eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 23/4

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2012
234 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Mit Projektmanagement zur „Green School“

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2012
Oliver Steeger
Mit einer ambitionierten Initiative bringt die GPM Projektmanagement an norddeutsche Schulen. In einem Wettbewerb stellen sich Schülerteams dem Votum einer Jury. PASS nennt sich dieser Wettbewerb, Project Award Schleswig-Holsteiner Schulen. Das Besondere: An der Fachhochschule Westküste werden die Schülerteams intensiv betreut und ins Projektmanagement eingewiesen. Der Erfolg kann sich sehen lassen. Heute geben zwei von drei Schülern an, dass ihnen PASS Spaß macht – und dass ihnen die PM-Werkzeuge geholfen haben. Im Interview berichtet GPM Vorstand Professor Steffen Rietz über die Hintergründe dieses Wettbewerbs.
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22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2012 22 REPORT Herr Professor Rietz, Wettbewerbe motivieren bekanntlich. In Norddeutschland gibt es einen Wettbewerb für Projekte - und zwar für Schülerprojekte. PASS nennt er sich, Project Award Schleswig-Holsteiner Schulen. Prof. Steffen Rietz: Bewerben können sich alle Schülerteams mit eigenem Projekt. Sie brauchen eine eigene Projektidee, ein mindestens zehnköpfiges Schülerteam und den Willen, ihre Projektidee über acht bis zehn Wochen detailliert auszuarbeiten und zu planen. Alles auf realistischer Basis natürlich! Welches Ziel verfolgt die GPM mit solchen Wettbewerben? Wir wollen Projektmanagement in die Schulen bringen. Die engagierten Schüler von heute sind die leistungsstarken Studenten von morgen und vielleicht die Topleute der Wirtschaft von übermorgen. Experten streiten sich doch noch, wie die Projektarbeit von morgen aussieht. Trotzdem sind sich alle einig, dass die Bedeutung von Projektmanagement weiter zunehmen wird. Dies ist Grund genug, Schüler früh an Projektmanagement heranzuführen. Dies wird ja mit der GPM Initiative „PM macht Schule“ und der gleichnamigen Fachgruppe seit Längerem bezweckt. Die Konzepte, Projektmanagement an die Schulen zu bringen, sind also nicht mehr ganz neu. Bereits seit einiger Zeit gehört an vereinzelten Schulen Projektmanagement zum Schulalltag. Was macht PASS anders? Wir vermitteln fünf Vertretern je Schülerteam in einem ganztägigen Workshop die Grundlagen von Methoden zur Projektplanung ... ... also die PM-Basics ... Genau! Danach reichen uns die Schülerteams Zwischenberichte zu ihrem Projekt ein. Diese Berichte kommentieren wir individuell und sehr ausführlich. Dies ist sehr hilfreich, wie wir festgestellt haben. Schließlich präsentieren im Finale die drei besten Teams ihre Planungsergebnisse, dafür werden sie prämiert. Die Abschlusspräsentation halten übrigens Schüler, die nicht beim Einführungs-Workshop dabei gewesen sind. Mit Projektmanagement zur „Green School“ PASS macht Schülern Spaß! Mit einer ambitionierten Initiative bringt die GPM Projektmanagement an norddeutsche Schulen. In einem Wettbewerb stellen sich Schülerteams dem Votum einer Jury. PASS nennt sich dieser Wettbewerb, Project Award Schleswig-Holsteiner Schulen. Das Besondere: An der Fachhochschule Westküste werden die Schülerteams intensiv betreut und ins Projektmanagement eingewiesen. Der Erfolg kann sich sehen lassen. Heute geben zwei von drei Schülern an, dass ihnen PASS Spaß macht - und dass ihnen die PM-Werkzeuge geholfen haben. Im Interview berichtet GPM Vorstand Professor Steffen Rietz über die Hintergründe dieses Wettbewerbs. Oliver Steeger Professor Steffen Rietz, seit 2011 verantwortlich für die GPM Vorstandsressorts Wirtschaft und Bildung, ist seit fast zwanzig Jahren im Projekt- und Prozessmanagement tätig. Promotionsbegleitende Forschungsprojekte, Organisations- und Implementierungsprojekte zu unterschiedlichen Themen und in verschiedenen Branchen sowie die Verantwortung für Prozesse, Methoden und Tools in der automobilen Produktentwicklung beschreiben seinen Weg. Heute hat Prof. Steffen Rietz einen Hochschullehrstuhl für Technisches Projektmanagement und er engagiert sich stark in der GPM sowie im DIN und in der ISO. Foto: GPM PM_4-2012_1-72: Inhalt 22.08.2012 14: 02 Uhr Seite 22 projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2012 l 23 Aha ...? So prüfen wir, ob der Lerntransfer in den Teams funktioniert hat. Ein Detail unterscheidet PASS von anderen PM-Wettbewerben. Bei PASS werden primär Planungsergebnisse der Schüler bewertet und prämiert, nicht die Ergebnisse des Projekts selbst. Richtig! Die mit der Prämierung verbundenen Preisgelder sollen den Schülern helfen, ihre Projekte durchzuführen - also ins Projektbudget fließen. Im Übrigen bietet der Wettbewerb wichtiges Feedback zu den Planungsergebnissen hinsichtlich der Realisierbarkeit oder weiterer Optimierung. Welche Rolle spielt die GPM bei diesem Wettbewerb? Die GPM vermittelt beispielsweise ehrenamtliche Projektprofis, stellt im gewissen Umfang Lehrmaterial bereit und bietet Know-how, wie Schulen solche Wettbewerbe durchführen können. Aber wir brauchen auch Sponsoren aus der jeweiligen Region. Anders können wir solche Wettbewerbe nicht durchführen. Beim PASS kooperieren wir mit der Fachhochschule Westküste, vor allem mit dem dortigen Verein zur Förderung von Studium und Transfer. Welche Rolle spielt die Fachhochschule Westküste bei PASS genau? An der Hochschule fanden die Einführungs-Workshops statt, und diese wurden von Studenten begleitet. Schüler - also potenzielle Studenten - lernen auf diesem Weg eine Hochschule von innen kennen. Sie besichtigen Labore, können den Hochschulalltag live erleben und sich sogar über für sie passende Studienfächer informieren. Aus Initiativen wie PASS zieht also auch eine Hochschule Nutzen? Natürlich! Für Hochschulen ist so etwas eine Informationsveranstaltung für die „Kunden“ von morgen, vielleicht sogar eine Werbeveranstaltung. Sie sagten vorhin, dass die Schüler in einem Workshop Grundlagen des Projektmanagements lernen. Was heißt dies genau? In erster Linie handelt es sich um Fähigkeiten, die man auch außerhalb von Projekten brauchen kann: Beispielsweise strategisches Denken, zielorientiertes Handeln, sorgfältiges Planen und Strukturieren, Selbstorganisation, Teamarbeit und eingreifende Steuerung, wenn es auf dem Weg zum Ziel zu Schwierigkeiten kommt. Was ist mit den Methoden des Projektmanagements selbst? Etwa mit den Fachbegriffen? Begriffe wie Zieldiskussion, Terminplanung oder Ressourcenplanung fallen dabei von ganz allein. Didaktisch muss diese Einführung natürlich altersgerecht aufgebaut sein ... Darauf will ich hinaus! Schüler sind keine Acht-Stunden-Tage gewohnt, sie kennen kaum die Gepflogenheiten des beruflichen Arbeitslebens. Was heißt altersgerecht vermitteln? Ganz konkret: Anders als bei der PM-Ausbildung von Erwachsenen sind die Lehrmaterialien sprachlich einfacher, noch deutlicher strukturiert sowie umfangreicher bebildert. Die Beispiele stammen aus der Welt der Schüler ... ... also nicht gerade der Bau eines Kraftwerks ... Nein. Beispielsweise die Organisation einer Klassenfahrt. In solche Projekte können sich Schüler gut hineinversetzen. Darüber hinaus muss man bei der Methodenvermittlung viel intensiver argumentieren und motivieren. Der Hinweis, die Vorgehensweise sei von der Unternehmensleitung ab heute als Standard vorgegeben ... ... dürfte von Schülern nicht verstanden werden. Meiner Erfahrung nach funktioniert die Vermittlung sehr gut, solange sie einer für Schüler erkennbaren logischen Kette folgt. Aus der Zieldefinition grobe Aufgaben und einen Projektstrukturplan ableiten, Meilensteine definieren und einen Terminplan generieren, den Bedarf an Ressourcen erkennen und das erforderliche Budget ableiten - das kann man sich alles Schritt für Schritt erarbeiten. Wo erreicht man bei Schülern Grenzen? Manchmal gehen die Inhalte sehr in die Breite, etwa dann, wenn Schüler beim Risikomanagement alle denkbaren Risiken gedanklich durchspielen müssen. Manche Schüler entwickeln dann kaum Fantasie - und andere wieder viel zu viel. Achtgeben muss man auch in Bereichen, die Schülern schlichtweg unbekannt sind, etwa beim Vertragsmanagement oder dem Abschluss von Versicherungen. Sie erkennen, wie wichtig diese Punkte sind. Umgehen aber können sie damit noch nicht. Sprechen wir bitte über Schülerprojekte, die am PASS teilnehmen können. Welche Projekte und Schulen kommen für den Wettbewerb überhaupt infrage? Ich weiß nicht, ob Einschränkungen sinnvoll sind. Vieles an Schulen wird in Projekten organisiert - Abschluss- PASS-Teilnehmer 2012 mit Lehrern und Vertretern der Jury. Die Urkunden halten (v. l. n. r.) die Vertreter der Beruflichen Schule Husum (2. Platz), der Meldorfer Gelehrtenschule (1. Platz) und der Hermann-Tast-Schule Husum (beachtlicher 3. Platz für das jüngste aller Teams). Foto: GPM PM_4-2012_1-72: Inhalt 22.08.2012 14: 02 Uhr Seite 23 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2012 24 REPORT fahrten, Abschlussfeiern oder Jahrgangszeitungen. Bei uns haben sich auch Teams beworben, die ein Filmprojekt starten, eine Show aus physikalischen Experimenten choreografieren oder unter dem Leitwort „Green School“ ein kleines Klimaprojekt gestartet haben. Wie reagieren die Lehrer auf solche Initiativen? Sehr positiv, aber wir vereinbaren mit ihnen eine Regel: Sie dürfen nicht direkt ins Projekt eingreifen. Wir wollen mit PASS Schülerteams unterstützen und Schülerleistungen prämieren. Wir suchen nicht den engagiertesten Lehrer. Trotzdem waren die Lehrer aufmerksam und interessiert dabei. Möglicherweise begrüßen Lehrer solche Schülerprojekte auch, weil diese die soziale Kompetenz von Schülern fördern. Vielleicht, ja. Die Schulprojekte fordern die Schüler persönlich heraus, keine Frage. Wir sind bei mancher Abschlusspräsentation einer eigenartigen Mischung begegnet: zum einen Stolz auf das Arbeitsergebnis, zum anderen peinliche Gefühle wegen der Arbeitsweise. Inwiefern peinliche Gefühle? Einige Schüler mussten von ihrem Projektmanager massiv zum Arbeiten bewegt werden. Das haben einige rückblickend selbstkritisch so eingeschätzt. Innerhalb der Teams gehen Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft oft weit auseinander. Dies werfe ich keinem der jungen Leute vor. Manchmal aber ist es schwierig, in solchen Situationen die richtigen Worte und geeigneten Mittel zu finden. Bekanntlich haben auch gestandene Projektmanager solche Probleme ... Mag sein! Haben die Schülerprojektleiter dreimal gemeckert, werfen sie den Betreffenden aus dem Team oder resignieren einfach. Zurück zu Ihrer Frage nach der Persönlichkeitsentwicklung: Auch solche Erfahrungen sind für Schüler wertvoll. Unter fachkundiger Anleitung finden sie dann häufig zu eleganten Lösungen und wachsen persönlich an den Spannungen in ihrem Team. Wie bewerten Schüler ihre Erfahrungen mit Projektmanagement und ihrer Teilnahme am PASS? Sie geben überwiegend das Feedback, etwas gelernt zu haben, von dem sie spüren, dass sie es später im Arbeitsalltag brauchen werden. Zwei Drittel der Schülerteilnehmer geben an, dass ihnen PASS gut oder sehr gut gefallen hat und dass ihnen die PM-Werkzeuge geholfen haben. Der Workshop hat 70 Prozent der Befragten gefallen. 85 Prozent würden PASS an der Schule weiterempfehlen. Die Schüler erkennen also die Bedeutung des Projektmanagements für Studium und vor allem für ihren Beruf? Manche erkennen, dass Projektmanagement ebenso wichtig ist wie etwa Mathematik. Erkennen dies auch die Schulen selbst? Ich beobachte, dass diese Botschaft mehr und mehr verstanden wird. Mit der GPM haben Schulen Partner und PM-Profis, um in diese neue Lehrform einzusteigen. Projektmanagement in Schulen erfordert verhältnismäßig wenig Aufwand und bringt Abwechslung in den Lernalltag. ■ Oliver St „PM macht Schule“ - mit dieser Devise will die GPM seit einiger Zeit Projektmanagement in die Bildung integrieren. Seit 2011 ist dieses Ziel bei der GPM auch „Vorstandssache“. „Die GPM will den zahlreichen Herausforderungen in der deutschen Bildungspolitik begegnen und sie mit Projektmanagement unterstützen“, erklärt Prof. Steffen Rietz, im GPM Vorstand seit 2011 unter anderem zuständig für Bildungsfragen. Das beginnt bei Schulen, zieht sich über Fachhochschulen und Hochschulen und umfasst auch die Weiterbildung in Unternehmen. Konkret für Schulen hat die GPM altersgerechte Lernkonzepte entwickelt sowie eine Fülle von Lehrmaterialen erarbeitet, die auf unterschiedliche Schulformen ausgerichtet sind. Als Klassiker gilt mittlerweile der Leitfaden „PM macht Schule“, der zwischenzeitlich in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Da rauf aufbauend bietet die GPM Lehrkonzepte, begleitende Poster, Fallstudien oder Erfolgsbeispiele auf Videos - alles darauf ausgerichtet, Schüler zum „Nachmachen“ zu animieren. Neu im GPM Produktportfolio ist der sogenannte „Botschafter-Koffer“. In ihm finden sich alle Unterlagen, um Projektmanagement als Lehrthema in Schulen bekannt zu machen. GPM Mitglieder können mithilfe dieses Koffers in Schulen für Projektmanagement werben - unabhängig davon, ob sie persönliche Mitglieder in der GPM Fachgruppe „PM macht Schule“ sind. „Mit dem im Koffer enthaltenen Material und den eigenen Kontakten zu Schulen kann jeder diese Initiative in seiner Region fördern und aktiv unterstützen“, lädt Prof. Steffen Rietz zum Mitmachen ein. Eine Kurzschulung hilft den Botschaftern, Projektmanagement an Schulen ins Gespräch zu bringen. Weitere Informationen unter www.pm-schule.de oder www.gpm-ipma.de/ know_how/ fach_und_projektgruppen.html) (G)PM macht Schule Alles drin: Mit diesem reich bestückten Botschafter-Koffer kann man in Schulen für das Thema Projektmanagement werben. Foto: GPM PM_4-2012_1-72: Inhalt 27.08.2012 7: 50 Uhr Seite 24