eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 25/5

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
121
2014
255 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Projektorganisation und Management im Software Engineering

121
2014
Oliver Linssen
Broy, M.; Kuhrmann, M.: Projektorganisation und Management im Software Engineering. Springer-Verlag New York Inc., Berlin, Heidelberg, New York 2013
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Wissen 73 projektManagementaktuell | ausgabe 5.2014 nicht abgehandelt werden können - das Handwörterbuch der Führung braucht dafür einige tausend Spalten -, so enthält die Publikation doch viele Anregungen und Stoff zur Reflexion. Dazu gehört auch der Umgang der Generation Y mit Social Media. Besonders gefällt mir dabei unter den einschlägigen Passagen die Checkliste auf S. 161 ff. Hier wird Hanisch so konkret, dass man seinen eigenen Arbeitsstil einordnen und sich einen Spiegel vorhalten kann. Nochmals: Viele Aussagen, etwa zum künftigen Führungsstil und zur Teamarbeit, sind dazu angetan, dass sie ausführlich diskutiert werden sollten, indem sie etwa von einer Fachgruppe der GPM aufgegriffen werden. Am Ende seines Buches versöhnt mich der Autor ein wenig mit seinem Buchtitel. Auf S. 158 heißt es nämlich in der Überschrift eines Abschnitts: „Ganz ohne Planung geht es nicht.“ Na also. Geht doch! Fazit Ein anregendes Buch, das es wert ist, gelesen zu werden, auch wenn vieles, was erörtert wird, schon lange bekannt ist und manche Ratschläge auch nicht allzu konkret ausfallen. Heinz Schelle Literatur [1] Shenhar, A. J./ Dvir, D.: Reinventing Project Management. The Diamond Approach to Successful Growth and Innovation. Boston 2007 [2] Berner, W.: Change! 15 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung. Stuttgart 2010 dem Sterbebett liegenden Projektmanagements zeichnet, das in dieser Gröbe und Undifferenziertheit heute längst nicht mehr existiert. Erinnert sei hier - um nur drei Beispiele unter vielen zu nennen - an die ausgefeilten Konzepte zur Bewältigung von Changeprojekten und dem erforderlichen Kulturwandel, wie sie sich etwa bei Berner [2] finden, an die fundamentale Kritik der Organisationspsychologie und der Verhaltensökonomie am klassischen Risikomanagement und an die beeindruckenden Arbeiten zum auch praktisch bereits erprobten Kompetenzmanagement. In Wien würde man sagen: Er baut einen Watschenmann auf, dem man dann beliebig Ohrfeigen geben kann. Aber kommen wir zur zentralen These des Buches: Die Digital Natives, mit der modernen Informationstechnik aufgewachsen und souverän mit ihr umgehend - im Werk werden sie auch gleichgesetzt mit Angehörigen der Generation Y (geboren zwischen 1980 und 2000) - werden Projektmanagement grundlegend verändern. Hier finden sich für mich als Veteran (so die Bezeichnung der Deutschen Gesellschaft für Personalführung für Menschen, die zwischen 1922 und 1943 geboren sind) viele außerordentlich interessante Aussagen, die bei der Gestaltung des zukünftigen Projektmanagements sicher zu berücksichtigen sind. Die GPM hat selbst durch Veröffentlichungen in dieser Zeitschrift (Heft 1 und 2/ 2013) darauf auch bereits reagiert. Wenn mir auch einige Forderungen (u. a. S. 155 f.) ein wenig schwammig erscheinen, wie etwa „hellwach im Moment“ oder „das wirklich Wichtige sehen“ (S. 158), und die überaus schwierigen Fragen des Führungsstils meines Erachtens so kurz wird. (Die Story auf S. 81 erscheint mir allerdings ein wenig übertrieben. Für den Kunden wurde eine voll automatisierte Anlage geliefert, obwohl er eigentlich ein viel einfacheres System haben wollte. Da muss es wohl am altmodischen Anforderungsmanagement gefehlt haben.) Der Verfasser erörtert viele aktuelle Themen, die er auch noch gut miteinander kombiniert. Freilich muss man auch immer wieder einmal feststellen, dass das, was dem weniger bewanderten Leser neu erscheinen mag, schon zahlreiche andere Autoren eine ganze Zeit vor ihm zu Papier gebracht haben. Diskutiert werden unter anderem Punkte wie • erweiterte Auffassung des Projekterfolgs, zum Beispiel ausgiebig dargelegt bei den im Werk in anderem Zusammenhang zitierten Autoren Shenhar und Dvir und im Modell Project Excellence seit 1997 berücksichtigt. Stark vereinfacht gesagt, der Anwendungserfolg hat Vorrang vor dem Abwicklungserfolg; • agiles Projektmanagement, meines Erachtens allerdings angesichts der gegenwärtig zu beobachtenden, intensiven Diskussion in der Literatur ein wenig zu kurz behandelt; • die Versuche von Shenhar und Dvir (Diamond Approach) [1], mit einer vierdimensionalen Projektklassifikation bei Empfehlungen für das geeignete Projektmanagement den richtigen Mix an Methoden zu finden und • die wachsende Beachtung der Besonderheiten von Projekten mit dem Ziel des organisatorischen Wandels. Dabei irritiert mich manchmal, dass Hanisch ein Bild des überkommenen, seiner Meinung nach auf Projektorganisation und Management im software engineering Broy, M.; Kuhrmann, M.: Projektorganisation und Management im Software Engineering. Springer-Verlag New York Inc., Berlin, Heidelberg, New York 2013 Ein inhaltlich breit angelegtes Werk über die Organisation und das Management in der Softwareentwicklung. Es existiert schon eine Vielzahl von Büchern über das Management der Softwareentwicklung. Gerade in den letzten Jahren sind viele Titel erschienen, welche durch agile Ansätze der Diskussion, wie Softwareentwicklungsprojekte durchzuführen sind, neue Impulse gegeben haben. Besteht also wirklich der Bedarf für ein weiteres Werk? In diesem Fall kann man diese Frage ohne Einschränkung mit „Ja“ beantworten, denn es geht in dem Buch nicht nur um das reine Projektmanagement. Vielmehr decken die Autoren ein größeres Gebiet ab, da auch Themen jenseits des eigentlichen Projektmanagements behandelt werden. Die Autoren setzen in ihrem Buch folgende Schwerpunkte: • Vorgehensmodelle in der Softwareentwicklung • Unternehmens- und Projektorganisation • Managementaufgaben im Lebenszyklus eines Softwareprojekts Nachdem im ersten Kapitel Grundlagen geklärt werden (was ist Software Engineering, was ist ein PM-aktuell_5-2014_Inhalt_01_104.indd 73 03.12.2014 11: 26: 07 Uhr projektManagementaktuell | ausgabe 5.2014 74 Wissen menhänge grafisch dar. Ein Glossar (6 Seiten), ein Literaturverzeichnis mit 200 Quellen und ein Index (6 Seiten) runden das Buch ab. Das wissenschaftlich fundierte Buch ist als Lehrbuch für Studenten im Masterstudium der Informatik und Wirtschaftsinformatik gedacht. Es ist aber auch für jeden interessierten Praktiker eine wertvolle Lektüre, da man hier die theoretischen Grundlagen findet, die häufig in der Praxis fehlen. Selbst für Fachleute dürfte die Lektüre ein Gewinn sein, da wenige Darstellungen das Gebiet so geschlossen und fundiert darstellen, wie hier geschehen. Die Befürchtung, der Inhalt sei akademisch abgehoben, ist unbegründet. Der gebotene Inhalt ist jederzeit praxisrelevant. Fazit Das Buch von Prof. Manfred Broy und Dr. Marco Kuhrmann von der TU München geht inhaltlich über viele Werke zum Thema Projektmanagement hinaus. Der Leser erhält einen fundierten Überblick. Weder im deutschen, noch im englischen Sprachraum ist mir aktuell ein Werk bekannt, welches sich in der dargestellten Breite mit der Organisation und dem Management in der Softwareentwicklung beschäftigt. Hinweis: Der Verfasser dieser Rezension war in der Schlussphase an der Entstehung des Buchs beteiligt, da er um eine kritische Stellungnahme und Ergänzungsvorschläge zum Manuskript gebeten wurde. Oliver Linssen  Das Kapitel über die Projektdefinition beinhaltet nicht nur die klassischen Aktivitäten der Projektplanung, sondern befasst sich zum Beispiel auch mit den Themen Projektinfrastruktur und der Definition der QS-Verfahren. Besonders hingewiesen sei darauf, dass die Autoren die Verfahren zur Projektdefinition im PMBOK, PRINCE2 und dem V- Modell XT darstellen. Solche vergleichenden Darstellungen sind leider viel zu selten zu finden. Nur das Thema Einsatzmittelplanung hätte etwas ausführlicher dargestellt werden können. Das Kapitel Projektdurchführung befasst sich u. a. mit der Steuerung des Projekts. Hier werden auch anspruchsvollere Methoden wie die Earned Value- Analyse behandelt. In einem separaten Abschnitt wird auf die eigentliche Systementwicklung eingegangen. Leider behandeln die Autoren nicht konkrete Methoden und Techniken. Ein knapper Überblick über etablierte Ansätze wäre für viele Leser wertvoll gewesen. Wie der Name es vermuten lässt, behandelt das Kapitel „Projektabschluss“ den (hoffentlich) erfolgreichen Abschluss eines Projekts. Die Kapitel 10 bis 12 befassen sich mit den Themen Metriken, Reifegradmodelle zur Prozessverbesserung und Werkzeuge. Zusammenfassend kann man feststellen, dass die wichtigen Themengebiete des klassischen Projektmanagements behandelt werden: Projektentstehung, Projektauftrag, Aufwandsschätzung, Aufbau der Projektplanung, Projektstrukturplan, Ablauf- und Terminplanung, Fortschrittskontrolle, Projektsteuerung, Kostenüberwachung, Berichtswesen und Projektabschluss. Zusätzlich findet der Leser Ausführungen zu den Themen Rollenmodelle, Änderungsmanagement, Versions- und Konfigurationsmanagement, Qualitätsmanagement, Vertragswesen, Projektinfrastruktur, Metriken und Messung, Reifegradmodelle, Prozessverbesserung und Werkzeuge. Somit wird auf knapp 360 Textseiten viel Inhalt geboten. Die Themen werden teilweise knapp, aber mit Tiefgang dargestellt. Der Text wirkt nicht aufgebläht, das Verhältnis von Gehalt zu Textmenge ist gut gelungen. Wer noch mehr Details benötigt, muss die Spezialliteratur konsultieren. Die Inhalte werden sprachlich präzise und anspruchsvoll, aber nicht unnötig kompliziert behandelt. Das Buch hat einen sehr systematischen Aufbau: Der Inhalt ist in 15 Kapitel unterteilt, die bis zu vier Ebenen tief gegliedert sind. Die dadurch entstehenden Textabschnitte sind in der Regel recht kurz, was die Orientierung im Text erleichtert. Abbildungen in einem einheitlichen Layout stellen Zusam- Projekt, Ziele des Managements in der Softwareentwicklung, Herausforderungen und Schwierigkeiten, Erfolgsfaktoren), behandelt das zweite Kapitel die Unternehmens- und Projektorganisation. Hier werden die unterschiedlichen Formen der Projektorganisation, Rollenmodelle und Formen der Teamorganisation behandelt. Das dritte Kapitel befasst sich ausführlich mit dem Projekt-, Produkt- und Softwarelebenszyklus. Die präzise Abgrenzung dieser drei unterschiedlichen Lebenszyklusmodelle und der jeweiligen Phasen und Aufgaben ist eine der Stärken dieses Werks. Unabhängig von allen ideologischen Scheuklappen stellen die Autoren im vierten Kapitel unterschiedliche Vorgehensmodelle dar. Zunächst werden grundsätzliche Vorgehensweisen (Phasenmodell, Spiralmodell, Prototyping, agile Methoden) abgegrenzt, eingeordnet und bewertet. Erst anschließend werden auf dieser Basis konkrete Vorgehensmodelle wie Scrum, der Rational Unified Process und das V-Modell XT im Überblick dargestellt. Das Kapitel wird mit Ausführungen zum wichtigen Thema der Anpassung von Vorgehensmodellen abgerundet und abgeschlossen. Die Darstellung ist dabei sachlich unvoreingenommen. Positiv ist in meinen Augen anzumerken, dass die Autoren kein Vorgehensmodell klar präferieren. Kapitel fünf bis neun befassen sich ausführlich mit dem Management des Projektlebenszyklus. Die einzelnen Kapitel behandeln die Themen Projektentstehung, Projektdefinition, Projektdurchführung, Projektabschluss und die übergreifenden Aufgaben des Managements, wie Risikomanagement, Problem- und Änderungsmanagement, Konfigurationsmanagement und Qualitätsmanagement. Der Abschnitt über Qualitätsmanagement hat mir gut gefallen, da hier zum Beispiel sehr schön auf die unterschiedlichen Aspekte des Qualitätsmanagements (z. B. Qualität der erstellten Software, Qualität der Artefakte und Qualität der Prozesse) eingegangen wird. Solche klaren Abgrenzungen sucht man in vielen Büchern vergebens. Den Abschnitt über das Versions- und Konfigurationsmanagement hätte ich mir persönlich etwas ausführlicher gewünscht, da es im deutschsprachigen Raum an guter einführender Literatur ein wenig mangelt. Schwerpunkt des Kapitels Projektentstehung sind die Themen Aufwandsschätzung und das Angebots- und Vertragswesen. Bei der Aufwandsschätzung werden alle bekannteren Verfahren (Schätzklausur, Delphi, Planning Poker, COCOMO und Function Points) im Überblick dargestellt. Ein Abschnitt mit Rechenbeispielen rundet das Kapitel sehr schön ab. Beilagen in diesem Heft • ESI International GmbH • ifmme Institut für moderne Managemententwicklung • Haufe Akademie GmbH & Co. KG • Jahresinhaltsverzeichnis projektManagement aktuell • Oose Innovative Informatik GmbH • T. A. Cook & Partner Consultants GmbH Wir bitten um Beachtung. PM-aktuell_5-2014_Inhalt_01_104.indd 74 03.12.2014 11: 26: 07 Uhr