PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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Gesellschaft für ProjektmanagementÜber harte Daten und weiche Frames
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Jens Köhler
Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch – Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben.
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Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch - Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. Ehrlich trifft Priesberg in einem neuen Terminalraum und sieht ihn begeistert auf einen Computerbildschirm starren. „Bald werden wir aus unseren Abteilungsdaten noch mehr Wissen ziehen können“, ruft Priesberg begeistert in den Bildschirm hinein, „wir werten jetzt ganz unterschiedliche Datensätze und -quellen aus: Big Data eben.“ Ehrlich überlegt: „Das Glücksgefühl am Ende der Datenkette. Wenn der Auswertealgorithmus schnurrt und ohne große Denkleistung neues Wissen erzeugt … schöne neue Welt.“ Priesberg dreht sich schnell auf seinem Bürostuhl um und schaut Ehrlich direkt ins Gesicht: „Warum machst du das jetzt wieder schlecht? “ „Ich möchte dich zum Nachdenken anregen und da muss ich dich aus deiner Komfortzone locken“, legt Ehrlich nach. „Du ziehst das größte Glücksgefühl aus dem Ende der Datenkette, nämlich aus der finalen Auswertung. Da erfolgt der eigentliche Schritt der Erkenntnis, aus unterschiedlichen Daten wird womöglich plötzlich etwas ganz Neues erkennbar, das hört sich in der Tat ein wenig wie das Paradies an“, fährt Ehrlich fort und schließt nach einer kurzen Pause: „… sind eure Daten denn sinnvoll aufbereitet? “ „Lass mich bloß damit in Ruhe“, erwidert Priesberg mit säuerlichem Gesichtsausdruck, „dafür sind andere zuständig.“ „Und, macht das den anderen Spaß? “, fragt Ehrlich. „Vermutlich nicht, ist aber ein notwendiges Übel“, versucht Priesberg die Diskussion abzukürzen und ist auf einmal sehr einsilbig. Ehrlich ignoriert es. „Da stellt sich mir doch sofort die Frage: Wenn dieses Übel so wichtig ist, wie kann dafür eine Motivation geschaffen werden? “, fragt Ehrlich hinterlistig. Er weiß, dass sein Kollege innerlich kurz vor der Weißglut steht. Priesberg zuckt mit den Schultern und starrt wieder auf den Bildschirm, auf dem immer wieder neue und aufregendere Grafiken zu sehen sind. „Sauber machen, reinigen, putzen, das sind die Attribute der Datenbereinigung, diese verbreiten das Gefühl der Mühe und Anstrengung. Es tut einem sprichwörtlich körperlich weh, auch nur daran zu denken. Und im Gegenteil dazu geht die automatische Auswertung von Daten am Ende des Prozesses schnell, glatt, sieht grafisch beeindruckend aus. Das alles sind Attribute der Leichtigkeit. Da wollen natürlich alle hin“, lästert Ehrlich. „Worauf willst du wirklich hinaus? “, fragt Priesberg schließlich genervt. „Was erzeugt denn das Glücksgefühl? “, entgegnet Ehrlich unbeirrt weiter. „Sicherlich der Auswertealgorithmus, aber das hatten wir doch schon festgestellt“, äußert Priesberg monoton. Plötzlich fährt ein Saugroboter leise durch den Terminalraum. Er sieht wie ein kleines UFO aus und schwebt förmlich zielgerichtet zu den Stellen am Boden, an denen Schmutz vorhanden ist. Priesberg sieht dem Roboter neugierig nach und überlegt, während Ehrlich still vor sich hin grinst. „Moment … Reinigung … Datenbereinigung kann man doch auch automatisch durchführen. Man wäre doch geradezu verrückt, wenn das ausschließlich per Hand erfolgen würde. Dazu bedarf es gleicher oder ähnlicher Verfahren wie bei der analytischen Datenauswertung.“ Priesberg ist auf einmal gelöst. „Man kann noch einen draufsetzen: Datenbereinigung ist sogar ein bisschen wie Detektiv spielen, und das aber mit modernsten Methoden - finde die bösen, inkonsistenten Daten und eliminiere sie. Und jetzt hast du durch die Änderung deines mentalen Rahmens, nämlich durch die Einbeziehung der glückseligen analytischen Methoden, eine völlig neue Situation erzeugt: Auf einmal verbindest du die Attribute des Reinigens, der Anstrengung mit den Attributen der Leichtigkeit, des Neuen. Aus „Datenbereinigung“ wird „Anwendung analytischer Methoden auf die Datenbereinigung“. Und das hört sich schon ganz anders an und macht plötzlich Spaß“, fasst Ehrlich zusammen. „Langsam wirst du mir unheimlich, lieber Kollege Ehrlich. Durch diese Verschiebung der Sicht wollen am Ende alle Beteiligten nur noch Daten reinigen und es fehlt dann womöglich die Kompetenz und Kapazität zur eigentlichen analytischen Auswertung der Daten“, staunt Priesberg. „Ja, das ist Framing. Ändere den mentalen Bezugsrahmen, erweitere ihn wie in unserem Falle, und du kannst die Welt tatsächlich ein Stück weiter bewegen“, grinst Ehrlich. Autor Dr. Jens Köhler ist bei der BASF SE beschäftigt. Sein Spezialgebiet ist die Erforschung der Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Projektteams durch die gezielte Steuerung über Soft Skills und Kommunikationsprozesse. Anschrift: BASF SE, GB/ IC, 67056 Ludwigshafen, E-Mail: Jens.Koehler@basf.com Projektgeschichten und Fallstudien Über harte Daten und weiche Frames autor: Jens Köhler Wissen 55 projektManagementaktuell | ausgabe 3.2016 PM-aktuell_3-2016_Inhalt_01-84.indd 55 30.05.2016 11: 18: 54 Uhr