PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.„Leistungsbild“ professionalisiert das Projektmanagement in Bauwesen und Immobilienbranche
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Oliver Steeger
In den vergangenen Jahren pfiff der Bauwirt schaft der Wind kräftig um die Ohren. Der Markt bereinigte sich, viele traditionsreiche Unternehmen verschwanden. Dann traf die öffentliche Empörung über gescheiterte Großprojekte die ohnehin nervöse Branche. Beim DVP, dem „Deutschen Verband der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft e. V.“, behielt man indes einen kühlen Kopf. Der Verband analysierte die Probleme seiner Branche und arbeitete an Lösungsvorschlägen. Jetzt, zu seinem 30. Geburtstag, sieht sich der DVP für die Zukunft gut gerüstet. Er hat seit 1984 das Projektmanagement Schritt für Schritt professionalisiert. Im Interview erklärt DVP-Vorstand Dr. Norbert Preuß die Trends im deutschen Bauwesen, die Herausforderungen im Bauprojektmanagement – und beantwortet die Frage, weshalb manche Projekte unter längst bekannten Managementfehlern leiden.
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22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2014 12 REPORT Herr Dr. Preuß, die Bauindustrie hat in den vergangenen Jahren unter einem ruinösen Preiskampf und unter dem Risikotransfer zu ihren Lasten gelitten. Viele Unternehmen sind zwischenzeitlich vom Markt verschwunden. Fehlen uns bald in Deutschland Bauprojektmanager und Bauunternehmen? Dr. Norbert Preuß: In den vergangenen Jahren hat es einen markanten Strukturwandel gegeben - und auch eine gewisse Bereinigung im Markt. Einige Konzerne treten heute kaum noch als Bauunternehmen auf. Sie setzen heute auf Dienstleistungen, darin sehen sie die Zukunft. Für Großprojekte ist der Markt also sehr übersichtlich geworden. Da gibt es nur wenige Konzerne, die solche Vorhaben als Generalunternehmer schultern können. Geht es so weiter, kann dies in Deutschland wirklich zu einer Verknappung an Kapazität für die Bauausführung führen. Das gilt auch für Fachkräfte. Viele wertvolle Kräfte sind der Industrie verloren gegangen. Stichwort: Fachkräftemangel und fehlende Bauprojektmanager? In Deutschland stehen wir vor großen Aufgaben, beispielsweise bei der Infrastruktur. So sind viele Brücken fünfzig und mehr Jahre alt. Sie sind marode. Wir brauchen also Kapazität für Projekte - und auch professionell agierende Bauprojektmanager. Die Verantwortung des Projektmanagements im Bauwesen wird weiter zunehmen. Inwiefern zunehmen? Die Projekte verändern sich, sie werden immer technischer. Deshalb müssen Projektmanager in der Bauindustrie zunehmend interdisziplinär arbeiten. Bei großen Projekten brauchen sie beispielsweise Kompetenz für tech- „Leistungsbild“ professionalisiert das Projektmanagement in Bauwesen und Immobilienbranche DVP feiert 30-jähriges Bestehen In den vergangenen Jahren pfiff der Bauwirtschaft der Wind kräftig um die Ohren. Der Markt bereinigte sich, viele traditionsreiche Unternehmen verschwanden. Dann traf die öffentliche Empörung über gescheiterte Großprojekte die ohnehin nervöse Branche. Beim DVP, dem „Deutschen Verband der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft e. V.“, behielt man indes einen kühlen Kopf. Der Verband analysierte die Probleme seiner Branche und arbeitete an Lösungsvorschlägen. Jetzt, zu seinem 30. Geburtstag, sieht sich der DVP für die Zukunft gut gerüstet. Er hat seit 1984 das Projektmanagement Schritt für Schritt professionalisiert. Im Interview erklärt DVP-Vorstand Dr. Norbert Preuß die Trends im deutschen Bauwesen, die Herausforderungen im Bauprojektmanagement - und beantwortet die Frage, weshalb manche Projekte unter längst bekannten Managementfehlern leiden. Oliver Steeger Dr. Norbert Preuß ist Vorstand des Deutschen Verbandes für Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft und seit 2007 Leiter der Fachkommission Projektsteuerung/ Projektmanagement im Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e. V. (AHO). Er studierte „Konstruktiven Ingenieurbau“ und promovierte über Entscheidungsprozesse im Projektmanagement von Hochbauten. Von 1985 bis 1992 war er in der Projektkoordination des Gesamtflughafens München verantwortlich eingebunden, ab 1990 als stellvertretender Generalbevollmächtigter. Heute ist Dr. Norbert Preuß geschäftsführender Gesellschafter der PREUSS GMBH. Die PREUSS Gruppe (PREUSS PROJEKTMANAGEMENT GMBH, PREUSS REAL ESTATE MANAGEMENT GMBH, PREUSS ENERGY CONSULTING GMBH) bearbeitet bundesweit mit 110 Mitarbeitern und Standorten in Berlin, Frankfurt, Düsseldorf und München Großprojekte im Projektmanagement sowie im interdisziplinären Immobilienconsulting. Foto: Mechthild von Lenthe PM_3-2014_1-68: Inhalt 27.05.2014 13: 05 Uhr Seite 12 nische Ausrüstung. Sie müssen beurteilen können, was ihnen die Fachplaner vorlegen. Diese Kompetenz geht über das hinaus, was ein Architekt oder Bauingenieur normalerweise zu leisten imstande ist. Also eine Aufwertung des Bauprojektmanagements? Ja. Wir brauchen gute Projektmanager - sowohl bei der Projektsteuerung als auch auf der Seite der Auftraggeber ... Auftraggeber setzen eigene Projektmanager ein, um ihr Bauprojekt abzuwickeln? Richtig! Bei vielen Investoren ist mittlerweile bekannt, wie sehr der Erfolg von fähigen Projektmanagern abhängt. Beispielsweise beobachten wir, dass Kunden nicht nur das Unternehmen prüfen, sondern auch die Mitarbeiter, also das Team. Das Team prüfen - wie darf ich dies verstehen? Vorausschauende Investoren halten die Teamleistung der Akteure für ein wesentliches Kriterium bei der Auftragsvergabe. Das Team, das das Bauprojekt bearbeiten wird, unterzieht sich einer Art Assessment Center. Es muss vorgegebene Aufgaben lösen und diese Lösungen präsentieren. Der Geschäftsführer des Projektmanagementunternehmens spricht zwei Minuten, sein Projektteam dann eine halbe Stunde …? Möglicherweise, ja! Da kann das Unternehmen nicht drei Tage vor der Akquise ein paar Spezialisten an Bord holen und diese dann als langjährige Mitarbeiter präsentieren. Dies funktioniert nicht. So kann man weder bei der Akquise glänzen noch später gute Projektergebnisse erzielen. Mit anderen Worten: Unternehmen sind gefordert, Nachwuchs auszubilden und Schulungsprogramme aufzusetzen. Um zu Ihrer Frage zurückzukommen: Die Rolle des Bauprojektmanagements wird bei der Auftragsentscheidung aufgewertet, gleichwohl der Preiskampf noch hart ist. Der DVP - der Verband der Projektmanager in der Bau- und Immobilienbranche - hat in den vergangenen Jahren sein Programm stark auf die Qualifizierung und Zertifizierung ausgerichtet. Sie haben über 200 Bauprojektmanager zertifiziert. Was muss ein guter Projektmanager im Bauwesen heute beherrschen? Auftraggeber wollen proaktive Projektmanager. Die Projektmanager sollen nicht nur in Besprechungen zuhören und Protokolle schreiben. Sie sollen Motor des Projektgeschehens sein, dies fordern viele Auftraggeber … In der Tat? Angesichts mancher Projektfehlschläge im Bauwesen drängt sich der gegenteilige Eindruck auf. Von Projektmanagern wird eben nicht erwartet, dass sie sich kritisch zu Wort melden. Es hilft wenig, wenn Bauprojektmanager auf Druck des Kunden die Augen vor Problemen verschließen. Dies haben die gescheiterten Projekte zur Genüge gezeigt. Wir PM-Nachwuchs ausbilden brauchen Manager mit starker Persönlichkeit. Projektmanager müssen sich mit den Zielen des Vorhabens stark identifizieren und dem Bauherrn auch die Wahrheit sagen können - auch dann, wenn er dies nicht hören will. Sogar auf die Gefahr hin, dass der Bauherr den Projektmanager hinausschmeißt. Er braucht Rückgrat. Ein Beispiel dafür: Bei großen Projekten muss man mit sehr unterschiedlichen Interessen umgehen. Dies führt häufig zu vielen und späten Änderungen - mit fatalen Auswirkungen auf das Projekt. Ein guter Projektmanager muss zu einem gewissen Zeitpunkt die rote Linie ziehen und dem Bauherrn signalisieren, wann keine Änderungen mehr möglich sind, ohne die Zielvorgaben zu verändern. Richtig. Und nicht wenige Projekte scheitern daran, dass ihren Managern dieses entscheidende Maß an Entschlossenheit und Durchsetzungsfähigkeit fehlt. Dies gilt insbesondere auch für externe Dienstleister, die die Projektsteuerung übernehmen oder für den Bauherrn als Projektmanager agieren. Häufig entstehen Irritationen, wenn der Dienstleister so auftritt. Es gibt nützliche Instrumente, mit denen er Probleme erläutern kann. Risikomanagement ist ein klassisches Beispiel für solch ein Instrument. Dennoch muss der Projektmanager Mut haben, im entscheidenden Moment die Stimme zu erheben und zu mahnen. An zentralen Positionen müssen also geeignete Persönlichkeiten sitzen - und offen gesagt, davon gibt es nicht viele, die zur geeigneten Persönlichkeit dann auch fachlich hohe Kompetenz mitbringen. Dies gilt natürlich insbesondere für Großprojekte mit verschiedenen Entscheidungsebenen und teilweise politischen Hintergründen. Der DVP hat in den vergangenen 30 Jahren viel dazu beigetragen, das Projektmanagement in der Baubranche und im Immobilienwesen zu verbessern. Ihr Verband hat die Tätigkeit der Projektmanager genau durchleuchtet. Er hat die Aufgaben geordnet, präzise beschrieben und in einem sogenannten Leistungsbild dokumentiert. Stark vereinfacht gesagt, in diesem Leistungsbild sind alle Aufgaben verzeichnet, die ein Bauprojektmanager in bestimmten Projektphasen erbringen muss. Auch ergänzende Kommentare findet man. Dieses Leistungsbild wird ständig erweitert, angepasst und fortgeschrieben. Weshalb hat es eine so zentrale Funktion? Für jede Projektphase - wir definieren fünf Phasen - sind im Leistungsbild die einzelnen Aufgaben festgeschrieben und kommentiert, dies haben Sie richtig beschrieben. Damit weiß auch der Auftraggeber genau, was ein Bauprojektmanager in welcher Phase zu tun hat. Er hat also eine gewisse Messlatte, um die Arbeit zu beurteilen. „Leistungsbild“ entwickelt Entschlossenheit und Durchsetzungsfähigkeit projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2014 l 13 PM_3-2014_1-68: Inhalt 27.05.2014 13: 05 Uhr Seite 13 Stichwort „Transparenz“? Nicht nur! Es geht auch um Professionalisierung unserer Branche und darum, auf Trends zu reagieren und bei Veränderungen die Bauprojektmanager zu unterstützen. So haben wir das Leistungsbild im Laufe der Jahre um vieles ergänzt, etwa Risikomanagement, Nutzermanagement oder die Projektentwicklung. Wir haben dann auch ergänzende Leistungen für spezielle Projektarten entwickelt, etwa für das Bauen im Bestand oder Großprojekte. Im Leistungsbild finden Sie also nicht nur allgemeine Angaben, sondern auch spezielle Hinweise, etwa für Projekte in Public-Private-Partnership-Modellen. Wie entwickelt der DVP dieses Leistungsbild? Wir verfügen über eine Reihe von Arbeitskreisen. Ich habe beispielsweise den Arbeitskreis für Nachhaltigkeit und Nutzungskosten geleitet. In diesen Arbeitskreisen beschreiben die Kollegen unternehmensübergreifend neue Inhalte. Häufig werden diese Inhalte auf unseren Tagungen diskutiert, entweder auf der Frühjahrstagung, die traditionell stark auf strategische Themen ausgerichtet ist, oder auf der Herbsttagung mit Themen vor allem zur Methodik und zu Tools. Die Tagungen werden sorgfältig dokumentiert, Erkenntnisse daraus können ins Leistungsbild einfließen. Sprechen wir über das Stakeholdermanagement. In den letzten Jahren begegnen Bürger Bauvorhaben immer skeptischer. Gleich, ob ein Bürohaus in der Stadt gebaut wird, eine Umgehungsstraße oder eine neue Startbahn am Flughafen - die Proteste sind vorprogrammiert. Bei vielen innerstädtischen Projekten sind in der Vergangenheit die Kommunikation und das Stakeholdermanagement zu kurz gekommen. Dies diskutieren wir im DVP schon länger. Im aktuellen Leistungsbild ist das Stakeholdermanagement deshalb stärker betont. Bereits vor der Planung des Projekts sollte die Reaktion der Bevölkerung erfasst werden. Danach sind Kommunikationskonzepte zu entwickeln, die parallel zu den verschiedenen Projektphasen umgesetzt werden. An diesem Punkt braucht man je nach Größe und Prominenz des Projekts auch ergänzende Unterstützung und zusätzliche Beteiligte. Und der Projektmanager muss diesen Kommunikationsanforderungen ebenfalls gewachsen sein. Die öffentliche Kritik richtet sich ja nicht nur gegen die neuen Projekte, sondern auch gegen das Scheitern von öffentlichen Großprojekten. Der Hauptstadtflughafen, die Elbphilharmonie und auch Stuttgart 21 gelten als Denkmäler des Missmanagements. Diese Fiaskos haben auch einen Schatten auf das Bauprojektmanagement geworfen. Ja, leider. Das Scheitern dieser Projekte ist sehr schädlich für die Branche - gleichwohl anderenorts im Stillen Hunderte Projekte gelungen sind. Was bei den gescheiterten Projekten schiefgegangen ist, dies kann man dem Laien kaum noch vermitteln. Es ist mit gesundem Menschenverstand nicht nachzuvollziehen. Wie hat der DVP darauf reagiert? Für uns lag auf der Hand, dass wir über diese gescheiterten Projekte und die öffentliche Kritik nicht hinweggehen konnten. Wir haben uns gefragt, wo die Gründe für dieses Scheitern liegen. Dazu haben wir Fachtagungen durchgeführt und die Ergebnisse sorgfältig aufbereitet. Und? Wo liegen die Gründe? Ich möchte dem Ganzen die Überschrift geben: Alle Gründe, die zum Scheitern führten, sind nicht neu. Es geht etwa um die Gestaltung der Aufbauorganisation, um das Management von Entscheidungen und Änderungen, um Risikomanagement, effektive Kontrolle von Terminen und Kosten - das sind Standards! Dies alles ist in unseren Leistungsbildern beschrieben. Wir haben uns also gefragt, weshalb in Großprojekten immer wieder die gleichen Fehler gemacht werden. Wir sind heute davon überzeugt, dass Deutschland ein Durchführungsproblem hat. „Durchführungsproblem“ bei Großprojekten Bauprojekte und Öffentlichkeit 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2014 14 REPORT Großbaustelle in Deutschland: Verbände wie der DVP warnen davor, dass die Kapazität für die Bauausführung knapper wird. Schon heute gibt es nur wenige Konzerne, die Großvorhaben als Generalunternehmer schultern können. Foto: Gina Sanders - Fotolia.com PM_3-2014_1-68: Inhalt 27.05.2014 13: 05 Uhr Seite 14 Inwiefern ein Durchführungsproblem? Ein Leistungsbild bildet mit Sicherheit eine wichtige Grundlage für Bauprojekte. Erfolgreich werden diese Projekte aber durch die Art und Weise, wie man die Leistungen im Projekt umsetzt - etwa durch eine effizient arbeitende Organisation und eine absolut synchronisierte Vorgehensweise zwischen dem Projektmanager des Auftraggebers und dem Projektsteuerer. Hinzu kommt die Fähigkeit der Organisation, auf vorher nicht bekannte Dinge zu reagieren und ihre Kommunikationsstrukturen richtig auszurichten. Ich meine: Das, was Sie im Leistungsbild an Beschreibungen und Kommentierungen finden, wird nicht immer praxisorientiert in die Projekte transportiert. Da liegen die Probleme! Der Erfolg solcher Großprojekte hängt also nicht davon ab, das Leistungsbild systematisch abzuarbeiten … … sondern davon, diese Leistungen sinnvoll zu strukturieren. Anders gesagt, man muss das Leistungsbild für besondere Projektsituationen anpassen und um Aufgaben ergänzen, die von besonders qualifizierten Spezialisten bearbeitet werden. In diesem Punkt ist unser Leistungsbild wesentlich detaillierter geworden. Konkret? Wir haben zum Beispiel das erwähnte Stakeholdermanagement und das Risikomanagement konkretisiert für Großprojekte. Ein Akzent liegt nun auf der sorgfältigen Projektvorbereitung mit vernünftiger Bedarfsplanung sowie Value Management in der Frühphase von Projekten mit dem Ziel, die Realisierbarkeit von Projekten zu einem frühen Zeitpunkt zu überprüfen. Moment! Wurde die Realisierbarkeit von Projekten bislang nicht früh geprüft? In der Vergangenheit leider nicht immer. Man kann vermuten, dass das eine oder andere Projekt nicht mit den zum Projektentscheid realistisch ermittelten Kosten, sondern mit sehr optimistischen Kosten in die Genehmigungsunterlagen aufgenommen wurde. Gleiches gilt auch für die Terminvorgaben. Drei oder vier Jahre später traten diese Fehler dann zutage. Eben deshalb geben wir im DVP nun Hilfe, indem wir für Großprojekte quasi eine Gebrauchsanleitung für die Leistungsmodule entwickelt haben. Wir beschreiben beispielsweise, welche besonderen Leistungen über die Standardleistungen hinaus zum Einsatz kommen sollten. Doch wie vorhin gesagt: Der Projekterfolg hängt stark auch von der Wahl eines geeigneten Projektmanagers ab. Diese Position ist zentral und wichtig. Seit einiger Zeit werden in der Baubranche Partnering-Modelle diskutiert. Man will Bauherren, Planer und Bauausführende näher zusammenbringen. Statt isoliert voneinander zu arbeiten, sollen die Beteiligten das Projekt gemeinsam, am runden Tisch voranbringen. Einige Branchenvertreter sehen im Partnering ein Patentrezept für Projekterfolg. Andere betrachten Partnering mit Skepsis. Realisierbarkeit von Projekten prüfen Partnering hat aus meiner Sicht dann Vorteile, wenn bei dem Projekt bestimmte Rahmenbedingungen vorliegen, etwa Projekte mit hohem Termindruck, sogenannte „Fast-Track-Projekte“ mit wenig Zeit für die Planung und die Ausführung. In solchen Projekten ist man darauf angewiesen, die Ausführenden sehr früh ins Boot zu holen. Das Unternehmen muss für dieses Projekt natürlich eine ausgewiesene Kompetenz haben, und es muss wirklich innovative Lösungen bieten. Dann kann Partnering funktionieren. Partnering hat aber auch einen Nachteil. Welchen Nachteil? Der Wettbewerb kann unter Umständen leiden. Ist das ausführende Unternehmen zu früh im Boot, geht dies in der Regel zulasten der Preise. Solche Beobachtungen machen wir immer wieder. Der Wettbewerb gelingt besser, wenn zunächst geplant und danach erst die Baufirma hinzugerufen wird. Außerdem: Beim Partnering überschneiden sich viele Prozesse, dies kann die Beteiligten überfordern, auch die Ausführungsfirma. Das Modell ist deshalb wirklich nur für bestimmte Projekte geeignet. Der DVP besteht seit 30 Jahren. Zum Geburtstag hat man Wünsche frei, meistens drei. Was wünscht sich der DVP für die Zukunft? Drei Wünsche? Drei! Erstens, je nach Projekttyp wünschen wir uns mehr Verlagerung der Aufgaben von der öffentlichen Hand hin zu externen Dienstleistern. Dies würde die professionelle Abwicklung von vielen öffentlichen Projekten fördern. Zweitens würden wir uns wünschen, dass die Vergabepraxis der öffentlichen Hand an die Privatwirtschaft überdacht wird. Der Billigste ist nicht immer der Beste. Die Qualifikation sollte mindestens genauso hoch in die Bewertung von Angeboten einfließen wie der Preis. Der dritte Wunsch: Öffentliche Vorschriften und der Einfluss von politischen Gremien auf Bauwerke und die Prozesse der Abwicklung sollten mit Augenmaß überdacht und angewendet werden. ■ projekt MA N A G E M E N T aktuell 3/ 2014 l 15 Deutschlands Straßen sind marode, viele Brücken 50 und mehr Jahre alt. Dr. Norbert Preuß: „Wir brauchen also Kapazität für Projekte - und auch professionell agierende Bauprojektmanager.“ Foto: eyetronic - Fotolia.com PM_3-2014_1-68: Inhalt 27.05.2014 13: 05 Uhr Seite 15