eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 24/3

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2013
243 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Anspruch und Wirklichkeit der Projektkommunikation

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2013
Für Projektmanager ist Kommunikation einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg eines Projekts. Gleichwohl wird Projektkommunikation aus Sicht der Projektmanager nicht professionell genug geplant und nicht systematisch genug durchgeführt. Dies zeigt eine empirische Studie der Kommunikationsberatung Cetacea GmbH unter Beteiligung von 754 Projektmanagern. Projektkommunikation wird selten von Kommunikationsprofis unterstützt und erfolgt meist ad hoc durch die Projektverantwortlichen bzw. Führungskräfte. Als wesentliche Gründe für die Differenz zwischen der erklärten Relevanz der Kommunikation und der dahinter zurückfallenden tatsächlichen Kommunikationspraxis nennen die Manager einen Mangel an Ressourcen und auch fehlende Kompetenz und Erfahrung der Beteiligten.
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D ie Studie wurde von Mitte September bis Anfang November 2012 als Online-Befragung in den Netzwerken von Atreus und der GPM durchgeführt. An der Befragung nahmen 754 Projektmanager teil, von denen zwei Drittel (65 Prozent) in dieser Funktion eine Berufserfahrung von mehr als zehn Jahren haben. Und wenngleich die Studie nach sozialwissenschaftlichen Kriterien nicht „repräsentativ“ ist, so bekräftigt doch gerade diese lange Berufserfahrung, dass die Ergebnisse die Realität des Projektmanagements zutreffend wiedergeben. Anerkannte Bedeutung Auf einer abstrakten Ebene ist die Bedeutung von Kommunikation den Projektmanagern durchaus und allgemein bewusst: 85 Prozent der Teilnehmer bewerten sie als „sehr wichtig“, weitere 12 Prozent als „eher wichtig“. Nach den Faktoren gefragt, die für den Erfolg eines Projekts ausschlaggebend sind, erklären sie „die klare Formulierung des Projektauftrags“, die „Führungskompetenz des Projektleiters“ und „die Unterstützung durch das Topmanagement“ zu jeweils rund 85 Prozent als „sehr wichtig“ - und dicht dahinter an vierter Stelle die „Kommunikation innerhalb des Projekts“ (78 Prozent „sehr wichtig“). Deutliche Unterschiede zeigen sich aber, wenn man nach der Relevanz von Kommunikation für bestimmte Arten von Projekten fragt: Neuausrichtung, Restrukturierung, Post-Merger-Integration, Sanierung und Transformation werden als besonders kommunikationsbedürftig angesehen; für Prozessoptimierung, Innovation, Carve-out (Ausgliederung, Abspaltung oder Verkauf von Unternehmensteilen) und Portfolioerweiterung dagegen wird die Bedeutung von Kommunikation als geringer eingeschätzt. Eine mögliche Erklärung für diese Unterschiede findet sich in den Antworten auf die (offene) Frage, welche Hauptaufgaben die Projektkommunikation aus der Sicht der Projektmanager zu erfüllen habe: Neben der Information über Ziele, Fortschritte und Verantwortlichkeiten des jeweiligen Projekts wird hier mit großem Abstand vor allem anderen die Motivation und Einbindung der Mitarbeiter genannt (56 Prozent) - und dies ist natürlich umso wichtiger, je mehr Mitarbeiter von dem Projekt betroffen sind und je stärker es das Unternehmen als Ganzes verändert. Modus und Ausmaß in der Praxis Wenn wir unseren Blick nun aber darauf richten, wie, von wem und in welchem Ausmaß tatsächlich über Projekte kommuniziert wird, zeigt sich, dass das Bewusstsein um die Wichtigkeit dieser Kommunikation keineswegs mit einer entsprechenden Praxis einhergeht. So wird zwar in aller Regel über die wichtigsten Meilensteine kommuniziert (82 Prozent der Teilnehmer sagen „trifft eher zu“ oder „trifft voll zu“). Doch nur eine Minderheit der Projektmanager (42 Prozent) kann der Aussage zustimmen, dass Projekte in allen Phasen von Kommunikation begleitet werden. Vielmehr wird 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2013 28 WISSEN Anspruch und Wirklichkeit der Projektkommunikation Eine empirische Studie unter Projektmanagern Führung bedeutet Kommunikation. Was sich wie eine Binsenwahrheit anhört, scheint im Projektmanagement gleichwohl noch nicht angemessen beherzigt zu werden. Zwar wird niemand bestreiten, dass Projektmanagement zu großen Teilen aus Leitungstätigkeiten besteht. Doch die Konsequenz, dass es deshalb auch zu großen Teilen auf Kommunikationsarbeit beruhen muss, ist bisher weder zur herrschenden Meinung noch zur allgemeinen Übung geworden. Dies zeigt die empirische Studie „Kommunikation in Projekten“ der Kommunikationsberatung Cetacea in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement und Atreus Interim Management. Immerhin - das macht die Studie ebenfalls deutlich - wird dieser Mangel von Projektmanagern als solcher durchaus erkannt: Sie würden gerne mehr und besser kommunizieren. Doch fehlen ihnen nach eigener Einschätzung die Mittel dazu. Katja Nagel Für Projektmanager ist Kommunikation einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg eines Projekts. Gleichwohl wird Projektkommunikation aus Sicht der Projektmanager nicht professionell genug geplant und nicht systematisch genug durchgeführt. Dies zeigt eine empirische Studie der Kommunikationsberatung Cetacea GmbH unter Beteiligung von 754 Projektmanagern. Projektkommunikation wird selten von Kommunikationsprofis unterstützt und erfolgt meist ad hoc durch die Projektverantwortlichen bzw. Führungskräfte. Als wesentliche Gründe für die Differenz zwischen der erklärten Relevanz der Kommunikation und der dahinter zurückfallenden tatsächlichen Kommunikationspraxis nennen die Manager einen Mangel an Ressourcen und auch fehlende Kompetenz und Erfahrung der Beteiligten. +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ PM_3-2013_1-64: Inhalt 03.06.2013 6: 19 Uhr Seite 28 über Projekte ihrer Erfahrung nach nur „sporadisch von Fall zu Fall“ kommuniziert (50 Prozent Zustimmung). Weder eine kaskadierende (top-down) noch eine zielgruppenspezifische Kommunikation ist die Regel (45 bzw. 40 Prozent Zustimmung). Ein ähnliches Bild geben die Antworten auf die Frage, wann kommuniziert wird: Am häufigsten geschieht das zum Abschluss des Projekts - aber auch dann ist es alles andere als selbstverständlich: Nur ein Viertel der Teilnehmer sagt, dass zum Projektende „immer“ kommuniziert werde. Ein weiteres Drittel erklärt, dies sei „oft“ der Fall. Etwas geringer noch ist das Ausmaß der Kommunikation während der Projektdurchführung, und noch geringer wiederum zu Beginn des Projekts in den Phasen der Initialisierung und Planung. Diese Bevorzugung der Ex-post-Kommunikation ist zwar einerseits nachvollziehbar: Es gibt dann handfeste Ergebnisse, die mitgeteilt werden können. Doch wenn es andererseits richtig ist, dass Kommunikation für den Erfolg eines Projekts entscheidend ist - und da sind sich die Projektmanager ja einig -, dann ist die dafür ausschlaggebende Phase die der Durchführung. Allerdings sind die Projektmanager einhellig der Meinung, dass durchgängig und in allen Phasen eines Projekts mehr kommuniziert werden sollte, als es tatsächlich der Fall ist: Auf die Frage nach der Bedeutung der Kommunikation sagen für jede Phase jeweils über 80 Prozent, diese sei „sehr wichtig“ oder „wichtig“. Aber nur jeweils rund 60 Prozent konstatieren, dass Kommunikation auch „immer“ oder wenigstens „oft“ stattfinde (für die Planungsphase sogar nur knapp 50 Prozent). Genutzte Mittel und Formate Ähnliche Differenzen zeigen sich beim Vergleich der zugeschriebenen Relevanz mit der faktischen Nutzung der unterschiedlichen Medien und Formate der Projektkommunikation (Abb. 1). Mit deutlichem Abstand gelten persönliche Gespräche und Meetings als wichtigstes Mittel der Kommunikation (Durchschnittswert 3,83 auf einer Skala von 1 = „gar nicht wichtig“ bis 4 = „sehr wichtig“) - und es wird auch sehr häufig genutzt (Durchschnittswert 3,52 auf einer Skala von 1 = „gar nicht genutzt“ bis 4 = „immer genutzt“). Das meistgenutzte Format aber ist - wenig überraschend - die E-Mail. Sie und das Internet sind auch die einzigen Medien, die häufiger genutzt werden, als es ihrer angenommenen Relevanz entspricht (E-Mail: Durchschnittswerte 3,70/ Nutzung zu 3,01/ Relevanz; Internet: 2,45 zu 2,39). Die Projektmanager scheinen sich also der begrenzten kommunikativen Wirksamkeit gerade dieser so bequemen und deshalb ubiquitären Medien bewusst zu sein. Sie bedienen sich ihrer aber dennoch und womöglich anstelle anderer Kommunikationsmittel, die eine höhere Wirksamkeit hätten. Als zweitwichtigstes Format der Projektkommunikation (nach persönlichen Meetings) nennen die Manager Projektdokumentationen (Durchschnittswert 3,50), und sie nutzen sie auch entsprechend häufig (Durchschnittswert 3,23). Ebenfalls als besonders wichtig erachtet werden Mitteilungen der Unternehmensführung (Durchschnittswert 3,45), Führungskräfteveranstaltungen (3,20), Wochen- und Monatsberichte (3,09), Telefon- und Videokonferenzen (3,07) und Mitarbeiterversammlungen (3,00). Letztere werden jedoch ebenso wie Führungskräfteveranstaltungen vergleichsweise wenig genutzt (2,38 bzw. 2,50) - weniger zum Beispiel als das jeweilige Intranet (2,54), obwohl dieses für die Kommunikation als weniger wichtig gilt (2,85). Der Grund ist vermutlich der relativ hohe Zeitaufwand für solche Veranstaltungen sowohl bei den Organisatoren wie bei den Teilnehmern. projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2013 l 29 Abb. 1: Relevanz der Kommunikationsformate und deren tatsächliche Nutzung PM_3-2013_1-64: Inhalt 03.06.2013 6: 19 Uhr Seite 29 Als weniger wichtig werden (Print-)Medien wie Mitarbeiterzeitschrift, Sonderpublikationen, Führungskräftemedien und naturgemäß externe Medien wie Pressemitteilungen oder Kundenzeitschriften eingeschätzt. Bei allen Formaten aber - bis auf E-Mail und Internet - liegt das Maß ihrer praktischen Nutzung unter dem Maß ihrer erklärten Wichtigkeit. Damit stellt sich die Frage: Warum kommunizieren Projektmanager in allen Phasen und über alle Kanäle weniger, als sie es selbst für richtig - weil wichtig - erachten? Verantwortlichkeit, Ressourcen und Kompetenz Die Antwort ergibt sich aus dem letzten Fragenkomplex der Studie zum Thema Zuständigkeit und Ressourcen (Abb. 2). Weitaus am häufigsten für die Kommunikation im Projekt verantwortlich ist der Projektleiter selbst (70 Prozent „trifft voll zu“, weitere 20 Prozent „trifft eher zu“). Gelegentlich übernimmt diese Aufgabe auch dessen Vorgesetzter, manchmal gibt es auch einen für das Projekt eigens abgestellten Kommunikationsmanager. Kommunikationsexperten aus Reihen der Unternehmenskommunikation oder als externe Berater werden dagegen, wenn überhaupt, meist nur dann eingebunden, wenn es sich um sehr große Projekte oder sehr große Unternehmen handelt. Wer immer aber für die Projektkommunikation zuständig ist - er hat nach Einschätzung der Projektmanager dafür weder genügend Zeit, noch genügend Personal, noch genügend Budget: Nicht einmal 15 Prozent sagen, für diese Aufgabe stehe ausreichend Zeit zur Verfügung, mit Blick auf Personal und Budget sind es sogar unter 10 Prozent (Abb. 3). Und nicht nur an den nötigen Ressourcen mangelt es. Auch das Urteil über die einschlägigen Kompetenzen und Erfahrungen fällt, gelinde gesagt, ernüchternd aus. Auch hier wieder klaffen Wunsch (also erklärte Relevanz) und Wirklichkeit weit auseinander. Dies gilt einerseits für die Projektmanager selbst: Während 90 Prozent es für sehr wichtig halten, dass Projektmanager über ausreichende (Projekt-)Kommunikationskompetenz und -erfahrung verfügen, sind zugleich keine 20 Prozent von ihnen der Meinung, dass dies auch im Großen und Ganzen der Fall sei. Mehr als 80 Prozent sagen: „eher nicht“ (Abb. 4). Und dies gilt andererseits auch für alle anderen, denen die Projektkommunikation obliegt: Weder ihre Kompetenz und Erfahrung in Projektinhalten noch ihre allgemeine Kommunikationskompetenz und -erfahrung noch ihre spezifische Kompetenz und -erfahrung in Projektkommunikation entsprechen nach Auffassung der Studienteilnehmer auch nur annähernd der Bedeutung, die sie diesen Qualifikationen zusprechen (Abb. 5). In der Zusammenfassung ergibt sich also eine eindeutige Diagnose: Die Kommunikation von Projekten in Unternehmen ist in vielerlei Hinsicht verbesserungsfähig. Und diese Diagnose wird nicht etwa von außen gestellt, sondern es ist die Diagnose derjenigen, deren Aufgabe es ist, diese Projekte zum Erfolg zu führen: der Projektmanager selbst. Es ist mithin eine Diagnose von Praktikern, die nicht aus Lehrbuchwissen abgeleitet ist, sondern in der alltäglichen Erfahrung eines Mangels fundiert ist: der 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2013 30 WISSEN Abb. 2: Wer das Thema Kommunikation im Projekt verantwortet Abb. 3: Ressourcenverfügbarkeit für Projektkommunikation PM_3-2013_1-64: Inhalt 03.06.2013 6: 19 Uhr Seite 30 Differenz nämlich zwischen dem Beitrag, den Kommunikation für das gute Gelingen eines Projekts (also seine effiziente und dauerhaft effektive Umsetzung) leisten könnte - und dem, was sie tatsächlich leistet. Umso gravierender ist dieser Befund, als die Bedeutung von Projekten für den Unternehmenserfolg in Zukunft weiter zunehmen wird, während das herkömmliche Gefüge der Aufbau- und Ablauforganisation in den Hintergrund tritt. Je mehr aber Unternehmen lernen müssen, in und vermittels Projekten zu operieren - desto notwendiger wird es für sie, darüber zu kommunizieren. Und desto direkter wird sich die Professionalität dieser Kommunikation im Geschäftserfolg niederschlagen. ■ Schlagwörter Kommunikationskompetenz, Projektkommunikation, Projektmanager, Relevanz, Ressourcen Kompetenzelemente der NCB 3.0 4.1.1 Projektmanagementerfolg, 4.1.17 Information und Dokumentation, 4.1.18 Kommunikation, 4.2.2 Führung Autorin Dr. Katja Nagel ist geschäftsführende Gesellschafterin der Kommunikationsberatung Cetacea und Autorin des Buchs „Professionelle Projektkommunikation“. Die Diplomkauffrau hat mehr als 20 Jahre Konzernerfahrung unter anderem in leitenden Positionen bei der Deutschen Telekom, O 2 und Siemens. Cetacea berät Unternehmen in Sondersituationen und bei strategischen Kommunikationsaufgaben. Anschrift Cetacea Communications & Public Relations GmbH Goethestraße 21 D-80336 München Tel.: 0 89/ 5 99 45 58-0 Fax: 0 89/ 5 99 45 58-280 E-Mail: info@cetacea-gmbh.de projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2013 l 31 Abb. 4: (Projekt-)Kommunikationskompetenz der Projektleiter Abb. 5: Kompetenzen von Projektkommunikationsverantwortlichen - Relevanz und Bewertung Foto: Cetacea PM_3-2013_1-64: Inhalt 03.06.2013 6: 20 Uhr Seite 31