eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 25/5

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2014
255 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Das Projekt als „Nukleus“ der Strategiearbeit

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2014
Oliver Steeger
Projekte für die Umsetzung der Strategie nutzen? Davon sind die meisten Unternehmen weit entfernt. Im strategischen Denken der Topmanager spielen Projekte häufig eine Statistenrolle. Mit Projekten gehen die Topmanager operative Probleme an – und keine strategischen Herausforderungen. Doch dies könnte sich bald ändern. Die Unternehmensaufgaben werden komplexer. Die Dynamik wächst, Kunden fordern von ihren Lieferanten mehr „Nähe“. Diese Trends können dazu führen, dass die strategische Bedeutung für Projekte wächst, wie Prof. Steffen Scheurer von HfWU Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen erklärt. Im Interview erläutert der Experte, wie sich Unternehmen und Projektmanager darauf vorbereiten, durch Projekte handfeste „Strategiearbeit“ zu leisten.
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25 JAHRE PROJEKTMANAGEMENT aktuell 23 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2014 Projekte für die Umsetzung der Strategie nutzen? Davon sind die meisten Unternehmen weit entfernt. Im strategischen Denken der Topmanager spielen Projekte häufig eine Statistenrolle. Mit Projekten gehen die Topmanager operative Probleme an - und keine strategischen Herausforderungen. Doch dies könnte sich bald ändern. Die Unternehmensaufgaben werden komplexer. Die Dynamik wächst, Kunden fordern von ihren Lieferanten mehr „Nähe“. Diese Trends können dazu führen, dass die strategische Bedeutung für Projekte wächst, wie Prof. Steffen Scheurer von HfWU Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen erklärt. Im Interview erläutert der Experte, wie sich Unternehmen und Projektmanager darauf vorbereiten, durch Projekte handfeste „Strategiearbeit“ zu leisten. Herr Prof. Scheurer, Projekte bauen Brücken in die Zukunft. So hilft Projektmanagement beispielsweise Unternehmen, ihre Ziele zu erreichen. Unternehmen entwickeln in Projekten neue Produkte und Dienstleistungen, organisieren sich zu effizienten Organisationen und erobern neue Absatzmärkte. Trotz dieser Chancen ist die Mehrheit der deutschen Unternehmen weit davon entfernt, Projektmanagement strategisch einzusetzen. Im Topmanagement ist man schlichtweg nicht gewohnt, strategisch in Projekten zu denken. Wo liegen die Hindernisse? Prof. Steffen Scheurer: Der Ursprung des Projektmanagements liegt in der Abwicklung von Einzelprojekten. Unternehmen und Wissenschaftler suchten nach einer Methodik, mit der komplexe Aufgaben möglichst effizient bearbeitet werden können. Projektmanagement wird in vielen Unternehmen allein als operative Problemlösungsmethodik angesehen. Aber: Die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft haben sich inzwischen deutlich gewandelt. Unternehmen wickeln heute nicht nur einzelne Projekte ab, sondern sie generieren große Teile des Umsatzes durch Projektgeschäft. Damit haben sich inzwischen faktisch vielfach bereits Projektportfolios entwickelt. Allein die Menge von Projekten führt also automatisch zu Projektportfolios? Richtig! Projektportfolios müssen wie Portfolios strategischer Geschäftseinheiten wahrgenommen und gemanagt werden. Vereinfacht gesagt: In Unternehmen bekommen Projekte allein wegen ihrer wachsenden Menge strategische Bedeutung - und Unternehmen müssen sie deshalb strategisch führen. Eben an dieser strategischen Führung fehlt es heute vielfach noch. Augenblick! Viele Unternehmen setzen mittlerweile Projekt Management Offices ein … … doch diese PMOs sind stark mit der operativen Abwicklung der Vielzahl von Projekten beschäftigt. Sie schaffen darüber hinaus bestenfalls noch Synergien zwischen den Projekten, mehr oftmals nicht. unteRnehMen als „hülle“ füR PRojeKte? Und das Topmanagement? Es nimmt den strategischen Charakter dieser Projektportfolios nur unzureichend wahr, wie gesagt. Dies wird sich möglicherweise erst dann ändern, wenn es in der Praxis durchgängiger möglich wird, den konkreten Wertbeitrag solcher Projektportfolios zum Unternehmenswert zu messen. Strategische Bedeutung von Projekten wird wachsen Das Projekt als „Nukleus“ der strategiearbeit Autor: Oliver Steeger Steffen Scheurer Steffen Scheurer ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere für Rechnungswesen und Controlling, an der HfWU (Hochschule für Wirtschaft und Umwelt) Nürtingen-Geislingen, zudem ist er Studiendekan des MBA- Studienprogramms „Internationales Projektmanagement“. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen in den Bereichen Unternehmensführung, Controlling, Projektmanagement, HR-Strategien und Kompetenzmanagement. Sein besonderes Interesse gilt dem Zusammenhang zwischen Unternehmensstrategie und Projektmanagement. Darüber hinaus ist Prof. Steffen Scheurer als Trainer sowie als Berater und Beirat in der Wirtschaft tätig. Foto: privat PM-aktuell_5-2014_Inhalt_01_104.indd 23 03.12.2014 11: 22: 41 Uhr projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2014 24 25 JAHRE PROJEKTMANAGEMENT aktuell Controlling nicht einfach. Noch etwas Weiteres kommt hinzu: Die Frage nach dem Umgang mit Wissen. Wissen aus PRojeKten stRategisch nutzen Umgang mit Wissen - wie erklärt sich der Zusammenhang mit Projektmanagement? Bei der Durchführung von Projekten entsteht Wissen. Dieses Wissen wiederum kann zu Kernkompetenzen von Unternehmen werden. Unternehmen wollen aus strategischen Gründen auf bestimmte Kernkompetenzen möglichst exklusiv zugreifen, um so Wettbewerbsvorteile aufzubauen oder zu bewahren. Wird in einem Projektnetzwerk Wissen entwickelt, so ist dieses Wissen automatisch mit den beteiligten Partnern geteilt - und nicht mehr exklusiv? Die Abwicklung im Projekt wäre in diesem Fall der Abwicklung in der Linienorganisation überlegen? Ja. Und für diese These spricht einiges, etwa die wachsende Komplexität der Unternehmensaufgaben und die erhöhte Dynamik. Dies gilt auch für die Globalisierung, die zunehmende Notwendigkeit zur Kundennähe sowie die veränderten Wertehaltungen der Mitarbeiter im Hinblick auf mehr eigene Gestaltungsmöglichkeiten. Rechtlich verselbstständigte Projekte oder Netzwerke von Projekten eignen sich bestens, auf diese Herausforderungen zu antworten. Zudem würden Projekte die strategische Flexibilität von Unternehmen erhöhen. Obendrein könnten sie die Verwendung ihrer Ressourcen durch Synergien optimieren. Gegenfrage: Was könnte gegen dieses Konzept sprechen? Die rechtliche Organisation von Verantwortungen wird schwieriger, aufwendiger und teurer. Bei den Projektabwicklungen in Projektnetzen ist auch das Für die Zukunft erwarten einige Wissenschaftler in diesem Punkt gewaltige Umbrüche. Manche Experten prognostizieren, dass Unternehmen in fernen Zeiten nur noch eine „Hülle“ für Projekte bilden. Dabei kann es sich sowohl um eigene Projekte handeln als Projektnetzwerke, in die wiederum andere Unternehmen eingebunden sind. Was spricht aus Ihrer Sicht für diese These? Um das Für und Wider dieser These abwägen zu können, müssen wir uns mit der „Neuen Institutionenökonomik“ befassen, insbesondere dem Transaktionskostenansatz. Klingt kompliziert. Es geht letztlich um die Frage, wie Unternehmen wirtschaftliche Transaktionen möglichst effizient organisieren können. Sollte die These, die Sie nennen, stimmen, so würde dies bedeuten: Wirtschaftliche Transaktionen können heute und vor allem in Zukunft effizienter in Form von Projekten durchgeführt werden - verglichen mit einer Durchführung in festen Unternehmensstrukturen. Der Projektmanager der Zukunft versteht die strategischen Rahmenbedingungen seines Unternehmens und erkennt seine Rolle in der strategischen Entwicklung des Unternehmens. „Er muss begreifen, wie er mit seinem Projekt zur Wertsteigerung des Gesamtunternehmens beiträgt“, erklärt Prof. Steffen Scheurer. Foto: alphaspirit - Fotolia.com PM-aktuell_5-2014_Inhalt_01_104.indd 24 03.12.2014 11: 22: 42 Uhr projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2014 aktuell 25 Welche Kompetenzen müssten diese Unternehmen aufbauen? Vor allem breit angelegte Kompetenz in puncto operativen und strategischen Projektmanagements - sowohl bei Linienmanagern als auch bei Projektmanagern. Mit der Kompetenz allein ist es nicht getan. Diese Unternehmen bräuchten zudem spezielle Karrierepfade, die systematisch Erfahrungen im Linien- und im Projektmanagement miteinander vernetzen. Und sie bräuchten ein Messsystem dafür, welchen Beitrag das Projektmanagement zur Steigerung des Unternehmenswerts leistet. Der Nutzen des Projektmanagements müsste also überzeugend belegt werden. Eben haben Sie die Kernkompetenzen angesprochen. Wie können Unternehmen diese Kernkompetenzen ins strategische Projektmanagement einbringen? Unternehmen müssen konsequent und proaktiv ihre Kernkompetenzen managen - und zwar über das Projektportfolio. Mit den richtigen Schwerpunktsetzungen im Projektportfolio kann die strategische Entwicklung des Unternehmens wesentlich beeinflusst werden. Strategische Schwerpunkte sollten dort gesetzt werden, wo Projekte entweder von vorhandenen Kernkompetenzen des Unternehmens profitieren oder durch Wissensgenerierung im Projektverlauf mithelfen, neue Kernkompetenzen für das Unternehmen mit aufzubauen. So kann das Projektmanagement einen ganz konkreten Beitrag zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens leisten. KeRnKoMPetenzen PRoaKtiV Managen Welche Rolle spielt das PMO in diesem Zusammenhang? Das Unternehmen braucht institutionalisierte Organisationseinheiten wie das PMO. Diese Organisationseinheiten schlagen eine Brücke zwischen der strategischen Einbindung des Projektmanagements und der operativen Abwicklung der Vielzahl von Projekten. Angenommen, in einem Unternehmen würde Projektmanagement eine derart zentrale, strategische Position erhalten - wie würde es die Welt von Topmanagern verändern? Durch die stärkere Beteiligung des Projektmanagements im Rahmen der Strategieumsetzung kommt Richtig. Deshalb wollen sich strategisch ausgerichtete Unternehmen einen essenziellen Zugriff auf das Projektgeschäft sichern. Dies lässt sich besser in einer festen Unternehmensorganisation gewährleisten als etwa in Projektnetzen. - Um auf Ihre ursprüngliche Frage zurückzukommen: Ich erwarte einen starken Trend hin zu Projektnetzen. Aber ich rechne nicht damit, dass sich Unternehmen auf die Funktion einer reinen „Hülle“ für solche Projektnetze zurückziehen. anlagenbau als VoRReiteR Zurück zur Verbindung von Unternehmensstrategie und Projektmanagement. In welchen Branchen finden sich bereits solche Verbindungen? Wo können wir aus der Praxis lernen? Mir sind insbesondere Firmen im Anlagenbau aufgefallen. Bei diesen Unternehmen besteht das Geschäft nahezu ausschließlich aus Projekten. Insofern ist sich die Führung dieser Unternehmen darüber im Klaren, dass sie das Projektgeschäft strategisch begreifen muss. Sie sieht die Summe der Projekte als das zentrale und strategisch zu steuernde Portfolio des Unternehmens. Beispielsweise sind die gesamten Strukturen der Unternehmen am Projektgeschäft orientiert. Das Topmanagement steht im Dialog mit den PMOs und justiert die strategische Ausrichtung des Projektportfolios. Zudem sind die Geschäftsführer ständig informiert, wie sich die Großprojekte ihrer Unternehmen entwickeln. Der Anlagenbau gehört damit zu den Pionierbranchen. Wie müssten sich Unternehmen anderer Branchen verändern, damit sie ihre Strategie mit dem Projektmanagement verbinden können? Die Unternehmen brauchen zunächst eine projektorientierte Kultur. Diese projektorientierte Unternehmenskultur müsste geschaffen werden, um das klare Verständnis des Wertbeitrags des Projektmanagements auf allen Unternehmensebenen zu fördern. Fangen wir oben an, beim Topmanagement. Das Topmanagement müsste verstehen, dass Projektmanagement als Führungsfunktion zu sehen ist. Das Topmanagement müsste konkret ins Projektmanagement involviert werden. Man müsste es als Treiber für eine strategische Verankerung des Projektmanagements gewinnen. Anzeige PM-aktuell_5-2014_Inhalt_01_104.indd 25 03.12.2014 11: 22: 42 Uhr projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2014 26 25 JAHRE PROJEKTMANAGEMENT aktuell Wir brauchen dafür spezielle soziale Rahmenbedingungen. Sie müssen eine gleichberechtigte Kommunikation zwischen dem Projektmanagement und Linienmanagement garantieren. Auch hier geht es um einen Kulturwandel. KultuRWandel eRfoRdeRlich Wir haben über die Konsequenzen für das Topmanagement gesprochen. Rückt Projektmanagement ins strategische Zentrum, verändern sich Rolle und Aufgaben des Topmanagements. Was mich interessiert: Welche Auswirkungen kommen auf die Projektmanager zu? Das heute weithin vermittelte Projektmanagementwissen wird nicht mehr genügen, wenn das Projekt im Unternehmen als Nukleus von Strategiearbeit und als unternehmerische Einheit verstanden wird. Moment! Die heute bekannte Projektmanagementmethodik und die Fähigkeiten zur Führung von Teams dürften doch weiterhin Basiskompetenzen eines Projektmanagers sein … Ja. Was Projektmanager gelernt haben, das gilt weiterhin. Es handelt sich um notwendige Basiskompetenz. Doch es kommen weitere Kompetenzanforderungen hinzu. Dies fängt schon beim Management von strategischen Einzelprojekten an. Zum Beispiel? Die meisten Unternehmen sind heute weltweit aufgestellt. Ihre strategischen Projekte bekommen Wenn auch an der Basis und nicht nur an der Spitze eines Unternehmens strategisch gearbeitet wird, dann würde das Topmanagement seine strategische Bedeutung verlieren. Welcher Topmanager gibt seine Hoheit über die Strategie preis? Ich glaube nicht, dass das Topmanagement seine strategische Bedeutung verlieren würde. Es würde eine neue Rolle bekommen. Welche Aufgabe käme dem Topmanagement zu? Das Topmanagement würde adäquate Rahmenbedingungen gestalten, um das strategische Kreativitätspotenzial aus den Projekten freizusetzen. Auch würde es systematisch Muster über eine Vielzahl von Projekten hinweg erkennen und aus diesen Erkenntnissen projektübergreifende Wettbewerbsvorteile für das Unternehmen ableiten. So könnte es strategische Trends ermitteln, die Bedeutung dieser Trends für das Unternehmen bewerten und in einen gesamtunternehmensbezogenen Sinnzusammenhang einordnen. Dies sind nur Beispiele. Aber Sie erkennen: Das Topmanagement hat wichtige Aufgaben. Und wie gesagt, ich spreche vom Rollenwechsel, nicht von der Einbuße an strategischer Bedeutung. In vielen Unternehmen ringen Projektorganisation und Linienorganisation miteinander um Einfluss. Wer das Projektmanagement organisatorisch aufwertet, muss mit Widerstand aus der Linie rechnen. Wie soll eine Balance hergestellt werden zwischen den beiden Parteien? es gewissermaßen zu einer „Demokratisierung“ der Strategiearbeit. Damit müssen Topmanager rechnen. Die „Strategiearbeit“ findet nicht mehr zwangsläufig allein in den Chefetagen statt. Sie kann plötzlich direkt „vor Ort“ und direkt am Kunden im Projekt geschehen. Besonders in der konkreten Projektarbeit entsteht oft für das Unternehmen wichtiges Wissen. Die direkte Nähe zum Kunden und der faktische Zwang zu neuen und flexiblen Lösungen sind ein guter Nährboden dafür. So etwas wäre für viele Unternehmen ein Paradigmenwechsel. Viele Führungskräfte sind ja dem Glauben verhaftet, dass Strategiearbeit nur „topdown“ funktionieren kann. PRojeKte als „nuKleus deR stRategieaRbeit“ Der Chef entscheidet über die Strategie, die Mitarbeiter setzen sie um. Richtig. Dies wäre nun zu ergänzen durch einen strategischen Bottom-up-Charakter. Oder anders: Das Projekt könnte als Nukleus von Strategiearbeit verstanden werden. Voraussetzung dafür ist jedoch ein Empowerment der Projekte vonseiten des Topmanagements. Das Topmanagement muss Projekte im Unternehmen als eigenständige unternehmerische Einheiten ernst nehmen. Diese Projekte brauchen dann auch eigenen Spielraum für Entscheidungen. Nur wenn Projekte frei entscheiden dürfen, können kreative Selbstorganisationsmechanismen wirksam werden, die dann zu strategisch relevantem Wissen führen. Bei der Durchführung von Projekten entsteht Wissen. Dieses Wissen wiederum kann zu Kernkompetenzen von Unternehmen werden - und strategische Vorteile erbringen. Foto: Monkey Business - Fotolia.com Projektmanagement. Prozessorientiert. Durchdachte Prozesse geben in den Unternehmen die Abläufe vor. So werden be- Projektabwicklung im gesamten Projektportfolio. Anzeige PM-aktuell_5-2014_Inhalt_01_104.indd 26 03.12.2014 11: 22: 44 Uhr 25 JAHRE PROJEKTMANAGEMENT aktuell 27 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2014 So müssen Projekte zum Beispiel mittels der Messung eines Projektwertbeitrags direkt in das Wertsteigerungsmanagement eines Unternehmens integriert werden. In den gängigen Ausbildungen werden Projektmanager kaum auf solche Aufgaben vorbereitet. Was ist zu tun? In der Ausbildung - auch in der akademischen Ausbildung - müssen wir Ausbildungsinhalte für Linienmanager und Projektmanager wesentlich stärker miteinander verbinden. Linienmanager sollten ebenso wie Projektmanager dazu in der Lage sein, das Unternehmen aus Sicht eines Multiprojektportfolios zu sehen. Darüber hinaus sollten Linienmanager verstehen lernen, welchen Herausforderungen ein Projektmanager bei der Führung eines globalen und komplexen Projekts gegenübersteht und welche Unterstützung aus der Linie benötigt wird. Und die Projektmanager? Projektmanager sollten lernen, welche Erfordernisse sich aus gesamtunternehmensbezogenen Strategien für einzelne Projekte oder für Projektportfolios ergeben. Vielleicht liegt die Lösung dafür in der Verbindung beider Ausbildungsstränge. Wir versuchen an der HfWU Nürtingen-Geislingen genau dies. Beispielsweise im externen MBA-Studienprogramm „Internationales Projektmanagement“ haben wir die beiden Kompetenzstränge miteinander vernetzt.  können Projektmanager verschiedene Blickwinkel einnehmen. Sie können zum einen aus Sicht ihres Projekts denken, zum anderen aus Sicht des Linienmanagers. Dies bedeutet: Sie müssen auch mit den Denkweisen sowie mit den Techniken und Methoden der Unternehmenssteuerung vertraut sein. Was bedeutet dies für die Praxis? Die Karrierepfade von Linienmanagern und Projektmanagern sind in den allermeisten Unternehmen zu stark getrennt. Nach meiner Einschätzung müssten die Karrierepfade wesentlich stärker vernetzt werden. Je nach gerade wahrgenommener Rolle würde die Vernetzung zum wechselseitigen Verständnis der jeweiligen Sichtweise beitragen. Dies würde dann auch zu einer stärker projektorientierten Kultur führen. PM-MethodiK WeiteRentWicKeln Ist die heute gängige Methodik des Projektmanagements überhaupt für diese neuen Herausforderungen geeignet? Methodik und Instrumentarium müssten weiterentwickelt und angepasst werden. Wie sich die Sichtweisen von Linie und Projekt wechselseitig aufeinander zu bewegen müssen, so sollte es auch zu einer stärkeren Mischung strategischer Methoden mit Methoden des Projektmanagements kommen. zunehmend globalen Charakter. Projektmanager brauchen deshalb für strategische Projekte interkulturelle Kompetenzen, und sie müssen fähig sein, virtuelle Teams weltweit zu führen. Dies ist der erste Punkt. Rolle in unteRnehMensstRategie eRKennen Der zweite Punkt? Projekte werden zunehmend größer, sie werden in vielfältigen Netzwerken durchgeführt. Dies und die wachsende Dynamik der Projektumgebung zwingt Projektmanager dazu, Kompetenzen im Umgang mit Komplexität zu entwickeln. Drittens müssen Projektmanager ihren Projektteams deutlich machen, wie das Projekt in den gesamtunternehmerischen Sinnzusammenhang eingeordnet ist. Diese Kompetenzen braucht der Projektmanager, wie gesagt, für einzelne Projekte. Er muss mit seinen Projekten aber auch strategisch wirksam sein. Welche zusätzlichen Qualifikationen benötigt er? Projektmanager müssen die strategischen Rahmenbedingungen ihres Unternehmens verstehen und ihre Rolle in der strategischen Entwicklung des Unternehmens erkennen. Sie müssen begreifen, wie sie mit ihrem Projekt zur Wertsteigerung des Gesamtunternehmens beitragen. Im Idealfall Projektmanagement. Prozessorientiert. Durchdachte Prozesse geben in den Unternehmen die Abläufe vor. So werden be- Projektabwicklung im gesamten Projektportfolio. Anzeige PM-aktuell_5-2014_Inhalt_01_104.indd 27 03.12.2014 11: 22: 44 Uhr