eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 24/4

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
101
2013
244 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Redundanzen und Kommunikation

101
2013
Jens Köhler
Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch – Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben.
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22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 4/ 2013 50 WISSEN K inder und Narren sagen doch nicht immer die Wahrheit“, ruft Ehrlich seinem Kollegen Priesberg zu, während sie einen Produktionsbetrieb besichtigen. „Meine kleine Tochter wunderte sich darüber, dass sich zwei Steuerhörner im Cockpit einer ausgemusterten 747 befinden, die wir im Technikmuseum besichtigten. Spontan meinte sie: ,Vielleicht fliegt dann jeder Pilot in seine Richtung! ‘ Ich erklärte ihr, dass beide Piloten entweder in die eine oder die andere Richtung fliegen können und die beiden Steuerhörner miteinander verbunden sind. Aus Sicherheitsgründen gibt es eben zwei davon. In der Technik nennt man das Redundanz: die Existenz mehrfacher gleichartiger Funktionen oder Ressourcen, die dann einspringen, wenn eine Störung des Normalbetriebs vorliegt.“ „Auch hier im Produktionsbetrieb gibt es unzählige Redundanzen. Falls beispielsweise ein Kühlkreislauf ausfällt, springt ein anderer ein“, ergänzt Priesberg. Plötzlich öffnet sich eine Tür und eine aufgeregte Stimme ruft: „Das möchte ich nicht zweimal sagen müssen! “ „Komisch“, sinniert Priesberg, „in der Technik erlauben wir uns zu Recht Redundanzen, in der Kommunikation eher nicht.“ Ehrlich überlegt: „Das kommt sicher daher, dass in unserer technischen Ausbildung Übungsaufgaben nur die Informationen enthalten, die sie zur Lösung benötigen. Wenn ich die Fallgeschwindigkeit aus einer Höhe berechnen soll, dann enthält die Aufgabe die Höhenangabe und die Erdbeschleunigung, der Rest ergibt sich dann aus dem Fallgesetz. Auch werden Lerninhalte nur einmal vermittelt. Es muss halt beim ersten Mal sitzen. Und das beeinflusst unsere technisch geprägte Kommunikationskultur.“ Priesberg konstatiert: „Dann müssen wir dahin kommen, dass Wiederholungen und Umschreibungen keine Zeitverschwendungen sind, denn: Gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden, verstanden ist nicht gemacht. Du hast sicher noch eine Theorie.“ „Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie, um Feynman zu zitieren“, entgegnet Ehrlich mit einem Seitenhieb auf den letzten Satz von Priesberg. „Es ist hier nicht schwer: Jeder Mensch hat ein bestimmtes Aufmerksamkeitsfenster; er oder sie fokussiert in einer bestimmten Zeit auf bestimmte Inhalte. Andere Inhalte fallen dann womöglich runter. Wenn ich beispielsweise in einer Projektplanungsphase bin, habe ich dann zeitgleich Ressourcen, einer neuen Strategie zu folgen? “ Priesberg unterbricht ihn: „Das heißt, falls jemand, der mit einer Planung beschäftigt ist, Gedanken über eine Strategie zur Kenntnis nehmen soll, dann bekommt er oder sie diese Gedanken womöglich gar nicht mit? “ „Ja, genau das ist der Fall. Man kann aber durchaus die Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge lenken, selbst wenn das Fenster dafür nicht günstig ist. Es gibt Signalwörter, also Hervorhebungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit wahrgenommen werden, insbesondere dann, wenn sie andeuten, dass sich bestimmte Erwartungen erfüllen könnten oder nicht“, übernimmt Ehrlich und fährt fort: „Angenommen, unser Projektplaner erwartet, dass er durch die Umsetzung einer bestimmten Strategie einen signifikanten Vorteil erhält. Wenn er also während der Projektplanung erfährt, dass es leider grundsätzliche Schwierigkeiten mit der Strategie gibt, dann besteht eine reelle Wahrscheinlichkeit, dass seine Aufmerksamkeit doch auf die Strategie gelenkt wird. Darüber hinaus werden negative Nachrichten bekanntlich stärker wahrgenommen als positive, also sollte man negative Hervorhebungen wählen, um die Aufmerksamkeit zu fokussieren.“ Priesberg unterbricht ihn: „Ich erinnere mich an einen Produktmanager. Der sagte damals, dass man die Botschaften über sein Produkt so häufig wiederholen muss, bis man sie selbst nicht mehr hören kann. Erst dann werden sie von den anderen überhaupt wahrgenommen! Das gilt dann natürlich auch für Botschaften, die in einem Projekt vermittelt werden sollen.“ „Du siehst, dass Wiederholungen, Umschreibungen und Hervorhebungen also durchaus erlaubte Stilmittel und daher keineswegs ein Zeichen von fachlicher Inkompetenz sind. Vielmehr handelt es sich sogar um ein sichtbares Zeichen von Kompetenz im Umgang mit Sprache bei der Vermittlung von fachlichen Inhalten“, resümiert Ehrlich. ■ Autor Dr. Jens Köhler ist bei der BASF SE beschäftigt. Als Projektleiter liegt sein Haupttätigkeitsfeld in der Prozessanalyse sowie der Konzeption, Realisierung und Implementierung von komplexen IT-Systemen in der Forschung. Sein Spezialgebiet ist die Erforschung der Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Projektteams durch die gezielte Beherrschung von Soft Skills und Kommunikations prozessen. Anschrift BASF SE, D-67056 Ludwigshafen, Jens.Koehler@basf.com Projektgeschichten und Fallstudien Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ Redundanzen und Kommunikation Die Kolumne möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch - Kommunikation, Verhalten, Entscheidung“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. Jens Köhler „ Im Ze berate in ein Sie an FÜR PROJE PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 42 Uhr Seite 50 Der X-Moment: Wir sind bereit für den nächsten Level. Wird das Projekt gelingen? Sind unsere Prozesse effizient? Können wir diesen Gipfel gemeinsam erreichen? Welche Route sollen wir wählen? Vor uns liegt ein langer Weg, gehen wir’s an! Wird das Team den Wandel mittragen? Im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen Sie. Unsere Experten in sechs Ländern beraten Sie ebenso professionell wie innovativ und begleiten Sie mit großem Einsatz in eine erfolgreiche Zukunft. Effiziente Lösungen und begleitendes Training bringen Sie an Ihr Ziel. FÜR X-MOMENTS, DIE BEWEGEN. www.nextlevelconsulting.eu PROJEKTMANAGEMENT | PROZESSMANAGEMENT | CHANGE MANAGEMENT PM_4-2013_1-76: Inhalt 22.08.2013 10: 42 Uhr Seite 51