eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 29/1

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
0101
2018
291 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Geschichte und Funktionsweise der Forschungswerkstatt

0101
2018
Stephen Rietiker
Die erste GPM Forschungswerkstatt fand 2008 statt. Seit dieser ersten Durchführung vor zehn Jahren hat sich die Veranstaltung gewandelt und weiterentwickelt. Dieser kurze Artikel schaut zurück auf diese zehn Jahre, auf die Anfänge, die ursprüngliche Zielsetzung, die behandelten Themen und was sich seither verändert hat.
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32 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Die erste GPM Forschungswerkstatt fand 2008 statt. Seit dieser ersten Durchführung vor zehn Jahren hat sich die Veranstaltung gewandelt und weiterentwickelt. Dieser kurze Artikel schaut zurück auf diese zehn Jahre, auf die Anfänge, die ursprüngliche Zielsetzung, die behandelten Themen und was sich seither verändert hat. 1 Einleitung Dieser Artikel liefert vertiefende Hintergrundinformationen und beleuchtet insbesondere die Entstehungsgeschichte und die Funktionsweise der Forschungswerkstatt: • Was muss ich mir unter einer Forschungswerkstatt vorstellen? • Was war die ursprüngliche Idee der Forschungswerkstatt? • Worin besteht der Unterschied zu anderen Veranstaltungen? • Was ist über die Jahre gleichgeblieben, was hat sich verändert? • Was ist besonders an der D-A-CH-Forschungswerkstatt? Ich war seit 2008 in einer tragenden Organisationsrolle bis einschließlich 2015 dabei und kenne somit die ganze Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte; Ende 2015 habe ich mich aus verschiedenen, vor allem persönlichen und zeitlichen Gründen als Mitorganisator zurückgezogen. Da dieser Artikel für mich auch die Gelegenheit zu einer persönlichen Rückschau über diese vielen Jahre bietet, erlaube ich mir, subjektive Anmerkungen in der Ich-Form zu schreiben. 2 Zur Geschichte Die erste Forschungswerkstatt fand 2008 statt. Wir blicken also auf zehn Jahre zurück, in denen nicht nur optimiert, sondern auch weiterentwickelt wurde und in denen zudem eine geografische Ausdehnung stattgefunden hat. 2.1 Was war das ursprüngliche Ziel? Es gab mehrere Gründe, warum diese Veranstaltung ins Leben gerufen wurde: • Sie sollte als Vehikel für die Fachgruppe „Neue Perspektiven in der Projektarbeit“ dienen, um deren Arbeitsergebnisse präsentieren und verifizieren zu können. Die Veranstaltung sollte somit ein Mittel zum Zweck sein, und das primäre Ziel war nicht, eine neue Veranstaltung zu lancieren. Nachdem wir 2007 zwei Papers auf dem PM-Forum präsentiert hatten, wollten wir uns öffnen und eine weitergehende Diskussion über die Grenzen der PM- Fachverbände hinaus lancieren. • Es sollte eine Plattform geboten werden, um interdisziplinäre Gruppen von Beteiligten zusammenzubringen: - Individuen/ Experten/ Vertreter aus Unternehmen, Verbänden, Forschungs- und Fortbildungseinrichtungen - Praktiker und Wissenschaftler/ Forscher • Wir wollten eine neuartige Veranstaltungsform „austesten“. • Und last but not least würde damit das Profil der GPM in Sachen Forschung gestärkt werden. 2.2 Themen 2008 bis 2016 Im ersten Jahr wurden gleich zwei Forschungswerkstätten durchgeführt, danach jeweils eine pro Jahr. Über die Jahre wurden die Themen gemäßg Tabelle 1 behandelt. 2.3 Was sich über die Jahre verändert hat Wir können vier zeitliche Etappen unterscheiden, die jeweils nach einem gemeinsamen Grund- Hinter den Kulissen: Geschichte und Funktionsweise der Forschungswerkstatt Autor: Stephen Rietiker Jahr Thema Publikation 2008 PM-Standards 2020 - Szenarien und Orientierung - 2008 Projekt als Strategie - Strategie als Projekt [1] 2009 Organizational Competence in Project Management [2] 2010 Zwischen Lust und Frust - Energiequellen und Widerstände in der Projektarbeit - 2011 Theorie(n) der Projektarbeit, Teil 1, Differenzen - Relationen - Synergien [3] 2012 Theorie(n) der Projektarbeit, Teil 2, Ergebnisse - Vertiefungen - Impulse 2013 Theory meets Practice in Projects, Part 3, Results - Reflections - Way Forward 2014-2016 Komplexität und Ungewissheit [4] Tab. 1: Übersicht der Themen von 2008 bis 2016 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 33 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 muster funktionierten. Von Etappe zu Etappe hat sich jeweils das Grundmuster gewandelt, wie in Abbildung 1 ersichtlich ist. Der neue 3-Jahres-D-A-CH-Zyklus 2017-2019 wurde im Jahr 2017 in Luzern gestartet und ist dem Thema „Zeit“ gewidmet. Zusätzlich ist noch zu erwähnen, dass aus der Forschungswerkstatt die IPMA Research Conference entstanden ist. Diese wird seit 2014 mit jährlichem Schwerpunktthema jeweils in einem anderen Land durchgeführt. 2.4 Was ist das Besondere an der D-A-CH-Forschungswerkstatt? Für mich sind es zwei Punkte: Zum einen wurde das übergeordnete Ziel, dass die drei deutschsprachigen Länderverbände eine Veranstaltung gemeinsam machen, im Jahr 2017 bereits das vierte Mal in Folge erreicht. Zum anderen ist es eine Plattform, wo sich Teilnehmer aus dem gesamten deutschsprachigen Raum austauschen können, und zwar anders und intensiver als beim simplen Networking, das es auch auf anderen Konferenzen gibt. 3 Warum es eine Werkstatt und keine Konferenz ist 3.1 Interaktion, Wissenschaftler und Praktiker, Neues ausprobieren Die Forschungswerkstatt setzt auf eine starke Interaktion in gemischten Gruppen. PM-Experten aus der Wirtschaft sitzen gemeinsam mit Wissenschaftlern, Verbandsvertretern und Trainingsanbietern an einem Tisch. Unterschiedliche Blickwinkel, Disziplinen, Herkünfte und Tätigkeitsschwerpunkte eröffnen neue Perspektiven und Einsichten. 3.2 Veranstaltung für geladene Teilnehmer Dadurch, dass es keine öffentliche Veranstaltung ist, hat sich über die Jahre eine kleine Community gebildet. Dazu hat ein Teilnehmer einmal gesagt: „Natürlich ist das jeweilige Thema für mich mehr oder weniger interessant. Doch unabhängig vom Thema besteht für mich der echte Nutzen darin, dass dies der einzige Event ist, wo Praktiker und Wissenschaftler zusammenkommen, um gemeinsam zu diskutieren und Ideen über Projektmanagement auszutauschen.“ 3.3 Methodenspektrum Die Verwendung und der Mix von verschiedenen Formaten und Methoden für größere Gruppen ermöglichen Kollaboration und Lernen aus Erfahrung. Zu den verwendeten Formaten gehören unter anderem sorgfältig ausgewählte Impulsreferate zur Stimulation der Reflexion eigener Gedanken und Wahrnehmungen, World Café, Fish Bowl, Marktplatz, Improvisationstheater, Arbeiten in Kleingruppen und Präsentation/ Diskussion im Plenum. Als weiteres Element kam ab 2014 in der D-A-CH-Forschungswerkstatt das Experimentieren mit neuen Arbeitsformen und Ideen in Workshops hinzu. Abb. 1: Worin sich die wesentlichen Etappen unterscheiden 34 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 3.4 Grundschema Divergenz - Konvergenz Eine wiederholte Sequenz von Divergenz und Konvergenz erlaubt das kontinuierliche Wechseln zwischen Differenzierung und Integration. Differenzierung erlaubt das Entdecken, das Ausschauhalten nach Optionen und das Gewinnen von neuen Erkenntnissen, kurzum offen und kreativ sein in den Arbeits- und Kleingruppen. Die Integration dient sodann dazu, die verschiedenen losen Enden, Stoßrichtungen und Ideen wieder zusammenzuführen, auf Stimmigkeit zu prüfen und Schlussfolgerungen zu ziehen. Das wiederholte Wechselspiel stellt sicher, dass der Fokus auch über längere Zeit beibehalten wird. Dieses Grundschema wurde vor allem während des Forschungsprogramms „Theory meets Practice“ im Zeitraum von 2011 bis 2013 und beim dreijährigen D-A-CH-Thema „Komplexität und Ungewissheit“ verwendet, kommt aber auch innerhalb der einzelnen Forschungswerkstätten zur Anwendung (Kleingruppen und Plenum). Abb. 2: Rege Diskussion der Teilnehmer im Gruppen-Setting (Berlin 2013); Foto: Les Squires Abb. 3: Eine wiederholte Sequenz von Divergenz und Konvergenz UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 35 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 4 Fazit Wir können auf zehn durchgeführte Forschungswerkstätten zurückblicken (ohne 2017 und die IPMA Research Conferences mitzuzählen). In den zehn Jahren seit 2008 konnte viel Erfahrung mit dem interaktiven Setting gesammelt werden und es hat sich eine kleine Community gebildet. Wir sind auch an Grenzen gestoßen, denn rückblickend sind wir 2011 bis 2013 mit dem Forschungsprogramm „Theory meets Practice“ an die Limite dessen gekommen, was mit ausschließlich ehrenamtlichem Engagement möglich ist. Für unsere Fachgruppe wirkt es als Ansporn, um weitere „weiße Flecken“ zu bearbeiten, konnten wir doch mit unserem Vorausdenken und der entsprechenden Forschungswerkstatt zum Thema organisationale Kompetenz einen wichtigen Beitrag leisten und einen Grundstein legen für die spätere Ausarbeitung der IPMA OCB (Organisational Competence Baseline). Und für mich als einen der Mitbegründer der ursprünglichen Forschungswerkstatt und Mitinitiator der D-A-CH-Forschungswerkstatt ist es schön zu sehen, dass wir etwas geschaffen haben, das weiterlebt, mit neuen Personen am Steuer und neuer Trägerschaft.  Schlagwörter Forschungswerkstatt, interaktiv, interdisziplinär, Plattform, Research Conference Literatur [1] Wagner, R. (Hrsg.): Projekt als Strategie - Strategie als Projekt. Trends, Potenziale, Perspektiven. Band 1 der Buchreihe Forschung. GPM, Nürnberg 2009 [2] Wagner, R. (Hrsg.): Organisationale Kompetenz im Projektmanagement. Band 5 der Buchreihe Forschung. GPM, Nürnberg 2011 [3] Rietiker S./ Wagner R. (Hrsg.): Theory Meets Practice in Projects. Band 8 der Buchreihe Forschung. GPM, Nürnberg 2014 [4] Sonderausgabe zum Thema „Ungewissheit in Projekten“. In: projektManagement aktuell 1/ 2018, TÜV Media GmbH, Köln Autor Stephen Rietiker, Dipl.-Wirtsch.-Inf., ist geschäftsführender Partner der november ag sowie ehemaliger Vorstand der spm. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Leitung und Sanierung von komplexen Projekten, Assessment und Aufbau von PMOs sowie Einführung/ Optimierung von Projektmanagement und Portfoliomanagement in Organisationen. Er leitet die GPM Fachgruppe „Neue Perspektiven in der Projektarbeit“. Nebenberuflich engagiert er sich als Dozent im „MAS Project Management“ an der Hochschule für Wirtschaft Zürich. Anschrift: november ag, Mühlebühl 7, 9100 Herisau, Schweiz, Tel.: +41/ 79/ 4 14 33 53, E-Mail: Stephen.Rietiker@november.ch Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e. V. (Hrsg.) Datenschutz - Eine Vorschriftensammlung 4. Auflage 2017 DIN A6, broschiert 22,80 EUR Bestell-Nr. 60237 Ab 10 Expl. Mengenstaffelpreise TÜV Media GmbH Tel. +49 221 806-3511 Fax +49 221 806-3510 www.tuev-media.de Datenschutz ® TÜV, TUEV und TUV sind eingetragene Marken. Eine Nutzung und Verwendung bedarf der vorherigen Zustimmung. Datenschutz - Eine Vorschriftensammlung Die Vorschriftensammlung „Datenschutz“ liefert eine Übersicht über alle datenschutzrelevanten Regelungen aus über 60 Gesetzen und Vorschriften. Diese Bestimmungen wurden den Arbeitsbereichen zugeordnet, die in der Datenschutzpraxis eine Rolle spielen: • Personalverwaltung; • Fürsorgepflicht des Arbeitgebers; • Kommunikation im Unternehmen; • Geschäfts- und Kundenbeziehungen. Ebenso aufgenommen wurde die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die im Verlauf des Jahres 2018 angewendet werden muss. Infos und Leseprobe unter: www.tuev-media.de/ dev Anzeige