eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 24/2

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
31
2013
242 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Psychologie im Projektmanagement

31
2013
Heinz Schelle
Reuter, Mark: Psychologie im Projektmanagement. Eine Einführung für Projektmanager und Teams. Publicis Publishing, Erlangen 2011, 293 S., ISBN 978-3-89578-361-6, EUR 34,90
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22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2013 46 WISSEN P rojektmanagement-Software sollte erst dann zum Einsatz kommen, wenn klar ist, welche Methoden und Prozesse mit ihr unterstützt werden sollen. Es gilt grundsätzlich: erst das Konzept, dann die Software. Doch gleichzeitig braucht es erfahrungsgemäß seine Zeit, den Projektmanagement-Reifegrad einer Organisation zu entwickeln. Daher muss PM-Software in der Lage sein, mit dem Reifegrad einer Organisation zu wachsen. Wo anfangs nur Projektlisten, Statusberichte und einzelne Projektpläne mit der Software verwaltet werden, kommen nach einigen Jahren eventuell auch Portfolioanalysen, Szenarien und Kapazitätsbetrachtungen zum Einsatz. Die PM-Software aXc-Project verfolgt aus diesem Grund einen Ansatz, bei dem sich das Programm nahtlos in Microsofts webbasierte SharePoint-Plattform integriert. Zu Beginn der Softwareeinführung kann den Anwendern damit eine sehr einfach gehaltene Web-Plattform mit nur wenigen Funktionen geboten werden, um diese dann nach und nach auszubauen. Dazu wird der aXc-Client, eine klassische Projektmanagement-Software für den Desktop, um eine Reihe von Bausteinen und Listen erweitert, mit denen Projektdaten in SharePoint angezeigt und bearbeitet werden können. Projektplanung mit der Desktop-Software Der aXc-Client ist eine Windows-Software, in der Projektplaner ihre Pläne erstellen und Ressourcen einplanen. Das Programm bietet alle üblichen Möglichkeiten zur Terminberechnung. Für immer mal wieder vorkommende Projekttypen lassen sich Vorlagen erstellen, die fortan den Start in die Planung beschleunigen. Die Plankosten und das Projektbudget erfasst der Anwender in einer flexiblen Tabelle, mit der sich Budgets nicht nur nach Zeiträumen und Budgettyp unterscheiden lassen. Auch Budgetanfrageprozesse mit unterschiedlichen Budgetquellen sind möglich. So kann beispielsweise das Projektbudget von einer oder mehreren Abteilungen innerhalb der Organisation gewährt werden. Der aXc-Client präsentiert seine Funktionsvielfalt in einer klar strukturierten Oberfläche ohne viele Schnörkel. Klassische Menü- und Symbolleisten verbunden mit Tabellen und strukturierten Auswahllisten, etwa für Ressourcen und Organisationseinheiten, dominieren das Bild. Diagramme verdeutlichen die Projektsituation. Aufwendig entworfene Grafiken sucht der Anwender hier vergeblich - der Client ist ein effektives Arbeitswerkzeug für Projektprofis. Für Dashboards und Grafiken ist SharePoint zuständig. SharePoint als Tor zum Team Anders als Projektplaner werden die meisten Anwender typischerweise nicht mit dem aXc-Client arbeiten. Für viele Aufgaben, darunter die Zeiterfassung, die persönliche Aufgabenliste, die Einsicht von Projektauswertungen oder die Abgabe von Statusberichten, reicht der Zugriff auf SharePoint aus. Microsofts Web-Plattform für Zusammenarbeit und Intranet ist darauf ausgerichtet, als Basis für Geschäftsanwendungen zu dienen. Mit aXc- Project wird eine Reihe von Bausteinen geliefert, mit denen sich SharePoint leicht zur organisationsweiten Multiprojektplattform entwickeln lässt. Projektideen werden beispielsweise in SharePoint erfasst und können anschließend dort eingesehen und bewertet werden. Welche Angaben zu einer Projektidee gemacht werden müssen, lässt sich frei konfigurieren - das Design der Eingabeformulare ist dank SharePoints Formulardesigner flexibel. Auch für den Umgang mit Projektrisiken, Qualitätsplänen und für das Nutzenmanagement setzt aXc-Project auf SharePoint. Dies hat zur Folge, dass auch die Workflow-Funktionen von SharePoint genutzt werden können, um beispielsweise Eskalationsprozesse oder Prüfautomatismen abzubilden. Vor allem steht jedem Projekt automatisch SharePoints Dokumentenmanagement zur Verfügung. Berichte und Auswertungen von Projektdaten können vom Benutzer selbst erstellt und in SharePoints Dokumentenmanagement eingebunden werden. Da aXc-Project die vollständigen Projektdaten in SharePoint zur Verfügung stellt, ist es auch möglich, Projektaktivitäten im Web zu bearbeiten und dort etwa einen neuen Fertigstellungstermin für einen Vorgang zu erfassen. Für einfache Planungen muss daher nicht zwingend der aXc-Client zum Einsatz kommen. Gleich- Mey Mark Meyer PM-Software: aXc-Project Projektbaukasten auf Basis von SharePoint Eine PM-Software selbst zu entwickeln, kommt heute unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr infrage. Der Wunsch nach einer speziell zugeschnittenen Software ist allerdings weit verbreitet. aXc-Project begegnet diesem vermeintlichen Dilemma, indem es neben einer Desktop-Software für Projektmanager vor allem eine Reihe von Bausteinen für Microsofts SharePoint-Plattform liefert. Mit aXc-Project wird SharePoint zur leistungsfähigen Multiprojektmanagement-Software. PM_2-2013_1-68: Inhalt 27.03.2013 14: 58 Uhr Seite 46 wohl dürfte er für viele Planer das Mittel der Wahl sein - die Weboberfläche ist dann der richtige Ort, um auf der Basis aktueller Daten aus den Projekten aussagekräftige Dashboards für die diversen Stakeholder zu erstellen. Je nach Wunsch erhalten diese die Übersichten als umfangreiche Tabellen mit Kennzahlen oder als hübsche Bubble-Charts. Einstieg mit niedriger Schwelle Projektdaten kann die Software aus verschiedenen Quellen zusammenfassen. Häufig verwenden die Projektbeteiligten anfangs noch sehr unterschiedliche Hilfsmittel, um den Überblick über ihre Projekte zu behalten. Einige Projektmanager nutzen möglicherweise diverse Tabellenkalkulationsblätter, andere erstellen bereits Projektterminpläne mit Einzelplatz-Software und eine weitere Gruppe setzt auf das Whiteboard im Büro. aXc-Project versucht, möglichst allen Gruppen den Einstieg in eine integrierte Multiprojektmanagement-Software zu vereinfachen. Weil auf SharePoint aufgebaut wird, können die einzelnen Programmfunktionen nach und nach hinzugefügt werden. Zu Beginn könnte beispielsweise eine Liste aller Projekte und ein einfaches Statusberichtswesen stehen, für das die Daten zunächst von Hand erfasst werden. Später wird diese Liste eventuell durch Vorgangslisten mit Termineingaben detailliert. Wenn die ersten Projektplaner damit beginnen, mit dem aXc-Client Projektpläne zu erstellen und zu pflegen, werden direkt diese Daten statt der manuell erfassten Terminlisten verwendet. Später werden Ist-Kosten integriert, Zeit- und Fortschrittsrückmeldungen kommen hinzu. Am Ende findet der Anwender dann gegebenenfalls auch die Budgetplanung sowie unternehmensweite Ressourcenauswertungen im Web. An die Stelle einer hohen Einstiegsschwelle treten also viele kleine Einzelstufen. SharePoint dient dabei nicht nur als Bedienoberfläche im Web. Weil auch etliche andere Softwareprodukte, etwa Software für CRM, Helpdesk und Finanzen, mit Share- Point zusammenarbeiten, bietet die enge Verzahnung von Projektdaten mit SharePoint die Möglichkeit, Informationen aus mehreren Quellen in SharePoint zusammenzuziehen. Außerdem können Daten via SharePoint zwischen den einzelnen Produkten ausgetauscht werden. Fazit Auch wenn aXc-Project mit der Client-Software eine solide Multiprojektmanagement-Software bietet, liegt die Stärke der Software in dem Baukastensystem, das sie für Microsofts SharePoint-Plattform mitbringt. Mit ihr tritt das eigentliche Produkt in den Hintergrund. Ein PMO kann die einzelnen Funktionen so in Betrieb nehmen, dass sie wie speziell entwickelt wirken - im richtigen Austausch mit den Anwendern unterstützt dies dann das Gefühl, selbst die eigene PM-Software konzipiert und umgesetzt zu haben. Dieses Vorgehen bietet viel Flexibilität, erfordert allerdings auch mehr Konfigurationsaufwand, sofern man nicht eine der vorkonfigurierten Best Practice-Vorlagen verwendet. ■ Kontakt: www.aXc.biz projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2013 l 47 In Kürze ❑ aXc-Project ist eine PM-Software, die auf Microsofts SharePoint-Plattform aufsetzt. ❑ Ein Windows-Client bietet zahlreiche Projektplanungs- und Steuerungsfunktionen für (Multi-) Projektmanager. ❑ Mit Bausteinen und Listen werden Projektinformationen nach individuellen Bedürfnissen in Share- Point integriert. Abb. 1: Frei konfigurierbare SharePoint-Dashboards fassen die Projektdaten zusammen. PM_2-2013_1-68: Inhalt 27.03.2013 14: 58 Uhr Seite 47 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 2/ 2013 48 WISSEN Das Buch von Reuter befasst sich nicht mit Techniken des Projektmanagements, sondern, wie im Titel angekündigt, ausschließlich mit der Rolle des Menschen in Projekten. Die Kapitel lauten ❑ Normen und Zertifizierungen (ICB 3.0, PMBoK Fourth Edition und PRINCE2), ❑ Stakeholdermanagement oder der Gleichklang mit dem Projektumfeld, ❑ Projektstart - Projektende, ❑ Teamplay richtig gestalten, ❑ Führen und Leiten von Projekten, ❑ Motivieren, ❑ Kommunikationssituationen im Projekt, ❑ Konflikte und Krisen, ❑ Steuern, ❑ Projektmanagement lernen sowie ❑ Projektmanagement und Kultur. Im ersten Kapitel untersucht der Verfasser, inwieweit die oben genannten Standards Anforderungsprofile für das Projektpersonal liefern können. Seinem Fazit kann man sich anschließen: „Die Zertifizierungsstufen … sind noch keine fertigen Anforderungsprofile - sie wollen es auch nicht sein. Und die Zertifizierungsverfahren ersetzen nicht die eignungsdiagnostischen Untersuchungen im Rahmen der Personalauswahl.“ Die Frage stellt sich freilich, warum dann gerade die Eignungsdiagnostik so eine geringe Rolle in unserer Disziplin spielt. Auch in den weiteren Kapiteln stellt der Verfasser immer wieder den Bezug zur ICB 3.0, zum PMBoK und zu PRINCE2 her. Dabei hätte ich mir manchmal ein wenig mehr Respektlosigkeit vor den „Heiligen Schriften“ des Projektmanagements gewünscht. Im Kapitel „Stakeholdermanagement“ kann man interessante, durchaus originelle und hilfreiche Ausführungen zur Kommunikation mit den Projektinteressenten und zum Projektmarketing, einem in der Literatur häufig vernachlässigten Thema, lesen. Auch das Kapitel „Projektstart - Projektende“ enthält sehr viele praktikable Vorschläge. Eine eingehendere Betrachtung der Identifizierung und Bewertung von Projektrisiken, die unterblieben ist, wäre freilich aus der Sicht der Organisationspsychologie sehr fruchtbar gewesen, wie andere Autoren gezeigt haben. In „Teamplay richtig gestalten“ (Kap. 4) hätte ich mir etwas mehr Rückgriff auf die zahlreich vorhandene Literatur gewünscht, die sich mit Faktoren erfolgreicher Teamarbeit befasst (vgl. dazu etwa den zusammenfassenden Artikel von Rafaela Kraus in projektMANAGE- MENT aktuell , Heft 5/ 2008). Auch hat mich ein wenig überrascht, wie sehr Reuter Phasenmodellen wie dem von Tuckman vertraut, handelt es sich doch lediglich um idealtypische Modelle. In „Führen und Leiten“ (Kap. 5) wagt sich der Verfasser auf stark vermintes Territorium. Es gibt wohl kaum ein Gebiet, auf dem die Theorienvielfalt so verwirrend ist. Wer etwa das mehrere Kilo schwere Handwörterbuch der Führung in der Hand gehabt hat und es irgendwann einmal resigniert zur Seite legt, wird zu schätzen wissen, dass sich jemand des Themas der Leistungserstellung mit Projektcharakter annimmt. Das gilt auch für die nächsten Kapitel „Motivieren“ und „Kommunikationssituationen in Projekten“ (Kapitel 6 und 7), die viel Wissenswertes enthalten. Im Kapitel 7 wird - auch das sehr verdienstvoll, da dies in der Lehrbuchliteratur höchst selten geschieht - auch auf „Verhandeln als spezielle Kommunikationssituation“ eingegangen. Sehr ausführlich mit vielen nützlichen Ratschlägen ist das Kapitel 8 „Konflikte und Krisen“ geraten. Das Phasenmodell der kooperativen Konfliktlösung wäre allerdings konkreter geworden, wenn man es an einem fiktiven Beispiel erläutert hätte. Besonders deutlich zeigt sich im Kapitel 9 („Steuerung“), wie fruchtbar die Anwendung der Psychologie sein kann. Hier liest man nicht Altbekanntes über Projektfortschrittsmessung und Abweichungsanalysen, wie man erwarten könnte, nein, der Autor spricht vor allem die Frage an, wie man Kritik äußern und mit ihr umgehen muss. Er gewinnt damit eine neue Sichtweise auf das Thema. Ebenfalls originell mit vielen wertvollen Gedanken finde ich Kapitel 10 („Projektmanagement lernen“). Selten beackerte Themen wie Coaching, Supervision und organisationales Projektmanagementlernen werden aufgegriffen. Das Buch wird abgeschlossen durch einen Beitrag zu den Themen „Unternehmenskultur“ und „Projektkultur“, auch das Gebiete, zu denen bisher wenig geschrieben wurde. Die kritischen Bemerkungen des Rezensenten mögen nicht falsch verstanden werden. Die Publikation von Reuter ist sehr lesenswert, unter anderem auch wegen der zahlreichen eingestreuten Fallbeispiele, und erschließt auch dem Profi viele neue Gesichtspunkte. Sie gehört also zu den sehr erfreulichen Neuerscheinungen in unserer Disziplin. Noch eine Anregung zu einer möglichen zweiten Auflage, die dem Buch zu wünschen ist: Bitte etwas mehr weiterführende Literatur nennen. Vor allem Studierende werden dafür dankbar sein. Heinz Schelle ■ Buchbesprechung Psychologie im Projektmanagement Reuter, Mark: Psychologie im Projektmanagement. Eine Einführung für Projektmanager und Teams. Publicis Publishing, Erlangen 2011, 293 S., ISBN 978-3-89578-361-6, EUR 34,90 PM_2-2013_1-68: Inhalt 27.03.2013 14: 58 Uhr Seite 48