eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 28/5

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0886
UVK Verlag Tübingen
121
2017
285 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Projektleiter erfolgreich coachen

121
2017
Lars Brehm
Julia Gollinger
Welche Erfolgsfaktoren sind im Projektleitercoaching relevant und welche Auswirkungen hat Projektleitercoaching für den Projekterfolg und den Coachee? Für eine qualitative Untersuchung zur Beantwortung dieser Fragen wurden zwölf problemzentrierte Interviews mit folgendem Ergebnis durchgeführt: Die Fähigkeiten des Projektcoaches in Form der Coachingausbildung und -erfahrung, der Projektmanagementkenntnisse und -erfahrung sowie der sozial-kommunikativen und personalen Fertigkeiten stellen wichtige Erfolgsfaktoren dar. Da- rüber hinaus sind die Freiwilligkeit und Bereitschaft des Coachees und das Beziehungsverhältnis zwischen beiden Rollen essenzielle Grundvoraussetzungen. Die Auswirkungen eines erfolgreichen Projektcoachings können insbesondere in einem veränderten Auftreten und Verhalten des Projektleiters nachvollzogen werden, sodass das Projektcoaching einen positiven Einfluss auf das Projekt hat, welcher jedoch nur indirekt ermittelbar ist.
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70 KARRIERE projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2017 Coaching für Projektleiter gehört zum Angebot vieler Trainer und Beratungshäuser. Doch welche Erfolgsfaktoren gibt es für ein solches Coaching und lassen sich dessen Auswirkungen nachweisen? Zur Ergründung dieser Faktoren wurde ein qualitativer Forschungsansatz gewählt: Nach einer Literaturanalyse wurden zwölf problemzentrierte Interviews unter Berücksichtigung beider Perspektiven, die der Projektcoaches und die der Coachees, geführt. Die Interviews wurden strukturiert analysiert und mit Modellen aus der Literatur verglichen. Daraus konnte ein theoretisches Framework abgeleitet werden. 1 Bedeutung von Projektcoaching Die Anforderungen an die Rolle des Projektleiters innerhalb eines Projektes sind extrem vielfältig und fordern eine Vielzahl an verschiedenen Kompetenzen. Die reine Beherrschung der technischen Projektmanagementpraktiken ist dabei keinesfalls ausreichend, denn auch die Verhaltens- und Kontextkompetenzen des Projektleiters tragen entscheidend zum Erfolg des Projektes bei. Darüber hinaus wird der Projektleiter häufig mit vielen verschiedenen Anforderungen der einzelnen Interessensgruppen konfrontiert, welche es zu managen und umzusetzen gilt. Somit besteht aufgrund der Vielzahl an Aufgaben und Einwirkungen stets die Gefahr, den „roten Faden“ im Projekt zu verlieren. Um dem entgegenzuwirken, kann insbesondere dem Projektleiter als auch dem gesamten Projektteam oder einzelnen Teammitgliedern ein Projektcoach zur Seite gestellt werden, mit dessen Unterstützung Problemen und Krisen entgegengewirkt werden kann. Projektcoaching ermöglicht es, individuell nach den jeweiligen Bedürfnissen der gecoachten Personen, Schwerpunkte zu setzen, um Transparenz zu schaffen, wichtige Kompetenzen zu fördern und die Leistung zu steigern. Dabei werden Inhalte und Methoden aus dem klassischen Coaching im Projektkontext angewendet, um die ergebnisorientierte Selbst-, Prozess- und Lösungsreflexion der gecoachten Person zu fördern [1, S. 99 ff.; 2, S. 326 ff.]. 2 Projektcoaching: Ein Überblick Projektcoaching lässt sich wie folgt definieren: „Projektcoaching ist eine durch psychologische Methoden geleitete, systematische Förderung ergebnisorientierter Selbst-, Prozess-, Problembzw. Lösungsreflexion sowie Beratung von Personen, Gruppen und Organisationseinheiten im Kontext von oder in Zusammenhang mit Projekten.“ [1, S. 101-103]. Grundsätzlich kann zwischen drei verschiedenen Projektcoachingszenarien unterschieden werden: Einzel-, Team- und Prozesscoachings. Das im Rahmen dieses Artikels behandelte Coaching von Projektleitern lässt sich dabei in die Kategorie des Einzelcoachings einteilen. Der Vorteil von Projektcoaching liegt im Gegensatz zu Trainings- oder anderen Personalentwicklungsmaßnahmen im unmittelbaren Praxistransfer. Projektcoaching wird im Projektkontext angewendet, sodass die Lerninhalte den aktuellen Anforderungen des Projektes entsprechen und direkt im Projektalltag umgesetzt werden können [1, S. 104]. Darüber hinaus kann sich dem Coachee durch Projektcoaching eine erweiterte Problemsicht erschließen. Wo bisher externe Faktoren die Auslöser des Problems darstellten, erkennt er nun auch sein eigenes Verschulden und entwickelt daraufhin alternative Handlungsmöglichkeiten [3, S. 90]. Diesen Vorgang bezeichnet man als Double Loop Learning. Als mögliche Einsatzpunkte im Projektverlauf empfiehlt sich Projektcoaching begleitend zum Projektstart sowie in kritischen Projektphasen über den kompletten Projektverlauf hinweg [2, S. 388]. Idealerweise werden Projektcoachingmaßnahmen jedoch so früh wie möglich in das Projekt miteingebunden, um der sozialen Komplexi- Projektleitercoaching - Erfolgsfaktoren und Auswirkungen auf Projekt und Coachee Projektleiter erfolgreich coachen Autoren: Lars Brehm, Julia Gollinger >> Für eilige Leser Welche Erfolgsfaktoren sind im Projektleitercoaching relevant und welche Auswirkungen hat Projektleitercoaching für den Projekterfolg und den Coachee? Für eine qualitative Untersuchung zur Beantwortung dieser Fragen wurden zwölf problemzentrierte Interviews mit folgendem Ergebnis durchgeführt: Die Fähigkeiten des Projektcoaches in Form der Coachingausbildung und -erfahrung, der Projektmanagementkenntnisse und -erfahrung sowie der sozial-kommunikativen und personalen Fertigkeiten stellen wichtige Erfolgsfaktoren dar. Darüber hinaus sind die Freiwilligkeit und Bereitschaft des Coachees und das Beziehungsverhältnis zwischen beiden Rollen essenzielle Grundvoraussetzungen. Die Auswirkungen eines erfolgreichen Projektcoachings können insbesondere in einem veränderten Auftreten und Verhalten des Projektleiters nachvollzogen werden, sodass das Projektcoaching einen positiven Einfluss auf das Projekt hat, welcher jedoch nur indirekt ermittelbar ist. KARRIERE 71 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2017 Projektleitercoaching - Erfolgsfaktoren und Auswirkungen auf Projekt und Coachee Projektleiter erfolgreich coachen Autoren: Lars Brehm, Julia Gollinger tät des Projektstarts und seiner hohen Bedeutung für den Projekterfolg gerecht zu werden [1, S. 110 nach 17]. Am Projektende oder bei Projektabbruch kann Projektcoaching außerdem eingesetzt werden, um Lern- und Verbesserungspotenziale zu erschließen [4, S. 340]. Projektcoaching liegt eine Reihe von wichtigen Faktoren zugrunde, welche großen Einfluss auf den erfolgreichen Ausgang des Coachings haben. Hierzu zählen der Projektcoachingprozess sowie die beiden Rollen im Projektcoaching, Projektcoach und Coachee, und deren Beziehungsverhältnis. Coachingprozess Dem Vorgehen im Projektcoaching liegt ein Projektcoachingprozess zugrunde. Je nach Umfang des Projektcoachings kann dieser eine oder mehrere Projektcoachingeinheiten umfassen. Die einzelnen Interventionen bilden dabei den Hauptbestandteil des Coachings. Gemeinsam mit Erstkontakt und Auftragsklärung zu Beginn sowie dem Abschluss des Auftrags stellen sie den gesamten Projektcoachingprozess dar [5, S. 99]. Jeder Coachingprozess wird stets individuell an den jeweiligen Coachee angepasst. Deshalb basiert auch die Auswahl der einzelnen Coachingmethoden auf den spezifischen Anforderungen und Themen des jeweiligen Coachings sowie auf der Persönlichkeit des Coachees [6, S. 294]. Es ist eine wichtige Aufgabe des Projektcoaches, basierend auf seinem Einfühlungsvermögen, seiner Erfahrung und seiner Reflexionsfähigkeit, die passenden Methoden auszuwählen. Kompetenzen des Projektcoaches Das zeigt offensichtlich, dass der Projektcoach gewisse Fähigkeiten und Fertigkeiten mitbringen muss, welche ihn zum Projektcoaching befähigen. Diese lassen sich in fünf Kategorien einteilen [7]: • Sachkompetenz, • Methodenkompetenz, • Feld- und Funktionskompetenz, • personale Kompetenz und • sozial-kommunikative Kompetenz. Im Bereich der Sachkompetenz sind die psychologische Expertise des Coaches [8], umfassende Kenntnisse im Projektmanagement und im Umgang mit Projektmanagementtools [2, S. 388; 9, S. 158; 4, S. 345] sowie Kenntnisse über die Steuerungs- und Führungsaufgaben eines Projektleiters [10] anzuführen. Die Methodenkompetenz umfasst Kenntnisse über die Methoden der Gesprächsführung [4, S. 338] sowie die Coachingprozesskompetenz und Methodenkompetenzen [1, S. 111]. In Bezug auf die sozial-kommunikative Kompetenz sind unter anderem die Lösungsorientierung des Coachees, Einfühlvermögen und emotionale Intelligenz [11], die Fähigkeit des Zuhörens und der Kommunikation [8, S. 833], die Kontakt- und Beziehungsfähigkeit sowie die Kritik-, Konfrontations- und Konfliktfähigkeit [7, S. 276] zu nennen. Die personalen Kompetenzen des Projektcoaches schließen eine hohe Integrität, die Fähigkeit der präzisen Wahrnehmung und Beurteilung, die Fähigkeit des Konfliktmanagements, Vertrauens- und Glaubwürdigkeit und eine gewisse persönliche Reife mit ein. [12, S. 467-477]. Ehrlichkeit, Fokussierung [11, S. 70], Selbstreflexionsfähigkeit, eine rasche Auffassungsgabe, Flexibilität, Belastbarkeit und Diskretion [7, S. 277] sind nur einige der Eigenschaften, welche an dieser Stelle zusätzlich aufgeführt werden können. Die Feld- und Funktionskompetenz als fünfter Bestandteil bezieht sich vor allem auf eine vorangegangene oder parallele Projektleitertätigkeit des Projektcoaches, aber auch auf dessen professionelle Coachingausbildung. Anforderungen an den Coachee Neben den Kompetenzen des Projektcoaches müssen auch aufseiten des Coachee bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Jedoch werden an den Coachee weitaus weniger Anforderungen gestellt als an den Projektcoach, denn grundsätzlich kann jeder Persönlichkeitstyp gecoacht werden [5, S. 76]. Um jedoch den Erfolg des Projektcoachings und eine gute Beziehung zwischen Coach und Coachee zu gewährleisten, müssen folgende Grundbedingungen erfüllt sein: Freiwilligkeit, Proaktivität, Zielorientierung, Veränderungsbereitschaft und ein funktionierendes Selbstmanagement sowie die persönliche Reife des Coachees. Darüber hinaus ist ein gutes Verhältnis zwischen Projektcoach und Coachee ausschlaggebend für den Lernerfolg und die Weiterentwicklung des Coachees im Rahmen des Projektcoachings [12, S. 480]. Für ein positives Beziehungsverhältnis sind die Ausprägung und das Zusammenspiel der oben genannten sozial-kommunikativen und personalen Charakteristika des Projektcoaches und des Coachees essenzielle Faktoren. 3 Theoretisches Framework auf Basis der Literaturanalyse Die Ergebnisse aus der theoretischen Literaturanalyse werden nachfolgend in einem theoretischen Framework ausgeführt (Abb. 1). Dies ist ein Modell zur Darstellung von logischen Beziehungen zwischen den relevanten Erfolgsfaktoren für das Projektcoaching und deren Auswirkung auf den Projektcoach und Coachee. Die zu erklärende Variable (abhängige Variable) ist auf der rechten Seite angeordnet und soll durch die unabhängigen Variablen (linke Seite) bestimmt werden. Intervenierende Variablen sind messbare Zwischenschritte bzw. Konstrukte. Die Abhängigkeiten zwischen den Variablen werden durch Pfeile dargestellt und durch Plusbzw. Minuszeichen als positiver beziehungsweise negativer Einfluss kenntlich gemacht. Der Einfluss zwischen zwei Variablen kann durch moderierende Variablen verstärkt beziehungsweise reduziert werden [18, S. 50 f.]. Im Folgenden werden die wichtigsten Elemente kurz erläutert. Unabhängige Variablen Ein wichtiges Kriterium ist die Gestaltung des Projektcoachingprozesses durch den Projektcoach. Denn nur durch dieses gezielte Vorgehen lassen sich Lösungen erarbeiten und konkrete Maßnahmen für deren unmittelbare Umsetzung in der Projektpraxis ableiten. Der Aufbau und der Erhalt eines positiven und partnerschaftlichen Beziehungsverhältnisses zwischen Projektcoach und Coachee sind geprägt von Vertrauen, Ebenbürtigkeit und Diskretion. Diese Faktoren bilden die Basis für das Lernen höherer Ordnung. Ein weiterer ausschlaggebender Faktor für den Erfolg der Reflexionsgespräche ist die Auswahl der Projektcoachingmethoden durch den Projektcoach. Eine individuelle Abstimmung der Methoden auf die persönlichen Herausforderungen des einzelnen Klienten und die Ziele des Projektcoachings stellen dabei den kritischen Erfolgsfaktor für das Double Loop Learning dar. Das Timing des Projektcoachings beeinflusst neben dem Projektcoachingprozess den unmittelbaren Projekttransfer der Projektcoachinginhalte. Idealerweise wird bereits vor Projektstart über den kompletten Projektverlauf hinweg mit dem Projektcoaching begonnen. Darüber hinaus empfiehlt sich Projektcoaching auch zur Begleitung des Projektabschlusses, um „Lessons Learned“ für nachfolgende Projekte abzuleiten. 72 KARRIERE projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2017 Methodeneinsatz. Coachingprozesswissen ist Grundlage für die Ausgestaltung des Projektcoachingprozesses. Umfassende Coaching- und Projekterfahrung stärken die Vertrauens- und Glaubwürdigkeit des Projektcoaches und ermöglichen es ihm, neue Anliegen der Klienten auf Basis seiner eigenen Erfahrungswerte zu verstehen. Die Proaktivität des Coachees ist ein wichtiges Kriterium für den Aufbau eines positiven Beziehungsverhältnisses zwischen Klient und Projektcoach. Sie steigert außerdem gemeinsam mit dem richtigen Maß an Zielorientierung die Fähigkeit des Coachees, Feedback anzunehmen. Charakteristika wie Freiwilligkeit und Selbstmanagement sind darüber hinaus Voraussetzung dafür, dass überhaupt ein Projektcoaching zustande kommt. Für beide Parteien, sowohl für den Projektcoach als auch für den Coachee, gelten eine gegenseitige Akzeptanz und Vertrauen als Grundbausteine des Beziehungsverhältnisses. munikationsstärke und seine Konfrontations- und Konfliktfähigkeit ist es ihm außerdem möglich, den Klienten hinreichend bei der Lösungsfindung zu unterstützen und sein Verhalten kritisch zu hinterfragen. Emotionale Intelligenz ist für die Aufrechterhaltung des Beziehungsverhältnisses im Verlauf des Projektcoachings entscheidend. Projektmanagementkenntnisse im Allgemeinen und Kenntnisse über die umfangreichen Führungsaufgaben des Projektleiters im Besonderen erleichtern es dem Projektcoach, die Anliegen und Erwartungen des Klienten im Projektkontext zu verstehen und auf Basis dieses Verständnisses gemeinsam mit den Klienten im Rahmen des Coachingprozesses gezielte Lösungsvorschläge und Maßnahmen abzuleiten. Weitreichende Kenntnisse über Coachingmethoden und weitere Soft Skills wie Methoden der Gesprächsführung und Kommunikation ermöglichen darüber hinaus einen individuell auf den Klienten abgestimmten Moderierende Variablen Die notwendigen Qualifikationen eines Projektcoaches und deren Gliederung in fünf Kernkompetenzen beeinflussen alle vier unabhängigen Variablen positiv. Die personalen Voraussetzungen des Projektcoaches befähigen diesen zum Projektcoaching. Seine Flexibilität, schnelle Auffassungsgabe und präzise Wahrnehmung ermöglichen es immer wieder, neue Beziehungen mit den Coachees aufzubauen. Dabei haben ein hohes Maß an Integrität, Offenheit und Diskretion sowie Vertrauens- und Glaubwürdigkeit positive Auswirkungen auf den Beziehungsaufbau zum Klienten. Die sozial-kommunikativen Kompetenzen ermöglichen es dem Coach, das Beziehungsverhältnis zum Klienten sowohl im Aufbau, als auch in seiner Aufrechterhaltung bewusst zu gestalten. Durch sein Einfühlvermögen, seine Fähigkeit des Zuhörens, seine Kom- Abb. 1: Theoretisches Framework auf Basis der Literaturanalyse KARRIERE 73 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2017 mit Projektcoachingerfahrung sowie Projektleiter mit langjähriger Projekterfahrung und Teilnahme an einem Projektleitercoaching ausgewählt. Detaillierte Informationen in anonymisierter Form bezüglich der Interviewpartner und ihrer Unternehmen können Tabelle 1 entnommen werden. Datenerhebung Die Datenerhebung erfolgte anhand von qualitativen Interviews. Als Interviewform wurde das problemzentrierte Interview nach [14] gewählt. Als Hilfsmittel diente ein Interviewleitfaden, in welchem die einzelnen Thematiken des Gespräches anhand von Formulierungsvorschlägen in einer sinnvollen Reihenfolge festgehalten wurden [15, S. 69]. Der Leitfaden fungierte lediglich als Begleit- und Kontrolldokument anhand dessen überprüft werden konnte, inwieweit die einzelnen Themen im Gesprächsverlauf angesprochen wurden, sodass eine Vergleichbarkeit der Interviews gewährleistet werden kann. Da im Rahmen dieser Untersuchung sowohl Projektcoaches als auch Coachees befragt wurden, wurden zwei Varianten des Interviewleitfadens mit folgenden identischen Themenblöcken angefertigt: • Anforderungen an den Projektcoach • Anforderungen an den Coachee • Beziehungsverhältnis zwischen Projektcoach und Coachee • Timing des Projektcoachings • Projektcoachingprozess • Projektcoachingmethoden • Projektcoachingergebnis Datenanalyse Die Interviews wurden in Form von qualitativen Inhaltsanalysen ausgewertet. Es wurde die Methode der inhaltlich-strukturierten Inhaltsanalyse nach [16] angewendet. Der komplette Codier- und Analyseprozess wurde mit der Software MaxQDA durchgeführt, da diese in allen Prozessschritten der inhaltlich-strukturierten Inhaltsanalyse unterstützend und arbeitserleichternd eingesetzt werden konnte. 5 Ergebnisse Für die Ergebnisdarstellung werden zunächst die Aussagen der beiden Fokusgruppen miteinander verglichen, ehe die Erfolgsfaktoren und Auswirkungen in einem theoretischen Framework vorgestellt werden. Zwischen den beiden Fokusgruppen lassen sich je nach Thema sowohl unterschiedliche als auch übereinstimmende Haltungen ableiten, welche in Abbildung 2 dargestellt und nachfolgend beschrieben sind. Die Achsen beschreiben die zugeordnete Bedeutung für einen Faktor; jeweils aus Projektcoach- und Coacheesicht. In Bezug auf die Anforderungen an die Fertigkeiten eines Projektcoaches stehen beide Fokusgruppen einer Coachingausbildung positiv gegenüber. Während die Gruppe der Projektcoaches diese als sehr wichtig einstuft und der Meinung ist, dass es „… ohne diese Ausbildung ... überhaupt nicht gehen [würde]“, wird sie von den Coachees jedoch nur als „sinnvoll“ betitelt. Beide sind sich auch darüber einig, dass die sozialkommunikativen Kompetenzen des Projektcoaches bereits im Vorfeld zumindest in Grundzügen vorhanden sein müssen. Coachingerfahrung wird nur von den Projektcoaches als wichtig erachtet, jedoch nicht von den Coachees. Bezüglich der Projektmanagement-Fachkenntnisse und -Erfahrung herrscht wieder Einigkeit unter den Befragten, indem diese Eigenschaften als sehr wichtig empfunden werden. Aufseiten der Projektcoaches wird hierbei insbesondere angesprochen, „dass es [als Projektcoach] wichtig ist, zu wissen, wie Führung funktioniert“. Die sozial-kommunikativen Kompetenzen werden von beiden Seiten als „das A und O“ eingestuft. Hier wird Abhängige Variable Der Erfolg des Projektcoachings spiegelt sich letztendlich in der unmittelbaren Anwendung der Projektcoachinginhalte im Projektkontext, welche eine Erreichung der Projektziele innerhalb des geplanten Budget- und Zeitrahmens unterstützt [13, S. 157]. Darüber hinaus werden die vielfältigen Führungskompetenzen des Projektleiters, wie beispielsweise die Expertise in der Steuerung der Projektziele, im Management, in der Koordination von Prozessen und Ressourcen, in der Führung von Mitarbeitern und im Umgang mit Stakeholdern, sowie seine Fähigkeit des Selbstmanagements in Hinblick auf Zeit und Stress [10] gestärkt und ausgebaut. 4 Forschungsdesign Dieses theoretische Modell aus der Literaturanalyse wurde anschließend in der Praxis überprüft. Forschungsfrage war: Was sind die Erfolgsfaktoren von Projektleitercoaching und deren Auswirkungen auf den Coachee und auf das Projekt? Interviewpartnerauswahl Als Interviewpartner wurden sowohl unternehmensexterne als auch -interne Projektcoaches Coach/ Coachee Position Branche des Unternehmens Projektcoach 1 Inhaber Coaching & Beratung Projektcoach 3 Head of Project Management Telekommunikation Projektcoach 4 Inhaber Coaching & Beratung Projektcoach 5 Inhaber Coaching & Beratung Projektcoach 6 Inhaber Coaching & Beratung Projektcoach 7 Senior Project Manager Telekommunikation Projektcoach 8 Projektleiter und -coach Coaching & Beratung Projektcoach 9 Inhaber Beratung & Projektmanagement Projektcoach 10 Inhaber Coaching & Beratung Coachee 1 Projektmanager Telekommunikation Coachee 2 Projektleiter Öffentlicher Dienst Tab. 1: Interviewpartner, die zum Erfolg der Studie beigetragen haben 74 KARRIERE projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2017 Beide Gruppen sind sich darüber einig, dass bestimmte Merkmale einer Beziehung gegeben sein müssen, ohne die ein positiver Beziehungsaufbau und -erhalt im Verlauf des Projektcoachings nicht möglich wären. Jedoch lassen sich in den genannten Merkmalen Abweichungen feststellen. Den Beziehungsaufbau und -erhalt sehen insbesondere die Projektcoaches als wichtige Grundvoraussetzung für den Erfolg des Projektcoachings an, wobei „[die] Kernleistung des Beziehungsaufbaus ... beim Coach liegt“. Auf Seiten der Coachees konnten in der Gestaltung der Beziehung keine Schwierigkeiten festgestellt werden, insbesondere deswegen, da alle Merkmale an die Beziehung und die Anforderungen an den Projektcoach und den Coachee erfüllt waren. Der Einsatzzeitpunkt von Projektcoaching im Projektverlauf wird von den Fokusgruppen wie folgt bewertet: Sowohl Projektcoaches als auch Coachees sehen den Einsatz von Projektcoaching zu Projektbeginn als sehr sinnvoll an. Von einer Begleitung der Projektkrisen raten die Projektcoaches ab, da es schlichtweg zu spät ist, um Veränderungen zu bewirken. Aufseiten der Coachees wurde der Einsatz von Projektcoaching in Projektkrisen als positive Erfahrung gewertet, jedoch wurde Projektcoaching bereits seit Beginn des Projektes eingesetzt und nicht erst in der Projektkrisensituation nachgefragt. Die Begleitung des Projektabschlusses wird von den Projektcoaches als nicht sinnvoll eingestuft. Vonseiten der Coachees wird hierzu keine Wertung abgegeben. Während des Projektcoachings wird die Einbindung des Projektteams und der Teilprojektleiter von beiden Fokusgruppen als sinnvoll angesehen, um Akzeptanz herzustellen und den nachhaltigen Erfolg des Projektcoachings zu gewährleisten. Ein konkreter Coachingprozess kann weder aufseiten der Projektcoaches, noch aufseiten der Coachees nachvollzogen werden. Bis auf eine Dreiphaseneinteilung in Start-, Umsetzungs- und Abschlussphase lassen sich im Ablauf keine allgemeingültigen Elemente ableiten. Grundsätzlich sind sich beide Seiten einig, dass Projektcoaching eine positive Auswirkung auf den Coachee hat, indem er einen persönlichen Gewinn aus dem Coaching zieht, eine andere Haltung annimmt und Verfahrensweisen aus dem Coaching adaptiert. Diese Veränderungen überträgt der Coachee in Form eines veränderten insbesondere auf die Kommunikationsstärke und die Fähigkeit des Zuhörens verwiesen. Von den Projektcoaches werden darüber hinaus noch Wertschätzung und der Respekt gegenüber dem Coachee, Beziehungskompetenz, Führungskompetenz, Empathie und emotionale Intelligenz aufgeführt. Auch gewisse personale Kompetenzen erachten sowohl Projektcoaches als auch Coachees als sehr wichtig. Eine Übereinstimmung lässt sich hier im Auftreten des Projektcoaches als unterstützende Instanz erkennen. Weitere Eigenschaften sind sehr gute analytische Fähigkeiten, die Fähigkeit der Selbstreflexion, die Fähigkeit der Vermittlung komplexer Sachverhalte, Offenheit, Interesse am Coachee sowie Ruhe und Weitblick. Branchenfachkenntnis als letztes Attribut wird nur auf Seiten der Projektcoaches angesprochen und als wichtig erachtet. Als Grundvoraussetzungen aufseiten des Coachees werden Freiwilligkeit als der „Dreh- und Angelpunkt“ und Veränderungsbereitschaft von beiden Fokusgruppen angegeben. Während die Fähigkeit der Selbstreflexion nur von den Projektcoaches genannt wird, wobei hier eine gewisse Uneinigkeit herrscht, inwiefern diese als Voraussetzung zu werten ist. Abb. 2: Portfoliomatrix der beiden Fokusgruppen KARRIERE 75 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2017 Auftretens und einer veränderten Arbeitsweise direkt in das Projekt, sodass Projektcoaching einen positiven Effekt auf das Projekt hat. Das Ausmaß ist jedoch nur indirekt spürbar und kann nicht gemessen werden. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung können nun in einem Framework (Abb. 3) dargestellt werden, welches neben den einzelnen Indikatoren auch deren Beziehung untereinander und deren Auswirkungen beinhaltet. Unabhängige Variablen Den Erfolg des Projektcoachings bedingt unter anderem das frühzeitige Timing des Projektleitercoachings im Projektverlauf. Idealerweise sollte Projektcoaching bereits bei Projektstart eingesetzt werden, da dieser die Achillesferse des Projektes darstellt und somit Fehlern und Krisen vorgebeugt werden kann. Darüber hinaus ist das gemeinsame Zielverständnis von Coachee und Projektcoach ein ausschlaggebender Faktor. Es wird auch als der rote Faden des Coachingprozesses bezeichnet und kann eine Haltungsänderung beim Coachee bewirken. Ein weiterer Erfolgsfaktor sind die sozial-kommunikativen Fähigkeiten des Projektcoaches. Moderierende und intervenierende Variablen Positiv beeinflusst wird dieses durch die Projektmanagement-Fachkenntnisse des Projektcoaches sowie durch die gewonnene Projektmanagementerfahrung. Selbstverständlich stellt auch das Thema des Projektcoachings einen Einflussfaktor auf das Zielverständnis dar, um abschließend eine Haltungsänderung beim Coachee hervorrufen zu können. Die sozial-kommunikativen Fähigkeiten des Projektcoaches werden vor allem durch die vorangegangene oder parallele Projektleitertätigkeit erlangt und im Rahmen einer hochwertigen Coachingausbildung weiterentwickelt. Sie sind Grundlage für die Gestaltung einer Beziehung auf Augenhöhe zwischen Projektcoach und Coachee (intervenierende Variable) und den Bestand dieser über den gesamten Projektcoachingprozess hinweg. Dieses Beziehungsverhältnis stellt mitunter eine wichtige Basis für den individuell auf den Coachee abgestimmten Methodeneinsatz (intervenierende Variable) im Rahmen der einzelnen Coaching Sessions dar. Ebenso wird dieser noch von der Freiwilligkeit und der Veränderungsbereitschaft des Coachees beeinflusst. Denn diese beiden Eigenschaften gelten als Grundvoraussetzungen, da ohne deren Vorhandensein ein Beginn eines Projektcoachings als nicht sinnvoll anzusehen ist. Die dritte Komponente, die einen positiven Einfluss auf den personalisierten Methodeneinsatz ausübt, sind gewisse Werte, welche der Beziehung zugrunde liegen und von beiden Akteuren getragen werden. Hierbei handelt es sich um Vertraulichkeit, Integrität, Wertneutralität und Offenheit. Generell wird davon ausgegangenen, dass die einzelnen Coaching Sessions und die darin behandelten Inhalte, genauso wie das gemeinsame Zielverständnis (unabhängige Variable) einen positiven Einfluss auf die Haltungsänderung aufseiten des Coachees (intervenierende Abb. 3: Theoretisches Framework auf Basis der qualitativen Forschung Corporate Quality Akademie Projektmanagement Einführungslehrgang per Fernlehre: www.cqa.de PM-Normen + Methoden info@cqa.de www.cqa.de 029161 908951 Anzeige 76 KARRIERE projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2017 ches Bild der Erfolgsfaktoren im Projektcoaching zu erhalten. Auch die inhaltliche Einschränkung auf das klassische Projektmanagement kann auf Projektcoaching im agilen Projektmanagement ausgeweitet werden. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, die Erfolgsfaktoren im weiteren Verlauf getrennt voneinander tiefergehend zu untersuchen.  Literatur [1] Wastian, M./ Braumandl, I./ Dost, B.: Projektcoaching als Weg zum erfolgreichen Projekt. In: Wastian, M./ Braumandl, I./ von Rosenstiel, L. (Hrsg.): Angewandte Psychologie für das Projektmanagement: Ein Praxisbuch für die Erfolgreiche Projektabwicklung. Springer Medizin Verlag, 2012, S. 97-117 [2] Schelle, H./ Ottmann, R./ Pfeiffer, A.: Projekt- Manager. 3. Auflage, GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., Nürnberg 2008 [3] Webers, T.: Systemisches Coaching: Psychologische Grundlagen. Springer, Wiesbaden 2015 [4] Wastian, M./ Kronenberg, M.: Projektcoaching: Psychologische Beratung im Projektmanagement. In: Wagner, Reinhard (Hrsg.): Beratung von Organisationen im Projektmanagement. Symposion Publishing GmbH, Düsseldorf 2015, S. 337-360. [5] Hiller, C./ Majer, C./ Minar-Hödel, P./ Zahradnik, H.: Projektcoaching: [bringt mich einfach weiter; Werte, Prozesse, Methoden, Hilfsmittel]. 2. Auflage, Goldegg Management, Goldegg Verlag, Wien 2007 [6] Wastian, M./ Kronenberg, M.: Psychological Project Coaching: The Success Booster for Projects and their Managers, In: Rietiker, S./ Wagner, R. (Hrsg.): Theory Meets Practice in Projects. GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., Nürnberg 2014, S. 288-301 [7] Steinke, I.: Kompetenzanforderungen an Coaches. In: Schreyögg, A./ Schmidt-Lelleck, C. (Hrsg.): Die Professionalisierung von Coaching. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2015, S. 257-282 [8] Feldman, D. C./ Lankau, M. J.: Executive Coaching: A Review and Agenda for Future Research. In: Journal of Management, 31, 2005, S. 829-848 [9] Schüler, U.: Coaching in Projekten. In: Schreyögg, A./ Schmidt-Lelleck, C. (Hrsg.): Die Professionalisierung von Coaching. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2015, S. 149-165 Es wurde darüber hinaus festgestellt, dass die ehemals unabhängigen Variablen „Beziehung auf Augenhöhe“ und „individueller Methodeneinsatz“ eine Folge der sozial-kommunikativen und personalen Kompetenzen des Projektcoaches sind und darüber hinaus von den weiteren Fertigkeiten des Projektcoaches, den Voraussetzungen des Coachees, den Themen des Coachings und den Merkmalen der Beziehung beeinflusst werden. Das zweite Framework fordert im Vergleich zum ersten keinen detaillierten Coachingprozess mehr, sondern veranschaulicht nur das gemeinsame Zielverständnis von Coach und Coachee zu Beginn des Projektcoachingprozesses als essenziell, da es den roten Faden des Coachingprozesses darstellt. 7 Ausblick Im Bereich des Coachings zählt Projektcoaching zu den jüngsten Ausprägungen. Dies erklärt die Tatsache, dass bislang eine eher geringe Anzahl an Fachliteratur und Forschungsarbeiten hierüber veröffentlicht wurde. In der Praxis erfreut sich Projektcoaching jedoch bereits großer Beliebtheit: Tendenz steigend. Weiterführende wissenschaftliche Untersuchungen sind daher hochgradig relevant und sollten nicht nur im Interesse der Wissenschaft stehen, sondern auch von den Projektcoaches selbst gefordert werden. Der vorgestellte Forschungsansatz setzt an diesem Punkt an, indem die Erfolgsfaktoren des Projektleitercoachings und deren Auswirkungen auf den Coachee und das Projekt analysiert werden. Weiterhin werden wichtige neue Erkenntnisse in Bezug auf die Schlüsselelemente und deren Einfluss auf die Wirksamkeit von Projektleitercoachings geliefert. Positive Auswirkungen auf das System „Projekt“ können nachvollzogen werden und rechtfertigen die Wichtigkeit dieser Disziplin sowie die Notwendigkeit von weiteren darauf aufbauenden Forschungsansätzen. Themen für die weitere Forschung sind insbesondere Ansätze zur Typologisierung der Vorgehensweisen und zur Messung des Projektnutzens, da diese bisher nur rudimentär vorhanden sind. Das hier vorgestellte theoretische Framework stellt einen ersten Ansatz zur Analyse des Untersuchungsgegenstandes dar. Der Schwerpunkt dieser Forschungsarbeit liegt, wie eingangs dargestellt, auf dem Projektcoaching der Projektleiter. Weitere Formen des Projektcoachings sind ebenfalls zu untersuchen, um ein gesamtheitli- Variable) haben. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass individuell auf das zu coachende Thema eingegangen wird und der Projektcoach die richtigen Methoden auswählt. Dieses Wissen erlangt der Projektcoach sowohl durch die Coachingausbildung als auch durch die bereits gewonnene Coachingerfahrung. Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass bereits eine Haltungsänderung (intervenierende Variable) einen persönlichen Mehrwert aufseiten des Coachees darstellt und diese somit als Erfolgsindikator gewertet werden kann. Inwieweit die Lösungen und das Verhalten letztendlich auf das Projekt übertragen (abhängige Variable) werden, liegt in der Verantwortung des Coachees und kann durch ein Anschlusscoaching der Projektstakeholder (moderierende Variable) noch zusätzlich unterstützt werden. Grundsätzlich gilt, dass zwischen dem Projektcoachingerfolg und Projekterfolg nur ein indirekter Zusammenhang festgestellt werden kann, welcher nicht durch konkrete Indikatoren messbar ist. 6 Vergleich der beiden Frameworks Bei einem Vergleich des ersten Frameworks (Abb. 1) mit dem zweiten Framework (Abb. 3) lassen sich einige Veränderungen sowohl in der Platzierung und Anordnung der Variablen als auch in deren Beziehungsverhältnis erkennen. Zusätzlich wurden außerdem neue Variablen, wie die Einbindung der Stakeholder oder die Themen des Coachings mit aufgenommen. Die weitreichendsten Veränderungen werden im Folgenden beschrieben. Im Gegensatz zur ersten Version des Frameworks wird die Haltungsänderung des Coachees als intervenierende Variable festgelegt. Denn Coaching geht von einer Ressourcenorientierung des Coachees aus, sodass diese lediglich ein Mittel zur Haltungsänderung darstellt und in den einzelnen Coaching Sessions aufgegriffen wird. Die Verhaltensänderung in Form von Double Loop Learning wird in diesem Framework durch die Haltungsänderung ersetzt, da sich prinzipiell eher die Einstellung des Coachees ändert, welche anschließend im System „Projekt“ in Form eines veränderten Verhaltens nachvollzogen werden kann. Inwiefern dies eintritt, ist jedoch vom Willen des Coachees und seiner Veränderungsbereitschaft abhängig. Darüber hinaus spielt auch das Anschlusscoaching der direkten Projektstakeholder in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle. KARRIERE 77 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2017 [10] Wastian, M./ Braumandl, I./ Weisweiler, S.: Führung in Projekten: Eine prozessorientierte Zukunftsperspektive. In: Grote, S. (Hrsg.): Die Zukunft der Führung. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg 2012, S. 75-102 [11] Passmore, J.: An Integrative Model for Executive Coaching. In: Consulting Psychology Journal: Practice and Research, Ausg. 59, Nr. 1, 2007, S. 68-78 [12] Joo, B.-K.: Executive Coaching: A Conceptual Framework from an Integrative Review of Practice and Research. In: Human Resource Development Review, 4, 2005, S. 426-488 [13] Lippmann, R.: Coaching für Projektleitende. In: Lippmann, E. (Hrsg.): Coaching: Angewandte Psycholgie für die Beratungspraxis. Springer, Berlin, Heidelberg 2013, S. 155-169 [14] Witzel, A.: Das problemzentrierte Interview. Forum Qualitative Sozialforschung, 2000 [15] Mayring, P.: Einführung in die qualitative Sozialforschung. 5. Auflage, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 2002 [16] Kuckartz, U.: Qualitative Inhaltsanalyse: Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Grundlagentexte Methoden. 3., überarb. Aufl., Beltz, Juventa, Weinheim und Basel 2016 [17] Gregor-Rauschtenberger, B./ Hansel, J.: Innovative Projektführung. Erfolgreiches Führungsverhalten durch Supervision und Coaching. 2. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg, New York, Tokio 2001 [18] Recker, J.: Scientific Research in Information Systems: A Beginner’s Guide. Springer Science & Business Media, 2013 Schlagwörter Coaching, Führung, Projektcoaching, Projektleiter, Projektleitercoaching, Projektmanagement Kompetenzelemente der ICB 4.0 2.01 Selbstreflexion und Selbstmanagement, 2.05 Führung Autoren Prof. Dr. Lars Brehm ist an der Hochschule München an der Fakultät für Betriebswirtschaft in den Gebieten Projektmanagement, Geschäftsprozessmanagement und Digitalisierung in Lehre und Forschung aktiv. Er war zuvor über zwölf Jahre in der Beratung und der Industrie als Subject Matter Expert, Projektleiter und leitender Angestellter tätig. Er ist zertifizierter Project Management Professional und Professional Scrum Master. Anschrift: Hochschule München, Am Stadtpark 20, 81243 München, E-Mail: Lars.Brehm@hm. edu, http: / / bw.hm.edu/ p/ brehm.de.html Julia Gollinger absolviert aktuell ihr Masterstudium in „Management und Marketing“ mit dem Schwerpunkt Personalmanagement an der Bergischen Universität Wuppertal. Zuvor hat sie ihr Bachelorstudium in Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt „Projektberatung und -management“ an der Hochschule München erfolgreich abgeschlossen. Sie sammelt studienbegleitend Praxiserfahrung im Bereich der Personalentwicklung und des Personalmanagements. Anzeige