eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 24/4

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
pm
2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
101
2013
244 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Der erste Ton entscheidet über das ganze Konzept

101
2013
Oliver Steeger
Ob Software-Einführung, Kulturwandel im Unternehmen oder Firmenfusionen – an Projekten des organisatorischen Wandels beißen sich viele Projektmanager die Zähne aus. Die „Changeprojekte“, wie sie häufig genannt werden, gelten als extrem schwierig. Der Grund: Sie lösen soziale Prozesse im Unternehmen aus und diese Prozesse können eine riskante Eigendynamik entfalten. Vor allem lassen sie sich kaum so detailliert planen und steuern wie technische Projekte. Winfried Berner, Fachmann für Changemanagement und Buchautor, erläutert die Klippen dieser Vorhaben und erklärt, wie Projektmanager solche Untiefen geschickt umfahren können.
pm2440016
22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2013 16 REPORT Herr Berner, der deutschen Wirtschaft geht es erstaunlich gut, allen Unkenrufen zum Trotz. Schuldenkrise, der Einbruch öffentlicher Aufträge in Südeuropa, der Aufstieg Chinas zur wirtschaftlichen Großmacht oder sich abzeichnende Rohstoffknappheit - nichts bringt die Wirtschaft ins Stolpern. Nicht einmal die steigenden Strompreise scheinen ernste Schmerzen zu verbreiten. Versäumen die Unternehmen angesichts ihrer robusten Kraft die Vorbereitung auf Krisen? Winfried Berner: Viele Unternehmen bereiten sich in der Tat kaum auf mögliche Krisen vor. Es geht ja nicht um die Frage, was zu tun ist, wenn der Welt in fünfzig oder hundert Jahren das Öl ausgeht. Es geht um mögliche Krisen der nächsten fünf bis zehn Jahre. Schon in den nächsten Jahren könnte die Nachfrage das Angebot übersteigen und uns in eine „Stop-and-Go-Economy“ stoßen: Jeder Aufschwung wird durch steigende Energiepreise abgewürgt, worauf die Energiepreise sinken und einen neuen Aufschwung ermöglichen, der dann alsbald wieder von steigenden Preisen abgewürgt wird. Aber kaum ein Unternehmen spielt solche oder andere Krisenszenarien durch. Was etwa, wenn die Preise für Öl und Gas sich vervierfachen und infolgedessen sich der Strompreis verdoppelt? Ja, um solche Fragen geht es. Einige Unternehmer verschieben das Krisenmanagement auf den Zeitpunkt, wenn die Krise da ist. Doch wir wissen: In Krisen siegen nicht die Starken über die Schwachen oder der Dicke über die Dünnen, sondern die Schnellen über die Langsamen. Ihrer Vorstellung nach sollte sich mit solchen Krisenszenarien nicht nur der Führungszirkel des Unternehmens befassen, sondern die gesamte Organisation. Im Idealfall, sagen Sie, kennen die Mitarbeiter die Krisenszenarien und die Schritte, Krisen abzuwehren. Mit dem Betriebsrat bestehen Vereinbarungen zur Lösung von Krisen. Wenn es eng wird im Unternehmen, stehen also alle an Deck und kämpfen mit. Dies klingt sehr nach Der erste Ton entscheidet über das ganze Konzert Changeprojekte: Wie Projektmanager den sozialen Prozess im Blick behalten Ob Software-Einführung, Kulturwandel im Unternehmen oder Firmenfusionen - an Projekten des organisatorischen Wandels beißen sich viele Projektmanager die Zähne aus. Die „Changeprojekte“, wie sie häufig genannt werden, gelten als extrem schwierig. Der Grund: Sie lösen soziale Prozesse im Unternehmen aus und diese Prozesse können eine riskante Eigendynamik entfalten. Vor allem lassen sie sich kaum so detailliert planen und steuern wie technische Projekte. Winfried Berner, Fachmann für Changemanagement und Buchautor, erläutert die Klippen dieser Vorhaben und erklärt, wie Projektmanager solche Untiefen geschickt umfahren können. Oliver Steeger Winfried Berner (59) erlebte 1987 seine Feuertaufe als Changemanager. Damals war er Consultant bei der Boston Consulting Group; er hatte die weltweite Vertriebsorganisation eines Maschinenbaukonzerns für einen schwierigen Neuanfang mit einer Produktgruppe zu gewinnen. Es folgten eine Fusion, ein Turnaround und eine Mischung aus Reengineering und Kulturveränderung. Winfried Berner machte sich 1995 selbstständig mit seinem Unternehmen „Die Umsetzungsberatung“. Seine Webseite www.umset zungsberatung.de ist mit jährlich etwa einer Million Besuchern eine der größten deutschsprachigen Wissensbasen für Changemanagement und seine Grundlagen- und Nachbargebiete. Berner ist Autor der Standardwerke „Change! “ und „Culture Change“ (beide im Schäffer- Poeschel Verlag erschienen). Foto: privat PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 16 einem Projekt des organisatorischen Wandels, nach einem Changeprojekt, das die Kultur eines Unternehmens verändern soll. Darum handelt es sich auch. Proaktives Krisenmanagement hat viel mit Changemanagement zu tun. Ein schwieriges Terrain. An Projekten des organisatorischen Wandels haben sich viele Unternehmen die Zähne ausgebissen. Die Kultur eines Unternehmens kann man nicht so einfach verändern wie die Baureihe eines Lieferwagens. Diese Art von Projekten gilt generell als ausgesprochen schwierig. So schwierig sind sie gar nicht. Changeprojekte sind nicht schwieriger als andere Projekte. Sie sind anders. Wer vom klassischen Projektmanagement her kommt, findet hier Elemente, auf die er vielleicht nicht gefasst ist. Übersieht man jedoch diese Elemente, dann fliegen einem die Projekte früher oder später um die Ohren. Dies gilt nicht nur für das Krisenmanagement. Dies gilt für alle Projekte, die mit dem Verändern einer Organisation zu tun haben - angefangen bei der Einführung neuer Software über Service-Offensiven bis hin zu Fusionen und Übernahmen. Über die Kunst, Changemanagementprojekte zu führen, wollen wir näher sprechen. Solche Projekte haben wesentlich mehr mit Menschen zu tun als beispielsweise technische Projekte. Richtig. Wir haben es bei Changeprojekten immer mit einem sozialen Prozess zu tun. Dies wird häufig übersehen und vergessen: Solche Projekte lösen im Unternehmen immer Gefühle aus, häufig Betroffenheit und Befürchtungen, oft auch Angst. Diese Gefühle aktivieren eine soziale Eigendynamik, die man als Projektmanager einkalkulieren sollte. Typisches Beispiel: ein IT-Projekt. Ein Unternehmen will damit Kosten senken und effizienter arbeiten. Das Team konzentriert sich auf inhaltliche Arbeit, programmiert Software, moduliert Prozesse ... ... und übersieht dabei möglicherweise, dass die Mitarbeiter abweisend und ablehnend reagieren, weil sie sich mit dem alten System auskennen und Angst vor dem neuen haben. Dies mündet sehr schnell in einen Kampf zwischen Befürwortern und vermeintlichen Bewahrern. Ehe sich der Projektmanager versieht, steckt er mitten im Machtkampf. Ein Projektmanager berichtete mir unlängst, er habe einen Stellvertreterkonflikt ausfechten müssen. Die Mitarbeiter hätten sein Projekt angegriffen, wollten aber eigentlich nur Soziale Prozesse als „Herzstück“ eine offene Rechnung mit dem Topmanagement begleichen. Man hat also sein Projekt getreten und die Geschäftsführung gemeint. Auch so etwas kann vorkommen - das Beispiel illustriert die Bandbreite von sozialen Prozessen. Die Geschichte des Unternehmens beginnt ja nicht mit dem aktuellen Changeprojekt. Da ist vorher schon viel Gutes und auch weniger Gutes vorgefallen. Vielleicht sind Mitarbeiter durch ein vorangegangenes Changeprojekt enttäuscht worden, vielleicht hat ihr Unternehmen ein Projekt unter einer irreführenden Bezeichnung für Personalabbau genutzt. Wie auch immer, das Projekt baut auf eine Geschichte auf. Sie prägt den Veränderungsprozess vor. Wer diese Vorgeschichte nicht zur Kenntnis nimmt, handelt naiv. Weshalb scheitern so viele Projekte des organisatorischen Wandels? Ich beobachte einige klassische Muster des Scheiterns. Eines davon: Die Auftraggeber - meistens hoch in der Hierarchie der Organisation - beurteilen die Realität anders als das Bodenpersonal. Manche Topmanager lokalisieren die Probleme ihres Unternehmens hauptsächlich bei ihren Mitarbeitern an der Basis. Dann setzen sie Projekte zur Optimierung von Abläufen auf, weil die Mitarbeiter nicht so arbeiten, wie sie denken, dass sie arbeiten sollen. Die Auftragsdefinitionen dieser Changeprojekte enthalten implizite Erklärungsmuster und Schuldzuweisungen. Mitarbeiter lesen also aus den Projekten Vorwürfe und Schuldzuweisungen, etwa nach dem Muster „Ihr da unten arbeitet nicht richtig, deshalb muss ich jetzt eingreifen und den Laden auf Vordermann bringen“. So wird der Auftrag verstanden. Dann sind bockige Reaktionen oder sogar die Rebellion gegen das mitschwingende Deutungsmodell nicht ungewöhnlich. Man hört Äußerungen wie „Typisch! Sie kippen uns so mit Aufgaben zu, dass alles kreuz und quer durcheinander geht, und beklagen sich dann, wenn manches schiefgeht.“ Die Probleme, die das Topmanagement erkennt, sind nicht selten das Echo seines eigenen Verhaltens - und nicht so sehr das Versagen der Mitarbeiter. Projekte des organisatorischen Wandels werden also schwierig, wenn die Betroffenen die Denkmodelle und Deutungen des Managements ablehnen. Bei solchen Projekten gehen bereits die Prämissen auseinander. Niemand braucht sich zu wundern, wenn man dann bei den Lösungen Weshalb scheitern diese Projekte? Projekt Ernte Fahren Sie jetzt Ihre Ernte ein! Schillstraße 150 · 86169 Augsburg Call: +49 (0) 821 - 815-6548 Fax: +49 (0) 821 - 815-1993 Mail: info@dynamis-web.com Web: www.dynamis-web.com Termine: Level C/ B GPM / IPMA in Augsburg am 28.09.2013 / 11. - 12.10.2013 und 22. - 23.11.2013 Level C/ B GPM / IPMA in Singen (Bodensee) am 26.10.2013 / 06. - 07.12.2013 und 17. - 18.01.2014 Kosten: 2650.- € Mehrwertsteuerbefreit zzgl. Prüfungsgebühr Level C GPM/ IPMA in Augsburg und Singen (am Bodensee) W e i t e r e K u r s e a u f u n s e r e r W e b s i t e ! Bild: fotolia.de Anzeige PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 17 nicht zusammenkommt. - Das zweite klassische Muster des Scheiterns beruht auf der Ungenauigkeit der Wörter. Viele denken, Begriffe wie Reorganisation, Reengineering oder Prozessoptimierung hätten eine klare Bedeutung, die von allen geteilt wird. Aber? Viele Unternehmen benutzen solche Begriffe und meinen damit eigentlich nur eines - nämlich Kostensenkung und Abbau von Arbeitsplätzen. Sie sprechen von Prozessoptimierung und Kulturveränderung; erst nach Monaten merken die Mitarbeiter und der Betriebsrat, dass sie eigentlich Personal abbauen wollen. So züchtet man eine wachsame, misstrauische Organisation heran. Hinter jedem neuen Begriff und jeder Erklärung vermuten die Beschäftigten nur einen weiteren unfairen Trick des Managements. Das gilt auch für die populäre „Bombenwurf-Strategie“: Man hält die Leute im falschen Glauben und lässt es irgendwann knallen. Dann kann sich niemand mehr wehren. Der Plan ist schnell durchgesetzt. Aber um den Preis eines bleibenden Misstrauens. Sprechen wir über das nächste klassische Muster des Scheiterns von Projekten des organisatorischen Wandels. Die Mitarbeiter werden nicht ausreichend beteiligt und in die wesentlichen Weichenstellungen des Projekts ein- Mangelhafte Beteiligung der Mitarbeiter bezogen. Die Betroffenen erleben Fremdbestimmung. Über ihre Köpfe hinweg wird entschieden, wie sie sich künftig verhalten sollen. Menschen wollen aber nicht fremdbestimmt werden. Dies zu bekämpfen, ist ein natürlicher Reflex. Psychologen nennen dies Reaktanz. Versteht sich, niemand mag über seinen Kopf hinweg getroffene Entscheidungen und Veränderungen. Ein einfaches Beispiel: Die Mitarbeiter bemerken schnell, wenn sich regelmäßig morgens um neun Uhr an der Pforte junge Damen und Herren in Anzügen einfinden, die sich mit wichtiger Miene in die Chefetage geleiten lassen. Gerüchte und Spekulationen machen die Runde darüber, was diese „Fremden“ mit der Geschäftsführung aushecken. „Wenn es etwas Gutes für uns wäre“, heißt es dann, „würde man uns dies sagen“. Folglich muss es etwas Negatives sein. Die führen etwas im Schilde. Die Projektgruppe meint, reine Sacharbeit zu leisten und Konzeptionen zu entwickeln - derweil die Stimmung an der Basis gegen ihr Projekt kippt. Irgendwann steht der Betriebsrat auf der Matte und fordert die Offenlegung der Rationalisierungspläne. Was war der Fehler? Das Projektteam hat nichts Falsches gemacht. Es hat nur etwas Wesentliches unterlassen, nämlich zu erklären, was es tut und was es damit bezweckt. Die Betroffenen einbeziehen, mit ihnen kommunizieren, sie beteiligen am Projekt, ihre Erwartungen abfragen, diese in den Zielen berücksichtigen, dies ist im Projekt- 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2013 18 REPORT Projekte des organisatorischen Wandels gelten als besonders komplex und schwierig zu managen. Foto: Sergey Nivens - Fotolia.com PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 18 PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 19 management gut bekannt. Dieses Stakeholdermanagement reicht bei Changeprojekten allerdings nicht aus? Bei Changeprojekten muss man einen Schritt weiter gehen. Man hat es neben dem eigentlichen inhaltlichen Prozess des Projekts mit einem sozialen Prozess zu tun. Beispiel „Einführung einer neuen Datenbank“: Der technische Prozess besteht in der Datenbankdefinition, der soziale Prozess in der Vermittlung des Projekts an die Mitarbeiter und in der Schaffung von Akzeptanz. Beide Prozesse müssen im gewissen Umfang synchronisiert und miteinander verbunden werden. Weshalb ist dies so wichtig? Ein Beispiel: Wollen Sie ein altes Datenbanksystem durch ein neues Datenbanksystem ersetzen, so reagieren die Datenbanken kühl und emotionslos auf dieses Vorhaben. Den Datenbanken ist es gleichgültig, ob sie ausgetauscht werden. Der Prozess folgt klaren, deterministischen Abläufen; er muss akribisch in allen Details geplant werden. Anders der soziale Prozess: Die Mitarbeiter, die die alte Datenbank programmiert und jahrelang gepflegt haben, reagieren betroffen und vielleicht mit Ängsten auf den Wechsel. So etwas kann man vom Prinzip her einplanen, aber die Reaktionen sind nie voll vorhersehbar. Mitarbeiter reagieren also auch unvernünftig? Unvernünftig aus dem Blickwinkel des technischen Projektleiters, aus seiner Interessenlage heraus. Aber kein Mensch handelt aus seiner subjektiven Sicht heraus unvernünftig. Bei der Einführung einer neuen Datenbank wird der Projektmanager möglicherweise Folgendes beobachten: Diejenigen, die die alte Datenbank entwickelt und betreut haben, wehren sich gegen das neue System und verteidigen das alte, das man mit etwas Geld noch hätte weiterentwickeln können. Anders die Verantwortlichen für das neue System. Sie sehen in der alten Wertschätzende Kommunikation Datenbank ein altersschwaches Relikt, das schleunigst auf den IT-Friedhof geschafft werden muss. Mit dieser Interessenlage haben Sie einen Grundkonflikt in der Organisation. Beide Gruppen stehen vor den gleichen Fakten, die sie subjektiv aber völlig unterschiedlich wahrnehmen und bewerten. Entscheidend: Diesen sozialen Prozess können Sie nicht planen wie einen technischen. Er ist nicht deterministisch, wie gesagt, er folgt dynamischen Regeln. Wir haben es also einmal mit der Faktenlage zu tun, der Realität erster Ordnung. Und dann mit der subjektiven Wahrnehmung der Mitarbeiter, der Realität zweiter Ordnung. Genau. Und dazu kommt noch eine dritte Dimension hinzu, nämlich die der Botschaften und der Kommunikation. Wie darf ich dies verstehen? Es macht einen großen Unterschied, ob das Topmanagement sagt, die museale Datenbank müsse endlich verschrottet und durch etwas Modernes ersetzt werden. Oder ob es die Botschaft wertschätzend und respektvoll vermittelt: Das alte System habe zwanzig Jahre lang das Unternehmen gut vorangebracht und sei ein Riesenfortschritt gewesen. Nun aber stehe das Unternehmen neuen Herausforderungen gegenüber, daher brauche es jetzt die Erfahrung der Mitarbeiter, die das alte System entwickelt und gepflegt haben, für die neue Datenbank. - Allein durch diese Botschaft kommt das Projekt in eine andere soziale Bahn. Über Kommunikation können wir erheblichen Einfluss nehmen auf die Zusammenarbeit und Umsetzung des geplanten Projekts. Der erste Ton entscheidet über das ganze Konzert. Wie kann man Einfluss nehmen? Die allerersten Äußerungen zu einem Changeprojekt setzen den Grundton für alles Weitere. Sie bestimmen, wie die Betroffenen den angestrebten Wandel beurteilen und wie sie subjektiv die Pläne bewerten. In dieser „Stunde null“ der Kommunikation wird die entscheidende Weiche gestellt. Danach kommt man nicht mehr zurück: Soziale Systeme haben keine Reset-Taste. Dies ist der Grund dafür, weshalb sich Geschäftsführer und Projektmanager genau überlegen sollten, wie sie ihr Projekt vorstellen - und wie früh sie informieren wollen, um möglichen Gerüchten zu begegnen. Habe ich mich zur frühen Kommunikation entschlossen, muss ich diesen Weg weitergehen. Vorhin sprachen Sie von der Unplanbarkeit sozialer Prozesse. Nein, soziale Prozesse sind planbar. Nur nicht so akribisch und detailliert planbar wie technische Prozesse. Moment! Genaue Planung ist ein wesentliches Element guten Projektmanagements ... Stimmt. Akribische Detailplanung ergibt aber bei sozialen Prozessen keinen Sinn, so sehr diese Erwartung auch verständlich ist. Man erliegt der Versuchung, etwa Erste Äußerung entscheidend 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2013 20 REPORT Transparenz und Partizipation - zwei wichtige Schlagwörter für Projekte des organisatorischen Wandels Foto: Rido - Fotolia.com PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 20 die Kommunikation bei der Einführung einer Datenbank genauso detailliert zu planen wie die Entwicklung dieser Software. Das Problem ist: Gerade bei groß angelegten Projekten beobachte ich die Tendenz, Geplantes unbedingt umzusetzen, um keinen Ärger mit dem Project Office zu bekommen - unabhängig davon, ob dies überhaupt noch sinnvoll ist. Ganz ohne Plan wird doch kein Projektmanager sein Vorhaben starten wollen? Dies empfehle ich auch nicht. Er braucht für ein Changeprojekt ein durchdachtes Konzept, eine Strategie, wie er vom Ausgangspunkt zum Ziel kommt. Beispiel „IT-Projekt“: Vom sozialen Prozess her gliedert sich das Vorhaben grob gesagt in zwei Phasen. In der ersten Phase interessiert sich kaum jemand für das Projekt und die neue Software. Die Stakeholder nehmen Informationen eher geduldig als interessiert zur Kenntnis. Geht es auf den „Go-Live“ zu, beginnt die zweite Phase: Plötzlich klagen die Stakeholder darüber, dass niemand mit ihnen geredet hat und sie schlecht informiert sind. Dieser Umschwung kann plötzlich kommen. Dann müsste das Projekt sehr schnell detaillierte, hochspezifische Informationen liefern, und die Projektmanager merken unter Umständen zu spät, dass sie darauf nicht vorbereitet sind. Lassen Sie mich raten: In dieser zweiten Phase werden viele Projektteams auf dem falschen Fuß erwischt. Sie können die Fragen nicht beantworten. Ja, das ist das Problem. Viele Projektmanager werden von der sozialen Dynamik überrascht. Sie schließen vielleicht aus dem anfänglichen Desinteresse, dass sie im Verborgenen weiterarbeiten können und gar keine Kommunikation brauchen. Eine weitere Schlussfolgerung: Es lohnt sich nicht, viel Energie in die Kommunikation während der ersten Phase zu investieren. Besser für die zweite Phase vorbereiten, wenn Unruhe aufkommt und die Stakeholder merken, dass es ernst wird. Richtig! Hat ein Projektmanager die Dynamik verstanden, so wird er das Desinteresse in der ersten Phase nicht missverstehen. Er wird sich trotz dieses Signals auf die zweite Phase vorbereiten. Um auf Ihre Ausgangsfrage zurückzukommen: Insofern muss er doch planen - und zwar nicht detailliert, sondern weitsichtig. Zum Vorbereitetsein gehört auch Planung. Die Stakeholder wollen keinen salbungsvollen Lobgesang für eine neue Software hören. Sie brauchen handfeste Informa- Die Kunst der Planung tionen für ihr jeweiliges Arbeitsfeld: Was haben wir künftig konkret zu tun? Wie verläuft die Umstellung genau? Wer hilft uns dabei? Diese Fachkommunikation muss der Projektmanager genau planen. Vielleicht braucht er Key-User, also speziell qualifizierte Mitarbeiter, die in den Abteilungen Fragen zu der neuen Software beantworten, bei der Umstellung helfen und Akzeptanz vor Ort erwirken. Solche Super-User, wie sie auch genannt werden, muss er aus der Organisation „loseisen“ und trainieren. Sprechen wir bitte nochmals über Emotionen. Veränderungen am Arbeitsplatz machen vielen Menschen Angst. Angst ist die wichtigste Emotion, wie man aus der Psychologie weiß. Sie übertönt die Stimme der Vernunft und schiebt andere, vielleicht positive Gefühle in den Hintergrund. Auf Angsteinflößendes richtet der Mensch sofort seine volle Aufmerksamkeit. Genau so ist es. Erst dann, wenn die gefühlte Bedrohung ganz geklärt ist, kann er sich wieder anderen Dingen zuwenden. Es geht also um eine Bedrohung aus der Perspektive der Mitarbeiter, nicht des Projektmanagers oder gar des Topmanagements? Ja. So betrachtet wird nicht nur der Abbau von Arbeitsplätzen als bedrohlich empfunden, sondern möglicherweise auch die Einschränkung von individuellen Möglichkeiten, seine Tätigkeit zu gestalten. Wie darf ich dies verstehen? Etwa beim Qualitätsmanagement oder bei der Modulation von Prozessen werden Tätigkeiten in gewisser Weise standardisiert. Manche Mitarbeiter befürchten, dass sie, so eingezwängt, ihre Aufgaben nicht mehr gut bearbeiten können. Sie haben Angst, dass ihnen wichtige Werkzeuge aus der Hand genommen werden und sie sich durch Abläufe quälen müssen, die sie als bürokratisch und nutzlos empfinden. Weiter fürchten sich viele Mitarbeiter davor, jahrelang gewohnte Tätigkeiten zu ändern. Gerade langjährige Mitarbeiter etwa in der Auftragsabwicklung, dem Einkauf oder der Buchhaltung empfinden die Veränderung von Routine als hochgradig bedrohlich, wenn sich etwa der Zuschnitt von Aufgaben wandelt oder die Zuständigkeiten. Sie haben Angst, den neuen Aufgaben nicht mehr gewachsen zu sein. Nicht der Arbeitsplatz ist bedroht, sondern das Selbstwertgefühl der Mitarbeiter? Richtig. Sie haben Sorge, von einem guten Mitarbeiter zu einem schlechten „abzustei- „Gefühlte Bedrohung“ Anzeige PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 21 gen“, der von der Organisation nur noch mitgeschleppt wird. Dies mündet in Verlust von Ansehen und, wie Sie sagen, Selbstwertgefühl. Wie gesagt, alles subjektiv betrachtet. Objektiv braucht es für die Sorgen keinen Anlass zu geben. Ein Beispiel: Vor vielen Jahren hat ein Unternehmen von einer exotischen Textsoftware auf gängige Standardsoftware umgestellt. Die erfahrenen Sekretärinnen konnten mit der alten Software virtuos umgehen, sie waren in sie quasi hineingewachsen. Von den Sekretärinnenschulen kamen nun neue Kräfte, die den Umgang mit der Standardsoftware gewohnt waren. Die älteren Mitarbeiterinnen stemmten sich zunächst mit aller Kraft gegen die Einführung. Sie fürchteten den Anschluss zu verlieren und haben hinterher den Umgang mit der verfemten Standardsoftware in kurzer Zeit gelernt. Auf der einen Seite haben wir es beim organisatorischen Wandel mit Angst zu tun, auf der anderen Seite mit der eben erwähnten Reaktanz, also dem natürlichen Widerwillen gegen Fremdbestimmung und Eingriffe in den eigenen Handlungsspielraum. In dieser Matrix spielen sich viele Changeprojekte ab. Projektmanager sollten die Quellen möglicher Widerstände im Auge behalten und vor allem begreifen, dass nicht so sehr die Fakten Anlass für Widerstand bieten, sondern deren subjektive Bewertung durch die Mitarbeiter. Bedrohtes Selbstwertgefühl Verstanden! Doch nicht immer behindern Widerstände die Projekte des organisatorischen Wandels. Manchmal fallen die Vorhaben nach dem Start in sich zusammen. Sie haben einen guten Auftakt und bleiben dann gewissermaßen stecken. Das gilt vor allem für Kulturprojekte. Da hat sich jemand einen wunderschönen Anfang ausgedacht und weiß danach nicht weiter. Da werden Leitbilder entwickelt und mit großer Geste verkündet, es werden Broschüren gedruckt mit Unterschriften der Geschäftsführung und dann haben sie ihr Pulver verschossen, mehr geschieht nicht. Dies ist kein Changemanagement, sondern fahrlässige Schlamperei. Also, wie anfangen? Am Anfang muss ein durchgängiges Konzept stehen. Und davor eine Grundüberlegung: Aus welchen Gründen soll sich die Organisation überhaupt verändern? Ohne überzeugende Antwort auf diese Frage sollte man besser nicht starten. Die Antwort liegt auf der Hand ... Eigentlich ja, aber in den meisten praktischen Fällen leider doch nicht. Ich beobachte als Anlass für Changeprojekte manchmal in der Geschäftsführung nur ein Unbehagen am Status quo, ein Verdacht, dass halt nicht alles so ist, wie es sein sollte. Die Kultur sollte dynamischer sein, die Organisation mehr auf Kunden zugehen oder „unternehmerisch“ handeln lernen. Eine Projektgruppe erarbeitet ein Leitbild, ohne die Intentionen des Vorstands ausreichend verstanden zu haben. Bei der Präsentation hat der Vorstand größte Schwierigkeiten, das 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2013 22 REPORT Informelle Kommunikation unter Mitarbeitern: Nicht immer werden die Pläne von Changeprojekten freundlich diskutiert. Foto: Robert Kneschke - Fotolia.com PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 22 Erarbeitete mit seinen Ideen übereinzubringen, und nach ein paar Pflichtübungen verläuft das Projekt dann im Sande. Was empfehlen Sie? Die Diagnosephase sollte am besten in einen Business Case münden. Die Frage: Angenommen, wir hätten unser Ziel erreicht - was würde dies dem Unternehmen bringen? Was würde es nützen? Wenn sich der Nutzen nicht angeben lässt, folgt gleich die nächste Frage: Weshalb sollen wir uns dann anstrengen? Die besten Changeprojekte zur Unternehmenskultur sind bekanntlich manchmal die, von denen man die Finger lässt ... Andererseits bilden Projekte des organisatorischen Wandels für eine Organisation einen großen Hebel. Ich kenne einige Beispiele, bei denen Organisationen durch Projekte etwa zur Unternehmenskultur gut vorangebracht worden sind ... Keine Frage! Die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur ist vielleicht der letzte Hebel, um sich einen Wettbewerbsvorteil am Markt zu verschaffen. Viele Produkte und Dienstleistungen sind heute vergleichbar. Wettbewerber stehen vor einem Patt. Deshalb sind drei Leitfragen sinnvoll: Erstens, welche Veränderungen unseres internen Umgangs miteinander oder unseres Umgangs mit Kunden würde uns einen Nutzen bringen, der den Aufwand rechtfertigt? Zweitens, wenn der Nutzen klar ist: Wie sieht der Status quo aus und weshalb, das heißt aus welchen vernünftigen Gründen, verhält sich die Organisation heute anders als gewünscht? Und drittens: Was müsste sich ändern, damit sich etwas ändert? Wie müssten sich Führung, Messsysteme und Rahmenbedingungen verändern, damit es für die Mitarbeiter aus ihrer subjektiven Sicht sinnvoll wird, sich anders zu verhalten? „Business Case“ hilfreich Mit diesen drei Fragen kann man gut in der Diagnosephase operieren. Sprechen wir über Erfolgsfaktoren für Projekte des organisatorischen Wandels. Fachleute betonen die Bedeutung sogenannter „Quick Hits“. Gemeint sind dem Projektstart schnell folgende, sichtbar erfolgreiche Maßnahmen. Solche Quick Hits sollen Aufbruch und Entschlossenheit signalisieren. Solche Quick Hits sind besonders wichtig bei mutlosen Organisationen, die schon viele Veränderungsprojekte scheitern sahen. Dort liegen gewissermaßen am Wegrand des neuen Projekts die Wracks ausgebrannter, alter Changeprojekte. Einiges wurde bereits versucht und dann leise wieder eingestellt. Die Mitarbeiter fragen berechtigt nach Gründen, weshalb ausgerechnet dieses neue Projekt zu etwas Gutem führen soll. In dieser Konstellation können Quick Hits helfen. Die Mitarbeiter hören nicht bloß schöne Ankündigungen, sondern sie erkennen, dass wirklich etwas passiert. Aber: Quick Hits müssen mehr als Fassadenkosmetik sein. Zum Beispiel? In einem Projekt zur Verbesserung der Kommunikation wurde früh für die Mitarbeiter freitags ein regelmäßiger Business Lunch eingerichtet. Man nahm sich eine Stunde Zeit, setzte sich zusammen und besprach sich. Dieses Projekt hat noch zu anderen, deutlich wichtigeren Maßnahmen geführt. Aber dieser Quick Hit hat ein Signal gesetzt und darüber hinaus die Kommunikation verbessert. Zweiter Erfolgsfaktor - die Partizipation der Betroffenen. Betroffene sollen zu Beteiligten gemacht werden. Keine Frage, das ist wohl der wichtigste Erfolgsfaktor überhaupt. Man kann mit partizipativen Prozessen sehr „Quick Hits“ Anzeige PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 23 viel mehr bewirken, als allgemein angenommen wird. So können Aufgaben, für die Unternehmen heute externe Berater einsetzen, häufig viel besser mit eigenen Mitarbeitern bearbeitet werden. Augenblick! Die Erfahrung und Methodik der Berater ist doch unverzichtbar. Nicht immer! Eine eigene Erfahrung aus einem Projekt vor 15 Jahren: Ich sollte eigentlich für ein Unternehmen Interviews mit dessen Kunden durchführen. Stattdessen haben wir uns für den Einsatz von Mitarbeitern entschlossen. Die Ergebnisse dieser Analyse waren ausgezeichnet. Mit einem anderen Effekt haben wir damals nicht gerechnet. Die Mitarbeiter begannen die Ergebnisse zu diskutieren, sie redeten über die Aussagen der Kunden und zogen daraus ihre Schlussfolgerungen. Damit wuchs zum einen die Akzeptanz für die geplante Kulturveränderung, zum anderen trieben die Mitarbeiter selbst diesen Wandel voran. Die Maßnahme war auch in dieser Hinsicht extrem erfolgreich. Trotzdem muss man der Partizipation Grenzen setzen. Anderenfalls entwickeln Mitarbeiter nicht umsetzbare Ideen und sind hinterher enttäuscht, dass ihre Vorschläge und Meinungen zurückgewiesen werden. Wie kann man diese Grenzen setzen? Indem man am Anfang die Grenzen klar nennt, also nicht erst hinterher, wenn die Mitarbeiter nachgedacht und Ideen entwickelt haben. Wenn ein Unternehmen seine Kosten beispielsweise um 15 Prozent senken muss, dann gibt es dazu keine Alternative. Geschickte Topmanager bringen völlig unspektakulär zum Ausdruck, dass sie über gewisse Eckdaten nicht zu verhandeln gewillt sind. Man kann kontrovers diskutieren, wie bei dem Projekt vorgegangen wird und man zu diesem Ziel gelangt - aber nicht über das Ziel selbst. Also bei den Zielen glasklar und unerbittlich sein, bei der Vorgehensweise offen, empathisch und respektvoll agieren. Respektieren die Mitarbeiter solche Grenzen? In aller Regel ja. Ich empfehle, bei Changeprojekten die erste Zieldefinition recht grob zu fassen und mit dem Topmanagement nicht zu viele Details festzulegen. Dann bleibt hinterher noch genug Freiraum, um im partizipativen Prozess mit den Mitarbeitern die Vorgehensweise zu vereinbaren. Welche Vorgehensweise empfiehlt sich für den partizipativen Prozess? Der Projektmanager lenkt die Aufmerksamkeit mit überlegten, schlüssigen Fragen auf die Themen, die bearbeitet werden müssen. Wo liegen die Stärken unserer heutigen Kultur? Wo liegen Schwächen? Welchen Änderungsbedarf sehen die Mitarbeiter? Vor welchen Chancen und Bedrohungen steht das Unternehmen in den nächsten Jahren? Welchen Handlungsbedarf in der Organisation sehen sie, wenn sie die Chancen und Risiken verstanden haben? Dann: Was sollten wir auf unserem Weg in die Zukunft unbedingt beibehalten von dem, was wir heute gut und richtig machen? Was sollten wir Grenzen der Partizipation möglichst verändern? Die Ergebnisse solcher Diskussionen liegen oft erstaunlich nahe bei der Sichtweise des Vorstands. Diskutieren Mitarbeiter also nicht nur über Veränderungen, sondern auch über Bewahrenswertes, dann werden die Veränderungen besser akzeptiert? Ja, weil dann klar ist, dass das meiste, was den Mitarbeitern und Führungskräften wichtig ist, gar nicht infrage gestellt werden soll. Veränderungen als Ergebnis eines partizipativen Prozesses finden generell kaum Widerstand. Kein Mitarbeiter wird sich gegen Veränderungen stellen, die er selbst erarbeitet und vorgeschlagen hat. Projekte des organisatorischen Wandels können sich über viele Jahre erstrecken. Manche Projektmanager führen solche Vorhaben per Salami-Taktik durch. Das Vorhaben wird in kleinere Projekte aufgeteilt und den Stakeholdern „scheibchenweise“ verkauft, wobei die Beteiligten über das Gesamtvorhaben orientiert sind, also die ganze Salami kennen. Die gesamte Salami vorher zeigen und niemanden über den Gesamtumfang täuschen, dies ist der entscheidende Punkt. Also anfangs über gesamte Vorhaben informieren und dann in Etappen vorgehen. Anderenfalls fühlen sich die Mitarbeiter zu Recht hintergangen. Ich nenne diese Vorgehensweise auch „Zäsuren setzen“. Sie hilft nicht nur beim Umgang mit Stakeholdern. Auch einem Projektteam, das das Projekt neben dem Tagesgeschäft bearbeitet, hilft sie. Die Dramaturgie des Gesamtvorhabens ist so gestaltet, dass das Team zwischendurch an markanten Zielstationen ankommt und dort verschnaufen kann. So beugt man dem Burn-out im Projekt vor, der vorzeitigen Erschöpfung. Ängste, sagten Sie vorhin, führen zu Widerständen in Projekten des organisatorischen Wandels. Mit welchen Strategien können Projektmanager Ängste bei Stakeholdern neutralisieren? Es ist nützlich, Ängste zu verstehen. Sie sind ja keine Krankheit; die Evolution hat uns aus gutem Grund mit der Fähigkeit zur Angst ausgestattet. Wer wegen genetischer Störungen oder Krankheiten keine Angst empfinden kann, hat vielleicht weniger Stress, aber er läuft ungeschützt in alle Gefahren. Wir brauchen also Angst zum erfolgreichen Leben. Trotzdem müssen Projektmanager darauf reagieren, wenn Mitarbeiter aus Angst Veränderungen blockieren - gleich, ob diese Angst berechtigt ist oder nicht. Helfen Informationen gegen Angst? Je diffuser Ängste sind, desto dramatischer sind die Fantasien. Die Leute steigern sich in die Ängste hinein. Informationen können viele Befürchtungen gegenstandslos machen. „Salami-Taktik“ für Projektmanager? Angst vor Veränderungen 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2013 24 REPORT PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 24 Viele Befürchtungen bestehen doch zu Recht. Sollen 15 Prozent der Arbeitsplätze eingespart werden, kann auch die eigene Zukunft auf dem Spiel stehen. Auch dann helfen Informationen. Sie lassen erkennen, dass einige Befürchtungen grundlos sind, andere zu Recht bestehen. Ein Teil der Ängste verschwindet, ein anderer Teil wird konkreter. Zum Beispiel: Wie wird beim Personalabbau vorgegangen? In welchem Ausmaß können Vorruhestandsregelungen und freiwillige Vereinbarungen die Härten mildern? Wie arbeitet man mit benachbarten Unternehmen zusammen, die Mitarbeiter übernehmen? Auch denen, die am Ende entlassen werden, ist mit größtmöglicher Klarheit über den Ablauf geholfen. Ein Einwand: Durch schlechte Nachrichten kann die Beziehung zwischen Projektmanager und Stakeholdern verdorben werden. Eine verbreitete Befürchtung und dennoch ein Fehlschluss. Der Projektmanager signalisiert mit einer offenen und ehrlichen Informationspolitik, dass er die Menschen und ihre Sorgen und Ängste ernst nimmt. Statt auszuweichen, wird er konkret in der Information. Dies führt nicht unbedingt zu Begeisterungsstürmen, dennoch verstehen es Stakeholder nach meiner Erfahrung als Signal der Wertschätzung. Und vor allem schafft es Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Nicht nur Stakeholder reagieren emotional auf Veränderungen, sondern auch die Verantwortlichen wie die Auftraggeber von Veränderungsprojekten oder die Projektmanager selbst. Darauf haben Sie in jüngerer Zeit wiederholt aufmerksam gemacht. Weshalb sollte ein Geschäftsführer Angst haben, etwa vor dem Personalabbau? Gerade solche strukturelle Veränderungen sind vergleichsweise leicht umzusetzen. Zum einen haben Topmanager Angst um die Produktivität. Kollabiert die Produktivität während des Personalabbaus, kann das Unternehmen endgültig am Ende sein. Zum anderen fürchten sich viele Manager auch davor, nicht mehr gemocht, abgelehnt, vielleicht sogar gehasst zu werden. Trotzdem ist Ehrlichkeit gerade in schlechten Zeiten wichtig. Denn die verbleibenden Mitarbeiter beobachten genau, wie mit den zu entlassenden Kollegen umgegangen wird. Gestaltet sich der Umgang unfair, wirkt sich dies sowohl auf die Produktivität als auch auf die Loyalität aus. Doch aus eigenen Ängsten des Managements werden viele Fehler gemacht. Zum Beispiel? Man lässt bei Veränderungsprojekten erst in letzter Minute die Katze aus dem Sack. Lange Zeit ist von Reengeneering die Rede, in letzter Minute heißt es Personalabbau. Oder: Die Geschäftsführung schickt externe Berater vor, sie sollen die „Drecksarbeit“ machen und den Abbau kommunizieren. Mit diesem Verhalten sendet das Topmanagement verheerende Botschaften in die Organisation. Die Geschäftsführung vergisst: Nach dem Personalabbau ist sie noch sehr viel mehr auf die ver- Emotionen der Entscheider bliebenen Mitarbeiter und ihr Engagement angewiesen. Deswegen darf sie niemanden täuschen. Gilt dies auch für Projektmanager? Müssen auch sie bei diesen Projekten Ängste aushalten? Ja, häufig! Angenommen, ein Projektteam findet in der Analysephase heraus, dass bestimmte Probleme direkt oder indirekt auf das Handeln der Geschäftsführung zurückgehen. Auf einem Workshop muss sie der Geschäftsführung erklären, dass sie ein nicht unmaßgeblicher Teil des Problems ist. Eine unangenehme und schwierige Situation. Wie können Projektmanager dem Topmanagement klarmachen, dass die beklagten Probleme zu einem großen Teil durch seine Führung entstehen? Solche Situationen können Projekte in eine Krise führen. Dem Team wird Einseitigkeit und mangelnde Professionalität vorgeworfen. Wie gehen Sie mit solchen Situationen um? Ich bereite das Topmanagement früh auf diese Situation vor - und zwar noch vor der Analyse. Ich weise darauf hin, dass die Bestandsaufnahme auch Ergebnisse zur Unternehmensführung erbringen kann. Und dass es eine gute Nachricht wäre, wenn es so käme, denn dann könnte die Geschäftsleitung durch eine Verhaltensänderung direkten Einfluss auf das Problem nehmen. Soll, so frage ich, die Analyse dennoch durchgeführt werden? Auf diese Weise stimmen wir die Erwartungen ab. Vielen Projektmanagern bereitet das Controlling von Projekten des organisatorischen Wandels Schwierigkeiten. Bei strukturellen Veränderungen der Organisation ist das Controlling noch recht einfach. Projektmanager vergleichen die Ist-Zahlen etwa zum Abbau oder zur Verlagerung von Arbeitsplätzen mit den Soll-Zahlen ... Controlling durch „Kulturdialoge“ projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2013 l 25 Der Umgang mit zähen Widerständen der Stakeholder kostet Projektmanager Kraft. Viele Changeprojekte wurden abgebrochen, weil dem Team die Kraft ausgegangen war. © lichtmeister - Fotolia.com PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 25 ... so etwas wird der Controller des Unternehmens ohne Mehrpreis erheben. Keine Schwierigkeit! Anders, wenn im Projekt die Unternehmenskultur und das Verhalten der Mitarbeiter verändert werden sollen. Wie kann das Controlling bei solchen Projekten erfolgen? Im Idealfall macht nicht das Controlling das Controlling, sondern die Mitarbeiter. Die Mitarbeiter erheben die Zahlen selbst, oder Fachleute ermitteln die Zahlen und machen sie den Mitarbeitern zugänglich. Dies klingt mir zu abstrakt. Wie soll dies in der Praxis funktionieren? Vor einiger Zeit habe ich ein Projekt begleitet, mit dem die Kultur eines Unternehmens verändert werden sollte. Wir haben für das Controlling des Projektfortschritts alle Abteilungen regelmäßige „Kulturdialoge“ durchführen lassen. Die Mitarbeiter sind mit ihren Vorgesetzten zusammengekommen, sie haben die Fortschritte in den definierten Kulturdimensionen bewertet. Ganz konkret: Wie ist beispielsweise die Prozesstreue oder die Effizienz der Arbeit in ihrer Abteilung zu bewerten auf einer Skala zwischen 0 und 10 Punkten? Kamen die einzelnen Mitglieder der Gruppe jeweils zu unterschiedlichen Einschätzungen, haben sie dies diskutiert. Weshalb hat das eine Mitglied etwa die Prozesstreue mit acht Punkten bewertet, das andere mit zwei? Das war die erste spannende Frage. Also hat die Gruppe versucht, die unterschiedlichen Sichtweisen zu klären und zu einem Konsens bei der Bewertung zu finden. Und dann haben die Gruppen aus ihren Ergebnissen direkt Maßnahmen abgeleitet. Was können Mitarbeiter und Vorgesetzte für eine bessere Prozesstreue tun, welche Hindernisse stehen im Weg, wie lassen sie sich ausräumen? Da gingen Analyse und Veränderung nahtlos ineinander über. Wichtig dabei ist eines: Weder von der Geschäftsführung noch vom Projektteam dürfen die Einheiten unter Druck gesetzt werden, „gute Zahlen“ zu liefern. Sonst reden sie nicht ehrlich miteinander, sondern taktisch; dies mündet dann in Schönfärberei und bringt gar nichts mehr. Sprechen wir über Krisen bei Projekten des organisatorischen Wandels. Dass viele dieser Projekte in Schwierigkeiten kommen, ist kein Geheimnis. Nicht immer scheitern sie an Widerständen der Stakeholder. Manchmal geht den Projektteams schlichtweg die Luft aus. An welchen Ursachen liegt dies? Meist sind das Team und der Projektmanager bei ihren eigentlichen Aufgaben voll ausgelastet. Die Aufgaben des Changeprojekts bleiben deshalb liegen. Manche Organisationen sind inzwischen so sehr „in Stromlinienform gebracht“, dass sie nur noch geradeaus fahren können. Sie haben keine Kraft mehr zum Nachdenken und Optimieren. Das Topmanagement macht häufig den Fehler, die Projektmanager und ihre Teammitglieder nicht ausreichend für das Changeprojekt freizustellen: die allseits beliebte „50-Prozent-Lüge“. Also wird die Projektarbeit nur halbherzig durchgeführt - über diese Gefahr haben wir gesprochen. Angenommen ein Projekt des organisatorischen Wandels gerät in schwieriges Fahrwasser oder sogar in eine ernste Krise. Was ist zu tun? Man kann ja nicht den Reset-Knopf drücken und das Projekt neu starten. Es gibt keinen Weg zurück zum Start. Manche Projektteams fühlen sich so sehr am Ende, dass sie nur noch irgendwie aus dem Projekt herauswollen: Lieber ein Ende mit Schrecken …. In dieser Lage hilft nur eine offene Situationsanalyse mit der Geschäftsführung. Alle Optionen müssen auf den Tisch - von der Verdoppelung der Energie bis hin zum Projektabbruch. Doch erst, wenn das Problem verstanden ist, kann über die Lösung gesprochen werden. Manche Projekte werden schlichtweg nicht mehr gebraucht, die Rahmenbedingungen haben sich verändert. Dann kann man durchaus den Stecker ziehen und das Projekt beenden. Dies sind Einzelfälle. In der Regel will man angeschlagene Projekte weiterführen. Dann muss geprüft werden, ob das Projekt ausreichend fokussiert ist. Konzentriert sich das Team auf seine ursprünglichen Ziele und Aufgaben? Oder hat sich die Arbeit in irgendwelchen Seitenzweigen oder auf Nebenschauplätzen verlaufen? Ein refokussiertes Projekt kann durchaus wieder Fahrt aufnehmen und die inzwischen erworbenen Erfahrungen zum Thema und zur Organisation nutzen. Die Frage dann: Wie gehen wir einen Neubeginn an, der einen klaren Fokus hat? Vor allem: Wie erklären wir den Neubeginn den Stakeholdern? Am besten, indem man die Wahrheit sagt. Auch bei unangenehmen Themen. Zumeist wissen eh alle, dass das Changeprojekt in Schwierigkeiten steckt. Dies ist ein offenes Geheimnis in der Organisation. Also ehrlich erklären: Das Projekt ist in Schwierigkeiten geraten. Wir haben es gründlich geprüft und neu fokussiert. Wir sind überzeugt, dass das Vorhaben für unser Geschäft von großer Bedeutung ist. Wir gehen auf folgende Weise weiter vor. Ein wichtiges Signal ist dabei personelle Konti- Umgang mit Krisen Das Projekt „refokussieren“ 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2013 26 REPORT Stakeholder verteidigen häufig ihr gewohntes Arbeitsumfeld. Konflikte - auch zwischen den Interessensgruppen - sind vorprogrammiert. Foto: Helder Almeida - Fotolia.com PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 26 nuität. Nach Möglichkeit sollte der Projektmanager bleiben, weil er sonst persönlich beschädigt ist. Was, wenn das Projekt abgebrochen werden muss? Der schlimmste Fehler besteht darin, es sanft einschlafen oder am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen. Also nicht den Mut zu haben, es ganz offiziell abzubrechen. Für diejenigen, die sich auch seitens der Stakeholder für das Projekt eingesetzt haben, ist dies höchst frustrierend. Diese Leute hat man dann verloren. Außerdem kann der Eindruck entstehen, dass die Geschäftsführung kalte Füße bekommen hat. Kalte Füße - inwiefern? Die Mitarbeiter vermuten, bei dem Projekt sei zu viel für das Management Unangenehmes aufgewirbelt worden. Da ist zu viel Wahrheit auf den Tisch gekommen, deshalb musste das Projekt sterben. Wer ein Changeprojekt abbricht, muss solche Risiken in Kauf nehmen. Welche Botschaften ergeben sich aus dem Abbruch für die Organisation? Angenommen, ich hätte selbst zu dem Projekt beigetragen - was würde ich aus dem Abbruch schließen? Unter diesem Gesichtspunkt kann es folglich besser sein, einige Maßnahmen dann doch noch umzusetzen und das Projekt in Ehren zu beenden? Nicht immer, aber in vielen Fällen: Ja. Manchmal lohnt es auch zu überlegen: Wollen wir, dass die Leute denken, wir hätten kalte Füße bekommen - und wollen wir, dass sie damit recht haben? Wir haben zu Beginn unseres Gesprächs das proaktive Krisenmanagement erörtert. Unternehmen sollen sich, so Ihre Botschaft, auf mögliche Krisen der Zukunft vorbereiten - Energiefragen, Währungskrisen, Verschiebung der globalen Wirtschaftsmacht, Rohstoffknappheit oder regionale politische Probleme. Abbruch - ein fatales Signal Wir haben proaktives Krisenmanagement bei einem Maschinenbauer durchgeführt. Zunächst hieß es, steigende Energiepreise oder Rohölknappheit haben kaum Einfluss auf das Geschäft. Bei näherem Hinsehen zeigte sich: Das Unternehmen verwendete viel Aluminium, das mit Einsatz von sehr viel Strom erzeugt wird. Oder: Die Hauptkunden des Maschinenbauers waren sehr stark vom Erdölpreis abhängig. Im Heimatland eines wichtigen Lieferanten drohten soziale Unruhen. - Man hebt einen Zipfel hoch und hat das ganze Tischtuch in der Hand. Nach allem, was wir erörtert haben: Eine Arbeitsgruppe, die Prognosen auswertet und Maßnahmen vorschlägt, reicht dafür nicht aus. Der inhaltliche Prozess muss durch den sozialen Prozess begleitet sein. Völlig richtig. Es kommt mir darauf an, dass Organisationen proaktives Krisenmanagement auch als sozialen Prozess verstehen. Die Mitarbeiter sollten sich durch die Zukunftsszenarien nicht einschüchtern lassen. Sie sollten wissen, was bei Krisen zu tun ist. Oft ist es leichter, über die Schritte der Krisenbewältigung vorab Einigkeit herzustellen, als dann, wenn Feuer auf dem Dach ist und konkrete Einschnitte anstehen. Ist der Betriebsrat mit den Maßnahmen einverstanden, wird auch der größere Teil der Belegschaft folgen. Schrillen schon die Alarmsirenen, ist es zu spät für ein Changeprojekt ... Absolut richtig! Organisationen müssen so vorbereitet sein, dass sie schnell und geschlossen handeln können. Selbst dann, wenn die Krise dann nicht eintritt, lohnt sich die Vorbereitung. Sie ist wie ein Fitnesstraining für die Organisation. Sie hilft, dass die Organisation später auch überraschende Krisen deutlich besser bewältigen kann. Und sie erbringt nebenher meist eine ganze Reihe von Verbesserungen, die kurzfristig umgesetzt werden können. ■ Proaktives Krisenmanagement projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2013 l 27 Besuchen Sie uns an unserem Stand am PMO-Tag am 28.10.2013 und auf dem PM Forum 2013 am 29. und 30.10.2013 in Nürnberg *nur einmalig bei Erstbestellung eines Jahres-/ Firmenabonnements gültig, nicht mit anderen Aktionen kombinierbar 25 % Rabatt für GPM-Mitglieder* Erfolgreiche Projektmanager lesen das Projekt Magazin Die große Online-Plattform für Projektmanagement: Konkrete & kompetente Hilfen für den Projektalltag Über 1.400 Fachartikel und Vorlagen online www.projektmagazin.de Anzeige PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 27 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2013 28 WISSEN welche sich von traditionellen Eigenschaften unterscheiden. Diese Fähigkeiten bestehen zum einen auf Unternehmensebene, zum anderen auf individueller Mitarbeiterebene. Fähigkeiten zur erfolgreichen Projektdurchführung werden benötigt Auf Unternehmensebene spielt beispielsweise die Bereitstellung und Ausgestaltung von geeigneten Standards eine große Rolle, da diese die fehlenden festen Prozesse im Arbeiten in Projekten ersetzen [10] und so eine höhere Planungs- und Ergebnissicherheit ermöglichen können. Auf individueller Ebene sind es die Fähigkeiten, welche die spezifischen Eigenschaften der Projektarbeit (wie etwa zeitliche Begrenzung, interdisziplinäre und fachübergreifende Teams, fehlende bzw. von der Linie abweichende Hierarchien) berücksichtigen und kompensieren. Dazu gehört vor allem auch der Führungsstil, da es dem Projektmanager obliegt, diesen Herausforderungen durch ein angemessenes Führen zu entsprechen. So identifizierten bereits Zimmerer & Yasin in ihrer Studie schwaches und fehlgeleitetes Führungsverhalten als einen der Hauptgründe für das Scheitern von Projekten [12]. Individuelle und organisationale Kompetenzen im Projektmanagement - ein internationaler Vergleich Das Organisieren von Unternehmensprozessen in Projekten und Programmen ist zunehmend zu einem Grundprinzip in vielen Organisationen geworden [6]. Dabei ist diese „Projektifizierung“ des organisationalen Arbeitens ein branchenübergreifendes, weltweites Phänomen [1, 7]. Um als Unternehmen in diesen temporären Arbeitsformen erfolgreich zu sein, bedarf es einer Reihe von Eigenschaften, die von denen traditioneller Organisationsformen abweichen. Welche Rolle die Kompetenzen des Einzelnen, der Organisation sowie der kulturelle Hintergrund dabei spielen, erforschte nun eine Studie der EBS Business School im Auftrag der GPM. Die Studie liefert Daten von 449 Teilnehmern aus 49 Ländern. Generell zeigen die Ergebnisse, dass auf individueller Ebene ein personenorientiertes Führungsverhalten eine wichtige Determinante des Projekterfolges ist. Zudem wird in erfolgreichen Projekten oft ein standardisiertes Projektmanagement verwendet, welches an die Bedürfnisse des Unternehmens angepasst ist. Dabei ist in Unternehmen mit erfolgreichen Projekten ein höheres Bewusstsein für die Bedeutung des Projektmanagements festzustellen als in Unternehmen mit weniger erfolgreichen Projekten. Dies verweist auf den generellen Wert eines ausgeprägten Bewusstseins für die Bedeutung von Projektmanagement für Organisationen. Zudem liefert die Studie interessante Einblicke in kulturell bedingte Unterschiede in der Projektarbeit. Ana Müller, Christoph Schneider, Reinhard Wagner Projektmanagement in Unternehmen als Antwort auf zunehmende Umfelddynamik Projektmanagement als Managementdisziplin gewinnt in vielen Organisationen durch eine starke Umfelddynamik an Bedeutung [2]. Projektarbeit als Form der organisationalen Zusammenarbeit ermöglicht flexibles Handeln und eine schnelle Reaktion auf Änderungen des Umfelds. Um Projekte erfolgreich zu bestreiten, müssen Organisationen über bestimmte Kompetenzen verfügen, Die Studie untersucht, welche Rolle die Kompetenzen des Einzelnen, der Organisation sowie der kulturelle Hintergrund in temporären Organisationsformen, hier Projekten, spielen. Sie liefert Daten von 449 Teilnehmern aus 49 Ländern. Generell zeigen die Ergebnisse, dass auf individueller Ebene ein personenorientiertes Führungsverhalten eine wichtige Determinante des Projekterfolges ist. Zudem wird in erfolgreichen Projekten oft ein standardisiertes Projektmanagement verwendet, welches an die Bedürfnisse des Unternehmens angepasst ist. Dabei ist in Unternehmen mit erfolgreichen Projekten ein höheres Bewusstsein für die Bedeutung des Projektmanagements festzustellen als in Unternehmen mit weniger erfolgreichen Projekten. +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 40 Uhr Seite 28