PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2015
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.ONEmanagement
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2015
Roland Gareis
Roland Garels
In Unternehmen existieren Richtlinien zum Change-, Prozess- und Projektmanagement oft nebeneinander. Eine inhaltliche Abstimmung der beschriebenen Prozesse, Methoden und Rollen bzw. eine Vereinheitlichung der verwendeten Terminologien erfolgt dabei selten. Um die Managementkomplexität von Unternehmen zu verringern und eine entsprechende Managementqualität sicherzustellen, können Change-, Prozess- und Projektmanagement integrativ betrachtet werden (ONEmanagement). Grundlagen einer Integration von Change-, Prozess- und Projektmanagement stellen eine einheitliche Wahrnehmung von Organisationen, einheitliche Werte, eine einheitlich verwendete Terminologie sowie gemeinsam eingesetzte Methoden und Tools dar. Damit ONEmanagement in Unternehmen erfolgreich angewendet werden kann, sind entsprechende organisatorische und personelle Maßnahmen erforderlich. Die Integration des Change-, Prozess- und Projektmanagements in Organisationen ist eine Corporate Governance-Funktion.
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projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2015 76 WISSEN In vielen Unternehmen existieren unterschiedliche Governance-Strukturen zum Change-, Prozess- und Projektmanagement. Hier wird ONEmanagement als eine integrative Betrachtung von Managementansätzen dargestellt. Es werden gemeinsame Grundlagen für die Anwendung von Change-, Prozess- und Projektmanagement definiert und es werden die Zusammenhänge zwischen den Managementansätzen beschrieben. ONEmanagement hat die Verbesserung der Managementqualität von Unternehmen und die Verringerung von deren Managementkomplexität zum Ziel. Eine Beseitigung von Redundanzen und von Konkurrenzbeziehungen zwischen Managementansätzen fördert nachhaltige Unternehmensentwicklungen. Im Text wurde in Absprache mit den Autoren aus Gründen der besseren Lesbarkeit immer nur die männliche Form gewählt. Selbstverständlich sind damit auch weibliche Akteure gemeint. Changemanagement und dessen Zusammenhänge mit Prozess- & Projektmanagement Lewin definiert Change als Transformation einer bestehenden, dynamischen Balance einer Organisation in eine neue [2]. Levy und Merry definieren Change als kontinuierliche oder diskontinuierliche Entwicklung einer Organisation [3]. Hier wird ein Change als eine Kette von Prozessen verstanden, deren Durchführung es zum Ziel hat, die Identitätsdimensionen einer Organisation zu verändern. Diesbezügliche Identitätsdimensionen sind Dienstleistungen, Märkte, Organisationsstrukturen, Prozesse, Kulturen, Personal, Infrastruktur, Budget und Finanzierung sowie Stakeholder-Beziehungen. Unter Berücksichtigung des Changebedarfs und der Anzahl betroffener Identitätsdimensionen kann man zwischen den 1 st Order Changes „Organisatorisches Lernen“ und „Entwickeln“ sowie den 2 nd Order Changes „Transformieren“ und „Radikal neu positionieren“ unterscheiden. 1 st Order Changes verändern Organisationen kontinuierlich, 2 nd Order Changes stellen Diskontinuitäten dar und führen zu einer Veränderung der Identität von Organisationen [4]. Changemanagement kann als die Planung und Organisation, das Controlling und die Kommunikation eines Changes definiert werden. Dabei liegt der Fokus auf dem Management der Kette von Changeprozessen und nicht auf der Erfüllung inhaltlicher Changeaufgaben, wie zum Beispiel der Entwicklung von Dienstleistungen, der Anpassung der Organisationsstrukturen, der Qualifizierung von Mitarbeitern etc. Zum Management der oben unterschiedenen Changearten bedarf es unterschiedlicher Changeprozesse. Als Beispiele für einen Change und für Changemanagement wie auch für den Zusammenhang zwischen Changemanagement und Prozessbzw. Projektmanagement wird der Change „Transformieren“ in der Abbildung 1 dargestellt. Gründe für das Transformieren von Organisationen sind Signale bezüglich zukünftiger Bedrohungen oder neuer Potenziale. Akquisitionen und Fusionen sind oft Anlässe für Transformationen. Eine Transformation kommt nicht überraschend. Organisationen können diese strategisch planen und sich darauf vorbereiten. Im Gegensatz dazu sind beim Change „Radikal neu positionieren“ aufgrund einer Krisensituation Ad-hoc-Maßnahmen und ein sehr kurzfristig orientiertes, operationales Management notwendig. Prozesse des „Transformierens“ sind „Transformation planen und vorbereiten“, „Transformation durchführen“ und „Organisation stabilisieren“. Changemanagementaufgaben in diesem Change sind das Unterbrechen der Routine, das Definieren einer Changevision, das Sichern eines Verständnisses für den Changebedarf bei wesentlichen Stakeholdern, das Etablieren einer entsprechenden Changeorganisation, das Planen und Durchführen der Changekommunikation, der Umgang mit Widerstand gegen den Change und das Sichern von Quick Wins. Für die Erfüllung dieser Changemanagementaufgaben sind spezifische Changerollen, nämlich die Rollen des Changeauftraggbers, des Changemanagers und der Changeagents, zu definieren. Nachhaltige Unternehmensentwicklung durch Integration von Projekt-, Change- und Prozessmanagement [1] ONEmanagement Autoren: Roland Gareis, Lorenz Gareis >> Für eilige Leser In Unternehmen existieren Richtlinien zum Change-, Prozess- und Projektmanagement oft nebeneinander. Eine inhaltliche Abstimmung der beschriebenen Prozesse, Methoden und Rollen bzw. eine Vereinheitlichung der verwendeten Terminologien erfolgt dabei selten. Um die Managementkomplexität von Unternehmen zu verringern und eine entsprechende Managementqualität sicherzustellen, können Change-, Prozess- und Projektmanagement integrativ betrachtet werden (ONEmanagement). Grundlagen einer Integration von Change-, Prozess- und Projektmanagement stellen eine einheitliche Wahrnehmung von Organisationen, einheitliche Werte, eine einheitlich verwendete Terminologie sowie gemeinsam eingesetzte Methoden und Tools dar. Damit ONEmanagement in Unternehmen erfolgreich angewendet werden kann, sind entsprechende organisatorische und personelle Maßnahmen erforderlich. Die Integration des Change-, Prozess- und Projektmanagements in Organisationen ist eine Corporate Governance-Funktion. PM-aktuell_5-2015_Inhalt_01-100.indd 76 10.11.2015 13: 28: 05 Uhr WISSEN 77 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2015 unterschieden werden. Makroprozessmanagement beschäftigt sich mit dem Prozessportfolio des Unternehmens, mit Prozessarten und den Zusammenhängen zwischen Prozessen. Die Aufgaben des Makroprozessmanagements umfassen das Bereitstellen von Prozessmanagementstandards, die Identifikation von Prozessen, die Strukturierung des Prozessportfolios, den Einsatz von Prozessmanagern sowie die Qualifizierung des Prozessmanagementpersonals. Makroprozessmanagement-Methoden sind beispielsweise Prozesslandkarten, Prozessketten, Prozessnetzwerke sowie Prozessportfolioberichte. Mikroprozessmanagement betrachtet einzelne Prozesse eines Unternehmens. Zu den Mikroprozessmanagement-Aufgaben zählen die Planung, das Controlling und die Optimierung von Prozessen. Methoden des Mikroprozessmanagements sind zum Beispiel Prozessbeschreibungen, Prozessstrukturpläne, Flussdiagramme und Funktionendiagramme, Prozesskennzahlen und Prozessberichte. management auf die Durchführung der Changekommunikation reduziert wird oder wenn es mit der Erbringung inhaltlicher Changeaufgaben, wie zum Beispiel dem Designen neuer Organisationsstrukturen oder der Qualifizierung des Personals, verwechselt wird, kann dieser Nutzen nicht erzielt werden. Prozessmanagement und dessen Zusammenhänge mit Change- & Projektmanagement Ein Geschäftsprozess kann als eine Abfolge von Aufgaben mit definierten Zielen sowie einem definierten Startereignis und Endereignis verstanden werden. Ein Prozess erfordert die Kooperation mehrerer Rollen einer oder mehrerer Organisationen. Im Prozessmanagement werden einerseits einzelne Prozesse, aber auch Prozessportfolios betrachtet. Prozessmanagementaufgaben können in Makro- und Mikroprozessmanagement Die Erfüllung der einzelnen Prozesse in der Changeprozesskette kann durch unterschiedliche temporäre Organisationen, nämlich Arbeitsgruppen, Projekte oder Programme, erfolgen. Der Prozess des Planens und Vorbereitens einer Transformation kann entweder durch eine Arbeitsgruppe oder ein Projekt erfüllt werden. Das Durchführen einer Transformation erfolgt meist durch ein Programm. Die Stabilisierung einer Organisation kann abhängig vom Prozessumfang entweder durch ein Projekt oder ein Programm erfolgen. Daraus ergibt sich eine Kette von Projekten bzw. Programmen zum Transformieren einer Organisation. Das Changemanagement sichert die integrative Betrachtung dieser Projekte bzw. Programme. Die Vorteile des Changemanagements liegen in der effizienten Erfüllung der Changeprozesse und in der Sicherung nachhaltiger Changeergebnisse. Dafür ist eine entsprechende Anwendung von Changemanagement notwendig. Wenn Change- Abb. 1: Kette von Changeprozessen zum Transformieren eines Unternehmens PM-aktuell_5-2015_Inhalt_01-100.indd 77 10.11.2015 13: 28: 05 Uhr projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2015 78 WISSEN jekttermine und die Projektkosten, sondern auch die Projektziele, die Lösungsanforderungen, die Projektorganisation und Projektkultur, das Projektpersonal, die Projektinfrastruktur sowie die Projektrisiken und die Projektkontexte. Projektkontexte stellen die Projektstakeholder, die durch ein Projekt implementierte Investition, die Unternehmensstrategien sowie andere Projekte und Programme der Organisation dar. Projektmanagementmethoden sind beispielsweise der Projektzieleplan, der Projektstrukturplan, der Projektbalkenplan, das Projektbudget, die Projektrisikoanalyse, das Projektorganigramm, die Projektstakeholderanalyse und die Kosten-Nutzen-Analyse für die implementierte Investition. Projektmanagement ermöglicht eine effiziente Durchführung von Projekten und sichert nachhaltige Projektergebnisse guter Qualität. Der Projektmanagementprozess wird in der Abbildung 2 dargestellt und in Tabelle 1 beschrieben. mittelfristigen, strategisch bedeutenden Prozesses mittleren Umfangs definiert. Ein Programm ist eine temporäre Organisation zur Durchführung von relativ einmaligen, strategisch bedeutenden, mittelfristigen Prozessen großen Umfangs. Die Projekte eines Programms sind durch gemeinsame Ziele, Strategien und Prozesse gekoppelt. Projekte und Programme „deliver changes“. Zusätzlich zu anderen Einsatzmöglichkeiten, wie zum Beispiel der Abwicklung einmaliger und umfangreicher Kundenaufträge, können Projekte zur Realisierung von Changes eingesetzt werden. Projektmanagement ist ein Geschäftsprozess, der die Sub-Prozesse „Projekt starten“, „Projekt koordinieren“, „Projekt controllen“ und „Projekt abschließen“ sowie „Projekt transformieren“ oder „Projekt neu positionieren“ beinhaltet. Die Betrachtungsobjekte des Projektmanagements sind nicht nur die Projektleistungen, die Pro- Für das Mikroprozessmanagement werden die Rollen Prozessmanager und Prozessmanagementteam benötigt. Der Prozessmanager ist verantwortlich für das Modellieren, das Controllen und die Optimierung von Prozessen. Er bzw. sie kann durch ein Prozessmanagementteam unterstützt werden, das aus Experten besteht, die spezifisches Wissen über den jeweiligen Prozess besitzen. Das Prozessmanagement-Office ist für das Makroprozessmanagement verantwortlich. Die angeführten Prozessmanagementrollen sind von den Rollen für die Durchführung von Prozessen zu unterscheiden [5]. Die Vorteile des Prozessmanagements bestehen einerseits in der Sicherung der organisatorischen Effizienz eines Unternehmens und andererseits in der Förderung von organisatorischem und individuellem Lernen. Die organisatorische Effizienz kann sowohl an der Qualität der Ergebnisse und der Ressourcennutzung als auch an den Kosten und an den Durchlaufzeiten von Prozessen gemessen werden. Organisatorisches und individuelles Lernen wird durch die Dokumentation und die Kommunikation von Prozessen gefördert. Werden Prozesse zu detailliert modelliert oder werden unrealistische Prozessabläufe oder Prozesskennzahlen definiert, können diese Vorteile nicht ausgeschöpft werden. In Abbildung 1 sind die Prozesskette des Change „Transformieren“, die einzelnen Prozesse und deren Phasen dargestellt. Für die Durchführung dieser Prozesskette wird eine Kette temporärer Organisationen eingesetzt. Projektmanagement und dessen Zusammenhänge mit Change- & Prozessmanagement Ein Projekt wird als temporäre Organisation zur Durchführung eines relativ einmaligen, kurzbis Abb. 2: Grafische Darstellung des Projektmanagementprozesses Prozessstart > Projektauftrag erteilt Prozessende > Projekt abgenommen Ökonomische Ziele > Projekt starten, Projekt koordinieren, Projekt controllen und Projekt abschließen professionell durchgeführt; eventuell auch Projekt transformieren oder neu positionieren durchgeführt > Projektkomplexität, Projektdynamik und Zusammenhänge mit den Projektkontexten gemanagt > Ökonomische Auswirkungen der durch das Projekt implementierten Investition optimiert Ökologische Ziele > Lokale, regionale und globale ökologische Auswirkungen des Projekts berücksichtigt > Ökologische Auswirkungen der Investitionen optimiert Soziale Ziele > Lokale, regionale und globale soziale Auswirkungen des Projekts berücksichtigt > Soziale Auswirkungen der Investition optimiert > Stakeholder in das Projektmanagement einbezogen Nicht-Ziele > Inhaltliche Prozesse (z. B. Beschaffen, Testen) durchgeführt Tab. 1: Beschreibung des Projektmanagementprozesses PM-aktuell_5-2015_Inhalt_01-100.indd 78 10.11.2015 13: 28: 05 Uhr WISSEN 79 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2015 Gemeinsame Managementgrundlagen Grundlagen für Change-, Prozess- und Projektmanagement stellen eine einheitliche Wahrnehmung von Organisationen, einheitliche Werte, eine einheitlich verwendete Terminologie sowie gemeinsam eingesetzte Methoden und Tools dar. Unterschiedliche Wahrnehmungen von Organisationen, zum Beispiel als triviale Maschinen oder als lebende Organismen, führen zu Unterschieden in deren Management. Der sozialen Systemtheorie und dem radikalen Konstruktivismus folgend können Unternehmen als soziale Systeme betrachtet werden, die nicht durch lineare Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, sondern durch selbstorganisierende Strukturen charakterisiert sind. Eine einheitliche Wahrnehmung von Unternehmen als soziale Systeme in den unterschiedlichen Managementansätzen ermöglicht einerseits konsistente Definitionen der Grenzen der jeweils betroffenen sozialen Systeme und deren Kontexte und andererseits realistische Erwartungen bezüglich der Konsequenzen von Managementinterventionen. Gemeinsame Werte, wie zum Beispiel Empowerment, Teamwork, Partnering und nachhaltige Entwicklung, schaffen die Voraussetzung für eine integrierte Anwendung von Change-, Prozess- und Projektmanagement. Manche Begriffe, Methoden, Formulare und Tools, die in Unternehmen in den verschiedenen Managementansätzen verwendet werden, können standardisiert werden. Durch eine Definition jeweils eines Begriffs für unterschiedliche Begriffe wie zum Beispiel Sub-Prozess und Phase oder Aufgabe, Arbeitspaket und Aktivität oder Investition, Business Case und Lebenszyklus oder Funktionendiagramm, Verantwortlichkeitsmatrix und Schwimmbahn-Diagramm können einerseits die Managementkomplexität und andererseits terminologische Missverständnisse von Stakeholdern reduziert werden. Eine Vereinheitlichung des Einsatzes mancher Methoden, wie zum Beispiel des Projektstrukturplans, der Stakeholderanalyse oder des Funktionendiagramms, kann vorgenommen werden. Diese Methoden können nicht nur im Projektmanagement, sondern auch im Change- und Prozessmanagement angewendet werden. Auch die in den unterschiedlichen Managementansätzen angewandten Tools können aufeinander abgestimmt werden. dards von Vereinigungen aufbauen, ist diese mangelnde Klarheit in der Praxis durchaus problematisch. In Unternehmen existieren Richtlinien und Formulare zum Change-, Prozess- und Projektmanagement oft nebeneinander. Eine inhaltliche Abstimmung der in den Richtlinien beschriebenen Prozesse, Methoden und Rollen bzw. eine Vereinheitlichung der verwendeten Terminologien erfolgt dabei selten. Außerdem konkurrieren in großen Unternehmen häufig Organisationseinheiten wie ein Projektmanagement-Office, ein Prozessmanagement-Office, eine Changemanagementabteilung oder eine Qualitätsmanagementabteilung. Folgende Nachteile entstehen für Unternehmen durch teilweise konkurrierende Managementansätze und Organisationseinheiten: • Die Zusammenhänge zwischen Changes, Prozessen und Projekten werden nicht optimal gemanagt. • Das Personal ist nicht breit qualifiziert, daher werden Suboptimierungen je Managementansatz angestrebt. • Stakeholder sind aufgrund von unklaren und unterschiedlichen Terminologien und aufgrund unterschiedlicher Interessen unterschiedlicher Organisationseinheiten verwirrt. • Es entsteht ein hoher Ressourcenbedarf aufgrund von parallelen Tätigkeiten verschiedener Organisationseinheiten. • Es werden keine ganzheitlichen Lösungen, sondern suboptimale Lösungen geschaffen. Einerseits bietet eine klare Unterscheidung von Managementansätzen Orientierung und ermöglicht ansatzspezifische Lösungen. Andererseits ist aber zum Erzielen ganzheitlicher Lösungen die Kombination von Managementansätzen notwendig. ONEmanagement ONEmanagement steht für eine integrierte Betrachtung von Managementansätzen und ist kein eigenständiger Managementansatz. Durch die Definition gemeinsamer Grundlagen für die Anwendung von Change-, Prozess- und Projektmanagement und die Beschreibung der Zusammenhänge zwischen diesen Managementansätzen kann die Managementqualität von Unternehmen verbessert und die Managementkomplexität verringert werden. Die Integration des Change-, Prozess- und Projektmanagements in Organisationen ist eine Corporate Governance-Funktion. In Projekten existieren die Rollen Projektauftraggeber, Projektmanager, Projektteammitglied, Projektmitarbeiter und Projektteam. Der Erfolg eines Projekts hängt von der Managementaufmerksamkeit ab, die das Projekt bekommt. Dies erfolgt vor allem durch die Erfüllung der Rolle Projektauftraggeber. Eine wichtige Aufgabe des Projektauftraggebers ist die Führung des Projektmanagers [6]. Der Projektmanager repräsentiert die zentrale Integrationsfunktion eines Projekts. Er ist die Kontaktperson für die Mitglieder der Projektorganisation und für Vertreter von Stakeholdern. Im Vergleich zu Projektmitarbeitern sind Projektteammitglieder nicht nur für die projektbezogene inhaltliche Arbeit, sondern auch für die Mitarbeit im Projektmanagement verantwortlich. Ein „empowered“ Projektteam übernimmt die Gesamtverantwortung für den Projekterfolg. Im Change „Transformieren“ werden Projektrollen zusätzlich zu den Changerollen erfüllt. Es ist daher auf eine entsprechende Abgrenzung und Kooperation der Rollen zu achten. Es ist sicherzustellen, dass die Mitglieder der Projektorganisation die Changevision verstehen und akzeptieren, dass ausgewählte Projektergebnisse als Quick Wins definiert werden, dass die Projektrollenträger zur Changekommunikation beitragen etc. Teilweise konkurrierende Managementansätze Als eigenständige Managementansätze verfügen Change-, Prozess- und Projektmanagement jeweils über spezifische Prozesse, Methoden, Rollen und Terminologien. Sie haben unterschiedliche Communities of Practice und werden von verschiedenen Vereinigungen repräsentiert, wie zum Beispiel von der Association of Change Management Professionals (ACMP), von der European Association of Business Process Management (EABPM), von der International Project Management Association (IPMA) oder vom Project Management Institute (PMI). Standards verschiedener Vereinigungen, die sich auf den gleichen Managementansatz beziehen, sind ähnlich, aber nicht konsistent. Unterschiede können beispielsweise bezüglich des Projektmanagementansatzes der IPMA International Project Management Association und jenes des PMI Project Management Institute festgestellt werden. Da Unternehmen ihre spezifischen Richtlinien oft auf internationalen Stan- PM-aktuell_5-2015_Inhalt_01-100.indd 79 10.11.2015 13: 28: 06 Uhr projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2015 80 WISSEN • Ein Changeauftraggeber, ein Changemanager und Changeagents sind für einen Change verantwortlich. • Ein Projektauftraggeber, ein Projektmanager und die Projektteammitglieder sind für ein Projekt, das einen Change realisiert, verantwortlich. • Prozessmanager sind für das Modellieren von Prozessen, die im Rahmen eines Projekts implementiert werden, verantwortlich. Die Zusammenhänge zwischen einem Change, Prozessen und Projekten sind exemplarisch in Abbildung 4 ersichtlich. Wie oben beschrieben, sind für Change-, Prozess- und Projektmanagement verschiedene Rollen wahrzunehmen. Im Folgenden werden die Verantwortungen der erforderlichen Rollen und deren Beziehungen zueinander dargestellt: Zusammenhänge zwischen den Managementansätzen Change-, Prozess- und Projektmanagement hängen zusammen. Für den gemeinsamen Einsatz relevante Zusammenhänge können analysiert werden. In Abbildung 3 werden die Zusammenhänge zwischen den Managementansätzen dargestellt. Abb. 3: ONEmanagement - Zusammenhänge zwischen Managementansätzen Beziehung: Changemanagement & Prozessmanagement • Zur Realisierung eines Change ist eine Prozesskette erforderlich. • Unterschiedliche Changearten bedingen unterschiedliche Changemanagementprozesse. • Prozesse sind Betrachtungsobjekte von Changes und werden in Changes verändert. Beziehung: Changemanagement & Projektmanagement • Projekte und Programme „deliver changes“ permanenter Organisationen. Changes können „by projects“ gemanagt werden. Kundenprojekte tragen zu Changes in den Kundenunternehmen bei. • Changemanagementmethoden können im Zusammenhang mit Projekten angewendet werden, auch wenn keine formellen Changes definiert werden (z. B. durch die Planung eines Stabilisierungsprozesses nach dem Ende eines Projekts). • Projekte und Programme als temporäre Organisationen sind von Changes betroffen und können so Changemanagement benötigen. • 2 nd Order Changes von Projekten sind „Projekt transformieren“ und „Projekt neu positionieren“ [7]. Beziehung: Prozessmanagement & Projektmanagement • Die Prozesslandkarte bietet die Grundlage für die Identifikation der Projektarten eines Unternehmens und damit für die Strukturierung des Projektportfolios. • Relativ einmalige Prozesse mittleren bis großen Umfangs und kurzer bis mittlerer Dauer erlangen durch den Einsatz von Projekten für ihre Durchführung Managementaufmerksamkeit. • Projektinitiierung und Projektmanagement sind Geschäftsprozesse, daher kann deren Prozessqualität definiert und controlled werden. • Im Prozess- und im Projektmanagement werden ähnliche Methoden, wie zum Beispiel Grenzdefinitionen, Stakeholderanalysen, Strukturpläne und Funktionendiagramme, angewendet. Abb. 4: ONEmanagement - mögliche Zusammenhänge zwischen einem Change, Prozessen und Projekten PM-aktuell_5-2015_Inhalt_01-100.indd 80 10.11.2015 13: 28: 06 Uhr WISSEN 81 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2015 Autoren Roland Gareis, seit 1994 Geschäftsführender Gesellschafter der RGC Roland Gareis Consulting GmbH Wien; 1994-2013 Professor für Projektmanagement, PROJEKT- MANAGEMENT GROUP der Wirtschaftsuniversität Wien und ab 2007 Academic Director des Professional MBA Project & Process Management der WU Executive Academy; Gastprofessor am Georgia Institute of Technology, an der Eidgenössischen Technischen Hochschule, an der Georgia State University und an der University of Quebec; Auszeichnungen: IPMA Research Achievement Award 2014 Lorenz Gareis, seit 2012 Prokurist und Principal Consultant der RGC Roland Gareis Consulting GmbH im Projekt- & Programmmanagement, Prozessmanagement, Changemanagement und in der Business Analyse; seit 2013 Lektor für Projektmanagement an der Fachhochschule des bfi Wien und der Fachhochschule Burgenland, 2010-2011 Human Capital Consultant bei Mercer Deutschland GmbH bzw. Mercer (Austria) GmbH in Frankfurt und Wien mit Beratungsschwerpunkten im Talent Management, Rewards Management und HR Strategy Management Anschrift der Autoren: RGC Roland Gareis Consulting GmbH, Reisnerstrasse 40/ 1, 1030 Wien, Österreich, E-Mail: R.Gareis@ rolandgareis.com und L.Gareis@rolandgareis. com • Sichern der sozialen Kompetenzen der Manager, um in Changes, Prozessen und Projekten kooperieren zu können, • Sichern von gemeinsamen Werten der verschiedenen Rollenträger als Grundlage für deren Kooperation in Changes, Prozessen und Projekten, • Sichern des adäquaten Selbstverständnisses der Manager, um die verschiedenen Rollen in Changes, Prozessen und Projekten ausführen zu können. Literatur [1] Die englische Version dieses Papers wird als Kapitel in dem Buch „The Performance of Projects and Project Management“, editiert von Laurence Lecoeuvre von Gower Publishing Ltd., publiziert [2] Lewin, Kurt: Frontiers in group dynamics. Human Relations, 1947, 1, pp. 5-40 [3] Levy, Amir/ Merry, Uri: Organizational transformation - approaches, strategies, and theories. New York 1986 [4] Gareis, Roland: Changes of organizations by projects. In: International Journal of Project Management, 28, 2010, 4 [5] Gareis, Roland/ Stummer, Michael: Processes and Projects. Wien 2008 [6] Gareis, Roland: Happy Projects! Wien 2005 [7] Gareis, Roland: Changes of Projects by Considering the Principles of Sustainable Development. In: Silvius, Gilbert/ Tharp, Jennifer: Sustainability integration for Effective Project Management. Hershey, PA, 2013, pp. 129-143 Stichwörter Changemanagement, einheitliche Werte, Integration, Projektmanagement, Prozessmanagement Kompetenzelemente der NCB 3.0 4.3.1 Projektorientierung, 4.3.4 Einführung von Projekt-, Programm- und Projektportfoliomanagement, 4.3.5 Stammorganisation, 4.3.8 Personalmanagement • Prozessmanager können die Rolle eines Projektteammitglieds in Projekten wahrnehmen. Um die Managementkomplexität zu reduzieren, sind Multirollenzuteilungen möglich. Beispielsweise kann der Changeauftraggeber oder der Changemanager auch Projektauftraggeber sein, kann der Changemanager oder ein Changeagent auch Projektmanager sein. ONEmanagement: Organisatorische und personelle Maßnahmen Um die Vorteile von ONEmanagement für Unternehmen sicherzustellen, sind organisatorische und personelle Maßnahmen notwendig. Folgend sind diesbezügliche organisatorische Maßnahmen angeführt: • Entwicklung von gemeinsamen Grundlagen zur Anwendung von Change-, Prozess- und Projektmanagement durch - Sicherung einer gemeinsamen Wahrnehmung von Organisationen, - Definition gemeinsamer Werte, - Sicherung einer einheitlichen Terminologie, - Abstimmung der zum Einsatz gelangenden Methoden und Tools. • Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses der Beziehungen zwischen Change-, Prozess- und Projektmanagement. • Schaffen eines Bewusstseins, dass Projekte Beiträge zu Changes leisten. • Anwendung ähnlicher Kommunikationsformen, wie zum Beispiel Teammeetings und Workshops. • Sicherstellen, dass von den verschiedenen Rollenträgern gemeinsam die Verantwortung für Changes, Prozesse und Projekte übernommen wird. • Etablieren eines ONEmanagement-Office zur integrierten Corporate Governance für Change-, Prozess- und Projektmanagement. Die folgenden personellen Maßnahmen unterstützen ONEmanagement: • Definition neuer Jobprofile für Changeauftraggeber, Changemanager und Changeagents, Prozessmanager und Prozessteammitglieder, Projektauftraggeber, Projektmanager und Projektteammitglieder, • Abstimmung der Karrierepfade von Change-, Prozess- und Projektmanagern, • Angebot integrierter Ausbildungsprogramme für die Rollen der Change-, Prozess- und Projektmanager, um die erforderlichen ganzheitlichen Qualifikationen sicherzustellen, PM-aktuell_5-2015_Inhalt_01-100.indd 81 10.11.2015 13: 28: 07 Uhr
