PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2014
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Der blinde Fleck – ein unsichtbarer Begleiter mit ungeahnten Nebenwirkungen
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2014
Jens Köhler
Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch – Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben.
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projektManagementaktuell | ausgabe 5.2014 68 Wissen Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch - Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. Ehrlich sitzt im Auto und fährt eine ihm überaus bekannte Strecke in der Stadt - eine Zufahrt zu einem Parkplatz eines größeren Waldes. Auf einmal hält der Wagen abrupt und eine Stimme spricht: „Ehrlich, du bist doch nicht blöd.“ Ehrlich, über die abrupte Bremsung völlig überrascht, kennt den Grund des Stopps auch nach längerem Nachdenken nicht. „Du hast ein Schild überfahren - Anlieger frei. Und haben wir hier ein Anliegen? “, fragt der Beifahrer, sein Fahrlehrer. „Nicht dass ich wüsste“, antwortet Ehrlich, „ich bin einfach weitergefahren, da wir hier mit der Familie regelmäßig früher entlanggekommen sind. Das Schild habe ich nicht wahrgenommen.“ Ein Luftzug knallt das Fenster zu, als Priesberg die Tür öffnet, mit dem Ergebnis, dass Ehrlich noch schläfrig in seinem Bürostuhl sitzt. „Verbringst du deine Mittagspause jetzt schlafend? “, fragt er erstaunt. Ehrlich sieht ihn abwesend an: „Ich wollte mich durch einen Minutenschlaf erholen, und da holt mich doch tatsächlich ein Erlebnis aus der fernen Vergangenheit ein. Mein Fahrlehrer bremste mich damals aus, weil ich ein Schild übersehen hatte. Das nennt man wohl den blinden Fleck, eine Region unserer Außenwelt, die unserer Wahrnehmung nicht zugänglich ist. Im Projektgeschäft kann die Wirkung des blinden Flecks durchaus ernste Folgen haben. Und jetzt hast du mich geweckt.“ Priesberg stachelt ihn an: „Du als Projektpraktiker weißt doch sicher, wie man damit umgeht.“ „So einfach ist das nicht“, ignoriert Ehrlich die Spitzfindigkeit, „ein blinder Fleck kann auch die Eigenschaft eines Projektteams oder gar einer Organisation sein, die nicht merkt, dass der Markt für ein wichtiges Produkt wegbricht. Fangen wir im Kleinen an: Sicherlich hilft es, bei der Lösung von Projektaufgaben ein verschiedenartig besetztes Team zu haben.“ Jetzt wird Priesberg stutzig: „Das ist mir viel zu wenig konkret. Ich kenne ein Projekt, in dem sich das sorgsam ausgewählte Team zu gut verstanden hat. Dadurch hat man Dinge übersehen. Es sind Warnungen von außen ignoriert worden, da die Außenwelt ‚böse‘ war.“ Ehrlich überlegt gelangweilt: „In dem von dir erwähnten Fall sind sicher nicht alle Stakeholder mit einbezogen worden. Nächster Vorschlag: Man kann es auch mit Brachialgewalt versuchen: Ich erinnere mich an eine Situation, in der ich den Projektleiter wiederholt auf eine Lücke im Prozess hinwies. Die Lieferzeiten von bestimmten Maschinenteilen waren zu lang. Er hat es ignoriert, ich konnte ihn mental nicht erreichen. Erst als eine Krise ausgelöst wurde, die ich durch stetige Anwendung des unvollständigen Prozesses bewusst herbeigeführt hatte, fand ich Gehör. Also hilft es schon mal, hartnäckig zu bleiben. Wenn man das Individuum betrachtet, dann gibt es banale Tricks, den blinden Fleck auszuhebeln: eine Ausarbeitung einen Tag später nochmals durchgehen oder regelmäßig Aufzeichnungen zu führen. Hier offenbart sich, manchmal auch in erschreckender Weise, der Unterschied zum Gedächtnis.“ Priesberg unterbricht: „Das Wichtigste ist doch das Bewusstsein, dass der blinde Fleck wie ein stiller Begleiter immer anwesend ist. Man kann nie sicher sein, ob man ihn für bestimmte Situationen eliminiert hat. Mich interessiert, ob es einen Basismechanismus gibt, mit dem man den blinden Fleck eliminieren kann. Übrigens: Warum kommen diese Fragen nicht von dir? “ Ehrlich fühlt sich ertappt, reagiert gereizt und redet einfach weiter: „Oder man reflektiert die Dinge, die einen so beschäftigen mit einem Kollegen, mit dem man nicht immer in Eintracht leben kann. Wenn man sich also selbst und auch der Kollege wie Katz‘ und Maus verhält, dann können sich Spannungen aufbauen, die, wenn beide damit umgehen können, ein kreatives Feld bilden. Jeder möchte den anderen übertrumpfen. So hat man eine reale Chance, das Risiko für blinde Flecken zu minimieren, weil jeder auf die blinden Flecken des anderen peinlich genau achtet. Der Preis dafür ist aber, die Spannung auszuhalten und sich auf das Ganze einzulassen.“ Ehrlich hält inne und wird ruhig: „Du siehst, jetzt sind wir ein kreatives Feld, denn du hast mich soeben bewusst auf einen blinden Flecken hingewiesen. Da muss ich natürlich schlauer sein und dir eine Lösung präsentieren - eben das bekannte kreative Feld.“ Autor Dr. Jens Köhler ist bei der BASF SE beschäftigt. Sein Spezialgebiet ist die Erforschung der Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Projektteams durch die gezielte Steuerung über Soft Skills und Kommunikationsprozesse. Anschrift: BASF SE, GV/ WH-C6, D-67056 Ludwigshafen, E-Mail: Jens.Koehler@basf.com Projektgeschichten und Fallstudien Der blinde Fleck - ein unsichtbarer Begleiter mit ungeahnten nebenwirkungen autor: Jens köhler Der X-Moment: Wir sind bereit für den nächsten Level. Wird das Projekt gelingen? Sind unsere Prozesse effizient? Können wir diesen Gipfel gemeinsam erreichen? Welche Route sollen wir wählen? Vor uns liegt ein langer Weg, gehen wir’s an! Wird das Team den Wandel mittragen? Im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen Sie. Unsere Experten in sechs Ländern beraten Sie ebenso professionell wie innovativ und begleiten Sie mit großem Einsatz in eine erfolgreiche Zukunft. Effiziente Lösungen und begleitendes Training bringen Sie an Ihr Ziel. FÜR X-MOMENTS, DIE BEWEGEN. www.nextlevelconsulting.eu PROJEKTMANAGEMENT | PROZESSMANAGEMENT | CHANGE MANAGEMENT 110516_NL_Kampagne.indd 1 16.05.11 08: 35 PM-aktuell_5-2014_Inhalt_01_104.indd 68 03.12.2014 11: 26: 01 Uhr