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PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
11
2013
241 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Gemeinnützige Projekte im Fokus

11
2013
Oliver Steeger
Gemeinnützige Organisationen haben erkannt: Ohne Projektmanagement kommen sie kaum voran. Die Mittel werden knapper, die Bedeutung ihrer Aufgaben wächst; zudem fordern viele Ehrenamtliche heute effiziente Arbeit. „Gutes zu tun allein, reicht nicht mehr aus“, erklärte Prof. Steffen Koolmann, Alanus Hochschule Alfter, „es wird auch verlangt, das Gute möglichst gut zu tun.“ Doch gemeinnützige Projekte „ticken“ anders als Projekte aus der Wirtschaft. Sogenannte Not for Profit-Organisationen können nicht das bestehende PM-Rüstzeug „eins zu eins“ übernehmen. Sie müssen ihren eigenen Weg finden. Eine zukunftsweisende Tagung der Alanus Hochschule, die von der GPM unterstützt wurde, versuchte eine Klärung – auch am Vorbild von Projekten in Extremsituationen.
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projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2013 l 21 D er Staat zieht sich aus gemeinnützigen Aufgaben immer weiter zurück. Not for Profit-Organisationen springen in die Bresche und versuchen dem Mangel mit Projekten zu begegnen. Doch solche Projekte, die der Allgemeinheit dienen, unterliegen eigenen Regeln und „Besonderheiten“. Ein gutes Beispiel: Ein Projektteam aus Freiwilligen und Ehrenamtlichen muss anders geführt werden als ein Team aus „bezahlten“ Mitarbeitern. Die herkömmlichen Managementmethoden verlieren an Wirksamkeit. Geld und Abmahnung „funktionieren“ bei freiwillig Engagierten nicht. Stattdessen erwarten sie im Gegensatz zu bezahlten Arbeitskräften eine optimale Nutzung der von ihnen „gespendeten“ Zeit. Vor solchen Herausforderungen stehen viele gemeinnützige Organisationen, die ihre Projektarbeit professionalisieren wollen. Eine von der GPM geförderte Tagung der Alanus Hochschule (Alfter bei Bonn) nahm sich dieser Schwierigkeiten an. Die Idee: Von Projekten in Extremsituationen und Krisenlagen können gemeinnützige Organisationen lernen. „Die Fähigkeiten, die zur erfolgreichen Durchführung eines Projekts benötigt werden, kristallisieren sich unter den erhöhten Anforderungen solcher Situationen besonders heraus“, erklärte Steffen Koolmann, Professor für Ökonomie und Gesellschaft und Prorektor der Hochschule. Ein spannender Ansatz, von dem auch Projektmanager der Wirtschaft profitieren können. Über den gefährlichen und schwierigen Alltag der ISAF-Truppen in Afghanistan berichtete Oberst Christopher Kaatz, Referatsleiter „Strategisches Controlling“ im Bundesministerium der Verteidigung. Neun Monate war er in Kabul stationiert - zwar nicht in einem Projekt, doch in einem Projekten durchaus ähnlichen Vorhaben. Er berichtete von durch Explosionen unterbrochenen Besprechungen, von Anschlägen und Hinterhalten, vom Umgang mit Risiken, von Teamführung unter erschwerten Bedingungen sowie permanenter körperlicher und psychischer Anspannung. Aufmerksamkeit, Gründlichkeit, Kommunikation, Erfahrung, „Bauchgefühl“ und Respekt vor der Gefahr gelten für ihn nicht nur als „Projekttugenden“, sondern als überlebenswich- Gemeinnützige Projekte im Fokus GPM unterstützt Fachtagung an der Alanus Hochschule Gemeinnützige Organisationen haben erkannt: Ohne Projektmanagement kommen sie kaum voran. Die Mittel werden knapper, die Bedeutung ihrer Aufgaben wächst; zudem fordern viele Ehrenamtliche heute effiziente Arbeit. „Gutes zu tun allein, reicht nicht mehr aus“, erklärte Prof. Steffen Koolmann, Alanus Hochschule Alfter, „es wird auch verlangt, das Gute möglichst gut zu tun.“ Doch gemeinnützige Projekte „ticken“ anders als Projekte aus der Wirtschaft. Sogenannte Not for Profit-Organisationen können nicht das bestehende PM- Rüstzeug „eins zu eins“ übernehmen. Sie müssen ihren eigenen Weg finden. Eine zukunftsweisende Tagung der Alanus Hochschule, die von der GPM unterstützt wurde, versuchte eine Klärung - auch am Vorbild von Projekten in Extremsituationen. Oliver Steeger tig. Was Projektmanager von Soldaten im Auslandseinsatz lernen können: Anders als die Manager der Wirtschaft planen die Kommandeure der Bundeswehr dort für den Extremfall, nicht für den „Normalfall“. „Wir sind als Soldaten daran gewöhnt, den Extremfall für den Normalfall zu halten“, erklärte Kaatz, „was im Extremfall nützlich ist, muss im Normalfall nicht scheitern.“ Projektmanagement wird in gemeinnützigen Organisationen immer wichtiger, wie Prof. Steffen Koolmann von der Alanus Hochschule Alfter erklärte: „Gutes zu tun allein, reicht nicht mehr aus. Es wird auch verlangt, dieses möglichst gut zu tun.“ Foto: Oliver Steeger PM_1-2013_1-64: Inhalt 30.01.2013 13: 37 Uhr Seite 21 Oder anders: Wer Extreme bewältigt, ist auf „Normales“ gut vorbereitet. Beispielsweise hängt im Extremfall vieles davon ab, nicht zu viel auf einmal zu unternehmen. Man muss klar erkennen, auf was es ankommt - und worauf es in dieser Situation nicht ankommt. Ähnliches gilt für Routinen. Soldaten trainieren „Routineprozesse“ so intensiv, dass sie in Extremsituationen sicher und richtig handeln können. Sie haben nicht die Zeit, unter Druck über einfache Aufgaben nachzudenken; sie müssen die Situation ad hoc bewältigen. „Die Routinen müssen in Fleisch und Blut übergegangen sein“, erklärte Christopher Kaatz, „anderenfalls können wir im Einsatz nicht richtig reagieren.“ Für dieses Training braucht man Disziplin, eine Kardinaltugend für militärische Extremsituationen. Auch die Führung passt sich den Krisensituationen an. Vertrauen geben und gewinnen bildet den Kernpunkt der Führung. „In schwierigen Situationen kann niemand mehr eine Rolle spielen oder eine persönliche Fassade aufrechterhalten“, berichtete Christopher Kaatz. Das Team lernt sich ungeschminkt mit allen Stärken und Schwächen kennen, damit müssen Führungskräfte umgehen. Aufmerksamkeit und Empathie - zwei trainierbare Fähigkeiten - bewähren sich in Krisensituationen. Besonders im Umgang mit der afghanischen Bevölkerung lerne man das Zuhören und das Erspüren von Emotionen, wie Kaatz berichtete. Diese Aufmerksamkeit und Empathie brauche man auch für die Teamführung. Angst sei ein ständiger Begleiter der Soldaten. „Angst bewältigt man durch Respekt vor einer Situation, mit der man angemessen umgehen muss“, sagte Kaatz. Ein Rest von Angst bleibe allerdings. Um der permanenten Anspannung in Afghanistan Herr zu werden, ordnete er für seine Soldaten einen wöchentlichen Erholungstag an - mitunter per dienstlichem Befehl. 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2013 22 REPORT Oberst Christopher Kaatz berichtete über Extremsituationen in Afghanistan - und was Projektmanager von den internationalen Einsätzen der Bundeswehr lernen können. Foto: Oliver Steeger Anhand praktischer Beispiele erörterten Kongressteilnehmer den Nutzen von Projektmanagement für gemeinnützige Organisationen. Foto: Oliver Steeger PM_1-2013_1-64: Inhalt 30.01.2013 13: 37 Uhr Seite 22 Zur Projektmanagementpraxis im Not for Profit-Sektor organisierte die Alanus Hochschule vier parallele Workshops. Unter der Überschrift „Gleiche unter Gleichen - Mehr Kooperation und weniger Führung? “ diskutierten die Teilnehmer über geeignete Führungsstile für Not for Profit-Projekte. Freiwillige und Ehrenamtliche können nicht mit den Methoden der Wirtschaft geführt werden, dies liegt auf der Hand. Auch die Nutznießer als wichtigste Stakeholder eines Projekts werden in Not for Profit-Projekten stärker einbezogen. Der Ansatz von Kooperation, der das Miteinander in vielen gemeinnützigen Projekten heute bestimmt, galt den Teilnehmern als vielversprechend. Diese Kooperation müsse sich aber im gesamten Projekt widerspiegeln - von der Strategie und Zielfindung bis hin zur Anpassung von Prozessen, wie Workshopleiter Rolf Kaestner, Projekt Partner Gruppe, am Ende resümierte. Über „Prozessmodelle in der Krisenbewältigung“ diskutierten die Fachleute in einem weiteren Workshop. Die Frage: Inwieweit helfen Prozessmodelle, Extremsituationen zu bewältigen? „Welches Modell auch immer angewendet wird - Entscheidungen sollten in einem für alle Beteiligten transparenten und nachvollziehbaren Prozess getroffen werden“, so beschrieben die Workshopleiter Prof. Florian Kluge, Alanus Hochschule, und Steffen Feldmann, Thinking Dimensions Germany, ein Fazit der Arbeitsrunde. Auch stellten sie fest, dass iterative Vorgehensweisen für Krisensituationen eher infrage kommen als abgeschlossene Prozessmodelle. Das Konfliktpotenzial von Projekten ist vielen Projektmanagern bekannt. In der Sache ist sich das Team einig. Trotzdem entzündet sich Streit, der den Erfolg gefährden kann. „Studienergebnisse zeigen, dass unterschiedliche Rollenerwartungen und fehlerhafte Kommunikation die Hauptursachen für Projektfehlschläge sind“, gab Workshopleiter Rolf Schröder, Deutsche Telekom Technik, den Teilnehmern mit auf den Weg. Er zeigte anhand von praktischen Beispielen, wie Profis Konflikte bearbeiten. „Sorgen Sie im Team für eine gemeinsame Sichtweise zum Projekt, eine gemeinsame Projektvision“, empfahl er eindringlich. Mit alternativen Finanzierungsformen - insbesondere der Crowd-Finanzierung - befassten sich Teilnehmer unter der Leitung von Tom Timmerhoff, Fördermittelexperte im Hauptstadtbüro der GPM. Crowdfunding/ Crowdinvestment via Internet hilft heute immer mehr Projekten, die erforderlichen Mittel für ihre Ziele einzuwerben. „Plattformen dafür schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden“, erklärte Timmerhoff. Diese neue Finanzierungsform bietet Not for Profit-Organisationen gute Chancen, auch jenseits herkömmlicher öffentlicher und privater Förderprogramme gute Arbeit zu leisten. In seinem inspirierenden Schlussvortrag zog Stefan Stark Parallelen zwischen Kunst und Projektmanagement. Der Kreativitätstrainer und freie Künstler gab Einblick in die „Kunstproduktion“, in der sich Werke der Konzeptkunst durchaus als Projekte verstehen. Solche „Kunstprojekt“-Werke haben durch ihre Einmaligkeit, durch ihren Zeitbezug, ihre Zielgerichtetheit und durch ihre Abhängigkeit von Ressourcen durchaus Ähnlichkeiten mit Projekten. Was nun kann das Projektmanagement von der Kunst lernen? Eine ganze Menge, wie Stefan Stark behauptete. Beispielsweise Empathie gegenüber Betrachter und Material. Flexibilität und Offenheit gelten für Künstler als unverzichtbare Eigenschaften: Die künstlerische Idee lässt sich nicht immer auf geplantem Weg umsetzen - und am Ende kommt manchmal Unerwartetes zustande. Derlei „Eigenleben“ mag einem Projektmanager aus der Wirtschaft Sorgenfalten auf die Stirn treiben. In Extremsituationen und Kunstprojekten ist der ungeplante Projektverlauf allerdings alltäglich. ■ projekt MA N A G E M E N T aktuell 1/ 2013 l 23 Nachdenken über die Frage, wie Teams aus Freiwilligen und Ehrenamtlichen zu führen sind. Foto: Oliver Steeger Auch der Kunst ist Projektmanagement nicht fremd, wie Künstler und Kreativitätstrainer Stefan Stark erläuterte. Foto: Oliver Steeger info@cqa.de www.cqa.de Fernlehr-Ausbildung AZAV + ZFU zugelassen QM-Prod. Dienstleister, Gesundheitswesen Beginn: jederzeit Corporate Quality Akademie QB,QM Anzeige PM_1-2013_1-64: Inhalt 30.01.2013 13: 37 Uhr Seite 23