PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2017
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Das Projekt Office als wahrer Freund des Projektleiters
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2017
Matthias Dorfner
Franz Xaver Kollmer
Dieser Artikel beschreibt die Abgrenzung von Project Management Offices (PMOs) zu Project Offices (POs) sowie den Wertbeitrag und Nutzen der POs. Außerdem beschäftigt er sich mit der Fragestellung, wie sie organisatorisch eingebettet und ideal eingesetzt werden können. Hierzu werden verschiedene Einsatzbereiche von POs auf der Basis eines Fallbeispiels dargestellt, deren Tätigkeiten anhand der ICB 3.0 sowie ICB 4.0 verglichen und auf ihre Nutzenpotenziale hin untersucht. Außerdem wird die Fragestellung beantwortet, in welcher Situation eine servicebezogene Fokussierung eines PO im Gegensatz zu einer mitarbeiterzentrierten Ausrichtung sinnhaft ist. Der Artikel adressiert einerseits Führungskräfte und Projektleiter in Unternehmen, die sich mit dem Thema PO beschäftigen und einen Aufbau im Unternehmen planen oder deren Einsatz optimieren möchten, und andererseits PMO- sowie PO-Berater, die Hintergründe zum zielgerichteten Einsatz in Abstimmung von PMOs zu POs erfahren können.
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>> Für eilige Leser Dieser Artikel beschreibt die Abgrenzung von Project Management Offices (PMOs) zu Project Offices (POs) sowie den Wertbeitrag und Nutzen der POs. Außerdem beschäftigt er sich mit der Fragestellung, wie sie organisatorisch eingebettet und ideal eingesetzt werden können. Hierzu werden verschiedene Einsatzbereiche von POs auf der Basis eines Fallbeispiels dargestellt, deren Tätigkeiten anhand der ICB 3.0 sowie ICB 4.0 verglichen und auf ihre Nutzenpotenziale hin untersucht. Außerdem wird die Fragestellung beantwortet, in welcher Situation eine servicebezogene Fokussierung eines PO im Gegensatz zu einer mitarbeiterzentrierten Ausrichtung sinnhaft ist. Der Artikel adressiert einerseits Führungskräfte und Projektleiter in Unternehmen, die sich mit dem Thema PO beschäftigen und einen Aufbau im Unternehmen planen oder deren Einsatz optimieren möchten, und andererseits PMOsowie PO- Berater, die Hintergründe zum zielgerichteten Einsatz in Abstimmung von PMOs zu POs erfahren können. 1 Hintergrund und Einleitung Unternehmen müssen heutzutage mehr denn je in der Lage sein, neue und sich schnell ändernde Geschäftsanforderungen zu bewältigen. Dies begründet sich vor allem durch einen stetigen Kreislauf, in dem sich die rapide steigenden, technischen Möglichkeiten einerseits und die zunehmenden, vornehmlich individuellen Anforderungen der Kunden, der Öffentlichkeit und des Gesetzgebers andererseits gegenseitig antreiben. Die in Folge dessen verstärkten M & A-Tätigkeiten, Vorhaben im Kontext von „Industrie- 4.0“ und „Digitalisierung“ sowie verkürzte Innovationszyklen stellen herausfordernde Bedingungen an Prozesse und Funktionen von Organisationen. Eine Zunahme der Projekttätigkeit durch Digitalisierungs- und Transformationsprojekte ist die 2008 2013 2019 29,3 % 34,7 % 41,3 % projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2017 38 WISSEN Folge. Projekte als temporäre Organisationsform fördern die Flexibilität, auf interne und externe Veränderungen zu reagieren sowie neuartiges Wissen durch interdisziplinäre Zusammenarbeit hervorzubringen [5, S. 29]. Der Anteil der Projekttätigkeit - und der damit verbundene Einsatz von Projektmanagement - in Deutschland über alle Wirtschaftsbereiche hinweg ist seit 2008 um etwa 20 Prozent angestiegen und wird bis 2019 voraussichtlich auf über 40 Prozent weiter wachsen. Zum Zeitpunkt der GPM Studie „Vermessung der Projekttätigkeit“ (Oktober 2015) kann dieser Anteil mit 34,7 Prozent beziffert werden [5, S. 29]. Weiterhin spricht das Project Management Institute (PMI) in seinem Project Management Talent Gap Report davon, dass allein in sieben projektintensiven Industrien (Manufacturing, Business Services, Finance & Insurance, Oil & Gas, Information Services, Construction, Utilities) global von 2010 bis 2020 15,7 Millionen neue Rollen im Bereich des Projektmanagements geschaffen werden [8]. Die Zunahme der Projekttätigkeit geht ebenso mit einer Professionalisierung des Projektmanagements einher. Dies manifestiert sich einerseits am Gros der Unternehmen, die über eine zentrale Projektorganisation verfügen (65 %), und andererseits an der hohen Erfolgsquote (72,3 %) der in Deutschland durchgeführten Projekte, insbesondere bzgl. der Ergebniserreichung [5, S. 29]. Damit Arbeitsweisen des Projektmanagements in Unternehmen entwickelt und einheitlich genutzt werden können, bedarf es vor allem bei Organisationen mit mehr als 10.000 Mitarbeitern der Einführung sogenannter Project Management Offices (PMOs) [4, S. 15]. Diese sollen die Eine Betrachtung unterschiedlicher Ansätze aus der Praxis in Abgrenzung zum PMO Das Project Office als wahrer Freund des Projektleiters Autoren: Matthias Dorfner, Franz Xaver Kollmer Abb. 1: Projekttätigkeit in Deutschland; nach [5, S. 29] PM-aktuell_02-2017_InhaltV4.indd 38 10.04.17 10: 33 WISSEN 39 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2017 Definition des „Project Management Office“ (PMO) Ein Project Management Office ist laut DIN 69901-5 definiert als eine „projektübergreifende Unterstützungsfunktion zur Einführung und Optimierung von Projektmanagementsystemen sowie der operativen Unterstützung von Projekten und Projektbeteiligten“ [2, 10]. In der PMO-Studie „Das PMO in der Praxis“ wird vor allem der zweite Teil dieser Definition durch 3 Definition und Abgrenzung des PO zum PMO Abbildung 3 ermöglicht einen Überblick über die grundsätzliche Einordnung von PO und PMO im Kontext der verschiedenen Stakeholder eines Projektes. Auf Basis dieser Einordnung werden nun in den nächsten Kapiteln die Stakeholder „PMO“ und „PO“ definiert und deren Unterschiede aufgezeigt. Einführung des Projektmanagements sowie die Definition geeigneter Prozesse auf Basis anerkannter Methoden und Standards - wie z.-B. die „Individual Competence Baseline (ICB)“ - unterstützen und als Befähiger zur nachhaltigen Entwicklung der Projektmanagementfähigkeiten einer Organisation dienen [4, S. 9]. Denn Unternehmen, die ein PMO etabliert haben, weisen einen signifikant höheren Anteil an erfolgreichen Projekten auf als Unternehmen ohne eine derartige Organisationseinheit [5, S. 22; S. 29]. Nebenstehende Abbildung einer international durchgeführten Studie aus dem Jahr 2014, mit dem Teilnehmerschwerpunkt in Nordamerika, illustriert den Anteil von PMOs im Kontext zur Unternehmensgröße. Als für die Prozesse des Projektmanagements verantwortliche Steuerungseinheit beschleunigen PMOs zudem die dauerhafte Verankerung des Projektgeschäfts in einer Organisation oder in Organisationsteilen [4, S. 9]. 2 Motivation und Zielsetzung Obwohl PMOs in der Praxis größtenteils positive Akzeptanz erfahren, sind insbesondere die Projektleiter weniger positiv gegenüber PMOs eingestellt [4, S. 18-19]. Dies liegt offenbar daran, dass PMOs für die einzelnen Projekte keine spezifischen Leistungen anbieten, sondern aus Sicht des Projektleiters vielmehr eine Governanceals eine Unterstützungsfunktion darstellen. Hierbei kommt die Einrichtung des Projektbüros (Project Office bzw. PO) ins Spiel, das sich im Gegensatz zum PMO nur auf ein einziges bzw. wenige Projekte konzentriert und ein Vorhaben dadurch unterstützt, indem es die Umsetzung der PMO-Vorgaben im Projekt konkretisiert. Dieser Artikel beschreibt die Abgrenzung von PMOs zu Projekt Offices (POs), den Wertbeitrag und Nutzen der POs sowie die Fragestellung, wie sie organisatorisch eingebettet und ideal eingesetzt werden können. Hierzu werden verschiedene Einsatzbereiche von POs auf Basis eines Fallbeispiels dargestellt, deren Tätigkeiten anhand der ICB 3.0 sowie ICB 4.0 verglichen und auf ihre Nutzenpotenziale hin untersucht. Außerdem wird die Fragestellung beantwortet, in welcher Situation eine servicebezogene Fokussierung eines PO im Gegensatz zu einer mitarbeiterzentrierten Ausrichtung sinnhaft ist. Abb. 2: Anteil der PMOs nach Unternehmensgröße; nach [1, S. 3] Abb. 3: Betrachtung von PMO und PO aus Sicht der Projekt-Stakeholder; in Anlehnung an [7, S. 7] PM-aktuell_02-2017_InhaltV4.indd 39 10.04.17 10: 33 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2017 40 WISSEN Der Tätigkeitsbereich eines PO erstreckt sich folglich vom Bereich der PM-technischen Kompetenz hin zur PM-Kontextkompetenz. Eine enge Verzahnung und Kenntnis der Vorgaben des PMO sind teilweise voraussetzend, ebenso wie die Kenntnis des Projektumfelds, insbesondere organisationaler Prozesse, der projektrelevanten Mitarbeiter und (rechtlicher) Vorgaben. Verdichtet dargestellt führen POs beispielsweise folgende Tätigkeiten durch: • Operationalisierung der unternehmensweiten Projektmanagementvorgaben durch Anwendung in Projekten • Übernahme operativer Aufgaben sowie der Vor- und Nachbereitung projektrelevanter Unterlagen • Koordination, Dokumentation sowie Moderation von Meetings und Workshops • Unterstützung beim Setup bzw. bei der Weiterentwicklung einer geeigneten Projektorganisation • Einführung formaler Freigabekriterien und Quality Gates • Aufsetzen einer durchgängigen Projektkommunikation nach durchgeführter Stakeholder- Analyse • Kommunikation mit dem übergeordneten PMO sowie anderer Gremien innerhalb der Organisation • Frühzeitiges Aufsetzen eines Projektmarketings zur Steigerung des Projektbekanntheitsgrads • Setup und Support von (Kollaborations-)Tools, welche zur Erfüllung der Projektarbeit benötigt werden Allerdings zeigt sich in der Praxis zusätzlich die Ausprägung, dass „je größer eine Organisation ist, desto eher ist ein PMO direkt in der Linie angesiedelt“ [4, S. 40]. In Unternehmen ist im Allgemeinen oftmals nur die Rede von einem Project Management Office, welches meist mit einem Project Office oder umgekehrt gleichgesetzt wird. Zwischen diesen beiden Einrichtungen bestehen jedoch im Wesentlichen die in Tabelle 1 zusammengefassten Unterschiede. 4 Aufgabenbereiche und Lieferobjekte eines Project Office Neben den in Tabelle 1 dargestellten Unterschieden zwischen PMO und PO bestehen natürlich auch Unterschiede in den Tätigkeiten beider Einheiten. Typische Tätigkeiten eines Project Office zeigt Tabelle 2 auf. Dabei wurden die Aufgaben des Project Office anhand der relevanten Kompetenzelemente der IPMA Competence Baseline ICB- 3 und der neuen ICB- 4 2) aufgegliedert und mit Ergebnistypen bzw. Lieferobjekten wie in Tabelle 2 dargestellt beschrieben. 2) Die ICB stellt den inhaltlichen und international gültigen Standard der Internation Project Management Association (IPMA) dar. Die ICB 4 konzentriert sich auf die Strukturierung der PM-Kompetenzelemente in drei wesentliche Kompetenzbereiche (sog. Domains, drei „P“). „People“: bezieht sich auf persönliche und zwischenmenschliche (Kommunikations-)Kompetenzen. „Perspective“: enthält die Kompetenzen für Schnittstellendisziplinen und Personalführung (Kontext). „Practice“: Kompetenzen im Bereich Projektmanagementtechniken; angelehnt an [6, S. 28] die Projektleiter stark angezweifelt, es steht insbesondere der Steuerungs- und Kontrollaspekt der PMOs im Vordergrund [4]. Die fünfte Ausgabe des PMBOK Guides definiert ein PMO als „an organizational structure that standardizes the project-related governance processes and facilitates the sharing of resources, methodologies, tools, and techniques” [9, S. 7]. Hier fällt der Begriff „Project Governance“, der laut ISO im Wesentlichen die Einhaltung der Richtlinien, Prozesse und Methoden in Projekten beschreibt. Eine Governance-Funktion wird außerhalb eines Projektes meist durch den Auftraggeber und/ oder Steuerkreis und ohne Mitsprache des Projektleiters ausgeübt [7, S. 6-7; 6, S. 50-51]. Generell steht bei einem PMO stark der klammerbildende, übergreifende Aspekt im Vordergrund. Damit verbunden ist, dass ein PMO prinzipiell nur einmal im Unternehmen bzw. kaskadierend (somit zusätzlich) höchstens einmal in einem Organisationsbereich existiert. Definition des „Project Office“ (PO) Ein Project Office ist laut DIN 69901-5 definiert als eine „einem einzigen Projekt zugeordnete Funktion, die Unterstützungsleistungen für das Projekt erbringt“ [2]. Ein PO soll folglich bei der Umsetzung eines Projektvorhabens effizient u.-a. durch die konforme Anwendung übergreifend definierter Methoden und Standards unterstützen. Im Rahmen dieses Beitrags wird der Begriff „Project Office“ von einem hin zu mehreren Projekten erweitert, da in der Praxis eine Abteilung beispielsweise drei gleichartige Projekte zu bewerkstelligen hat, diese aber oftmals mit ein und demselben PO durchführt. Es ist daher auch weiterhin üblich, ein PO auf Programmebene 1) aufzusetzen und von einem „Program Office“ zu sprechen. Sowohl das Project als auch das Program Office unterstützen ausschließlich ein Projekt bzw. Programm und sind nur temporär für die Dauer des Vorhabens implementiert [6, S. 53]. Zur Verdeutlichung und Unterscheidung der organisatorischen Einbindung von PMOs und POs zeigt Abbildung 4 die Verortung innerhalb einer Organisation beispielhaft auf. 1) Unter einem Programm versteht man im Allgemeinen eine Bündelung mehrerer Projekte und Vorhaben mit derselben strategischen Stoßrichtung [7, S. 6]. Organisationseinheit X Sub-Organisationseinheit Y Projekt bzw. Programm 1 Projekt bzw. Programm 2 Project Office (PO) 1 Project Office (PO) 2 Project Management Office (PMO) Y Project Management Office (PMO) X Abb. 4: PMOs und POs in der Organisation; in Anlehnung an [10] PM-aktuell_02-2017_InhaltV4.indd 40 10.04.17 10: 33 WISSEN 41 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2017 Definitionsphase: In der Definitionsphase entscheidet sich der Programmleiter, dass die volle Kapazität des PO für das Aufsetzen des Programms zur Verfügung stehen soll und er zudem auf die volle Unterstützung des PO-Leiters zählt. Da anfänglich im Projekt- und im Projektmanagementverlauf viele einmalige Aufgaben und Fragestellungen (zum Beispiel Projektorganisation, Umfeldanalyse, Ziele) auftauchen, können dedizierte Mitarbeiter mit diesen Aufgaben als Arbeitspaketverantwortliche betraut werden. Der PO-Leiter ist etabliert und verfügt über die notwendigen Fähigkeiten im Bereich PO und Projektmanagement sowie über fachlich, inhaltliches Projekt-Know-how. Innerhalb der Definitionsphase treten wenige, sich wiederholende Projektablaufaktivitäten auf, es sei denn, dieser Projekttyp wird bereits mehrfach durchgeführt. Durchzuführende Aufgaben in dieser Phase sind: • Festlegung der Mission, der Aufgaben und der Verantwortlichkeiten des PO • Identifikation der beteiligten Technologieexperten und Linienorganisationen im zentralen Infrastrukturbereich wie auch im Arbeitsplatz- Infrastrukturumfeld • Aufbau der Projektorganisation und Implementierung eines Steuerungsgremiums für das Gesamtprojekt • Zusammenstellung der initialen Technologieentscheidungen und Abgrenzungsdurchführung der Projektinhalte die zwei vorgestellten Bereiche und der Leiter für das Project Office sind gefunden und nehmen ihre Arbeit auf. Beobachtet werden das Projekt und insbesondere die Tätigkeiten des PO nun über alle Projektmanagementphasen hinweg. Einführung, Betrieb und Anpassung eines PO Im Rahmen des Projektes wird das Project Office, wie in Abbildung 5 auf S. 43 gezeigt, implementiert. Initialisierungssphase: Sofern das PO in der Initialisierungsphase schon zeitnah mit an Bord ist, ist dessen Hauptaufgabe die Unterstützung des Projekt-/ Programmleiters beim organisatorischen Aufbau, bei der Zielskizzierung sowie bei der Auswahl passender Projektmanagementprozesse inkl. -vorgaben. Ist das Project Office Team in dieser Phase schon „up and running“, handelt es sich fast ausschließlich um einmalige Aktivitäten im Projekt. Durchzuführende Aufgaben in dieser Phase sind: • Zuständigkeiten im Rahmen der Organisationen festlegen und vor allem auch Fragen zur Sponsorenschaft des Programms innerhalb der Organisation klären • Vision und Zielskizze erstellen und mit dem Auftraggeber abstimmen • Auf Basis der ersten soweit bekannten Projektparameter wird eine Vorauswahl der passenden Prozesse aus dem vorhandenen Projektmanagementmodell getroffen • Abgleich der Projektunterlagen und -ergebnisse auf deren rechtliche Konformität durch Abgleich mit entsprechenden Vorgaben. 5 Fallbeispiel Projekt „One IT Infrastructure“ Die Ausgangslage ist die frühe Phase eines IT- Transformationsprojektes in der Finanzdienstleistungsbranche. Generell ist anzumerken, dass natürlich jede Branche bestimmte spezifische Projektausprägungen hat, die IT so gut wie immer eine Querschnittsbzw. Unterstützungsfunktion in der Wertschöpfungskette einnimmt; bezogen auf die derzeitigen Fragestellungen im IT-, aber auch Businessumfeld ist dieser Aufbau auch in anderen Branchen anzutreffen. Beispiele für branchenübergreifende Themenbewegungen wie die Digitalisierung von Geschäftseinheiten, neue regulatorische Vorschriften oder die Einführung neuer Security-Lösungen machen dies deutlich. Der Schwerpunkt in diesem Programm liegt darin, die IT-Infrastruktur-Landschaften zweier IT-Einheiten im Rahmen eines Mergers zu konsolidieren. Dabei liegt der Fokus auf zentralen Infrastrukturthemen (Netzwerk, Middleware und Mainframe) und auf Arbeitsplatzinfrastruktur (IT- Endgeräte, Telefonie, Drucker). Das Programm ist auf zwei Jahre Laufzeit ausgelegt mit jährlich mehr als 10 Millionen Euro Projektkosten und hat über 50 (Voll- und Teilzeit) Projektmitglieder. Der Programmleiter sowie die Projektleiter für Kriterium Project Management Office (PMO) Project Office (PO) Wirkungsbereich • projektübergreifend • Unterstützung und Steuerung des kompletten Projektmanagementsystems einer Organisation oder eines Organisationsbereichs • projektspezifisch • Entlastung eines Projektteams durch effektive und effiziente Unterstützung bei der Projektarbeit Zeitbezug Auf Dauer angelegte organisatorische Einheit Temporäre organisatorische Einheit (mit Zuordnung zu einem einzelnen Projekt/ Programm) Organisatorische Einbindung Teil der Stab-/ Linienorganisation, unternehmensweit und (zusätzlich) höchstens einmal pro Unternehmensbereich (Kaskade) Teil der Projektorganisation, höchstens einmal pro Projekt/ Programm Wertbeitrag Weiterentwicklung und Verbreitung eines einheitlichen Projektmanagementverständnisses und dessen Anwendung in der Organisation Konforme Anwendung übergreifend definierter PM-Methoden und -Standards durch operative Unterstützung im Projekt bzw. Programm Tab. 1: Abgrenzung PMO zu PO; in Anlehnung an [10] PM-aktuell_02-2017_InhaltV4.indd 41 10.04.17 10: 33 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2017 42 WISSEN Nr. des Elements der ICB 3 Mapping zur ICB 4 Beschreibung des Kompetenzelements Aufgabenbereich eines PO im Projektverlauf Ergebnistyp/ Lieferobjekt (beispielhaft, nicht abschließend) 1.01 Practice 1, Perspective 1, People 10 Projektmanagementerfolg Einhaltung der festgelegten Projektmanagementvorgaben für das jeweilige Projekt Projekthandbuch 3.01 Perspective 2 Projektorientierung Kenntnis der organisationsweiten Strukturen und Prozesse, Strategie und Einstellung zur Projektarbeit Projekthandbuch 3.02 Perspective 2 Programmorientierung Kenntnis der organisationsweiten Strukturen und Prozesse, Strategie bzgl. Programme Programmhandbuch 1.02 Practice 12 Interessierte Parteien Stakeholdermanagement im Projekt Stakeholderportfolio und Kommunikationsplan 1.03 Practice 2 Projektanforderungen und Projektziele Anforderungs- und Zielmanagement im Projekt Zielsystem/ Zielmatrix 1.04 Practice 11 Risiken und Chancen Risikomanagement im Projekt Risikoportfolio und Maßnahmenplanung 1.05 Practice 6 Qualität (Formales) Qualitätsmanagement Freigabekriterien und Quality Gates 1.06 Practice 5 Projektorganisation Dokumentation der Projektorganisation Projektorganigramm 1.07 People 6 Teamarbeit Unterstützung der Teamarbeit im Projekt Projektkollaborations-Tools 1.08 People 8 Problemlösung Methodische Problemlösungsprozess-Unterstützung Moderation und methodische Workshopbegleitung 1.09 Practice 3 Projektstrukturen Projektstrukturplan- (PSP) und Arbeitspaketmanagement PSP und Arbeitspaketbeschreibungen 1.10 Practice 3 Leistungsumfang und Lieferobjekte Pflichtenhefterstellung und PM-Lieferobjekte PM-Inhalte Pflichtenheft 3.06 Perspective 1, Perspective 2, Perspective 4 Geschäft Verständnis für das Geschäftsmodell und Business Case des Projektes Kosten-Nutzen-Analyse, Business Case-Betrachtungen 1.11 Practice 4 Ablauf und Termine Phasen- und Terminplanung für das Projekt Phasenplan, Ablauf- und Terminplan 1.12 Practice 8 Ressourcen Management von Ressourcen Kapazitäts- und Skillplan (Einsatzmittelplan) 3.08 Perspective 2 Personalmanagement Begleitung bei der Auswahl des Projektpersonals Qualifikationsraster, interne und externe Mitarbeitervorselektion 1.13 Practice 7 Kosten und Finanzmittel Unterstützung bei der Kostenplanung und Überwachung Kosten- und Finanzplan PM-aktuell_02-2017_InhaltV4.indd 42 10.04.17 10: 33 WISSEN 43 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2017 rung, Information, Kommunikation, Berichtswesen, Dokumentation, Risiken und deren Maßnahmenplanung. Durchzuführende Aufgaben in dieser Phase sind: • Aufsetzen und Starten eines strukturierten Planungsprozesses für die Infrastruktur-Konsolidierungsprojekte • Definition des Projektstrukturplans samt konkreter Arbeitspakete unter Berücksichtigung konkreter Zulieferleistungen anderer Organiersichtlich, dass sich Planungsschritte wiederholen, so ist die standardisierte Beschreibung und Ablaufplanung dieser Schritte möglich. Die dauerhafte Unterstützung der Planung von Projekten bzw. Teilprojekten durch das PO ist mithilfe dieser Artefakte und zusammen mit der Erfahrungskurve aus den ersten Planungen wiederholt durchführbar. Hierzu zählen Aufgaben wie PSP, Arbeitspakete, Ablaufplan und Terminplan, Kosten- und Finanzmittelplan, Qualitätssiche- • Ermittlung und Beschreibung von Abhängigkeiten zu anderen Organisationseinheiten und Projekten • Abhängigkeiten müssen über den Projektverlauf hinweg immer wieder überprüft und adjustiert werden • Identifikation von Risiken im Gesamtprojektkontext und Festlegung, wie das Risikomanagement zukünftig durchgeführt wird; das Risikomanagement stellt einen signifikant wichtigen, wiederkehrenden Prozess im Projektverlauf dar • Aufsetzen des PO für die nachfolgenden Phasen und Eingliederung der weiteren, notwendigen Ressourcen Planungsphase: Sobald die Planungsphase begonnen hat, sind die Erstellung des Projektstrukturplans, die Beschreibung konkreter Arbeitspakete der Projekte sowie das Aufstellen der Ablauf- und Terminplanung durchzuführen. Daraus abgeleitet wird die Planung der Ressourcen, der Kosten und der erforderlichen Finanzmittel. Im Zuge dieser Planungen wird ebenfalls ein Prozess für das Risikomanagement und für das Qualitätsmanagement innerhalb des Programms sowie ein Vertrags- und Ressourcenmanagement implementiert. Ist klar One IT Infrastructure Programmleiter Zentrale Infrastruktur Projektleiter Arbeitsplatz-Infrastruktur Projektleiter Project Office Project Office Leiter Abb. 5: Organisatorische Einbindung des PO in die Programmorganisation 1.14 Practice 9 Beschaffung und Verträge Unterstützung bei Bestellungen (Bedarfsermittlung sowie Durchführung) und Vertragsmanagement Bestellungsformulare, Lieferantenanfragen, Vertragsverzeichnis 1.15 Practice 10 Änderungen Konfigurations- und Änderungsmanagement Konfigurationsmanagementplan, gültige Projektgegenstände 1.16 Practice 10 Überwachung und Berichtswesen Reporting und Steuerung Statusreports, Managementreports 1.17 Practice 5 Information und Dokumentation Management der Projektdokumentation Verfügbarkeit und Aktualität der projektrelevanten Dokumente 1.18 People 3 Kommunikation Management der Kommunikation im und an den Projektschnittstellen Kommunikationsplan und Spielregeln im Projekt, Projektmarketingergebnisse (z.-B. Projekt-Homepage) 1.19 Practice 10 Projektstart Begleitung des Projektstarts Moderation Projektstart-Workshop, Unterlagen für Projektstart 1.20 Practice 10 Projektabschluss Begleitung des Projektabschlusses Moderation Projektabschluss-Workshop, Projektabschlussdokumentation, Lessons learned 3.11 Perspective 3 Rechtliche Aspekte Berücksichtigung rechtlicher Normen, interner Compliance-Vorgaben und Werte Rechts- und Compliance-konforme Projektergebnisse Tab. 2: PO-Aufgaben im Kontext der IPMA-ICB-Elemente; in Anlehnung an [6, S. 505-515] PM-aktuell_02-2017_InhaltV4.indd 43 10.04.17 10: 33 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2017 44 WISSEN Kriterium Mitarbeiterzentrierter Ansatz Servicezentrierter Ansatz Grad der Aufgabenkomplexität Hohe Komplexität, da fachbezogene PM-Aufgaben im Vordergrund stehen Geringe Komplexität, da PM-Routineaufgaben im Fokus liegen Grad der Wiederholbarkeit der Tätigkeit Geringe Wiederholbarkeit der Tätigkeiten Häufige Wiederholung der Tätigkeiten, bedingt durch die PM-Prozesstreue und hohe Änderungshäufigkeit Grad der Bestimmbarkeit des Aufgabenfortschritts Niedrige Bestimmbarkeit des Aufgabenfortschritts, da individuelle PM-Tätigkeiten mit geringer Wiederholbarkeit Hohe Bestimmbarkeit des Aufgabenfortschritts, da standardisierte und planbare PM-Tätigkeiten Objektbezug Die Aufgaben fokussieren sich auf die Erreichung spezieller Stakeholder-Ziele (Personengruppe) Die Aufgaben dienen im Wesentlichen der Erstellung von Lieferobjekten Verrichtungsbezug Die Tätigkeiten beziehen sich vornehmlich auf die PM-Tätigkeiten mit projektfachlichem Bezug Bei den Tätigkeiten handelt es sich um PM-prozessbezogene Tätigkeiten ohne Fachbezug Rang der Tätigkeiten Die Aufgaben des MA-zentrierten Ansatzes können als entscheidungsbeeinflussend bezeichnet werden Die Tätigkeiten des Aufgabenzentrierten Ansatzes sind entscheidungsvorbereitend Organisatorische Projekteinbindung Unmittelbares Mitglied des Kernteams oder in „beratungsnähe“ zum Kernteam „Service Center“ mit Liefer- und Leistungsbeziehungen Durchzuführende Aufgaben in dieser Phase sind: • Abnahmen für Liefergegenstände von Teams oder Dienstleistern erteilen • Ggf. Nachkalkulationen erstellen, Abrechnungen prüfen, Verträge beenden und Finanzen abschließen • „Lessons learned“-Workshop mit den Projektteams durchführen und Ergebnisse dokumentieren (Erfahrungssicherung) • Erstellung des Projektabschlussberichts und Archivierung der Projektergebnisse • Abschlussveranstaltung durchführen • Ressourcen entlasten und rückführen, Projektorganisation auflösen 5.1 Vorstellung zweier Project Office-Modelle aus der Praxis Auf Basis der Zuordnungen von Aufgaben zu den einzelnen Phasen wird ersichtlich, dass einige davon einmalige Aktivitäten sind und andere wiederkehrend in einer oder mehrerer Phasen auftreten. Ein einmaliges Ereignis ist zum Beispiel die initiale Definition der Ziele am Anfang des Projektes, in Abgrenzung zum sich wiederholenden Risikomanagementprozess, der idealerweise über den gesamten Projektzeitraum kontinuierlich durchgeführt wird. Ebenfalls ist erkennbar, skalierbares, effizientes und vollständig dokumentiertes PO zurückgreifen. Der Aufbau klarer Servicebeschreibungen, definierter Zeitabläufe sowie Frequenzen lässt eine klare Aufwandsplanung zu. Durchzuführende Aufgaben in dieser Phase sind: • Konkretes Ausarbeiten sich wiederholender Tätigkeiten für das Projekt bzw. dessen Teilprojekte • Regelmäßiges Status-Reporting für die zwei Teilprojekte und das Gesamtprojekt • Meilenstein-Tracking für das Gesamtprojekt • Monatliches Tracking und Controlling der aktuellen Projektkostenentwicklung • Vor- und Nachbereitung der monatlichen Sitzung des Steuerungsgremiums Abschlussphase: In der Abschlussphase stehen, nach zwei sehr stark durch wiederkehrende Aufgaben geprägten Phasen, wichtige, einmalige Aufgaben an, beispielweise die Nachkalkulation des Projektes sowie die Auflösung der Teamstruktur. Erfahrung in diesem Projektumfeld ist für diese Aufgabe gefordert, da historisches Wissen über den Projektverlauf gebraucht wird zur Erstellung der zu dieser Phase gehörenden Artefakte. Der Einsatz eines einzigen PO-Mitarbeiters ist für die Unterstützung in dieser Phase ausreichend. sationseinheiten und übergeordneter Verzahnung der Pläne zu einem Gesamtplan im PO • Ressourcen- und Einsatzmittelplanung für die Infrastrukturprojekte • Transparenz und Bewertung von Problemen und Risiken, die bei der konkreten Planung erstmals angesprochen werden • Qualitätssicherungsprozesse für die zu erstellenden Artefakte definieren Steuerungsphase: In der Steuerungsphase befindet sich das Projekt nun im tatsächlichen „Run-Modus“ und die Umsetzung der definierten Arbeitspakete hat begonnen. Ebenfalls muss in dieser Phase für ein sauber aufgesetztes Projektcontrolling gesorgt werden; ein durchgängiges Status-Reporting muss ebenfalls eingerichtet sein. Change Request Management für Inhalt, Termin und Budget soll auch für das Projekt prozesskonform sein. Hier liegt nun der Fokus des PO stark auf der wiederkehrenden Abwicklung von Aufgaben bei gleichbleibender Qualität. Das PO kann nun im Rahmen des Programms für jedes Projekt bzw. Teilprojekt konkrete Leistungen zur erfolgreichen Projektabwicklung erbringen. Durch die Definition klar definierter und wiederkehrender Aufgaben (z. B. Projektcontrolling, Nachhalten der Planungsaufgaben) kann der Projektleiter in diesem Kontext nun auf ein Tab. 3: Vergleich der vorgestellten PO-Ansätze # project # process # change VOLLES PROGRAMM FÜR IHR PROJEKT-, PROZESS- UND CHANGE MANAGEMENT Interessiert? www.nextlevelconsulting.com, office@nextlevelconsulting.com PM-aktuell_02-2017_InhaltV4.indd 44 10.04.17 10: 33 WISSEN 45 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2017 viduellen Fähigkeiten des PO-Mitarbeiters und seinen Fachbezug eher für spezialisierte, einmalige Aufgaben, die projektfachlich motiviert und für den Projektleiter entscheidungsbeeinflussend sind, charakterisiert werden kann. Der servicezentrierte Ansatz bietet hingegen aufgrund der Standardisierbarkeit und hohen Wiederholungsrate der Tätigkeiten - in der Regel verbunden mit Dokumentationstätigkeiten - Potenzial eines modularen Aufgabensplits, einer möglichen Übertragbarkeit sowie einer Automatisierbarkeit der entscheidungsvorbereitenden Aufgaben. Im folgenden Kapitel werden diese beiden Ansätze und deren Einsatzeignung bezogen auf die einzelnen Projektmanagementphasen nach der DIN 69901 betrachtet [3, S. 33]. 6 Nutzenpotenziale der vorgestellten Project Office-Ansätze im Kontext der DIN-Projektmanagementphasen Um die bisher gewonnenen Erkenntnisse in Form von Nutzenpotenzialen einzuordnen, werden die zwei vorgestellten PO-Ansätze unter Berücksichtigung ihrer Eigenschaften und eigener Praxiserfahrungen auf die Projektmanagementphasen abgebildet. Tabelle 4 zeigt diese Zuordnung und die Eignungsbewertung der PO-Tätigkeiten - sofern sinnvoll und möglich - im Hinblick auf deren Anwendung in einem servicezentrierten Ansatz. Anhand der Eignungsbewertung (rechte Spalte der Tabelle 4), aufgrund derer sich Erfüllung konkreter, wiederkehrender Tätigkeiten, die das PO im Projektverlauf durchführt. Auch hier stellt der Projektleiter ein Team aus Mitarbeitern zusammen und definiert die zu erbringenden Aufgaben innerhalb des PO. Die Quintessenz dieses Modells basiert jedoch auf der Definition eines Servicekatalogs, welcher das Leistungsportfolio des PO für die Projekte bzw. Teilprojekte enthält. Der Servicekatalog kann in verschiedene Cluster der zu erfüllenden Aufgaben und verschiedenen Komplexitätsstufen eingeteilt sein. Ferner werden auch die Regelmäßigkeit und die Dauer der Durchführung aufgenommen, um eine Kapazitätsplanung für die Mitarbeiter im Project Office aufzustellen. Durch den Fokus auf vornehmlich standardisierte Aufgaben ist es möglich, dass die im Vorfeld abgestimmten Tätigkeiten (z. B. Status Reporting, Projektcontrolling etc.) projektübergreifend erbracht werden können. 5.2 Gegenüberstellung der vorgestellten Project Office-Ansätze Die beiden vorgestellten PO-Ansätze lassen sich anhand typischer Aufgaben, deren Merkmale und Gegenstand im Allgemeinen vergleichend gegenüberstellen. Hierfür werden sowohl Kriterien aus der Organisationslehre (Kosiol) als auch selbstdefinierte und aus dem Fallbeispiel abgeleitete Kriterien herangezogen (siehe Tab. 3). Aufgrund der Gegenüberstellung beider Ansätze lässt sich schlussfolgern, dass der mitarbeiterzentrierte Ansatz im Wesentlichen durch die indidass einige der Aufgaben sehr stark durch die Durchführungsroutine bestimmt sind, wie bspw. Status-Reporting, andere wiederum sehr stark vom individuellen Skillset und der Erfahrung der ausführenden Mitarbeiter abhängig sind, wie z.- B. die Vorbereitung des Lenkungsausschuss- Meetings. Basierend auf den Erkenntnissen aus der Fallstudie und der theoretischen Definition der Tätigkeiten eines PO werden nachfolgend zwei verschiedene Modelle abgeleitet und vorgestellt: das mitarbeiterzentrierte und das servicezentrierte PO. Mitarbeiterzentriertes Project Office: Bei einem mitarbeiterzentrierten Project Office handelt sich um eine in der Praxis sehr häufig anzutreffende Implementierungsvariante eines PO. Projektleiter stellen sich ein Team aus Projektmitgliedern zusammen, je nach Projektart und -größe mit unterschiedlicher Erfahrung und Spezialisierung. Diese werden in die Organisation des Projektes soweit eingebunden, dass sie ihre Aufgaben im Projektkontext erwartungsgemäß erfüllen können. Je nach Steuerung, Art und Größe der Aufgaben, übernehmen die Mitarbeiter gängige Aufgaben eines Project Offices, aber oftmals auch andere, für das Projekt notwendige, fachlich-inhaltliche Aufgaben. Daher liegt der Fokus dieses Modells auf den individuellen Fähigkeiten des Mitarbeiters, der aufgrund seiner Qualifikation und Erfahrung den Projektleiter dadurch unterstützt. Servicezentriertes Project Office: Der zweite Ansatz stellt das servicezentrierte Project Office dar. Der Fokus bei diesem Modell liegt in der Anzeige # project # process # change VOLLES PROGRAMM FÜR IHR PROJEKT-, PROZESS- UND CHANGE MANAGEMENT Interessiert? www.nextlevelconsulting.com, office@nextlevelconsulting.com PM-aktuell_02-2017_InhaltV4.indd 45 10.04.17 10: 33 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2017 46 WISSEN Nr. des Elements der ICB-3 Mapping zur ICB-4 Beschreibung des Kompetenzelements Wahrnehmung von Tätigkeiten eines PO (beispielhaft im Projektverlauf) Anwendung in der/ den PM-Phase/ n (vorwiegend) Geeignet für servicezentrierten Ansatz? 1.01 Practice 1, Perspective 1, People 10 Projektmanagementerfolg Einhaltung der festgelegten Projektmanagementvorgaben Alle - 3.01 Perspective 2 Projektorientierung Kenntnis der organisationsweiten Strukturen und Prozesse, Strategie und Einstellung zur Projektarbeit Initialisierung - 3.02 Perspective 2 Programmorientierung Kenntnis der organisationsweiten Strukturen und Prozesse, Strategie bzgl. Programmen Initialisierung - 1.02 Practice 12 Interessierte Parteien Stakeholdermanagement Definition, Steuerung bedingt 1.03 Practice 2 Projektanforderungen und Projektziele Anforderungs- und Zielmanagement Definition, Steuerung bedingt 1.04 Practice 11 Risiken und Chancen Risikomanagement im Projekt Planung, Steuerung ja 1.05 Practice 6 Qualität (Formales) Qualitätsmanagement Planung, Steuerung ja 1.06 Practice 5 Projektorganisation Management der Dokumentation der Projektorganisation Planung, Steuerung ja 1.07 People 6 Teamarbeit Unterstützung der Teamarbeit im Projekt Planung, Steuerung ja 1.08 People 8 Problemlösung Methodische Problemlösungsprozess-Unterstützung Alle ja 1.09 Practice 3 Projektstrukturen Projektstrukturplan (PSP)- und Arbeitspaketmanagement Planung ja 1.10 Practice 3 Leistungsumfang und Lieferobjekte Management Pflichtenhefterstellung und PM-Lieferobjekte Definition nein 3.06 Perspective 1, Perspective 2, Perspective 4 Geschäft Verständnis Geschäftsmodell und Business Case des Projektes Initialisierung, Definition nein 1.11 Practice 4 Ablauf und Termine Phasen- und Terminplanung Planung, Steuerung ja 1.12 Practice 8 Ressourcen Ressourcenplanung Planung, Steuerung ja 3.08 Perspective 2 Personalmanagement Begleitung bei der Auswahl von Projektpersonal Definition, Planung nein 1.13 Practice 7 Kosten und Finanzmittel Unterstützung bei der Kostenplanung und Überwachung Planung, Steuerung ja PM-aktuell_02-2017_InhaltV4.indd 46 10.04.17 10: 33 WISSEN 47 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2017 7 Schlussbetrachtung Mit steigender Relevanz von PMOs werden auch die Project Offices in den Projektlandschaften der Unternehmen immer wichtiger. Die Abgrenzung von PMOs zu POs samt deren Leistungsspektrum zeigt, dass POs als „wahre Freunde“ des Projektleiters zu bezeichnen sind, da sie ihn unterstützen, die durch das PMO gestellten PM- Vorgaben konkret für das jeweilige Projekt umzubei erbrachten Tätigkeiten lässt sich durch einen servicezentrierten Ansatz verfolgen. Durch eine projektübergreifende Leistungserbringung lassen sich somit Tätigkeiten des PO bündeln und Kosten für Doppelarbeiten vermeiden. Weiterhin kann das Modell der Servicezentrierung durch die Standardisierungsfähigkeit für eine einheitlichere und den Project Management Office-Vorgaben getreuere Umsetzung der Lieferergebnisse sorgen. ein hoher Anteil der für die Servicezentrierung geeigneten Tätigkeiten in der Planungs- und Steuerungsphase ergibt, lässt sich das Nutzenpotenzial für die unterschiedlichen PO-Ansätze im Kontext der PM-Phasen, wie in Abbildung 6 dargestellt, zusammenfassen. Das PO wirkt ansatzunabhängig betrachtet vor allem in der Planungssowie Steuerungsphase, sprich insbesondere während der Umsetzung des Projektvorhabens. Das Gros der hier- Initialisierung Definition Planung Steuerung Abschluss DIN-Projektmanagementphase Grad der Project Office-Einbindung KEINE/ NIEDRIG MITTEL HOCH HOCH NIEDRIG Abbildung des Nutzenpotenzials der Project Office-Ansätze mitarbeiterzentriert mitarbeiterzentriert mitarbeiterzentriert mitarbeiterzentriert servicezentriert 1.14 Practice 9 Beschaffung und Verträge Unterstützung bei Bestellungen (Bedarfsermittlung sowie Durchführung) und Vertragsmanagement Definition, Steuerung bedingt 1.15 Practice 10 Änderungen Konfigurations- und Änderungsmanagement Planung, Steuerung ja 1.16 Practice 10 Überwachung und Berichtswesen Reporting und Steuerung Steuerung ja 1.17 Practice 5 Information und Dokumentation Management der Projektdokumentation Planung, Steuerung ja 1.18 People 3 Kommunikation Management der Kommunikation im und an den Projektschnittstellen Alle ja 1.19 Practice 10 Projektstart Begleitung des Projektstarts Initialisierung bedingt 1.20 Practice 10 Projektabschluss Begleitung des Projektabschlusses Abschluss bedingt 3.11 Perspective 3 Rechtliche Aspekte Kenntnis rechtlicher Normen, interner Compliance-Vorgaben und Werte Alle - Tab. 4: Eignung der PO-Tätigkeiten im Kontext der IPMA ICB-Elemente für einen servicezentrierten Ansatz; in Anlehnung an [3, S. 41] Abb. 6: Nutzenpotenzial der PO-Ansätze im Kontext der DIN PM-Phasen PM-aktuell_02-2017_InhaltV4.indd 47 10.04.17 10: 33 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2017 48 WISSEN Autoren Prof. Dr. Matthias Dorfner ist Studiengangsleiter für Systems Engineering an der Hochschule Landshut. Er war zuvor als Projektleiter unter anderem bei der Audi AG tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Projektmanagement, Geschäftsprozesse und Organisation sowie Konzepte des Systems Engineerings. Er ist IPMAzertifiziert und professioneller Scrum Master. Anschrift: E-Mail: Matthias.Dorfner@hawlandshut.de, www.haw-landshut.de/ hochschule/ fakultaeten/ informatik/ wir-ueber-uns/ professoren-innen.html Franz Xaver Kollmer ist Senior Project Manager und Delivery Executive bei Capgemini in Deutschland am Standort Frankfurt. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Projekt- und Programmmanagement, Projektportfoliomanagement sowie IT-Transformation bei national und global agierenden Konzernen. Er ist IPMA-zertifiziert und professioneller Scrum Master. Anschrift: E-Mail: Franz-Xaver.Kollmer@ capgemini.com, www.de.capgemini.com/ Literatur [1] Crawford, J. K.: The State of the PMO 2014. www.pmsolutions.com/ reports/ State_of_the_ PMO_2014_Research_Report_FINAL.pdf, Stand: 15.1.2017, 2014 [2] DIN: DIN 69901-5: Projektmanagement - Projektmanagementsysteme. Teil 5: Begriffe. Berlin 2009 [3] Gessler, M.: Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM3). Nürnberg 2014 [4] GPM, HfWU: Das PMO in der Praxis - Empirische PMO Studie 2013/ 14. www.gpm-ipma. de/ fileadmin/ user_upload/ Know-How/ studien/ 201410_PMO_Studie_web.pdf, Stand: 15.1.2017 [5] GPM: Makroökonomische Vermessung der Projekttätigkeit in Deutschland. Oktober 2015 [6] IPMA: Individual Competence Baseline 4 (ICB 4). Zürich 2015 [7] ISO: Guidance on project management. ISO 21500. Genf 2012 [8] PMI: Project Management Talent Gap Report. 2013 [9] PMI: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK® Guide). Fifth Edition, Newtown Square PA, USA, 2013 [10] von Schneyder, W.: PMO = PO - Verwechslung mit fatalen Folgen. In: Projektmagazin 10/ 2012 Schlagwörter ICB 4.0, Mapping ICB, PMO, PO, Professionalisierung des Projektmanagements, Project Office, Projektbüro, Vergleich ICB Kompetenzelemente der ICB 4.0 1.02 Governance, Strukturen und Prozesse, 1.03 Compliance Standards und Regelungen, 3.05 Organisation, Information und Dokumentation setzen und zu erfüllen. Der Wertbeitrag von POs lässt sich insbesondere in der Entlastung des Projektleiters durch operative Aufgaben, Gewährleistung der Einhaltung der PM-Vorgaben, höhere Qualität durch formale Prüfung und Compliance-Checks zusammenfassen. Aus Sicht des Projektleiters dienen POs somit als inhaltlich „verlängerter, jedoch unterstützender Arm“ des PMO und stellen dadurch zusätzlich die Weiterentwicklung des Reifegrads der Organisation hinsichtlich des Projektmanagements sicher. Die in diesem Beitrag vorgestellten Ansätze - der mitarbeiterzentrierte und servicezentrierte Ansatz - sollen verdeutlichen, dass sowohl bei der organisatorischen Einbindung als auch bei den zu erbringenden Tätigkeiten der POs Gestaltungsspielraum besteht. Je nach gewünschter Leistung lassen sich einerseits projektspezifische und fachthemenbezogene Mitarbeiter entsenden, andererseits können standardisierbare sowie wiederholbare PO-Tätigkeiten, die in Form eines Servicekatalogs beschrieben sind, mitarbeiterunabhängig erbracht werden. Letztere können aus dem PO heraus in Form eines Service Centers projektübergreifend und größtenteils ortsunabhängig angeboten werden. Die Definition und Steuerung der PO-Services könnte hierbei beispielsweise auch aus dem übergreifenden Project Management Office (PMO) erfolgen. Den größtmöglichen Beitrag erreicht ein PO nach Meinung der Autoren dann, wenn es als Informations- und Kommunikationshub im Projekt fungiert, Abhängigkeiten innerhalb der Projektlandschaft und der Unternehmensorganisation im Auge behält und den Projektleiter proaktiv sowohl bei der Entscheidungsfindung als auch bei der Entscheidungsvorbereitung im Projekt durch die zuverlässige Erbringung operativer Regeltätigkeiten unterstützt und entlastet. Dies geschieht insbesondere dann besonders effektiv, wenn je nach Projektphase und Tätigkeitsprofil der PO-Mitarbeiter die richtige Einsatzbalance zwischen den beiden vorgestellten Ansätzen erfolgt. Wird in der Projektabschlussphase zudem der Wissenstransfer des PO eingeleitet, kann im Rahmen möglicher Folgeprojekte der Aufwand, welcher für die Definition und den Aufbau von POs erforderlich ist, stattdessen für andere Tätigkeiten, wie bspw. die Mitarbeiterentwicklung, verwendet werden. Beilagen in diesem Heft • Haufe Akademie GmbH & Co. KG • iffme Institut für moderne Managemententwicklung Wir bitten um Beachtung. PM-aktuell_02-2017_InhaltV4.indd 48 10.04.17 10: 33