eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 27/3

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2016
273 Gesellschaft für Projektmanagement

„Wert-volle“ Projektarbeit verleiht Flügel

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2016
Oliver Steeger
Was sind Werte „wert“? Offenbar sehr viel, wie die Teilnehmer eines GPM Workshops herausfanden. Denn eine von Werten geprägte Arbeitskultur mobilisiert in Projektteams ungeahnte Kräfte. Werte zeigen, was Mitarbeitern und Stakeholdern wirklich wichtig ist. Deshalb arbeiten Teams, die zu den „richtigen“ Werten gefunden haben, sehr intensiv, harmonisch und zielstrebig zusammen. Wie kann ein Kulturwandel hin zu reifen, von Kooperation geprägten Werten gestaltet werden? Darüber sprach auf dem GPM Workshop der renommierte britische Forscher, Unternehmensberater und Autor Richard Barrett.
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Was sind Werte „wert“? Offenbar sehr viel, wie die Teilnehmer eines GPM Workshops herausfanden. Denn eine von Werten geprägte Arbeitskultur mobilisiert in Projektteams ungeahnte Kräfte. Werte zeigen, was Mitarbeitern und Stakeholdern wirklich wichtig ist. Deshalb arbeiten Teams, die zu den „richtigen“ Werten gefunden haben, sehr intensiv, harmonisch und zielstrebig zusammen. Wie kann ein Kulturwandel hin zu reifen, von Kooperation geprägten Werten gestaltet werden? Darüber sprach auf dem GPM Workshop der renommierte britische Forscher, Unternehmensberater und Autor Richard Barrett. Werte können Projektteams beflügeln - wenn sich die Teams die „richtigen“ Werte zu eigen machen. Beispielsweise Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterorientierung, gemeinsames Lernen, ständige Verbesserung oder Verlässlichkeit: Solche „gelebten“ Werte in der Teamkultur vermeiden Reibungsverluste und führen Mitarbeiter zu Höchstleistungen. Doch Projektmanager sehen sich bislang kaum imstande, die Arbeitskultur ihrer Teams zu beeinflussen. Mehr noch, sie können nicht einmal sicher feststellen, welchen Werten das Team folgt, um dann die Kultur in ihrem Projekt zu verbessern. „Uns fehlte lange Zeit eine Art ,Griff‘ dafür, eine Methode, die Teamkultur zu managen“, wie es ein Projektmanager formulierte, der auf Einladung der GPM an dem Workshop teilnahm. Als Experten für dieses schwierig zu greifende Thema hatte die GPM Richard Barrett eingeladen. Unter dem Titel „Values and Culture - The driving factors for success in projects“ erklärte er, wie Teams erfolgreich einen Wertewandel in Gang setzen können. Und die von allen erwartete Methodik lieferte er mit. GPM Workshop mit Richard Barrett „Wert-volle“ Projektarbeit verleiht flügel Autor: Oliver Steeger GPM Präsident Prof. Helmut Klausing machte in seiner Einleitung die rund 60 Workshop-Teilnehmer mit dem britischen Unternehmensberater und Fachautor bekannt: Richard Barrett hat die „CTT Cultural Transformation Tools“ entwickelt, eine Methodensammlung zur Messung von Werten und Kulturen in Projektteams, Unternehmen und anderen Organisationen. Von 1986 bis 1997 war Barrett Mitarbeiter der Weltbank; anschließend gründete er das „Barrett Values Center“ und ist heute unter anderem Gastdozent an europäischen und nordamerikanischen Hochschulen. Richard Barrett hat bereits viele Organisationen beim Kulturwandel unterstützt. Prof. Helmut Klausing begrüßte, dass damit das Thema Arbeitskultur und Werte einmal mehr im Projektmanagement verankert wird. „Projektmanagement hilft uns, dass unsere Pläne zur Realität werden“, erklärte er. „Eine der größten Herausforderungen dabei ist die produktive Zusammenarbeit zwischen Menschen unterschiedlicher Mentalität und Herkunft.“ Eine gemeinsam erarbeitete Wertebasis und die förderliche Arbeitskultur seien ein Schlüssel zum Erfolg. Clemens Drilling, Vorsitzender des Präsidialrats der GPM, ergänzte: „Mit diesem Workshop nimmt sich die GPM eines zukunftsweisenden Themas an.“ Denn Werte beeinflussen immer mehr die Wettbewerbsfähigkeit von Organisationen - und damit auch den Erfolg von Projekten. „Wertegesteuerte Kulturen sind erfOlgreich“ Durch positive Werte gesteuerte Unternehmen - dies bezeichnete Richard Barrett in seinem Einführungsvortrag als seine Vision. „WertegeprojektManagementaktuell | AUSGABE 3.2016 24 REPORT Der renommierte britische Forscher, Unternehmensberater und Autor Richard Barrett war zu Gast bei der GPM und erläuterte auf dem Workshop seine Erkenntnisse. Foto: Oliver Steeger PM-aktuell_3-2016_Inhalt_01-84.indd 24 30.05.2016 11: 16: 52 Uhr REPORT 25 projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2016 gesetzt wird, desto mehr Energie geht den Mitarbeitern verloren. Anders gesagt: Je „reifer“ die Führung ist, desto „reifere“ Werte können in Unternehmen den Arbeitsalltag bestimmen und die Produktivität fördern. Werte und Führung hängen zusammen - und bedingen einander. Richard Barrett spricht von „Bewusstseinsstufen“ der Führung, ein Kontinuum von acht Stufen: Auf der untersten Bewusstseinsstufe geht es dem Manager ums (berufliche) Überleben; die Führungskraft neigt zu Werten wie Kontrolle und Vorsicht. Auf der obersten Stufe - am anderen Ende der Skala - stehen Mitgefühl, ethisches Verhalten und globale Perspektive. Je reifer ein Manager wird, je höher er die Bewusstseinsebene erklimmt, desto authentischer, emphatischer, kooperativer und verantwortlicher verhält er sich. Der Weg führt vom „Ich“ zum „Wir“, vom Einzelnen zur Gemeinschaft. In gewissem Sinne können auch Organisationen Bewusstseinsstufen „erklimmen“, wie Richard Barrett darlegte. Auf den untersten Stufen stehen finanzielle Stabilität und die Gestaltung von Beziehungen im Vordergrund. Auf den obersten Stufen öffnet sich die Organisation beispielsweise strategischen Partnerschaften. Sie denkt in langfristigen Perspektiven, ermöglicht Mitarbeitern erfüllendes Engagement oder erkennt ihre Verpflichtung zum nachhaltigen Wirtschaften. Der Weg der Organisation führt vom „Eigeninteresse“ zum „Gemeinwohl“. steuerte Kulturen sind die erfolgreichsten Kulturen auf unserem Planeten“, erklärte er, „sie nehmen die Bedürfnisse der Menschen ernst, und vor allem verstehen sie diese Bedürfnisse.“ Nicht nur die Bedürfnisse der Menschen beispielsweise in Unternehmen, sondern auch der Stakeholder - vom Kunden über Lieferanten bis hin zur Gesellschaft. Finden sich Mitarbeiter in den Werten von Unternehmen wieder, so sind sie zu hohem Arbeitseinsatz bereit. Analoges gilt für die Kundenbindung, das Engagement von Lieferanten oder die Unterstützung seitens der Gesellschaft. „beWusstseinsstufen“ der führung Unter Werten versteht Barrett die Beschreibung dessen, was für Menschen individuell oder in der Gemeinschaft jederzeit wichtig ist. Solche stillschweigenden „Übereinkünfte“ über das Miteinander können die Arbeit fördern - aber auch hemmen. Zu stark auf Eigeninteressen ausgerichtete Werte führen im Arbeitsalltag zu Konflikten, Frustration und Reibungsverlust. Die Organisation verliert Energie, Barrett spricht von „Cultural Entropy“. In diesen Zusammenhang spielt die Führungskultur hinein. Die Führung prägt die Werte. Je mehr bei der Führung auf Mechanismen von Kontrolle, Zwang und Angst GPM Präsident Prof. Helmut Klausing begrüßte die Teilnehmer und stimmte sie auf das Thema ein. „Eine der größten Herausforderungen im Projektmanagement ist die produktive Zusammenarbeit zwischen Menschen unterschiedlicher Mentalität und Herkunft“, erklärte er. Foto: Oliver Steeger Richard Barrett lieferte Stoff für viele Diskussionen in der Gruppenarbeit. Foto: Oliver Steeger PM-aktuell_3-2016_Inhalt_01-84.indd 25 30.05.2016 11: 16: 57 Uhr projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2016 26 REPORT Werten wie Bürokratie entfernt, je mehr sie sich der Kooperation und der Verantwortung öffnet, desto produktiver kann sie arbeiten. Diese Bedeutung von Werten für den Unternehmenserfolg ist seit über 30 Jahren bekannt. Das „Kapital“ von Kultur und Werten bildet, so weiß man schon lange, einen stetig wachsenden Vorteil im Wettbewerb. Was aber bislang fehlte, war ein Werkzeug, die Kultur anhand von Werten nachzumessen. „Denn nur das, was man messen kann, kann man auch managen und verändern“, erklärte Richard Barrett. sich produktiver Kooperation, dem Engagement für die (gemeinsame) Sache bis hin zu gesellschaftlicher Verantwortung. disKussiOn über Werte verbindet Indem Organisationen ihre Werte ermitteln, können sie ihre gegenwärtige Kultur bewerten und eine „Zielkultur“ ermitteln. Das Erstaunliche ist: Je mehr sich eine Organisation von hemmenden Der entscheidende Punkt dabei ist: Die Werte von Individuen oder Organisationen lassen sich diesen Bewusstseinsstufen zuordnen. Bei „Bürokratie“, „Hierarchieorientierung“ und „Silodenken“ handelt es sich um selbstbezogene Werte. Häufig geht es nur darum, die Organisation stabil zu halten oder Beziehungen, etwa zu Kunden, zu gestalten. Anders bei reifen Werten, beispielsweise gesellschaftliche Verantwortung, Integrität, Teamarbeit oder Kundenzufriedenheit: Durch diese Werte greift ein Unternehmen über seine Selbstbezogenheit hinaus. Es öffnet Clemens Drilling, Vorsitzender des Präsidialrats der GPM, moderierte den Workshop gemeinsam mit Unternehmensberaterin Dr. Andrea Maria Bokler. Foto: Oliver Steeger Was bedeuten Werte für die Projektarbeit? Teilnehmer im intensiven Austausch; Foto: Oliver Steeger PM-aktuell_3-2016_Inhalt_01-84.indd 26 30.05.2016 11: 17: 00 Uhr REPORT 27 projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2016 arbeit. Unternehmensberaterin Dr. Andrea Maria Bokler, die gemeinsam mit Clemens Drilling diesen Workshop leitete, präsentierte den Kulturwandel am Beispiel eines Industrieunternehmens. Sie zeigte, wie durch Assessments die aktuellen persönlichen Werte der Mitarbeiter sowie die gegenwärtigen organisationalen Werte gemessen und die „Wunschwerte“ für die Zukunft definiert werden. Sie zeigte, wie das Unternehmen durch den gemeinschaftlichen Dialog über längere Zeit zu einer neuen „Werte-Welt“ gefunden hat. WerteOrientierte AnreizsysteMe und führung Nicht nur für ganze Unternehmen, sondern möglicherweise auch für Projektteams hilfreich - so urteilten viele Teilnehmer über die Methodik. Generell sei das Erörtern der Kultur und das „Management“ der Werte in Projektteams eine ebenso vielversprechende wie vielfältige Perspektive. Dies könne beispielsweise zu differenzierten, an Werten orientierten Anreizstrukturen führen, zu werteorientierter Führung und zu Selbstreflexion. „Auf jeden Fall hilft die Arbeit an der Teamkultur und den Werten, Verbindung unter den Teammitgliedern aufzubauen“, erklärte ein Teilnehmer. Und bereits dies sei ihm „sehr viel wert“.  ten sie neben Zielorientierung und Feedback- Kultur auch Respekt, Akzeptanz, Empathie und Offenheit. Solche erwünschten Werte könnenden Kurs vorgeben für einen Kulturwandel im Projektteam. Denn „Wert-volle“ Projektarbeit verbindet sich nach Meinung vieler Teilnehmer nicht nur damit, die Ziele zu erreichen und Umsatz zu erwirtschaften. Auch gesunde Führung „mit dem Herzen“, sinnvolle Tätigkeit in Projekten sowie Spaß an der Kooperation fördern die Projekt- Wie Organisationen ihre Werte messen und verändern können - damit setzten sich die Workshop-Teilnehmer praktisch auseinander. Eine Kernerkenntnis war: Schon die Diskussion über Werte verbindet Menschen und schafft Vertrauen. Der Austausch über Werte und Kultur scheint ein tief verwurzeltes menschliches Bedürfnis zu sein. Indes, auch die Reflexion über die Werte selbst brachte die Teilnehmer zu Erkenntnissen. Auf die Frage nach wichtigen Werten für gelungene Projektarbeit nann- Richard Barrett hat die „CTT Cultural Transformation Tools“ entwickelt, eine Methodensammlung zur Messung von Werten und Kulturen in Projektteams, Unternehmen und anderen Organisationen. Foto: Oliver Steeger Präsentation der Ergebnisse. Wie können Werte die Projektarbeit begünstigen? Foto: Oliver Steeger PM-aktuell_3-2016_Inhalt_01-84.indd 27 30.05.2016 11: 17: 05 Uhr