klärung der Projektteamrolle. Gibt es Konflikte in einem Team, kann mit diesem Werkzeug herausgefunden werden, was die Gemeinsamkeiten sind, was das Team trennt und welche Art der Zusammenarbeit von allen Teammitgliedern akzeptiert wird. +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Verena Korn PM_5-2011_1-60: Inhalt 08.11.2011 8: 06 Uhr Seite 34 projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2011 l 35 Empathie hat. Diese Fähigkeit wird sich insbesondere dann entfalten, wenn zum Beispiel Wertvorstellungen wie „Respekt vor anderen Menschen ist mir wichtig“ oder „Wertschätzung von Mitarbeitern ist essenziell“ bei dieser Person vorliegen. Anders ausgedrückt beantwortet der Wert die Frage, warum etwas gemacht wird (“weil mir Respekt vor anderen wichtig ist“), wie (unter Nutzung der Fähigkeit zur Empathie) und was („ich gehe auf die Belange von Sitzungsteilnehmern ein“). Die Pyramidenform illustriert zudem, dass ein bestimmter einzelner Wert, zum Beispiel „Respekt vor anderen“, sich in einer Vielzahl verschiedener Handlungen und Verhaltensweisen an unterschiedlichsten Orten und Zeitpunkten ausdrücken kann. Das einfache Beispiel „Mitarbeitergespräch“ veranschaulicht die Ebenen (siehe Abb. 2). In den folgenden drei Kapiteln beschreibe ich drei praktische Einsatzmöglichkeiten für die logischen Ebenen im Projektumfeld. Jede logische Ebene wird in den Anwendungsfällen mit einer Auswahl an Beispielkarten illustriert. Die Person, die den Prozess strukturiert und das Instrument anwendet, ist ein „Coach“. Dieser „Coach“ ist bei den Anwendungsfällen 1 und 3 eine dritte Person, die hinzugezogen wird. Beim Anwendungsfall 2 ist es eine Projektleiterin, welche die Rollen „Teamleiterin“ und „Teamentwicklerin“ in Personalunion wahrnimmt. 3. Einsatzmöglichkeiten im Projektumfeld: Anwendungsfall 1 - Rollenklärung einer Projektleiterin Ausgangslage: Eine Projektleiterin möchte ihre berufliche Rolle überprüfen und festigen. Sie will sich im Unternehmen aus ihrer früheren Trainee-Rolle lösen und an Selbstsicherheit im Umgang mit ihren Projektmitarbeitern gewinnen sowie ihre Akzeptanz im Projektteam verbessern. Methodenwahl: Die logischen Ebenen sind für die Rollenklärung sehr gut geeignet, da sie alle Aspekte wie Verhalten, Fähigkeiten und Werte abdecken. Die Methode unterstützt die Reflektion darüber, was einer Person wichtig ist, welche Werte ihr Verhalten leiten und wo das Vision Rolle Werte Fähigkeiten Verhalten Rahmenbedingungen Abb. 1: Schematische Darstellung der logischen Ebenen und Anzahl der Ausprägungen Vision Rolle, Identität Fähigkeiten Verhalten Rahmenbedingungen Werte, Überzeugungen Die Teamleiterin möchte die Mitarbeiter ihres Teams so fördern und motivieren, dass ihr Team ein „Dream Team“ wird und die höchste Rendite in der Firma erwirtschaftet. Die Teamleiterin kann sich in der Rolle einer „Mentorin“ ihren Mitarbeitern gegenüber sehen oder als „Bergführerin“, welche die Mitarbeiter auch durch schwieriges Gelände führt; sie sieht sich zum Beispiel als Teil des Teams oder außerhalb des Teams. Die Teamleiterin kann der Überzeugung sein, dass die Mitarbeiter das höchste Gut der Firma sind und dass nur gute Leistung erbringt, wer Wertschätzung erfährt. Sie kann während des Mitarbeitergesprächs eine gute Zuhörerin sein, kann sich empathisch in den Mitarbeiter hineinversetzen, kann mutig offenes Feedback geben etc. Die Teamleiterin kann im Gespräch freundlich und aufmerksam oder z. B. aggressiv und verletzend sein. Die Teamleiterin führt das Mitarbeitergespräch in einem hellen, ruhigen Sitzungszimmer durch oder bittet in ihr Büro oder geht mit dem Mitarbeiter in die Cafeteria usw. Sie führt das Gespräch zum Beispiel am Morgen oder spätabends durch. Abb. 2: Illustration der logischen Ebenen am Beispiel „Mitarbeitergespräch“ PM_5-2011_1-60: Inhalt 08.11.2011 8: 06 Uhr Seite 35 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2011 36 WISSEN Entwicklungspotenzial oder der Entwicklungsbedarf liegt. Ablauf: Der Coach veranschaulicht das Instrument zunächst anhand des Beispiels „Mitarbeitergespräch“ (Abb. 2). Die ovalen Karten, welche die Ebenen bezeichnen, werden dazu mit einem ungefähren Abstand von je einem Dreiviertelmeter auf den Boden gelegt. Die Projektleiterin und der Coach schreiten die Karten am Boden Ebene für Ebene ab, und der Coach erläutert jede Ebene einzeln anhand des leicht nachvollziehbaren Exempels „Mitarbeitergespräch“. Danach beginnt die eigentliche Rollenklärung. Um die Projektleiterin bei der Bearbeitung der Ebenen zu unterstützen, stellt der Coach zu jeder Ebene verschiedene Fragen. Diese Fragen sind beispielsweise: ❑ Vision: Was möchten Sie bewirken? ❑ Rolle: Wer sind Sie als Projektleiterin? ❑ Werte: Was ist Ihnen wichtig, wenn Sie ein Projekt leiten? ❑ Fähigkeiten: Welche Fähigkeiten benötigen Sie am meisten, um eine akzeptierte Projektleiterin zu sein? ❑ Verhalten: Welche Verhaltensweisen werden Ihnen und Ihrem Team helfen? ❑ Rahmenbedingungen: In welcher Umgebung wollen Sie mit Ihrem Team arbeiten? Der Coach beschriftet jeweils die Karten mit den Antworten und Punkten, welche die Projektleiterin nennt. Danach übergibt er der Projektleiterin die Karten, damit sie diese bei der jeweiligen Ebene auf dem Boden platziert. Abbildung 3 veranschaulicht das Ergebnis der Rollenklärung (zur besseren Übersicht und Illustration wird eine Kartenauswahl gezeigt). Ergebnis: Nach der Anwendung der Methode hat die Projektleiterin ein genaues Bild von ihrer Rolle. Sie weiß außerdem, wo sie bereits stark ist und in welchen Bereichen sie sich steigern möchte, um der angestrebten Rolle möglichst nahe zu kommen. Dort, wo sich die Projektleiterin verbessern möchte, legt sie mit Unterstützung des Coachs die Schritte fest, die sie ihrem Ziel näher bringen werden. 4. Einsatzmöglichkeiten im Projektumfeld: Anwendungsfall 2 - Teambildung Ausgangslage: Für ein Projekt wird ein Team mit Mitarbeitern gebildet, die größtenteils vorher noch nicht zusammengearbeitet haben. Die Projektleiterin möchte in die Teambildung investieren, da das Projekt eine hohe Priorität beim Auftraggeber und einen engen Zeitrahmen hat, der bei schlechter Zusammenarbeit kaum einzuhalten ist. Die Projektleiterin informiert die Teammitglieder über das geplante Vorgehen: Es wird einen Workshop geben, um herauszufinden, welche Rolle das Team spielen will, was den Teammitgliedern wichtig ist und wie sie zusammenarbeiten wollen. Der Workshop wird von der Projektleiterin durchgeführt. Methodenwahl: Die logischen Ebenen eignen sich nicht nur für die Rollenklärung von Einzelpersonen, sondern auch für eine Klärung der Teamrolle und der Zusammenarbeit. Anders als bei einer Einzelperson entsteht dann ein Gesamtbild des Teams. Ablauf: Der Ablauf ist zu Beginn ähnlich wie bei Anwendungsfall 1. Der Abstand der ovalen Karten, auf denen die logischen Ebenen stehen, wird etwas größer gewählt. Auf diese Weise haben die Teammitglieder genügend Platz und sehen alles, was auf den Karten steht, die im Laufe des Workshops ergänzt werden. Danach beginnt die Rollenklärung des Teams. Das Team beginnt mit der Ebene „Werte“. Die Teammitglieder nennen die Werte, die ihnen wichtig sind, und die Projektleiterin notiert sie und legt sie ab. Teilweise werden Karten beim Besprechen einer Ebene genannt, die inhaltlich eher einer anderen Ebene zuzuordnen sind. Diese werden nach kurzer Rückfrage durch die Projektleiterin bei der Ebene platziert, zu der sie gehören. Bei der Rollenklärung stellt die Projektleiterin in ihrer Rolle als Coach den Teammitgliedern Fragen, um ihnen Vision Rolle, Identität Werte, Überzeugungen Fähigkeiten Verhalten Rahmenbedingungen 100 % Projektarbeit - keine sonstigen Aufträge Gelassen bleiben Räumlich nahe beim Team Delegieren: Aufgaben bleiben beim MA (nicht zurücknehmen! ) Frühere Aufgaben (≠ PL) lehne ich freundlich ab Schlechte Leistung nicht schönreden Ich kann Mitarbeiter mobilisieren Stark in Planung und Strukturierung Loyalität in beide Richtungen Rückgrat & Gradlinigkeit Ruhender Pol Ratgeberin Makromanager (=> delegieren! ) Meine Rolle ist „Spezialistin für PL“, nicht Spezialistin „Inhalt“ Flow: Alle im Team fließen mit, umschiffen Hindernisse mühelos Mein Name fällt als Erstes, wenn ein neues Großprojekt kommt Überblick behalten (Vogelperspektive) Abb. 3: Illustration des Anwendungsfalls 1 „Rollenklärung“ PM_5-2011_1-60: Inhalt 08.11.2011 8: 06 Uhr Seite 36 projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2011 l 37 einen einfachen Zugang zu den Ebenen zu ermöglichen. Sie formuliert beispielsweise folgende Fragen: ❑ Vision: Welche Rolle werdet Ihr in Zukunft im Unternehmen spielen? ❑ Rolle: Was für ein Team möchtet Ihr sein? ❑ Werte: Was inspiriert Euch als Team? ❑ Fähigkeiten: Welche Fähigkeiten werden Euch helfen, als Team erfolgreich zu sein? ❑ Verhalten: Welche Verhaltensweisen sind am wichtigsten, damit Ihr als Team erfolgreich zusammenarbeitet? ❑ Rahmenbedingungen: Welche Umgebungsfaktoren werden Eure Zusammenarbeit fördern? Denkt an Faktoren wie zum Beispiel den Arbeitsplatz, Lärmpegel, Anzahl Sitzungen etc. Abbildung 4 veranschaulicht das Ergebnis der Rollenklärung (zur besseren Übersicht und Illustration wird eine Kartenauswahl gezeigt). Ergebnis: Der Workshop trägt wesentlich zur Teambildung bei. Das Team hat durch die logischen Ebenen eine gemeinsame Basis für die Zusammenarbeit geschaffen, und die Teammitglieder wissen, wie sie gemeinsam erfolgreich sein werden. Die Zusammenarbeit verläuft während des Projektes auf weiten Strecken reibungslos. 5. Einsatzmöglichkeiten im Projektumfeld: Anwendungsfall 3 - Konfliktlösung Ausgangslage: Die Teilprojektleitenden eines Projektes haben zunehmend Probleme mit der Zusammenarbeit: Vision Rolle, Identität Werte, Überzeugungen Fähigkeiten Verhalten Rahmenbedingungen Sitzungen nur Mo., Mi., Fr. (Di., Do.: Arbeit ohne Sitzungsunterbrechung) Gebäudeneubezug: moderne Büros und Klimaanlage Für Teammitglieder mit Reiseweg Sitzungen zu Randzeiten planen Präzise arbeiten Flexibel bleiben Fairness Quer denken - keine 0815-Lösungen angehen Es muss nicht jeder alles können (wichtig: klare Zuständigkeiten) Kontinuierliche Verbesseung anstreben Guter Teamgeist ist wichtig, aber: Kritik zulassen (kritisch bleiben) Alle Aufgaben werden rechtzeitig erledigt Teammitglieder: v. a. Fach-Know-how im Themengebiet Soziale Kompetenz: insbesondere, wer Kundenkontakt hat PL: v. a. Planung, Projektsteuerung, Team motivieren Innovationsträger Wir sind (bald) ein Hochleistungsteam Wir sind DAS Vorzeige- Projektteam für Produktentwicklungen Fehlt noch: jemand, der QA macht Jeder weiß, wie Use Cases gehen Abb. 4: Illustration des Anwendungsfalls 2 „Teambildung“ PM_5-2011_1-60: Inhalt 08.11.2011 8: 06 Uhr Seite 37 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2011 38 WISSEN Der Ton ist härter geworden, das Gärtchen-Denken nimmt zu, und es gibt Terminverzögerungen, da Zulieferungen zwischen den Teilprojekten nicht mehr gut abgestimmt sind. Die Situation im Projekt ist auch dem Leiter des Steuerungsausschusses zu Ohren gekommen. Dieser vereinbart mit dem Gesamtprojektleiter die Einbeziehung eines Coachs, um die Probleme anzugehen. Nach Vorbesprechungen zwischen dem Coach, dem Leiter des Lenkungsausschusses und dem Gesamtprojektleiter organisiert der Gesamtprojektleiter einen Workshop zur Verbesserung der Zusammenarbeit. Methodenwahl: Die logischen Ebenen eignen sich als Ausgangspunkt für die Konfliktlösung, um transparent zu machen, wo die Gemeinsamkeiten liegen, was das Trennende ist und was den Konflikt auslöst. Je nach Schwere eines Konfliktes müssen dann weitere Maßnahmen im Sinne eines Team-Coachings über mehrere Wochen oder Monate angegangen werden. Ablauf: Der Ablauf ist in der Anfangsphase ähnlich wie beim Anwendungsfall 2. Zur Klärung des Konfliktes und zum Aufbau des Zielbilds werden die logischen Ebenen allerdings zweimal - Wir sind ein leistungsstarkes Team (+) Wir sind ein Team von Einzelkämpfern (-) Termine werden zu schnell akzeptiert (-) Werte, Überzeugungen Rahmenbedingungen Überstunden: Bisher keine Auszahlung (-) Abbau möglich? Fähigkeiten Verhalten Heute Zukunft Besser einzeln als im Team (-) Intoleranz, Rechthaberei (-) Fingerpointing (-) Mut zur Lücke; Ungewissheit wird ausgehalten (+) Es geht zu viel „nur um die Sache“ (-) - Wir überbrücken die Grenzen zw. den Un ternehmensbereichen Dynamisches, flexibles Team Werte, Überzeugungen Rahmenbedingungen Überstunden auszahlen (=> Andreas im Lead) Fähigkeiten Verhalten Wir schaffen das Projekt nur gemeinsam als Team! Erkennen: Hinter der Sache steht ein Mensch Respekt und Wertschätzung zeigen auch unter Zeitdruck Projektabstimmung: im Sitzungszimmer, nicht am Schreibtisch Toleranz und Gelassenheit Meinungsunterschiede sind zulässig Probleme sofort lösen (nicht Schuldige suchen) Alle sind erfahren, senior im Fachgebiet (+) Fehler = Schuld (-) Alle Entscheidungen und Change Requests dokumentieren Hinter (fast) jeder Handlung steckt eine gute Absicht Vision Rolle, Identität Rolle, Identität Vision ? ? ? Starker Verbund aus fähigen Mitarbeitern Wir bauen ein unternehmensweites Expertennetzwerk auf Früchteschale fürs Team (+) Abb. 5: Illustration des Anwendungsfalls 3 „Konfliktlösung“ PM_5-2011_1-60: Inhalt 08.11.2011 8: 06 Uhr Seite 38 projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2011 l 39 ausgelegt und durchgespielt, das heißt es werden zwei parallele Achsen mit ovalen Karten gebildet. Die beiden Achsen unterscheiden sich folgendermaßen: ❑ Achse 1: Die sechs Ebenen und ihre spezifische Ausprägung im Team heute („Ist“-Zustand und das „Trennende“ bzw. die Konfliktquelle). ❑ Achse 2: Die sechs Ebenen und wohin sich das Team entwickeln möchte, um sich zu verbessern und den Teamkonflikt zu überwinden („Soll“-Zustand bzw. Zielvorstellung für die Zukunft). Danach bearbeitet das Team zunächst Achse 1. Die Karten werden mit „+“ und „-“ gekennzeichnet, je nachdem, ob es sich um einen positiven oder negativen Punkt handelt. Werden während der Bearbeitung von Achse 1 Ansatzpunkte genannt, wie die Zusammenarbeit in Zukunft verbessert werden kann, werden diese vom Coach bereits zu den entsprechenden Ebenen auf der zweiten Achse abgelegt. Nachdem der Ist-Zustand abgebildet ist, wird die zweite Achse bearbeitet. Der Coach und die Teammitglieder achten darauf, dass der Wunsch-Zustand möglichst positiv formuliert wird. Bei der zweiten Achse stehen die Lösungen im Vordergrund, was sich darin ausdrückt, dass eine Karte beispielsweise „Toleranz“ und nicht „Keine Intoleranz mehr“ heißt. Der Coach unterstützt das Team durch seine Fragen, um ein stimmiges, für das Team attraktives Zielbild zu erarbeiten. Diese Fragen sind beispielsweise: ❑ Vision: Wem oder was widmen Sie Ihre Ressourcen? ❑ Rolle: Welche Rolle streben Sie als Team an? ❑ Werte: Welche Überzeugungen und Werte werden Ihnen helfen, das Projekt zum Abschluss zu bringen? ❑ Fähigkeiten: Welche Fähigkeiten werden Sie einsetzen, um die Zusammenarbeit zu verbessern? ❑ Verhalten: Welches Verhalten und welche Handlungen dienen dem Projekt und der Teamarbeit? ❑ Rahmenbedingungen: Was sind geeignete Rahmenbedingungen für Ihre Projektarbeit? Abbildung 5 veranschaulicht das Ergebnis des Teamcoachings (zur besseren Übersicht und Illustration wird eine Kartenauswahl gezeigt). Ergebnis: Im Workshop kommt es zu diversen „Aha- Erlebnissen“, da plötzlich klar wird, weshalb zum Beispiel ein Kollege in manchen Sitzungen nicht mitarbeitet und ein Meeting auch schon kommentarlos verlassen hat. (Wenn Teilnehmer zu spät kommen, fühlt er sich respektlos behandelt, und Respekt ist ein zentraler Wert für ihn.) Durch den Workshop ist den Beteiligten klar geworden, was die gemeinsame Basis ist und wo sich die „Tretminen“ befinden und das Verbesserungspotenzial liegt. Da die verschiedenen Wahrnehmungsperspektiven der Teammitglieder einbezogen wurden, fühlt sich jeder im Gesamtbild repräsentiert und in den persönlichen Anliegen ernst genommen. 6. Weitere Schritte Im Anwendungsfall 1 „Klärung der Projektleiterrolle“ werden nach Abschluss der logischen Ebenen weitere Fragen besprochen, zum Beispiel, wo der größte Änderungsbedarf in Bezug auf die Rolle besteht. So stuft die Projektleiterin die Verhaltensweise „delegieren“ als stark verbesserungswürdig ein. Zur weiteren Klärung fordert der Coach die Projektleiterin auf, auf einer Skala von 1 bis 10 einzuschätzen, wo sie heute steht (1 = Delegieren nicht vorhanden; 10 = Delegieren voll ausgeprägt). Ist die Einschätzung eine „5“, wird der Frage nachgegangen, was die „5“ heute schon kennzeichnet (Aspekte des Delegierens, die bereits funktionieren und angewendet werden) und was zu tun ist, um zur „6“ und zur „7“ zu gelangen. Ziel ist dabei, möglichst konkret und mit überschaubaren Schritten eine Verbesserung anzugehen, in diesem Fall das Delegieren besser zu erlernen und anzuwenden. Wenn sich bei einer Teamentwicklung oder einer Konfliktlösung herausstellt, dass im Bereich der Überzeugungen und Werte eine Diskrepanz zwischen den Teammitgliedern besteht, dann gibt es mehrere Handlungsmöglichkeiten: ❑ Die Unterschiede werden explizit hervorgehoben, und es wird besprochen, in welchen Fällen der Zusammenarbeit sich die unterschiedlichen Werte am deutlichsten bemerkbar machen und wie das Team künftig damit umgehen wird. Auch kann das Team besprechen, ob die divergierenden Werte jeweils in einem bestimmten Kontext wichtig sind. So können zum Beispiel die Werte „Stabilität“ und „Flexibilität“ auf den ersten Blick unvereinbar wirken. Bringt man sie in den Projektkontext, dann kann es durchaus sinnvoll sein, die Flexibilität im ersten Drittel des Projektes, wenn es noch viele Unklarheiten gibt oder Lösungsentwürfe wieder verworfen werden müssen, zu schätzen und zu pflegen. Mit zunehmender Dauer des Projektes, wenn häufige Änderungen bei den Zielen, Anforderungen und Lösungen immer schwerer wiegen und immer größere Auswirkungen auf das Projekt haben, ist es dagegen wichtig, die Stabilität zu erhöhen und die Flexibilität zu reduzieren. ❑ Das Team kann sich auf einen gemeinsamen Wert einigen, dass Unterschiede zwischen den Teammitgliedern als etwas Positives geschätzt werden und deshalb niemand ausgegrenzt wird. Je nachdem, was für ein Teamgeist herrscht, kann das Herausarbeiten und Erkennen der Unterschiede bei den logischen Ebenen schon ausreichen - es muss nicht zwingend versucht werden, Kompromisse oder Lösungen zu finden. ❑ Die Werte werden in eine Wertehierarchie gebracht (z. B. eins bis zehn) oder unterschieden in „gemeinsamer Kern - nicht verhandelbar“ und „verhandelbar“. Das Team schätzt dann ein, wo die Werte mit den größten Unterschieden rangieren und ob die Diskrepanz, wenn die betreffenden Werte sich zum Beispiel auf Platz neun und zehn befinden, bearbeitet werden sollte. ❑ Es werden weitere, ergänzende Coaching-Methoden angewendet, beispielsweise Reframing. Die logischen Ebenen sind in diesem Fall der Grundstein, der ein klares Bild und Transparenz schafft. Auf diesem Fundament bauen dann weitere Veränderungsmaßnahmen auf. Ein einfaches, wirkungsvolles Mittel in Verbindung mit den logischen Ebenen ist das Festhalten von Erfolgskriterien. Zur Frage „Woran zeigt sich, dass die Zusammenarbeit besser geworden ist? “ kommt ein Team beispielsweise zu dem Ergebnis: ❑ Entscheidungen bleiben stabil und verlässlich ❑ Es gibt keine Feuerwehrübungen PM_5-2011_1-60: Inhalt 08.11.2011 8: 06 Uhr Seite 39 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2011 40 WISSEN ❑ Probleme bei der Erledigung von Aufgaben werden angesprochen, bevor eine Frist erreicht ist ❑ Es gibt nur selten Managementeskalationen (höchstens zwei während des Projektes) Diese Kriterien ermöglichen es dem Team zu erkennen, ob es sich in die anvisierte Richtung bewegt oder ob Teammitglieder in alte Muster zurückfallen und die Aufmerksamkeit wieder auf die Veränderung und die Lernprozesse gelegt werden sollte. 7. Best Practices Die Ebenen sollten möglichst stimmig und kongruent zueinander sein. Deshalb kann ein guter Einstieg beim Anwenden des Instruments das Besprechen der Werte sein. Davon ausgehend können die Fragen abgeleitet werden, welche Fähigkeiten man braucht, um die Werte zu etablieren, und an welchem Verhalten und welchen Aktivitäten man die dahinter stehenden Werte erkennen kann. Wenn es viele Nennungen zu den Ebenen gibt und die Teammitglieder zum Beispiel noch relativ weit von ihrem angestrebten Zielbild entfernt sind, dann sollten die Teilnehmer aufgefordert werden, zu priorisieren, was ihnen im Moment am wichtigsten ist. Bei Veränderungsprozessen kann es zudem zu einem Schneeballeffekt kommen: Durch eine kleine Veränderung können sich immer größere Veränderungsprozesse in Gang setzen. Aus diesem Grund und da es selten sinnvoll ist, bei Entwicklungsprozessen zu viele „Baustellen“ gleichzeitig zu eröffnen, sollte man sich bei Veränderungsprozessen zunächst auf einige Punkte konzentrieren, diese aber möglichst konsequent Schritt um Schritt angehen. Wenn ein Problem auf einer bestimmten Ebene vorliegt, dann muss bei der Problembearbeitung mindestens eine weitere Ebene höher einbezogen werden. So wird beispielsweise bei Schwierigkeiten im Bereich „Verhalten“ die Ebene „Fähigkeiten“ ebenfalls betrachtet: Ist die benötigte Fähigkeit überhaupt vorhanden? Wenn nicht, kann sie aufgebaut werden, zum Beispiel durch Schulungen? Es hilft nichts, wenn bestimmte Verhaltensweisen „verordnet“ werden, aber die dazu benötigten Fähigkeiten oder Überzeugungen gar nicht vorhanden sind. Bei der Durchführung spielt es eine eher untergeordnete Rolle, ob eine bestimmte Karte, zum Beispiel „Überblick behalten“, als Fähigkeit oder als Verhalten eingestuft wird. Das heißt, es sollte nicht viel Zeit darauf verwendet werden, unbedingt jede Karte der „richtigen“, formal korrekten Ebene zuzuordnen. Wenn ein Coach oder auch einzelne Teilnehmer hier zu stark intervenieren, kann das die Teamdynamik bei der Bearbeitung der Ebenen stören. Auch sollte es nicht auf die Spitze getrieben werden, die Ebenen mit möglichst vielen Karten zu vervollständigen - weniger kann hier mehr sein. 8. Resümee Die logischen Ebenen können eine nachhaltige Entwicklung und Veränderung bewirken, da sie alle wesentlichen Dimensionen für Veränderungsprozesse berücksichtigen. Als Einstiegspunkt für die Entwicklung von Teams oder Einzelpersonen bilden sie ein solides Fundament, auf dem weitere Entwicklungsmaßnahmen aufbauen können. Je kongruenter die verschiedenen Ebenen sind und je stimmiger, passender und attraktiver eine Person oder ein Team das Zielbild für sich ansieht, desto höher ist die Chance der Veränderung. Die logischen Ebenen können, in Teilen oder komplett, in vielfältiger Weise angewendet werden: neben Rollenklärungen und Teamentwicklungen beispielsweise zur Karriereentwicklung oder als innovative Form von Rollenbeschreibungen, indem wesentliche Rollen in einem Team durchgespielt werden, anstatt nur „normale“ AKVs zu beschreiben. Um den eigenen, persönlichen Standort zu bestimmen oder die Rolle eines Projektteams zu klären, ist es möglich, die logischen Ebenen ohne die Einbeziehung von Dritten anzuwenden. Sollen die Möglichkeiten zur Reflektion vergrößert werden oder werden umfassendere Veränderungen gewünscht, dann sollte eher ein Coach hinzugezogen werden. Bei Teamentwicklungen sollte ein Coach insbesondere dann einbezogen werden, wenn der Projektleiter des Teams nicht zwei Rollen - die des Teamentwicklers und des Teamleiters - gleichzeitig besetzen will oder kann. Auch wenn der eigene Beitrag von Projektleitenden bei einem bestehenden Teamkonflikt unklar ist, sollte eine dritte, neutrale Person in die Konfliktlösung einbezogen werden, die sonst nicht mit dem Team zusammenarbeitet und eine neutrale Position einnehmen kann. ■ Literatur [1] Dilts, R. B.: Professionelles Coaching mit NLP. Mit dem NLP-Werkzeugkasten geniale Lösungen ansteuern. Paderborn 2005 Schlagwörter Coaching, Gruppendynamik, Konfliktlösung, logische Ebenen, Rolle, Teambildung, Teamentwicklung, Veränderungsmanagement Kompetenzelemente der NCB 3.0 1.07 Teamarbeit (Teamwork), 2.01 Führung (Leadership), 2.02 Engagement und Motivation (Engagement & Motivation), 2.10 Beratung (Consultation), 2.12 Konflikte und Krisen (Conflicts & Crisis), 2.14 Wertschätzung (Values Appreciation) Autorin Verena Korn, Informationswissenschaftlerin M. A., Certified Senior Project Manager IPMA Level B, ist seit über zehn Jahren im Projekt-, Risiko- und Qualitätsmanagement tätig und hat umfangreiche Erfahrungen durch das Leiten eigener Projekte wie auch durch das Begleiten von Projekten und das Coaching von Projektleitern und -teams gesammelt. Sie hat eine große Zahl von Projekten insbesondere in den Bereichen Organisationsentwicklung und IT im deutschsprachigen Raum und international geleitet und arbeitet freiberuflich als Projektleiterin, Beraterin und Coach. Anschrift Ottikerstraße 30 CH-8006 Zürich E-Mail: vk@projektloesungen.ch Stephan PM_5-2011_1-60: Inhalt 08.11.2011 8: 06 Uhr Seite 40