PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Interview: Wie Projektmanagerinnen und -manager trotz Ungewissheit erfolgreich die Zukunft gestalten
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Daniel Baumann
Yvonne Horst
Raimo Hübner
Brigitte Schaden
Dieses Interview geht im Gespräch mit deutschen, österreichischen und Schweizer Projektmanagementexperten der Frage nach, wie Projektmanagerinnen und Projektmanager mit Ungewissheit in Projekten besser umgehen können. Daniel Baumann, Professor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Yvonne Horst, Senior Projektmanagerin bei der swiss.com, Raimo Hübner, Projektmanagementassessor, und Brigitte Schaden, pma Präsidentin und eingetragene Wirtschaftsmediatorin, teilen ihre Erfahrungen und Beobachtungen und geben Auskunft, wie Gestalter der Zukunft Ungewissheit als eine Chance und weniger als Bedrohung wahrnehmen können.
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36 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Dieses Interview geht im Gespräch mit deutschen, österreichischen und Schweizer Projektmanagementexperten der Frage nach, wie Projektmanagerinnen und Projektmanager mit Ungewissheit in Projekten besser umgehen können. Daniel Baumann, Professor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Yvonne Horst, Senior Projektmanagerin bei der swiss.com, Raimo Hübner, Projektmanagementassessor, und Brigitte Schaden, pma Präsidentin und eingetragene Wirtschaftsmediatorin, teilen ihre Erfahrungen und Beobachtungen und geben Auskunft, wie Gestalter der Zukunft Ungewissheit als eine Chance und weniger als Bedrohung wahrnehmen können. Projekte sind immer ungewiss Huemann: Mit Projekten „erfinden“ wir die Zukunft und die ist immer ungewiss. Daher sind Projekte immer mit Ungewissheit behaftet. Aus meiner Erfahrung können Projektmanagerinnen und Projektmanager gut mit Projektrisiko umgehen, Ungewissheit allerdings wird oft als große Herausforderung gesehen. Was sind Ihre Beobachtungen und Erfahrungen dazu? Horst: Ich stimme der Beobachtung zu. Allerdings entsteht der Druck für die Projektmanager oft auch nicht aus inhaltlichen Fragen in den Projekten, sondern vielmehr aus Veränderungen im Projektumfeld. Besonders hervorzuheben ist hier die Veränderung der Stakeholderlandschaft, insbesondere bei Reorganisationen. Auch Neu- Interview Wie Projektmanagerinnen und -manager trotz Ungewissheit erfolgreich die Zukunft gestalten Autorin: Martina Huemann Daniel Baumann Prof. Dr. Daniel Baumann arbeitet seit 25 Jahren im Forschungs- und Bildungsmanagement, aktuell als Vizedirektor des Dept. Life Sciences und Facility Management der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Er führte während elf Jahren bis 2016 die Swiss Project Management Association (spm) zuerst als Geschäftsführer, später als ihr Präsident. Anschrift: Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), Dept. Life Sciences und Facility Management, Grüentalstrasse 14, 8820 Wädenswil, Schweiz, Tel.: +41/ 58/ 9 34 59 91, E-Mail: Daniel.Baumann@zhaw.ch Yvonne Horst Yvonne Horst; nach Wirtschaftsmatura und einigen Semestern BWL Einstieg ins Project Management, zunächst on the job, dann einschlägige Weiterbildung: IPMA-B-Zertifizierung, MBA Process- und Project Management SMBS, Scrum Master, Lean Manager; langjährige Erfahrung als operativer Project Manager; heute Linienvorgesetzter der Business Analysten bei Swisscom (Schweiz) AG/ Abteilung Großkunden Anschrift: Swisscom (Schweiz) AG, Pfingstweidstrasse 51, 8005 Zürich, Schweiz, Tel.: +41/ 79/ 2 05 10 87, E-Mail: Yvonne.Horst1@swisscom.com UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 37 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 ausrichtungen bezüglich Strategie, Technologie und Architektur (IT, Prozess, Produkt) oder die Änderungen an der Verfügbarkeit von Personalressourcen und finanziellen Mitteln sind solche typischen Veränderungen. Mit dieser Dynamik des Projektumfelds umzugehen ist eine große Herausforderung. Damit müssen Projektmanager lernen umzugehen. Schaden: Meine Beobachtung ist, dass Projektmanager und Projektmanagerinnen bei Risken mehr das Gefühl haben, dass sie „planbarer“ sind. Man kann sie identifizieren, analysieren und Maßnahmen zur Reduktion oder gar Vermeidung setzen. Ungewissheiten sind viel breiter, globaler und aufgrund ihrer möglichen hohen Anzahl nicht identifizierbar. Ungewissheiten treffen einen unvorbereiteter und erzeugen höheren emotionalen Stress. Hübner: Aus meiner Erfahrung verschwimmen bei den Projektbeteiligten die „Sinnzuschreibung“ von Ereignissen und Situationen, welche wir als Risiken bezeichnen und die mit Unsicherheit bezeichnet werden, oft. In meiner Wahrnehmung entsteht Unsicherheit dadurch, dass der Wahrscheinlichkeitsraum für die zukünftige Entwicklung des Systemausschnittes Biosphäre auf diesem Planeten im Gesamtsystem Universum zu Projektbeginn noch offen ist. Erst im Projektverlauf verdichten sich die Wahrscheinlichkeitslinien, zum Beispiel im Tunnelbau werden verschiedene Vortriebstechnologien diskutiert und abgewogen, bis sich letztendlich eine Wahrscheinlichkeitslinie manifestieren kann, zum Beispiel die Vortriebstechnologie mit Tunnelbohrmaschine für diesen speziellen Tunnel. Das Risiko des Wassereinbruches während des Tunnelvortriebes, wird aufgrund der nur begrenzt wirtschaftlich sinnvollen Sondierung des Gebirges, durch das der Tunnel vorgetrieben wird, bleiben. Das Gebirge und die unterirdischen Wasserläufe verändern sich nur sehr langsam in den nächsten tausend Jahren. Somit liegt das Risiko hier, besser beschrieben, vielleicht in der Unwissenheit über die exakten Gebirgs- und Wasserlaufverhältnisse in allen Tunnelbereichen. Deswegen ist es aus meiner Wahrnehmung hilfreich, sich mit Unsicherheit auseinanderzusetzen und die „agile“ Navigation in der Unsicherheit zu erlernen und ständig für sich und sein Projektteam weiter zu professionalisieren. Baumann: Meine Erfahrung ist, dass wir mit Projekten die Zukunft eher gestalten als erfinden. Raimo Hübner Raimo Hübner; nach der Berufsausbildung zum Baufacharbeiter Studium zum Bauingenieur, mehrere Jahre als Planungsingenieur in einem Ingenieurbüro und als technischer Projektmanager im Ingenieurbau bei Max Bögl; 2002 Wechsel zur Volkswagen AG; zertifizierter Senior Project Manager nach IPMA Level B; 2005 prämiert im IPMA International Project Excellence Award; seit 2008 Assessor für die Projektmanagement-Personenzertifizierung der PM-Zert; Mitglied in der Reformkommission Großprojekte, Arbeitsgruppe Projektsteuerung im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI); Leadautor im www.project-roadmap.com-Netzwerk Anschrift: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., PM-ZERT - Zertifizierungsstelle der GPM e. V., Am Tullnaupark 15, 90402 Nürnberg, E-Mail: R.Huebner@gpm-ipma.de Brigitte Schaden Mag. Brigitte Schaden ist studierte Versicherungsmathematikerin und Betriebsinformatikerin. Sie ist seit 30 Jahren in unterschiedlichsten Branchen und in unterschiedlichsten Rollen im Projektmanagement tätig. Brigitte Schaden ist pma Präsidentin, GAPPS chair, Coach und eingetragene Wirtschaftsmediatorin. Sie ist IPMA Honorary Fellow, IPMA-Assessorin und war von 2009 bis 2010 IPMA-Präsidentin. Anschrift: pma, Türkenstraße 25, 1090 Wien, Österreich, Tel.: +43/ 664/ 632 8197, E-Mail: Brigitte.Schaden@ p-m-a.at 38 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Erfinden birgt den Aspekt des Entdeckens, eben des Findens von etwas Vorhandenem, aber bisher Unbekanntem. Gestalten ist aber eine für mich kreative und formende Tätigkeit, die letztlich etwas Neues noch nie Dagewesenes schafft. Das ist aber wohl meine Sicht als Naturwissenschaftler. In diesem Sinne ist die Zukunft für mich daher nicht unbedingt ungewiss. Ungewiss ist aber, ob es uns gelingt, die Zukunft so zu gestalten, dass sie nachher unsere Erwartungen erfüllt. Der Umgang mit dieser Ungewissheit in der Projektarbeit beginnt darum in einem ersten Schritt damit, Klarheit über die Erwartungen, zu schaffen. Eine Vielzahl von Stakeholdern, womöglich mit widersprüchlichen Erwartungen, bildet dabei eine der größten Herausforderungen. Ziele zu definieren, welche die Erwartungen dann erfüllen können, bildet die nächste Hürde. Dies vor allem, weil das Festlegen von Zielen auch immer mit dem Verzicht auf weitere Optionen verbunden ist - etwas, womit sich unsere Multioptionengesellschaft zunehmend schwertut. Und letztlich geht es darum, beim Gestalten Chancen zu erkennen, welche die Erwartungen noch besser erfüllen können. Mit Chancenmanagement tut sich Projektmanagement aber schwer, denn es ist nicht einfach Risikomanagement mit umgekehrten Vorzeichen. Es sind aus meiner Sicht dies die Gründe, weshalb klassisches Projektmanagement heute stark im Umbruch ist und weshalb sich agile Methoden verbreiten, weil diese dem Gestaltungsprozess besser Rechnung tragen. Erfolgreicher Umgang mit Ungewissheit Huemann: Wie können Projektmanager erfolgreich mit Ungewissheit in Projekten umgehen? Schaden: Ich denke, der erste und wichtigste Schritt ist, zu akzeptieren, dass es Ungewissheiten gibt, und diese nicht nur negativ zu sehen oder gar Angst davor zu haben. Das Vertrauen in das eigene Team ist wichtig, dass es im Falle von plötzlich eintretenden Veränderungen die Kompetenz besitzt, durch Improvisation, Kreativität, Flexibilität etc. eine passende Lösung zu finden. Vertrauen in die eigene Stärke hilft sehr. Hübner: An dieser Stelle hilft vielleicht die Metapher eines Kapitäns der Hochseeschifffahrt, der sich anders als bei der Binnenschifffahrt mit stark sich eigendynamisch verändernden Systembedingungen wie Wetter, Wind, Strömung, Untiefen konfrontiert sieht. Auch noch so genaues Planen zu Beginn der Seereise wird nicht zu mehr Erfolg führen. Auch hier kann die Volksweisheit „Je genauer du planst, desto härter trifft dich der Zufall“, oder doch besser die Unsicherheit, helfen. Vielleicht nur so ausreichend genau, wie nach derzeitigem Kenntnisstand überhaupt planbar ist, dies zu tun und dann loszufahren und dann bei neuen Erkenntnissen genauer zu planen und zu agieren. Das wird jedoch leider von Auftraggebern und Shareholdern selten akzeptiert. In Unternehmen herrscht oft ein ausgeprägter Rechtfertigungsdruck, wenn vorher eingeforderte exakte Planungen und Schätzungen (verbindliche Zusagen) von bisher noch niemals durchgeführten Projekten in unsicheren Systemen aus Systemen nicht eingehalten werden. Dann erfährt der Projektmanager Sanktionen, verliert seine Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in seine Professionalität. Das klingt nicht sehr verlockend! Deshalb wird sich der Projektleiter in einer Unternehmenskultur mit hohem Rechtfertigungsdruck auch möglichst nicht festlegen wollen. Baumann: Entweder gelingt es einem Projektmanager, Gewissheit über die Erwartung zu schaffen und Ziele zu definieren, welche diese Erwartungen möglichst gut erfüllen. Dies ist vor allem eine Frage von ausgezeichnetem Stakeholdermanagement und einer präzisen und klaren Zielformulierung. Wenn ihm das nicht gelingt, Abb. 1: Impressionen aus der D-A-CH-Forschungswerkstatt 2015; Grafik: pma UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 39 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 weil der Auftraggeber seine Erwartungen nicht formulieren kann, muss der Projektmanager auf den Gestaltungsprozess setzen und diesen so arrangieren, dass er die Erwartungen Schritt für Schritt entwickelt und so Gewissheit über die gewünschte Zukunft schafft. Im ersten Fall schafft klassisches Projektmanagement gute Voraussetzungen, um die Projektziele schnell und effizient zu erreichen. Im zweiten Fall werden es iterative Vorgehensmethoden sein, die zum Ziel führen. Horst: Wichtig ist einerseits die persönliche Disposition des Projektmanagers. Die Voraussetzungen sind mentale Ausgeglichenheit, physische Belastbarkeit, Neugierde und schnelle Anpassungsfähigkeit. Andererseits ist ein intensives und permanentes Stakeholdermanagement notwendig, um mit den Veränderungen und Unbekannten umzugehen. Next Practices Huemann: In den D-A-CH-Forschungswerkstätten 2014-2016 haben wir mit Next Practices, Arbeitsformen und Methoden experimentiert. Welche sind Ihnen in Erinnerung geblieben? Baumann: Ich konnte in der erwähnten Periode an zwei Forschungswerkstätten teilnehmen. Dabei sind mir vor allem zahlreiche Workshops in Erinnerung geblieben, welche sich mit Gestaltungsmethoden befassten. Die meisten dieser Methoden kamen nicht aus dem Projektmanagement und in diesem Sinne war das Wertvolle der Forschungswerkstätten die Befruchtung aus anderen Disziplinen und Fachgebieten. Diese inter-, aber auch transdisziplinäre Betrachtung bringt Projektmanagement weiter und stiftet damit großen Nutzen für die zukünftige Projektarbeit. Schaden: Die Forschungswerkstatt verstehe ich als Experimentierraum für Experten aus Praxis und Wissenschaft, die Projektmanagement weiterentwickeln wollen und auch über den Tellerrand blicken. Wir haben gemeinsam unterschiedliche Arbeitsformen und Methoden ausprobiert und reflektiert, wie sie uns helfen können, mit Ungewissheit in Projekten besser umzugehen. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir Aufstellungen, Mediation, Story Telling, Heldenreisen, Assoziationen zu diversen Sounds. Hübner: Besonders in Erinnerung geblieben ist mir eine Möglichkeit der Nutzung einer Feldintelligenz eines sozialen Systems in der Aufstellungsarbeit zur Erlangung von Erkenntnissen für die Projektarbeit und einer möglichen Simulation von Systemzuständen zum erfolgreicheren Systemmanagement. Huemann: Welche Methoden und Ansätze wenden Sie in Ihrem Unternehmen an, um mit Ungewissheit in Projekten besser umzugehen? Horst: Wir wenden seit einiger Zeit agile Ansätze an, welche insbesondere die Reaktionsgeschwindigkeit auf Veränderungen des Umfeldes erhöhen sollen. In den letzten zwei Jahren entwickeln wir uns konsequent in diese Richtung und stellen nun das komplette Projektgeschäft entsprechend unter Verwendung von „Scaled Agile Framework“ um. Es beschreibt die Anwendung von agilen Prinzipien in komplexen und vor allem großen Organisationen. Salopp könnte man auch sagen, es ist „Scrum of Scrum“, kommt also aus der Softwareentwicklung, wird jedoch auch zunehmend weit darüber hinaus angewendet. Parallel dazu fassen wir die Architekturbestandteile toolgestützt in definierte Modelle zusammen, um einerseits generell Wiederverwendbarkeit und Standardisierung und andererseits schnellere Durchlaufzeit in Design und Entwicklung neuer Produkte und Features zu erreichen. Je kleiner die Entwicklungsbausteine sind und je schneller die Durchlaufzeit, desto geringer das Auftreten großer Unsicherheiten, ist hier der Leitgedanke. Ein weiterer Baustein ist das klare Bekenntnis zur Einfachheit. Wir unterweisen die Mitarbeiter in den Ansätzen des Lean Managements und bringen ihnen diverse Methoden und Tricks aus diesem Themenkreis bei. Ebenfalls investieren wir mit Kursen und Coachings in die Haltung unserer Mitarbeiter, Ungewissheit als Tatsache zu akzeptieren und sich mit Offenheit und Bereitschaft damit auseinanderzusetzen. In einem derartigen Umfeld löst sich die klassische Projektmanagerrolle mehr und mehr auf. Dies bedeutet nicht, dass die Skills eines Projektmanagers nicht weiter gefragt sein werden - im Gegenteil. Man wird sich jedoch entscheiden müssen, ob man eher eine inhaltliche oder eher eine personenbezogene Ausrichtung seiner Tätigkeit anstrebt. Lernen Huemann: Wie kann man den Umgang mit Ungewissheit in Projekten lernen? Baumann: So wie man alles lernt, indem man sich darauf einlässt, ausprobiert, aus Rückschlä- Abb. 2: Überblick Next-Practice-Workshops der D-A-CH-Forschungswerkstatt 2015; Grafik: pma 40 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 gen und Misserfolgen, aber auch aus Erfolgen Schlussfolgerungen zieht und so seine Kompetenzen im Umgang mit Ungewissheit stetig erweitert. Das Besondere an der Kompetenzentwicklung im Umgang mit Ungewissheit ist, dass sie ein besonderes Maß an Fehlertoleranz und Reflexionsfähigkeit erfordert. Erfahrenen Projektmanagern gelingt dies besser, denn sie können sich auf ein umfangreiches systemisches Wissen und eine breite Erfahrung abstützen. Es gelingt ihnen aber nur, wenn sie trotz ihrer Erfahrung offen für Neues sind und bereit, sich darauf einzulassen. Schaden: Am besten durch Erfahrung, je öfter man in solche Situationen kommt, je mehr Erfahrung sammelt man damit und kann die Angst davor etwas abbauen. Hat man eine Situation gut gelöst, baut man das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen für das nächste Mal auf. Coaching kann unterstützen, Reflexionen im eigenen Team. Horst: Am effizientesten lernt man das in der Praxis von Projekten. Die Unterstützung durch ebenfalls mit Ungewissheit vertraute Kollegen und Vorgesetzte hilft ebenso wie eine gelebte Fehlerkultur. Hübner: Aus meiner Sicht ist das möglich. Auch ein Lehrling eines Töpfers hat zu Lehrbeginn die Wahrnehmung, dass es ihm wohl niemals gelingen wird, einen so wundervollen Krug, wie sein Meister, zu töpfern. Erst wenn er sich auf den Ton und die Rotation der Töpferscheibe einlässt und den „Ton bezwingt“, wird er sicher und ausbalanciert damit umgehen können. Auch in der Seefahrt bedarf es mehrerer Jahre, bis man mit einem Segelteam das System aus Systemen eines Rennbootes mit der Crew auf dem Meer zum Gewinn des America’s Cup führen kann. Es wird nichts daran vorbeiführen, sich mit seiner Profession zu beschäftigen und die eigene Kompetenz immer weiter bis zur „Meisterschaft“ zu entwickeln. Diese Entwicklung ist erst abgeschlossen, wenn der Schüler den Meister übertrifft. Erst dann kann der sich zum „Meister“ entwickelte Projektmanager mit seiner „eigenen Hände Arbeit und seines eigenen Geistes Genie“ ausreichend erfolgreich in Unsicherheit navigieren. Transzendenz der eigenen egozentrischen Selbstbezogenheit ist aus meiner Wahrnehmung einer der wertvollsten Entwicklungsschritte auf diesem Weg. Dann wird es auch möglich, „Nein“ zu sagen, wenn einem ein personell weit unterdecktes Projekt (Anzahl und Kompetenz der Projektmitarbeiter), eine „Mission Impossible“ oder ein „Death Marsh Project“ angeboten wird. Was noch gesagt werden soll Huemann: Was möchten Sie Projektmanagerinnen und Projektmanagern noch zum Umgang mit Ungewissheit in Projekten sagen? Horst: Ich persönlich denke, dass erfolgreicher Umgang mit Ungewissheit viele Dimensionen hat. Zum einen bin ich zutiefst überzeugt von agilen Ansätzen im Projektgeschäft und stelle mich entsprechend darauf ein, indem ich mich in die künftigen Rollenbilder von „Scaled Agile Framework“ hineinentwickle. Zum anderen ist es unabdingbar, selbst für mentale und physische Ausgeglichenheit zu sorgen. Banal, aber wahr: gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und Ausgleich zur Arbeitstätigkeit, genug Schlaf. Schaden: Mir ist wichtig, das Potenzial, das sich aus der Unsicherheit ergeben kann, zu betonen. Aus der Unsicherheit kann sich auch Positives Abb. 3: Die Teilnehmenden der Forschungswerkstatt 2015; Foto: pma - 1 Zeile Anzeige UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 41 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 ergeben. Im Umgang mit Unsicherheit hilft eine gewisse Gelassenheit, Vertrauen zu sich selber und zum Team. Baumann: Projektarbeit ist Arbeit mit Ungewissheit. Wer nicht bereit ist, sich auf Ungewissheit einzulassen, sollte besser keine Projekte leiten. Der Ungewissheit mit stringentem Controlling begegnen zu wollen ist nicht zielführend, denn es verhindert den Gestaltungsprozess. Dies ist aber wohl eher eine Empfehlung für Auftraggeber. Wenn unsere Zukunft ungewiss ist, dann nicht, weil wir sie nicht kennen, sondern weil wir sie nicht gestalten. Oder anders gesagt: Wir prägen die Welt nicht mit unseren Erfolgen, sondern damit, wie wir unser Weg dorthin gestalten. Hübner: Joseph A. Schumpeter beschrieb 1942 erstmals den „kreativen Zerstörer“, welcher als „zukünftiges Problem“ das Establishment von heute in Unruhe versetzt. Auch der Projektmanager „konkurriert gegen die Zukunft“. Es ist das Unvorhergesehene und Unerwartete (das Ungewisse), was das Scheitern des Projektes möglich macht. Der die „Ungewissheit sicherer managende Projektmanager“ wird den Projektgegenstand tendenziell erfolgreicher herbeiführen. Wenn ihm das gelingt, haben wir schon viel erreicht. Horst: Und last but not least: offenbleiben und neugierig, sich darauf einlassen und Dinge ausprobieren. Danke für das Interview! Magnetisches Projektmanagement - alles für Ihr Scrumboard visuelles und wiederverwendbares Planungssystem unterschiedliche Elemente: Überschriften, Aufgabenkarten, Hinderniskarten und Spaltentrenner zum Beschriften mit abwischbaren Whiteboardmarkern scrum 1902.1d MMS Münchner Magnet Service Betriebs-GmbH Isarstraße 6 • 82065 Baierbrunn • Tel. +49 (0)89/ 288 52 56-0 • mail@mms-magnet.de Besuchen Sie unseren Online-Shop www.mms-magnet.de Ressourcenplanung, die funktioniert Projektportfolio-Management Ressourcenplanung Zeit-/ Leistungserfassung Kosten-Controlling Ihre Testinstallation in der Cloud in 1 Stunde für Sie bereit Scheuring AG CH-4313 Möhlin / +41 61 853 01 54 www.scheuring.ch / info@scheuring.ch www.ressolution.ch Anzeige
