eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 23/2

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
31
2012
232 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Soft Factors im Projektmanagement

31
2012
Heinz Schelle
Huber, A./Kuhnt, B./Diener, M.: Projektmanagement. Erfolgreicher Umgang mit Soft Factors. vdf-Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, Zürich 2011, ISBN 978-3-7281-3243-7, 232 Seiten, EUR 62,90
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Das englischsprachige Buch ist klar strukturiert und verständlich geschrieben. Es enthält viele aktuelle Beispiele von Personen, die durch ihre radikalen (Geschäfts-)Innovationen die Welt verändert haben (z. B. Steve Jobs von Apple, Michael Dell von Dell). Dadurch wird das Buch sehr anschaulich. Wem es jedoch zu viele Beispiele sind, der kann das Buch auch selektiv lesen. Die Autoren argumentieren, dass sich diese fünf Fähigkeiten erlernen lassen. Man muss also nicht als „Genie“ geboren sein, um kreative Ideen zu haben. Dementsprechend gibt es in dem Buch viele Empfehlungen, um die persönliche Kompetenz bei den fünf Entdeckungsfähigkeiten zu verbessern. Zu den Stärken des Buchs gehört, dass mit den fünf Entdeckungsfähigkeiten fundiert ein schlüssiger und kompakter Ansatz zur Steigerung der individuellen Kreativität dargelegt wird. Diese Inhalte wurden sehr gut fundiert durch die empirische Studie. Positiv ist auch die Konzentration auf gestaltbare Fähigkeiten und die vielen Hinweise, um eine positive Veränderung bei sich selbst oder bei anderen Personen zu erreichen. Die Anschaulichkeit durch viele aktuelle und gut beschriebene Beispiele ist ebenfalls eine Stärke. Zweifel sind jedoch sicherlich nicht unangebracht, ob diese fünf Entdeckungsfähigkeiten tatsächlich so entscheidend sind, wie es beim Lesen des Buchs manchmal erscheint. Zudem halte ich den Titel des Buchs nicht für sehr glücklich gewählt: Die Analogie mit der DNA erhöht meiner Ansicht nach nicht die Klarheit über das „wirkliche Thema“ des Buchs. Zudem hat der im Titel genannte spezielle Begriff „disruptive Innovation“ innerhalb des Buchs keine große Bedeutung. Insgesamt bietet dieses Buch sehr interessante Inhalte mit einem hohen Praxisbezug und ist für alle Personen zu empfehlen, die ihre persönliche Kreativität/ Innovativität oder die von anderen Personen erhöhen wollen. Auch für das Personalmanagement (z. B. die Personalauswahl und Personalentwicklung) von Projektteams mit hoch innovativen Aufgaben liefern die fünf Entdeckungsfähigkeiten wertvolle Hinweise. Weitere Informationen können auf der Homepage des Buchs http: / / innovatorsdna.com/ gefunden werden. Dort wird auch - gegen Bezahlung - ein fragebogenbasierter Test hinsichtlich 1. (Hinter-)Fragen, 2. Beobachten, 3. Netzwerken, 4. Experimentieren und 5. Assoziieren angeboten. Martin Haberstroh ■ projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2012 l 55 Buchbesprechung Soft Factors im Projektmanagement Huber, A./ Kuhnt, B./ Diener, M.: Projektmanagement. Erfolgreicher Umgang mit Soft Factors. vdf-Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, Zürich 2011, ISBN 978-3-7281-3243-7, 232 Seiten, EUR 62,90 Bei meinen langen Märschen durch so manche Wüstengebiete der Projektmanagementliteratur, die einem die Freude an Rezensionen vergällen könnten, gelange ich - Gott sei Dank - auch immer wieder in blühende Oasen mit sprudelnden Quellen. Das Buch der drei in der Schweiz wirkenden Autoren ist eine solche Oase. Es ist ein ganz und gar ungewöhnliches Buch, das zumindest mir zeigt, wie viel ich noch in unserer Disziplin lernen kann und welchen Ertrag neue Perspektiven bringen. Das Anliegen der Verfasser/ Verfasserin unterscheidet sich zunächst bei oberflächlicher Lektüre in der Formulierung nicht sehr von dem Ziel anderer Publikationen, die sich mit Soft Factors in Projekten befassen. Es lautet: „Das Buch stellt die Führung der sozialen Prozesse im Projekt als entscheidenden Faktor für erfolgreiche Projekte in den Mittelpunkt.“ Neu ist allerdings bereits, dass drei primäre Prozesse - zwei davon allgemein bekannt - für Projekte definiert werden, nämlich ❑ der Projektmanagementprozess, ❑ der Prozess der Produktentwicklung und ❑ der Prozess der Führung der sozialen Prozesse. Mit dieser Erweiterung eines Projektvorgehensmodells wird das gesamte für Projekte relevante Spektrum der Organisationspsychologie mühelos und elegant in die Disziplin Projektmanagement integriert. Dass die drei Prozesse parallel laufen und ineinander verschachtelt sind, versteht sich von selbst. Im Prozessmodell der Führung sozialer Prozesse werden vier Phasen unterschieden und ihnen jeweils verschiedene Aufgaben zugewiesen. Dabei ist den Autoren natürlich bewusst, dass diese nicht einfach sequenziell abgearbeitet werden. ❑ Etablierung (z. B. Gewinnung der wichtigsten Stakeholder für das Vorhaben) ❑ Konstituierung (z. B. identitätsstiftende Maßnahmen) ❑ Steuerung (z. B. konstruktiver Umgang mit den Stakeholdergruppen) PM_2-2012_1-68: Inhalt 28.03.2012 12: 20 Uhr Seite 55 ❑ Abschluss (z. B. Anstoßen von Lernprozessen) Das Buch ist in den Kapiteln 3 bis 6 nach den genannten vier Phasen gegliedert. In diesen Abschnitten werden eine Reihe von „Praktiken“, wie sie im Werk auch genannt werden, vorgestellt. Unter der Überschrift „Etablierung“ werden die Projektumfeldanalyse, systemische Fragetechniken und wertschätzende Interviews, im Kapitel „Konstitutierung“ die Gestaltung der Kommunikation, Kick-off-Workshops und die schon erwähnten identitätsstiftenden Maßnahmen, unter „Steuerung“ soziales Monitoring, Feedback-Techniken und Interventionen und schließlich unter „Abschluss“ Wissensmanagement, Reflexion und Evaluation sowie der Auflösungsworkshop erläutert. Wenn man so will, dann ist auch der Ansatz von Huber, Kuhnt und Diener „technokratisch“, an ganz konkreten Praktiken orientiert, aber eben im Bezug auf soziale Prozesse. Die Verfasser betrachten mit hohem Erkenntnisgewinn Projekte aus der sozialen Perspektive, folgen damit dem Ansatz von Winter und Szczepanek (vgl. dazu die Besprechung des Buches „Images of Projects“ in der Ausgabe 5/ 2011 dieser Zeitschrift) und berücksichtigen dabei, wie diese, auch die Sicht des Konstruktivismus. In ihren Ausführungen, die sich mit den Charakteristika eines sozialen Systems befassen, greifen die Autoren vor allem auf Niklas Luhmann zurück. Eine Entscheidung, die als ich sie las, bei mir wenig Begeisterung, sondern eher Widerstand erzeugte. Die Abwehrhaltung war unberechtigt. Die Schweizer haben mich zwar nicht zum Luhmann-Fan konvertiert, mir aber Termini wie „Anschlussfähigkeit“, „Perturbation“, „operative Geschlossenheit“ und „Grenzerhaltung“, bislang für mich böhmische Dörfer, dadurch verständlich gemacht, dass sie die Begriffe auf Projekte übertragen und damit anschaulich gemacht haben. Die kritische Frage bleibt trotzdem, warum man eine solche exzentrische und elitäre Begriffsbildung betreiben muss. Aber das ist natürlich kein Vorwurf an die Autoren. Besonders anerkennenswert ist in diesem Zusammenhang, dass auch der „soziale Erfolgsfaktor Macht“ thematisiert wird, ein Problemkreis, der meines Erachtens bisher in der PM-Literatur nahezu völlig vernachlässigt und allenfalls implizit behandelt wurde. Wer aus der Lektüre der Rezension nun den Eindruck gewonnen hat, dass es sich bei dem Buch aus der Schweiz zwar um eine interessante, aber doch sehr theoretische Publikation handelt, der irrt. Die Veröffentlichung bietet eben nicht nur eine solide theoretische Fundierung, sondern auch ganz handfeste, didaktisch gut dargestellte Instrumente. So wird zum Beispiel die Praktik der Intervention und des sozialen Monitoring in Projekten - kaum einmal in der Lehrbuchliteratur dargestellt - sehr anschaulich am Beispiel eines Outsourcing-Projekts („Fall Rigi“), das in eine Krise geraten ist, erörtert. Die Thematik der Projektsteuerung gewinnt damit eine höchst interessante zusätzliche Dimension. In der GPM wird zurzeit diskutiert, wie unsere Disziplin ein festeres wissenschaftliches Fundament bekommen könnte. Das vorliegende Buch liefert aus meiner Sicht einen wichtigen Beitrag für dieses Vorhaben. Daneben aber werden Praktiker für soziale Prozesse in Projekten sensibilisiert und bei der Bewältigung von Problemen unterstützt. Heinz Schelle ■ 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2012 56 WISSEN ❙ Die 47. Ergänzungslieferung des Loseblattwerks „Projekte erfolgreich managen“ ist gerade erschienen. Sie befasst sich mit aktuellen Themen rund um das Projektmanagement und erweitert die umfangreiche Wissensbasis des Kompendiums. Die Themen im Einzelnen: ❑ Wirtschaftlichkeit von Projekten konsequent nachhalten (Dr. Thor Möller): Die Wirtschaftlichkeit von Projekten sollte stets messbar sein. Die Praxis zeigt aber eine Vielzahl erschreckender Beispiele, wie Finanzmittel relativ unkontrolliert eingesetzt werden. Der Beitrag bietet eine Zusammenfassung der Thematik und grundlegende Informationen sowie praxisorientierte Beispiele. ❑ Prägung der Information und Kommunikation in internationalen Projektteams (Prof. Steffen Rietz): Das internationale Projektmanagement ist ein Thema mit wachsender Bedeutung im sozialen, aber auch im wirtschaftlichen Fokus zahlreicher Unternehmen. Neue Aspekte, die den internationalen Charakter des Projektmanagements in besonderem Maße prägen, sind häufig von hoher Komplexität gekennzeichnet. In diesem Artikel werden Problemlösungen aufgezeigt, damit auch langjährig erfahrene Projektmanager im internationalen Umfeld kein zweites Mal Lehrgeld zahlen müssen. ❑ Mit der Presse im Dialog - Wie Projektmanager Interviews meistern (Oliver Steeger): Projekte verändern die Welt - und das, was die Welt verändert, weckt das Interesse von Journalisten. Die Medienaufmerksamkeit richtet sich längst nicht nur auf breit in der Öffentlichkeit diskutierte (und umstrittene) Projekte. Immer mehr Projektmanager stehen vor der Aufgabe, sich Interviews zu stellen - also über Interviewanfragen von Journalisten zu entscheiden, sich auf das Interview vorzubereiten, das Gespräch zu führen und danach Zitate freizugeben. ❑ Arbeitshilfen für Joint-Venture-Projekte (Dr. Thor Möller): Die Formel 1 + 1 = 3 wird in der Betriebswirtschaft gerne zur Darstellung des Nutzens von Teamarbeit verwendet. Das mathematisch falsche Ergebnis soll darstellen, dass bei Teamarbeit mehr als die Summe der Einzelleistungen entsteht. Bei der Zusammenarbeit zwischen Personen gilt dies als weithin akzeptiert. Doch ist diese Aussage auch bei der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen gültig? Nur wenn jeder Kooperationspartner durch die Zusammenarbeit einen Mehrwert erhält, wird eine solide Kooperation zustande kommen und (langfristig) bestehen bleiben. Der Beitrag enthält eine Vielzahl von nützlichen Checklisten für die Praxis. Weitere Infos: www.tuev-media.de Projektmanagementwissen: Loseblattwerk „Projekte erfolgreich managen“ aktualisiert Im be in Si F PR PM_2-2012_1-68: Inhalt 28.03.2012 12: 20 Uhr Seite 56