PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.cPlace – Werkzeugkasten für das Projektmanagement-Web
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Mey Mark Meyer
Organisationen, die gerade damit beginnen, ihr Projektmanagement zu standardisieren, stehen vor dem gleichen Problem wie die, bei denen PM-Standards zwar klar definiert, aber sehr besonders sind – etwa aufgrund des Finanzmanagements oder der notwendigen Einbindung von Daten aus angrenzenden Prozessen, wie der Fertigung: Die Softwareunterstützung muss vor allem flexibel sein. cPlace positioniert sich bewusst als offenes System, das mit konfigurierbaren PM-Standardfunktionen daherkommt, aber Raum für Erweiterungen durch Partner und Kunden bietet.
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projektManagementaktuell | ausgabe 5.2016 66 Wissen Organisationen, die gerade damit beginnen, ihr Projektmanagement zu standardisieren, stehen vor dem gleichen Problem wie die, bei denen PM-Standards zwar klar definiert, aber sehr besonders sind - etwa aufgrund des Finanzmanagements oder der notwendigen Einbindung von Daten aus angrenzenden Prozessen, wie der Fertigung: Die Softwareunterstützung muss vor allem flexibel sein. cPlace positioniert sich bewusst als offenes System, das mit konfigurierbaren PM-Standardfunktionen daherkommt, aber Raum für Erweiterungen durch Partner und Kunden bietet. Projektmanagement-Software auszuwählen ist theoretisch einfach: Erst analysiert man die Prozesse und Methoden, leitet daraus die Anforderungen ab und wählt schließlich die Software aus, welche die Anforderungen abdeckt. In der Praxis ist es allerdings meist komplexer: Da findet sich keine Software, die alle Anforderungen genau abdeckt und dabei nicht auch viele unnötige Funktionen und Komplexität mitbringt. Anwender stellen unterschiedliche Anforderungen an die Software, obwohl sie die gleichen Methoden und Prozesse verwenden. Vor allem aber sind die PM-Prozesse oftmals gar nicht so klar und es soll auch nach der Softwareeinführung weiter am Projektmanagement-Reifegrad gearbeitet werden. Das gilt vor allem dann, wenn der eigene PM-Reifegrad noch gering und die Softwareeinführung ein Schritt in der Organisationsentwicklung ist, um das Projektmanagement zu professionalisieren. Um unangenehmen Kompromissen bei der Auswahl aus dem Weg zu gehen, kann man einfach eine leistungsfähige High-End-PPM-Lösung erwerben. Die würde dann funktional alles abdecken, was in den kommenden zehn Jahren vielleicht gebraucht werden könnte. Nach der Einführung konfiguriert man die Software dann so, dass zunächst nur wenige Funktionen übrig bleiben, die im ersten Schritt genutzt werden. Das andere Extrem wäre die Entwicklung einer Individualsoftware. Beide Varianten sind erstaunlich beliebt, allerdings kostenintensiv und meist komplex. Im einen Fall betreibt man eine komplexe Lösung, von der nicht klar ist, ob man sie jemals annähernd ausreizen wird. Im anderen erfindet man zahllose Räder zum wiederholten Mal neu. cPlace geht einen anderen Weg: Die Software positioniert sich als Plattform, quasi als Ökosystem für PM-Software, mit dem aus vorgefertigten Funktionen, zusätzlichen Apps und Eigenentwicklungen eine sehr individuelle PM-Softwarelösung zusammengesetzt werden kann. Mit diesem Ansatz ist cPlace seit 2014 auf dem Markt und inzwischen bei verschiedensten Kunden im Einsatz, wie der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, dem Beleuchtungsunternehmen Trilux, dem Automobilzulieferer Continental Tires sowie vier deutschen Automobilherstellern. Kollaborative Technologie Dass Zusammenarbeit bei cPlace Programm ist, zeigt bereits der Produktname: c steht für „Collaboration“. Das Prinzip spiegelt sich allerdings nicht nur in den Programmfunktionen wider, dazu später mehr, sondern ist auch in der technischen Architektur der Software angelegt: Die Software ist als Plattform konzipiert, für die außer dem Hersteller auch andere Entwicklungspartner und Kunden eigene Apps entwickeln können. Solche Apps bringen ihren eigenen Zweck und ein eigenes Datenmodell mit. Eine App kann etwa eine Risikoliste sein, die besondere Bewertungsmechanismen abbildet. Weil die App in die Gesamtsoftware integriert ist, kann sie die Risiken beispielsweise mit vorhandenen Projektphasen verbinden oder bei der Risikoberechnung die erfassten Projektkosten berücksichtigen. Auch optisch fügt sie sich nahtlos in die Weboberfläche der Software ein, sodass Anwender den Eindruck erhalten, mit einer einzigen Software zu arbeiten. Diese modulare Strategie bietet dem Anbieter die Chance, von den Entwicklungsleistungen seiner Partner zu profitieren, ähnlich wie Smartphone-Anbieter heute von der großen Zahl verfügbarer Apps. Auch viele Standardkomponenten von cPlace sind als Apps entwickelt. Gleichzeitig profitiert auch der Kunde: Weil die Software von vornherein darauf ausgerichtet ist, dass sich die Apps in die übrigen Projektdaten integrieren, kann cPlace auch für außergewöhnliche Anforderungen erweitert werden, ohne dass eine intensive Abstimmung mit dem Produktmanagement der Software nötig wird. Ob eine Erweiterung nun durch einen programmierfreudigen Kunden, den Anbieter selbst oder einen Entwicklungspartner erfolgt, ist dabei unerheblich. Für viele Anwendungsfälle dürfte allerdings gar keine Programmierung erforderlich sein: Listen, Tabellen und Diagramme können mittels Konfiguration „zusammengeklickt“ werden. Eine Tabelle mit allen Lieferobjekten des Projekts ist hier fast so schnell angelegt wie in Excel. Der entscheidende Vorteil gegenüber der Tabellenkalkulation: Die Tabelle steht im Web allen Benutzern zur Verfügung und die Lieferobjekte können mit den PM-Software cPlace - Werkzeugkasten für das Projektmanagement-Web autor: Mey Mark Meyer PM-aktuell_5-2016_Inhalt_01-88.indd 66 11.11.2016 12: 27: 05 Uhr Wissen 67 projektManagementaktuell | ausgabe 5.2016 sprechende App ist für die Touch-Nutzung auf Tablets optimiert und beispielsweise mit extra großen Schaltflächen ausgestattet. Sie lässt sich nutzen, um komplette Projekte zu steuern, kann aber auch verwendet werden, um einen Vorgang im klassischen Projektplan agil auszuplanen. Vom Arbeitspaketbalken im Projektterminplan geht es dann beispielsweise mit einem Klick in das zugehörige Board, in dem die Teilaktivitäten des Arbeitspakets geplant und gesteuert werden. Das unterstützt hybride Projektmanagementa nsätze und agile Teilprojekte in ansonsten klassisch geplanten Projekten. Neben den bereits beschriebenen Funktionen bringt cPlace in der Basisversion noch einiges mit, was im Projektalltag nützlich ist. Dazu gehören der grafische Projektstrukturplan und das Risikomanagementmodul ebenso wie die Multiprojekt-Datenbank, das Ideenmanagement und die diversen Berichts- und Dashboard-Komponenten. Auch Werkzeuge für die Kommunikation im Team sind bereits in der Grundversion an Bord: Für alle Planungsobjekte steht die Kommentarfunktion zur Verfügung. Mit ihr lassen sich beispielsweise Diskussionen zu Arbeitspaketen, Risiken, Produkten oder Quality-Gates direkt in der Software führen, ohne dafür reihenweise E-Mails versenden zu müssen. Dank der Dateikleinert und nimmt dann wieder den Platz im Dashboard ein, der ihr ursprünglich zugewiesen wurde. Für die klassische Projektplanung bietet cPlace ein Gantt-Diagramm, in dem die Vorteile des modularen Konzepts deutlich werden: Die Detailansichten für Arbeitspaketbeschreibungen und Gate-Meilensteine können beispielsweise leicht angepasst werden. Aus dem Balkendiagramm gelangt man dann per Klick in die detaillierte Beschreibung einer einzelnen Aktivität, in der Teilaufgaben und zugehörige Dateien ebenso untergebracht werden können wie verbundene Risiken und zugehörige Kosten. Auch bei der Terminplanung ist kollaboratives Arbeiten möglich: Weil sich Teilpläne auf unterschiedliche Art verbinden lassen, ist es leicht, die Planung in mehrere Hände zu legen und dennoch den Überblick über das Projekt zu behalten: Vorgangsabonnements aus anderen Plänen und „weiche“ Anordnungsbeziehungen, die deutlich auf Unstimmigkeiten in der Ablaufplanung hinweisen, fremde Terminpläne aber nicht ohne Zustimmung der Planinhaber verändern, helfen hier. Neben der klassischen Planung im Balkendiagramm bietet cPlace auch ein Kanban-Board, um Projektaufgaben agil zu koordinieren. Die ent- Projektvorgängen verknüpft oder um verantwortliche Ressourcen und offene Punkte erweitert werden. Moderne Oberfläche für kollaborative Projekte Der Einstieg in die Software beginnt mit der Übersicht über die verschiedenen Arbeitsbereiche eines Anwenders. In solchen Arbeitsbereichen kann beispielsweise das Ideenmanagement der F&E-Abteilung, die Multiprojekt-Landschaft der IT oder das Änderungs- und Nachtragsmanagement der Bauabteilung abgebildet werden. Die Funktionen und Informationen, die jeder Arbeitsbereich zur Verfügung stellt, lassen sich jeweils anpassen. Innerhalb eines Arbeitsbereichs präsentiert cPlace die Projektinformationen in einer modernen Dashboard-Oberfläche. Navigiert wird über Links und Schaltflächen in den Ansichten oder über den Navigationsbaum am linken Fensterrand (Abbildung 1). Die Oberfläche wirkt aufgeräumt. Wer Daten aus den Tabellen eines Dashboards bearbeiten will, kann jede Tabelle mit einem Klick auf Vollbildgröße erweitern. Das erleichtert den Überblick. Nach der Bearbeitung wird die Tabelle ebenso rasch wieder ver- Abb. 1: Dashboards stellen alle Informationen zu Planungsobjekten übersichtlich zusammen - hier zu einem Gate-Meilenstein. PM-aktuell_5-2016_Inhalt_01-88.indd 67 11.11.2016 12: 27: 05 Uhr projektManagementaktuell | ausgabe 5.2016 68 Wissen Autor Dr. Mey Mark Meyer; mehrjährige Tätigkeit als Bauprojektsteuerer, Promotion am Institut für Projektmanagement und Innovation in Bremen, Autor der GPM Marktstudie „Project Management Software Systems“; seit 2006 berät er Organisationen herstellerunabhängig bei der Weiterentwicklung ihres Projektmanagements und der Einführung der dazu passenden Software. Anschrift: prometicon GmbH, Konsul-Smidt- Straße 8m, 28217 Bremen, E-Mail: Mey.Mark. Meyer@prometicon.de spannende Frage für die kommenden zwei bis drei Jahre sein. Bereits heute haben erste Beratungsunternehmen Anwendungen für Risikomanagement, Portfoliomanagement oder Reifegradmanagement entwickelt. Die heutige Zielgruppe der Software scheint damit zweigeteilt: Größere Organisationen mit hohem PM-Reifegrad und sehr speziellen Anforderungen können für ihre Besonderheiten individuelle Apps entwickeln und für die meisten der typischen Standardfunktionen von PM-Software auf fertige Komponenten zurückgreifen. Eigenentwicklungen finden nur dort statt, wo die Anforderungen wirklich speziell sind. Organisationen, die erst am Anfang der PM-Entwicklung stehen, können mit einem grundlegenden System beginnen und dieses nach und nach mit steigendem Reifegrad erweitern. Dabei bleiben sie in der Wahl der Methoden flexibel. Weitere Infos: collaboration Factory, www.collaboration-factory.de ablage finden Anwender ergänzende Dokumente ebenfalls direkt in der Software. Fazit Von seinem Plattformkonzept her erinnert cPlace an eine projektorientierte Version von Microsofts SharePoint. Dabei wirkt die Oberfläche allerdings moderner und cPlace liefert bereits im Standard etliche spezielle PM-Funktionen, die direkt genutzt werden können. Für einige Funktionen, etwa ein ausführliches Kosten- und Budgetmanagement, sind derzeit noch individuelle Erweiterungen nötig. Zu solchen Themen dürften in der Zukunft weitere Standard-Apps des Herstellers veröffentlicht werden. Das Konzept, die Anwendung mittels Apps offen zu halten, ist zweifellos interessant. Ein direkter Nutzen ist die Flexibilität für Kunden. Ob sich darüber hinaus tatsächlich eine größere Anzahl Apps von Drittanbietern entwickelt, wird eine Studie: 20 Prozent des Projektaufwands nicht wertschöpfend Gehirnforscher versichern: Das menschliche Gehirn ist nicht fähig zum Multitasking. Wer meint, er könne mehrere Aufgaben parallel erledigen, der macht sich offenbar etwas vor. Doch in der Praxis des Projektmanagements steht Multitasking an der Tagesordnung. Dies setzt die Mitarbeiter nicht nur unter Druck und verursacht Stresssymptome. Auch verlieren Unternehmen Produktivität, wie eine Studie nahelegt, an der sich 450 Unternehmen aus 22 Branchen beteiligt haben. Demnach sind 60 Prozent der Befragten der Ansicht, dass ein erheblicher Teil des Aufwands nicht wertschöpfend eingesetzt wird: Über 20 Prozent des Projektaufwands könnten eingespart werden - wenn es nicht zum Multitasking käme. Die Folgen von Multitasking schlagen sich auch in der Laufzeit von Projekten nieder. Fast 70 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Projektlaufzeit um mindestens 30 Prozent reduziert werden könnte. Weitere Ergebnisse der Studie: Bei zwei Dritteln der Befragten werden Ressourcen und Spezialisten frühzeitig reserviert und an das Projekt gebunden. Es fehlen Maßnahmen, die solche „Projektegoismen“ verhindern. Auch mangelt es bei 43 Prozent der Teilnehmer an Ordnung in der Projektlandschaft ihres Unternehmens. Es fehlen einheitliche, projektübergreifende Verfahren zur Priorisierung von Projekten. Die Studienergebnisse legen nahe, dass Unternehmen mit einem hohen negativen Multitasking-Anteil durchschnittlich weniger erfolgreich sind. Doch weder die Mahnung von Gehirnforschern noch der Rat von Projektmanagementexperten haben daran bislang viel ändern können. So sehen mehr als 60 Prozent der Befragten nach wie vor in ihrem Unternehmen Symptome für sehr ausgeprägtes Multitasking. Nur zehn Prozent der Befragten können Aufgaben ohne Unterbrechungen fertigstellen. (Quelle der Studienergebnisse: www.vistem.eu) Autor: Oliver Steeger PM-aktuell_5-2016_Inhalt_01-88.indd 68 11.11.2016 12: 27: 06 Uhr