PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Change! – Die Problematik des organisatorischen Wandels
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Heinz Schelle
Berner, W.: Change! 15 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-7910-2941-2, 376 S., EUR 49,95
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Das vorliegende Buch ist nicht, wie man beim Lesen des Titels vermuten möchte, lediglich eine mehr oder weniger systematische Ansammlung von Fallstudien, vielmehr steckt dahinter eine wohl durchdachte Typologie, die die Lektüre besonders gewinnbringend macht. Berner, Diplom-Psychologe und als Unternehmensberater auf das Thema „Change Management“ spezialisiert, unterscheidet folgende Inhalte von Change-Projekten: Turnaround/ Sanierung, Kostensenkung, Fusion/ Übernahme/ Post-Merger-Integration, Reorganisation/ Restrukturierung, Unternehmensverkauf, Einführung IT-Systeme, Mitarbeiterqualität, Prozessoptimierung, CRM-Systeme, Qualitätsmanagement, Kulturveränderung, Portfoliomanagement und Leitbild/ Vision. Diese Themen werden in eine Matrix eingeordnet. Sie hat die Dimensionen „Geforderte Einstellungs- und Verhaltensänderungen“ und „Wahrgenommene Bedrohlichkeit“. Beispielsweise wird ein Projekt mit dem Ziel des Turnaround und der Sanierung von den Betroffenen vermutlich als hoch bedrohlich empfunden, die erwartete Einstellungs- und Verhaltensänderung ist aber niedrig. Umgekehrt wird eine angestrebte Kulturveränderung im Unternehmen nicht als sonderlich besorgniserregend wahrgenommen und weckt auch keine größeren Ängste bei den Mitarbeitern, es werden aber beträchtliche Einstellungs- und Verhaltensänderungen gefordert. Der Autor weiß natürlich auch, dass die gewählte Klassifizierung in konkreten Vorhaben nicht puristisch durchgehalten werden kann. Deshalb werden bei jeder Fallstudie mehrere angesprochene Aspekte des Wandels aufgeführt. So wird bei einer Post-Merger- Integration in aller Regel auch eine Prozessoptimierung und eine Restrukturierung stattfinden müssen. Im Anschluss an eine Einführung in das Gebiet des Change Management und die soeben dargestellte Typologie werden die Fallstudien mit folgenden Themen vorgestellt: ❑ Change Management unter Wettbewerbsdruck ❑ Projektkrise I und II ❑ Kulturveränderung I und II ❑ Turnaround/ Sanierung ❑ Prozessoptimierung/ Reengineering ❑ Reorganisation/ Restrukturierung ❑ Einführung von IT-Systemen ❑ Customer Relationship Management (CRM) ❑ Mitarbeiterqualität projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2012 l 37 Buchbesprechung Change! - Die Problematik des organisatorischen Wandels Berner, W.: Change! 15 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-7910-2941-2, 376 S., EUR 49,95 ❑ Post-Merger-Integration (PMI) ❑ Konzipierung von Veränderungsprozessen ❑ Förderung der Veränderungsbereitschaft ❑ Krisenvorbereitung Nach jeder realistischen Fallstudie stellt Berner zunächst Fragen an den Leser, um ihn selbst zum Nachdenken anzuregen. Anschließend werden aber diese Fragen vom Autor selbst ausführlich beantwortet, sodass man immer mit den eigenen Antworten vergleichen kann. Beim Lesen der außerordentlich differenzierten, dem jeweiligen Fall sehr genau angepassten, sehr klugen Analysen, die eine unglaubliche Fülle von Einsichten beinhalten, wurde mir immer wieder schmerzlich bewusst, welche Fehler ich selbst in früheren Projekten begangen habe. w w w. a s t a de v. d e projekt management software … planen, steuern, überwachen ·Termine ·Kosten ·Ressourcen Projektcontrolling Multiprojektmanagement Anzeige PM_3-2012_1-52: Inhalt 29.05.2012 12: 58 Uhr Seite 37 Was mich begeistert hat: Es wird immer auch ausführlich erläutert, wie man aus einer zumeist verfahrenen Situation herauskommen kann. Zwar bietet der Verfasser nach jeder Fallstudie eine knappe Zusammenfassung und am Ende des Buches unter der Überschrift „Leitgedanken“ auch noch 15 höchst lesenswerte Empfehlungen, ich kann aber nur jedem, der das Buch in die Hand nimmt, den Rat geben, sich nicht auf diese relativ wenigen Seiten zu beschränken, sondern alles zu lesen. Da Berner gut formuliert und die Geschichten durchweg spannend sind, kann man das Werk, das auch noch ein detailliertes, sorgfältig zusammengestelltes Literatur- und Stichwortverzeichnis enthält, auch in den Urlaub oder in das Wochenende mitnehmen. Langeweile kommt dabei mit Sicherheit nicht auf. Mein Fazit: Für jeden Projektmanager und Linienmanager, der sich mit der Problematik des organisatorischen Wandels befassen muss - und wer muss das eigentlich nicht - sollte diese Publikation Pflichtlektüre werden. Ich garantiere: Wer auch nur einige der niemals trivialen Ratschläge befolgt, wird sich in Zukunft sehr viel Ärger ersparen. Wer andererseits durch die Ausführungen nicht erheblich sensibilisiert wird, dem ist wohl nicht mehr zu helfen. Besseres habe ich zum Thema „Change Management“ jedenfalls noch nicht gelesen. Ein Glücksfall für unsere Disziplin. Heinz Schelle ■ 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2012 38 WISSEN Buchbesprechung Handbuch Online-PR Zerfaß, Ansgar/ Pleil, Thomas (Hrsg.): Handbuch Online-PR. Strategische Kommunikation in Internet und Social Web. UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2012, ISBN 978-3-89669-582-6, 422 S., EUR 49,99 In Stuttgart tobte beim Bahnhofsprojekt S21 der Wutbürger. In Frankfurt protestieren Anwohner gegen den Flughafenausbau. Für viele dieser Bürger aus der Oberschicht ist es die erste aktive Teilnahme an einer Demonstration. Und in Hamburg vervielfachen sich die Kosten für die Elbphilharmonie zulasten der Hamburger Bürger. Die anteiligen KiTa-Gebühren vieler junger Familien stiegen dadurch um über 150 EUR pro Monat an. Entsprechende Proteste folgten. Dies sind nur drei Beispiele für Projekte mit erheblicher Außenwirkung. Aber auch rein interne Projekte sind mehr und mehr betroffen. Stakeholdermanagement, Kommunikation und Projektmarketing steigen in ihrer Bedeutung rasant an. Projekte können kaum noch an ihren Zielgruppen vorbei geplant und realisiert werden. Um nachhaltigen Erfolg zu erreichen, müssen Projektverantwortliche die Zielgruppen und betroffenen Personen immer stärker informieren und integrieren. Die Mitarbeiter und Bürger wollen nicht mehr alles dulden und gehen immer öfter auf die Barrikaden. Auch Projektgegner rüsten heute dabei ganz anders auf. Und die Möglichkeiten des Internets geben ihnen schlagkräftige Werkzeuge an die Hand. Projektmanager müssen dementsprechend hinsichtlich Online-PR insbesondere zwei Dinge berücksichtigen. Einerseits ist es wichtig mitzubekommen, ob das Projekt im Internet in Erscheinung tritt, indem Stakeholder über das Projekt kommunizieren, und in welcher Form, Intensität etc. sie dies tun. Andererseits müssen Projektleiter prüfen, inwieweit sie die Möglichkeiten der Online-PR für das eigene Projekt aktiv nutzen können. Warum gibt es also noch kein Buch für Online-PR in Projekten? Die GPM sucht händeringend einen Autor, der die umfassenden Kompetenzen des Stakeholdermanagements, der Kommunikation und des Projektmarketings mit denen des Web 2.0 verbinden kann. Notgedrungen müssen Projektmanager so lange auf allgemeine Bücher zu Online-PR zurückgreifen. Und hier gibt es nun ein Werk, das die Möglichkeiten der Online- PR aus Sicht von Unternehmen umfassend und dennoch übersichtlich und praxisgerecht darstellt. Die beiden Herausgeber weisen sich als langjährige Experten der Thematik aus und sind auch als Autoren an vielen Beiträgen des Buches beteiligt. Sie nehmen 29 weitere qualifizierte Autoren aus Wissenschaft und Praxis hinzu. Inhaltlich ist das Buch stringent strukturiert. Eine umfassende Einleitung holt den Leser ab. Darauf folgen fünf Kapitel mit 24 Beiträgen auf über 400 Seiten. Das erste Kapitel behandelt die Grundlagen und strategischen Herausforderungen. Hier wird der grundsätzliche Rahmen geschaffen für die Online-PR. Im zweiten Kapitel werden Strukturen und Prozesse bearbeitet. Die Stakeholder-Kommunikation, ein uns Projektmanagern wohlbekannter Begriff, ist Inhalt des dritten Kapitels. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den Instrumenten und Plattformen und gibt damit dem Leser und vor allem Anwender eine sehr gute Übersicht über die konkreten Möglichkeiten für PR im Web 2.0. Abschließend werden im fünften Kapitel spezifische Konzepte und Herausforderungen vorgestellt. Dabei geht es u. a. um Online- Kampagnen, Krisenkommunikation, Storytelling und Dialogkommunikation. Bei der Lektüre des Buches begegnen dem Leser insgesamt immer wieder Begriffe, die PM_3-2012_1-52: Inhalt 29.05.2012 12: 58 Uhr Seite 38