PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Projekterfolg: 605 Kilometer mit einer einzigen Batterieladung
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Oliver Steeger
Nach über 600 Kilometern lief der Motor des Elektroautos noch immer, die Strecke von München nach Berlin hatte Mirko Hannemann mit dem umgebauten Audi A2 bereits zurückgelegt. Der junge Erfinder, Projektmanager und Unternehmer hatte damit den Beweis geführt: Seine Spezialbatterien haben das Zeug, die Autowelt zu revolutionieren. Sie könnten Elektromobile ebenso langstreckentauglich wie komfortabel und sicher machen. Mit seiner Rekordfahrt hatte der junge Innovator sogar die Ziellinie, die die Politik der zukünftigen Reichweite von Elektroautos gibt, weit überschritten. Für dieses Pionierprojekt hat die GPM jetzt Mirko Hannemann den „Roland Gutsch Project Management Award“ verliehen. Er ist der vierte Projektmanager, der mit dieser hohen Auszeichnung geehrt wurde. Denn die GPM verleiht den Award nur Persönlichkeiten, die Projekte mit erheblicher Tragweite und mit positiver Außenwirkung in oder für Deutschland umgesetzt haben.
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projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2012 l 21 S tromspeicher bilden seit jeher die Achillesferse der Elektromobile. Schwer waren die Batterien zumeist, vor allem aber fehlte es ihnen an Durchhaltevermögen. Ihre Kapazität reichte bislang kaum aus, um Elektroautos in puncto „Reichweite je Tankfüllung“ konkurrenzfähig zu machen. Dies könnte sich plötzlich geändert haben. Mirko Hannemanns Spezialbatterien könnten der Elektromobilität völlig neue Perspektiven geben. Denn seine Batterien scheinen praxistauglich. Für die Jury des „Roland Gutsch Project Management Award“ ein klares Zeichen. Mirko Hannemann habe, so die Jury, mit seinem Forschungs- und Entwicklungsprojekt Deutschland weltweit an die Spitze der Elektromobilität katapultiert. Mehr noch: Das Projekt kann nach Meinung der Jury nachhaltig die Gesellschaft verändern. Es kann zur Energiewende beitragen und Länder in aller Welt unterstützen, langfristig ihre Klimaziele zu erreichen. Zudem: Nicht ein Automobilkonzern oder ein großes Forschungsinstitut stellte die Innovation vor, sondern ein Start-up-Unternehmen aus den neuen Bundesländern. Sein Projekt, vom Bundeswirtschaftsministerium finanziell gefördert, hat das mittelständische Unternehmen weitgehend aus eigener Kraft gestemmt. Alles in allem Grund für die GPM, Mirko Hannemann mit dem „Roland Gutsch Project Management Award“ zu ehren. Der Preisverleihung gab das GPM Hauptstadtbüro einen großen Rahmen. Das von Stephan Schwartzkopff geleitete Büro lud zu einem Parlamentarischen Abend direkt am Reichstagsgebäude ein. Neben Vertretern aus Ministerien und Verbänden gratulierten drei Bundestagsabgeordnete dem Preisträger zu seiner Auszeichnung. Auch war Hannemanns Entwicklungsteam zur Awardverleihung ins Zentrum der Hauptstadt angereist. Staatssekretär Hans-Joachim Otto (Bundesministerium für Wirtschaft und Forschung) würdigte die Leis- Projekterfolg: 605 Kilometer mit einer einzigen Batterieladung „Roland Gutsch Project Management Award“ an jungen Projektmanager verliehen Nach über 600 Kilometern lief der Motor des Elektroautos noch immer, die Strecke von München nach Berlin hatte Mirko Hannemann mit dem umgebauten Audi A2 bereits zurückgelegt. Der junge Erfinder, Projektmanager und Unternehmer hatte damit den Beweis geführt: Seine Spezialbatterien haben das Zeug, die Autowelt zu revolutionieren. Sie könnten Elektromobile ebenso langstreckentauglich wie komfortabel und sicher machen. Mit seiner Rekordfahrt hatte der junge Innovator sogar die Ziellinie, die die Politik der zukünftigen Reichweite von Elektroautos gibt, weit überschritten. Für dieses Pionierprojekt hat die GPM jetzt Mirko Hannemann den „Roland Gutsch Project Management Award“ verliehen. Er ist der vierte Projektmanager, der mit dieser hohen Auszeichnung geehrt wurde. Denn die GPM verleiht den Award nur Persönlichkeiten, die Projekte mit erheblicher Tragweite und mit positiver Außenwirkung in oder für Deutschland umgesetzt haben. Oliver Steeger tung des Innovators. „Mirko Hannemann hat mit seinem Projekt dazu beigetragen, dass in Deutschland die Diskussion um die Entwicklung leistungsfähiger Batterien wieder in Gang gekommen ist“, erklärte er, „wir brauchen Menschen mit seinem Sachverstand und seiner Leidenschaft, die die hiesige Wirtschaft voranbringen und durch ihre Innovationen Türen aufstoßen.“ Dabei nahm er auch die Wirtschaft in die Pflicht. „Geben wir kreativen Köpfen in Deutschland genug Raum? “, fragte er und referierte ernüchternde Zahlen: In nur einem Drittel der deutschen Unternehmen sei kreatives Denken hoch angesiedelt. „Das ist ein kaltes Klima für junge Entwickler, dies müssen wir ändern“, erklärte der Staatssekretär, „wir müssen es wagen, junge Erfinder wie Mirko Hannemann ernst zu nehmen - auch dann, wenn es zunächst Vorbehalte gegen deren Ideen gibt.“ Mit solchen Vorbehalten und Anfeindungen von außen hatte Mirko Hannemann während seines spektakulären Projekts mehrfach zu ringen, ein Ärgernis, das den Staatssekretär sichtlich bewegte. „Seien wir doch ehrlich“, rief er den Gästen der Awardverleihung zu, „Deutschland ist bei der Elektromobilität nicht unbedingt führend.“ Der Wettstreit um die besten Plätze bei alternativen Antrieben sei global entbrannt. Deutschland habe nicht unbedingt die Poleposition bei diesem Rennen inne. „Deswegen sind wir froh, dass wir Mirko Hannemann haben“, sagte Otto, bekräftigte die Unterstützung des Ministeriums für das Projekt und dankte dabei der GPM, dem jungen Projektmanager das Vertrauen auszusprechen und ihn mit dem renommierten Preis zu ehren. Ebenfalls ihren Respekt vor der Projektleistung bekundeten Vertreter des Bundestags. Bundestagsabgeordneter Andreas Jung (CDU/ CSU) hob die Bedeutung der Elektromobilität für nachhaltige Verkehrskonzepte der Zukunft hervor. Die Bundesregierung habe sich zum Ziel gesetzt, dass bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge PM_1-2012_1-60: Inhalt 30.01.2012 16: 04 Uhr Seite 21 auf deutschen Straßen rollen. So könne der Ausstoß des „Treibhausgases“ CO 2 vermindert werden, wenn Elektromobilität mit regenerativen Energiequellen verbunden wird. Zudem trage Elektromobilität dazu bei, die Abhängigkeit von Energieimporten zu vermindern. „Deutschlands Automobilbranche ist weltweit führend, wir stehen an erster Stelle“, erklärte Jung, „auch beim Trend der Elektromobilität müssen wir vorne dabei sein.“ Mirko Hannemanns Projekt sei dabei wegweisend. Persönliche Worte fand Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae (Bündnis 90/ Die Grünen) für den Preisträger. Sie betonte, dass mit Mirko Hannemann auch ein kleines Unternehmen geehrt werde. „Ich freue mich, wenn junge Menschen mit ihren Ideen Antworten geben auf Zukunftsfragen“, erklärte sie, „wir sollten jungen Menschen deshalb Mut machen, Unternehmen zu gründen und zu führen.“ Ähnlich äußerte sich SPD-Bundestagsabgeordneter René Röspel, der nach eigenem Bekunden selbst bereits Elektroautos gefahren hat. Er ging in seinem Beitrag stark auf die Technik ein. „Der Staat muss bei dieser Technologie seinen Teil beitragen, Grundlagenforschung fördern und Impulse in der Industrie setzen“, erklärte er, „denn gerade bei der Grundlagenforschung für innovative Batteriesysteme ist Deutschland zurückgefallen.“ Dabei gehe es nicht nur um eine neue Technologie für den Antrieb, sondern um ein ganzes Mobilitätskonzept, das sich letztlich auch auf Stadtentwicklung und Industriepolitik auswirke. Prof. Hasso Reschke, Juryvorsitzender des „Roland Gutsch Project Management Award“, hob in seiner Laudatio die Erfolge von Mirko Hannemanns Projekt hervor. Dieses gelungene Vorhaben sei ein Beispiel für die Innovationskraft in Deutschland, die sich auf einem für die Zukunft außerordentlich wichtigen Gebiet zeige. „Offensichtlich bilden die Ergebnisse einen Meilenstein in der Innovation elektrischer Speichertechnik“, erklärte Hasso Reschke, „damit hat der Preisträger auf diesem Gebiet Deutschland wieder an den Weltmarkt herangeführt und die hiesige Innovationskraft eindrucksvoll demonstriert.“ Neben diesen Ergebnissen des Forschungs- und Entwicklungsprojekts betonte Reschke auch die Leistungen im Projektmanagement. „Eine Idee wurde mit großer Nachdrücklichkeit verfolgt“, lobte er die Zielbindung. Die beachtlichen Ergebnisse wurden mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln erreicht; man spricht im Projekt- 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2012 22 REPORT Bundestagsabgeordneter Andreas Jung (CDU/ CSU) betonte die Bedeutung der Elektromobilität für nachhaltige Verkehrskonzepte der Zukunft. Foto: Oliver Steeger Feierliche Ehrung in Berlin: Vor über 180 Gästen verlieh die GPM den „Roland Gutsch Project Management Award“. Links im Bild: Staatssekretär Hans-Joachim Otto, rechts: Juryvorsitzender Prof. Hasso Reschke Foto: Oliver Steeger PM_1-2012_1-60: Inhalt 30.01.2012 16: 04 Uhr Seite 22 management von hoher Projekteffizienz. Überdies lobte der Juryvorsitzende das persönliche Engagement Hannemanns, „wahres Entrepreneurship, das sich selbst gegen massive Widerstände durchgesetzt hat.“ Diese Leistungen, so war sich die Jury einig, sind Kennzeichen hervorragenden Projektmanagements. „Bei der Entwicklung einer universell einsetzbaren Speichertechnologie wie der unsrigen besteht eine große Herausforderung: Man darf sich nicht verzetteln“, erprojekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2012 l 23 Sehr persönliche Worte fand Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae (Bündnis 90/ Die Grünen) für den Preisträger. „Ich freue mich, wenn junge Menschen mit ihren Ideen Antworten geben auf Zukunftsfragen“, erklärte sie, „wir sollten jungen Menschen deshalb Mut machen, Unternehmen zu gründen und zu führen.“ Foto: Oliver Steeger Staatssekretär Hans-Joachim Otto (Bundesministerium für Wirtschaft und Forschung) würdigte Mirko Hannemanns Leistungen: „Er hat mit seinem Projekt nicht zuletzt auch dazu beigetragen, dass in Deutschland die Diskussion um die Entwicklung leistungsfähiger Batterien wieder in Gang gekommen ist.“ Foto: Oliver Steeger klärte Preisträger Mirko Hannemann. Gutes Projektmanagement erkenne man an den richtig gewählten Prioritäten; dies gelte ebenso für die Prioritäten bei den Zielen wie auch bei denen für den Weg dorthin. „Eine saubere, maßgeschneiderte Projektplanung mag am Anfang Zeit kosten“, berichtete Hannemann über seine Erfahrungen. Doch habe sein Team bewusst diese Zeit investiert, um die Zielerreichung zu kontrollieren und den Prozess zu steuern. „Nur mit Projektmanage- SPD-Bundestagsabgeordneter René Röspel ging in seinem Beitrag stark auf die Technik ein. „Der Staat muss bei dieser Technologie seinen Teil beitragen, Grundlagenforschung fördern und Impulse in der Industrie setzen“, erklärte er, „denn gerade bei der Grundlagenforschung für innovative Batteriesysteme ist Deutschland zurückgefallen.“ Foto: Oliver Steeger Prof. Hasso Reschke, Juryvorsitzender des „Roland Gutsch Project Management Award“, hob in seiner Laudatio die Erfolge von Mirko Hannemanns Projekt hervor. Dieses gelungene Vorhaben sei ein Beispiel für die Innovationskraft in Deutschland, die sich auf einem für die Zukunft außerordentlich wichtigen Gebiet zeige. Foto: Oliver Steeger PM_1-2012_1-60: Inhalt 30.01.2012 16: 04 Uhr Seite 23 ment können wir die PS, die von hochinnovativen Technologien geboten werden, auf die Straße bekommen“, sagte er. Die GPM hat den „Roland Gutsch Project Management Award“ in den Vorjahren drei Mal vergeben: an Heinz Palme (Chefprojektmanager der FIFA Fußball- Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland), Ulrich R. Schönfeld und Dr. Karl-Heinz Schützhold (Projektverantwortliche für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche) sowie an Dr. Jörn Lauterjung und Dr. Sri Woro Harijono (Projektleiter des deutsch-indonesischen Tsunami-Frühwarnsystems GITEWS). Der Awardjury gehören neben Projektmanagementexperten auch frühere Preisträger sowie Persönlichkeiten aus dem politischen und gesellschaftlichen Leben an. Benannt ist der renommierte Preis für Projektmanager nach Roland Gutsch, dem im Jahr 2009 verstorbenen Gründer der GPM und „Vater“ des Projektmanagements in Deutschland. Roland Gutsch hat seit den frühen 1960er-Jahren Projektmanagement nach Deutschland gebracht, hier verbreitet und darüber hinaus international gefördert. So war er über viele Jahre Vorstandsvorsitzender der GPM und internationaler Projektmanagementverbände. 1971 initiierte er in einer Pioniertat einen Fernsehschulungskurs für Projektmanagement, der sich an Führungskräfte in Wirtschaft und Verwaltung richtete. Die Teilnehmer studierten in drei Wochen die Grundlagen und Arbeitsweisen professionellen Projektmanagements. Obwohl diese Managementdisziplin damals in Deutschland kaum bekannt war, gewann Gutsch rund 20.000 Interessierte für das Angebot. ■ 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2012 24 REPORT Mit zwei Missverständnissen räumt Mirko Hannemann zu Beginn vieler Gespräche auf. Erstens, bei seinen „Batterien“ für Elektromobile handelt es sich nicht um eine klassische Batterie oder einen Akku, sondern um ein ganzes System unter dem Namen „KOLIBRI-AlphaPolymer-Technologie“. Zweitens, sein Unternehmen „DBM Energy GmbH“ ist spezialisiert auf Stromspeichertechnologie - und nicht auf Elektromobilität. Hannemann, der eine revolutionäre Speichertechnologie entwickelt hat, spricht viel von Großspeichern, also gewaltigen Anlagen, die tags erzeugten Sonnenstrom für die Nacht vorhalten und damit die Stromnetze stabilisieren. Er ist Zahlenmensch. Er rechnet vor, wie die abgeschalteten Atomkraftwerke unsere Stromnetze stabil gehalten haben. Nun, nach der Energiewende, fehlen sie. Großbatterien könnten statt ihrer die Schwankungen ausgleichen. Mirko Hannemann verwendet Lithium-Metall-Polymer-Akkus, eine Technologie, die landläufig zwar als leistungsfähig, doch als sehr hitzeempfindlich und nur langsam wieder aufladbar gilt. Solche Sicherheitsbedenken, die gegen diese Technologie vorgebracht wurden, hat er bei seinen Batteriesystemen offenbar entkräftet. Die „Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung“ hat seine Batterien in diesem Jahr getestet: extreme Klima- und Luftdruckschwankungen, Kurzschlüsse, Überladung, Falschpolung, Stoß, Aufprall - nichts war zu beanstanden. Alle Sicherheitsstandards zu Luft, Land und Wasser werden erfüllt. Dies befriedigt den jungen Erfinder. Sicherheit steht für ihn an erster Stelle, wie er immer wieder hervorhebt. Was die KOLIBRI-Technologie darüber hinaus interessant macht: Sie gestattet es, Energie mit einer Effizienz von 97 Prozent zu speichern und leistungsfähig bereitzustellen. Darüber hinaus braucht man für die Herstellung keine seltenen Erden, Säuren, anderen Gefahrenstoffe, Flüssigkeiten oder Gase. Die Rekordfahrt von München nach Berlin war nicht der einzige Härtetest, den die in Autos verbaute Batterie zu bestehen hatte. In Oldenburg wurden mit dieser Batterie ausgestattete Elektromobile einem langen Alltagstest unterzogen - offenbar erfolgreich. Auch hat die DEKRA unlängst in einem Leistungs- und Ausdauertest der Batterie ein gutes Zeugnis ausgestellt. Mirko Hannemann begann bereits 2005, eigene Hochleistungs-Energiespeicher für den Katastrophenschutz zu entwickeln. Nach vier Jahren intensiver Entwicklungsarbeit gelang ihm der Durchbruch. Heute ist Mirko Hannemann Geschäftsführer der 2009 gegründeten DBM Energy GmbH und Vorstand der 2011 gegründeten Kolibri Power Systems AG. Die 600-Kilometer-Batterie Elektroautos als Mobilitätslösung für die Zukunft? Mirko Hannemann, soeben mit dem „Roland Gutsch Project Management Award“ der GPM ausgezeichnet, gibt der Diskussion Nahrung mit innovativen Batteriekonzepten. Rechts im Bild: Prof. Hasso Reschke, Vorsitzender der Awardjury Foto: Oliver Steeger Oliver St PM_1-2012_1-60: Inhalt 30.01.2012 16: 04 Uhr Seite 24
