PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2012
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Megaprojects and Risk
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2012
Heinz Schelle
Flyvberg, B./Bruzelius, N./Rothengatter, W.: Megaprojects and Risk. An Anatomy of Ambition. Cambridge University Press, Cambridge 2003, 267 S., ISBN 978-0-521-00946-1, ca. EUR 25,–
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delt werden - erinnert sei in diesem Zusammenhang nur an die Darstellung von zahlreichen, meist zweidimensionalen Portfolioanalysen -, Fragen der Macht, des Widerstands gegen Wandel und des Umgangs mit Betroffenen eine große Rolle und sind für die Verantwortlichen eine ganz besondere Herausforderung. Trotz dieser Kritik kann das Werk nur allen, die an Themen des Multiprojektmanagements interessiert sind, wärmstens empfohlen werden. Levin bringt nicht nur eine ganze Reihe von kleinen informativen Fallstudien und fordert in den Discussion Questions den Leser zum Nachdenken auf, sondern bietet eine beeindruckende Fülle von Informationen, die ich bisher zumindest in dieser Ausführlichkeit nirgends gefunden habe. Dazu gehören etwa die Anforderungen, die virtuelle Teams an das Management stellen, der Umgang mit traumatischen Ereignissen und Stress im Projekt sowie Ratschläge, wie man Karriere in Projekten macht. Heinz Schelle ■ Buchbesprechung Megaprojects and Risk Flyvberg, B./ Bruzelius, N./ Rothengatter, W.: Megaprojects and Risk. An Anatomy of Ambition. Cambridge University Press, Cambridge 2003, 267 S., ISBN 978-0-521-00946-1, ca. EUR 25,- Ich gebe zu, dass ich das Buch im Erscheinungsjahr übersehen habe. Ich bin erst jetzt darauf gestoßen, als sich Prof. Rothengatter, einer der Autoren, im SPIEGEL zum Katas trophenprojekt „Flughafen Berlin-Schönefeld“ geäußert hat. Der Emeritus der Universität Karlsruhe hat unserer Zeitschrift in dieser Ausgabe (S. 8 f.) auch ein Interview zum Desaster in unserer Hauptstadt gegeben. Das mit großer Sorgfalt erstellte Werk mit einem 21-seitigen gewaltigen Literaturverzeichnis gewinnt angesichts des kläglichen Scheiterns höchste Aktualität. Meine Behauptung: Es wären schon viele Projektfehlschläge vermieden worden, hätte man das Buch nur sorgfältig gelesen und seine handfesten Ratschläge befolgt. Die Autoren beginnen mit einer ausführlichen Analyse abgeschlossener Projekte im Verkehrssektor. Sie zählen dazu Eisenbahn-, Brücken-, Tunnel-, Flughafen-, Pipeline-, Straßen-, Stromnetz- und Telekommunikationsvorhaben. In die Stichprobe sind auch Projekte der Bundesrepublik eingegangen. Besonders eingehend werden die folgenden Projekte und das entsprechende Vorgehen bei der Planung untersucht: der Kanaltunnel, die Querung des Großen Belt durch eine Brücke und durch einen Eisenbahntunnel sowie die Øresundbrücke, die für kombinierten Straßen- und Eisenbahnverkehr konstruiert wurde. Die Verfasser formulieren aufgrund ihrer Untersuchungen das Megaprojekt-Paradoxon, das da lautet: Obwohl immer mehr und immer größere Infrastrukturprojekte durchgeführt werden, also eigentlich Lerneffekte eintreten hätten müssen, sind die meisten davon alles andere als erfolgreich. Immer wieder hofft man, dass schon alles gut gehen wird. Enorme Kostenüberschreitungen und viel zu hohe Prognosen des zu erwartenden Verkehrsaufkommens und der daraus resultierenden Einnahmen charakterisieren die Vorhaben. Die Auswirkungen auf die Umwelt werden regelmäßig unter-, regionale und gesamtwirtschaftliche Wachstumseffekte überschätzt. Eine erste Empfehlung, die als Analyseresultat dann gegeben wird, lautet deshalb: Traue keinen Kostenschätzungen und Vorhersagen des Verkehrsaufkommens und den daraus resultierenden Einnahmen, die von den Befürwortern eines Projekts abgegeben werden. Oder noch drastischer: „The use of deception and lying as tactics aimed at getting projects started appears to best explain why costs are highly and systematically underestimated and benefits overestimated in transport infrastructures projects.“ Die Folge ist, dass zahlreiche Vorhaben realisiert wurden, die bei realistischer Kosten-Nutzen-Analyse niemals in Angriff ge- Anzeige PM_5-2012_1-68: Inhalt 31.10.2012 10: 35 Uhr Seite 53 nommen worden wären. Die drei Verfasser sind der Meinung, dass das Treffen von guten Prognosen nicht nur eine Frage von besserer Kommunikation insbesondere mit den Stakeholdern und der Informationsbeschaffung ist, sondern auch von institutionellen Vorkehrungen, die vor allem dazu beitragen, dass Entscheidungsträger mehr als bisher für ihre Beschlüsse auch Verantwortung tragen müssen. Gedacht ist unter anderem daran, dass offensichtliche Schätzfehler auch Sanktionen nach sich ziehen. Dem Leser wird in diesem Zusammenhang vor allem das Kapitel 10 (Four Instruments of Accountability) empfohlen, in dem vier Instrumente behandelt werden, nämlich: ❑ Transparenz für die Öffentlichkeit, vor allem natürlich wiederum für die Stakeholder, ❑ die genaue und frühe Spezifikation von Anforderungen - eigentlich eine bare Selbstverständlichkeit - statt der sofortigen Betrachtung von technischen Alternativen, ❑ die Erstellung eines umfassenden Regelwerks und ❑ der Einsatz eines bestimmten Anteils von privatem Risikokapital ohne staatliche Garantien. Besonderes Schwergewicht wird auf die Risikoanalyse gelegt, die bei den meisten untersuchten Projekten mangelhaft war. Dieses Ergebnis wird auch von einer Studie der Weltbank bestätigt, die 92 Vorhaben untersucht hat und zu der Folgerung kam, dass nur in einer Handvoll die Risikobetrachtung das Attribut „Best Practice“ verdient. Ein deprimierendes Resultat, wenn man bedenkt, wie viele Bücher und hochgestochene Aufsätze gerade zu diesem Thema in unserer Disziplin in den letzten 20 Jahren publiziert wurden. Flyvberg, Bruzelius und Rothengatter sind natürlich nicht der naiven Meinung, dass man in Megaprojekten alle Risiken vermeiden kann, sie plädieren aber dafür, nicht nur die üblichen Risikoeinschätzungen, die aus schon genannten Gründen davon ausgehen, dass alles optimal läuft, durch frühe Most-Likely-Development-Schätzungen und durch Szenarien zu ersetzen, die vom schlimmsten Fall ausgehen, sondern auch Risikovorsorge zu treffen. Eine Empfehlung, die freilich bei den Entscheidern eine grundlegende Verhaltensänderung voraussetzt. Dies könnte allerdings gefördert werden, wenn sie für ihre Beschlüsse und Planungen auch zur Verantwortung gezogen würden. Da nicht zu erwarten ist, dass Politiker und andere Entscheidungsträger das Buch lesen - hoffentlich wenigstens Verantwortliche in den Landesrechnungshöfen und beim Bundesrechnungshof -, schlage ich vor, daraus zehn eherne Gebote für die Planung von Infrastrukturvorhaben zu destillieren und sie in den Amtsstuben aufzuhängen. Niemand sollte mehr sagen können, er sei nicht gewarnt worden und wäre nicht verantwortlich. Heinz Schelle ■ 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2012 54 WISSEN Die Arbeit von Jörg Seidl beginnt - dem Verfasser sei es gedankt - mit sauberen Begriffsbestimmungen. Ein Projektportfolio wird definiert als „die Zusammenfassung aller geplanten, genehmigten und laufenden Projekte und Programme eines Unternehmens, einer Organisation oder eines Geschäftsbereichs“. Besonders wichtig ist dabei der Zusatz, der leider in der Literatur oft vergessen wird: „Ein Projektportfolio ist zeitlich nicht befristet.“ Dagegen lautet die Definition eines Programms: „… eine Menge zusammenhängender Projekte und organisatorischer Veränderungsprozesse, die mit dem Ziel aufgesetzt wurden, eine strategische Zielsetzung zu erreichen und einen erwarteten Nutzen für die Organisation zu erreichen.“ Bedeutsam ist auch hier der Zusatz: „Programme sind im Gegensatz zu einem Projektportfolio zeitlich befristet.“ Es folgen weitere zutreffende Definitionen für Multiprojektmanagement (MPM), Programmmanagement und Projektportfoliomanagement sowie aus der DIN 69 901-1 übernommene Anforderungen an ein Projektmanagementsystem, die Formulierung eines lebensfähigen Multiprojektmanagements auf der Basis der Systemtheorie und die Identifizierung der Stakeholder des Multiprojektmanagementsystems. Mein hoffentlich nicht nur frommer Wunsch ist, dass künftige Autoren von Büchern über MPM sich diesen Teil der sehr soliden Arbeit zum Vorbild nehmen und nicht wieder mit eigenen Definitionsbasteleien die Leserschaft verunsichern. Weiter differenziert der Autor nach operativer Projektarbeit, Multiprojektkoordination, operativem MPM, strategischem MPM und normativem MPM. Der letzte Begriff, der zumindest mir bisher nicht vertraut war, umfasst - so Seidl - „die übergreifend geltenden Werte, Normen und Regeln für das Gesamtsystem“. Buchbesprechung Multiprojektmanagement Seidl, J.: Multiprojektmanagement. Übergreifende Steuerung von Mehrprojektsituationen durch Projektportfolio- und Programmmanagement. Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011, 226 S., ISBN 978-3-642-16722-5, EUR 49,95 PM_5-2012_1-68: Inhalt 31.10.2012 10: 35 Uhr Seite 54