PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2017
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Projektmanagement am Rande des Chaos
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2017
Helmut Strohmeier
Oswald, Alfred; Köhler Jens; Schmitt, Roland: Projektmanagement am Rande des Chaos. Sozialtechniken für komplexe Systeme, 1. Auflage, Springer Vieweg, Wiesbaden 2016, 267 S. ISBN 978-3-662-47745-8
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WISSEN 59 projektManagementaktuell | AUSGABE 4.2017 Oswald, Alfred; Köhler, Jens; Schmitt, Roland: Projektmanagement am Rande des Chaos. Sozialtechniken für komplexe Systeme, 1. Auflage, Springer Vieweg, Wiesbaden 2016, 267 S. ISBN 978-3-662-47745-8, EUR 49,99 Nein, leicht verdaulich ist die Kost nicht, die die drei Autoren dem Leser verabreichen. Sein Geist wird ungemein gefordert und wer den Titel des Buches missversteht und sich praktische Tipps für chaotisch verlaufende Projekte erhofft, wird erst einmal enttäuscht sein. Verändert er aber seine Erwartungshaltung, indem er anerkennt, dass tiefliegende theoretische Zusammenhänge ihm womöglich weit mehr helfen als einfach gestrickte „Das-hat-man-so-zu-machen-Empfehlungen“, dann hat er seine persönliche Voraussetzung geschaffen, um vom Buch profitieren zu können - und das sogar reichlich. Der Fokus richtet sich auf Menschen in Organisationen, Unternehmen wie Projekten. Es geht um zeitgemäße Führung unterschiedlicher Menschentypen und ihrer Ansprüche. Doch was im ersten Moment ziemlich ausgereizt klingen mag, beleuchten die Autoren aus neuen, hochinteressanten Perspektiven. Weniger die Schilderung von Mängeln und Missständen, die dann nur allzu oft in zwar weise klingende, aber nicht selten oberflächliche Empfehlungen münden, ist primäres Anliegen der Autoren, sondern das Veranschaulichen von Komplexität, die sich hinter allem verbirgt. Sie haben erkannt, dass Komplexität nicht durch Patentrezepte zu bewältigen ist, sondern durch Herauskristallisieren jenes Unterschieds, der den Unterschied ausmacht. Also nehmen sie viele Unterscheidungen vor und verweisen dabei umfassend auf fundierte systemtheoretische Grundlagen. Im ersten Teil ihres Werkes breiten die Autoren ihr theoretisches Rüstzeug aus. Es geht um die Klärung des Begriffs Komplexität, um Ungewissheit, Unsicherheit, Entropie, um Mikro- und Makroebenen. Und es geht um Sozialtechniken. An dieser Stelle aber bleibt die Arbeit leider unscharf. Mir ist nicht so richtig klar geworden, was Sozialtechniken eigentlich sind. Im zweiten Teil wird dann die Beherrschbarkeit von Komplexität behandelt, die die Autoren Komplexitätsregulation nennen. Zur Veranschaulichung präsentieren sie Modelle, die zeigen, woher Komplexität stammt und welche Mittel den wertschöpfenden Umgang mit einer solchen fördern und welche eher nicht. Im dritten Teil, dem Kern der Arbeit, werden dann zuvor behandelte Modelle miteinander verknüpft. Auf Basis von Ordnungsparametern, die das Verhalten von Menschen bestimmen (Dilts-Pyramide), werden Beziehungen zu Führungsstilen, zu Lernstufen, zu Bedürfnissen und zum Transformationsmanagement, also zur Veränderungsarbeit im Unternehmen hergestellt. Im vierten Teil erfolgt dann eine Verbindung zu Managementbzw. Organisationsprinzipien, die die Autoren, etwas verwirrend, als Managementsysteme bezeichnen. Darin erläutern sie, wie sich Führung zu unterscheiden hat, falls Managementprinzipien eines Unternehmens als lean, agil, critical oder innovativ bezeichnet werden können. Was die Autoren in diesem Teil zum Besten geben mag nicht immer einem wissenschaftlichen Anspruch genügen, aber schon das Auseinanderdividieren mit anschließender Verknüpfung der beiden Begriffe „Führung“ und „Organisationsprinzipien“ erzeugt eine neue Perspektive, die ungemein zum Denken anregt und Ausgangspunkt für viele weitere Diskussionen sein könnte. Im Anhang werden dann die zugrunde gelegten Modelle eingehender beschrieben. Fazit: Den Autoren ist ein Werk gelungen, das Führungskräfte in komplexen Organisationen zum Nachdenken anregt, wie sie ihren Aufgaben noch besser gerecht werden und was tief liegende Ursachen sein könnten, falls die Zusammenarbeit mit ihren Mitarbeitern nicht so klappt wie gewünscht. Allerdings wird der Leser gar manche geistige Anstrengung nicht scheuen dürfen, die das Buch ihm abverlangen wird. Aber warum fokussieren sich die Autoren so sehr auf Projekte? Gegenstand ihrer Betrachtung sind soziale Systeme in Form einer Organisation und so ist in ihrem Werk recht wenig zu entdecken, was als projektspezifisch bezeichnet werden könnte. Alles, was sie aufzeigen und erläutern, mag in Projekten vorhanden sein, aber es existiert gleichermaßen in Einheiten jeder Linienorganisation, und solche gibt es schließlich viel mehr als Projekte. So klammert der Titel einen Leserkreis aus, Linienmanager nämlich, für die das Geschilderte mindestens ebenso hilfreich sein könnte wie für Projektmanager. Was am Werk also hauptsächlich stört, ist sein Titel. Die Autoren erklären zwar, warum sie ihn so gewählt haben, dennoch geht er weitgehend an den Inhalten des Buches vorbei. Schade eigentlich. Autor: Helmut Strohmeier Buchbesprechungen Projektmanagement am Rande des Chaos Beilagen in diesem Heft • Haufe Akademie Gmbh & Co. KG • T.A. Cook & Partner Consultans GmbH • GPM Programmheft PM Forum • GPM PMO Tag Wir bitten um Beachtung.