eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 29/2

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
0301
2018
292 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

„Wir halten das Geschäftsmodell hinter dem Projekt im Blick!“

0301
2018
Oliver Steeger
Ralf von Breitenbach
„Könnte besser sein!“ So beschreiben Projektmanager und Steering Committees manchmal ihre Zusammenarbeit. Projektmanager klagen: Das Steering Committee beaufsichtigt zwar ihr Projekt, kennt aber das Projektmanagement zu wenig. Die Mitglieder im Committee halten dagegen: Im Projekt sieht man nur technische Fragen und hat nicht das Geschäft im Blick. Projektmanager Ralf von Breitenbach weiß, woran dies liegt. Im Steering Committee treffen „Produktwelt“ und „Projektwelt“ aufeinander. Ebendies sind Vorteil und Nutzen dieses Gremiums. „Das Steering Committee ist ein unverzichtbarer, bislang zu wenig beachteter Erfolgsfaktor für Projekte“, erklärt er, „es lohnt sich, die Kooperation zwischen dem Projektmanager und diesem Gremium zu verbessern.“ Im Interview erläutert Ralf von Breitenbach die wichtige „Gelenkfunktion“ dieses Gremiums, erläutert die Grundprinzipien erfolgreicher Zusammenarbeit und erklärt, wie auch hochrangig besetzte Steering Committees optimal auf ihre Aufgaben vorbereitet werden können.
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REPORT 11 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2018 Wie Steering Committees zum echten Erfolgsfaktor werden „Wir halten das Geschäftsmodell hinter dem Projekt im Blick! “ Autor: Oliver Steeger „Könnte besser sein! “ So beschreiben Projektmanager und Steering Committees manchmal ihre Zusammenarbeit. Projektmanager klagen: Das Steering Committee beaufsichtigt zwar ihr Projekt, kennt aber das Projektmanagement zu wenig. Die Mitglieder im Committee halten dagegen: Im Projekt sieht man nur technische Fragen und hat nicht das Geschäft im Blick. Projektmanager Ralf von Breitenbach weiß, woran dies liegt. Im Steering Committee treffen „Produktwelt“ und „Projektwelt“ aufeinander. Ebendies sind Vorteil und Nutzen dieses Gremiums. „Das Steering Committee ist ein unverzichtbarer, bislang zu wenig beachteter Erfolgsfaktor für Projekte“, erklärt er, „es lohnt sich, die Kooperation zwischen dem Projektmanager und diesem Gremium zu verbessern.“ Im Interview erläutert Ralf von Breitenbach die wichtige „Gelenkfunktion“ dieses Gremiums, erläutert die Grundprinzipien erfolgreicher Zusammenarbeit und erklärt, wie auch hochrangig besetzte Steering Committees optimal auf ihre Aufgaben vorbereitet werden können. Einige Projektmanager beklagen die Zusammenarbeit mit ihrem Steering Committee. Manche Mitglieder des Komitees, heißt es, verstünden zu wenig von den Besonderheiten und Risiken des Projektgeschäftes. Deshalb seien sie schlecht auf Sitzungen vorbereitet. Auch sei vieles bei der Zusammenarbeit mit diesem Gremium ungeklärt: Mal mischt es sich in Detailfragen zum Projekt ein. Mal zögert es wichtige Entscheidungen hinaus. Ein anderes Mal löst es nicht die Probleme, die der Projektmanager vorträgt. Mir gegenüber hat ein frustrierter Projektmanager die Kooperation mit seinem Steering Committee als „Blindleistung“ beschrieben. Ralf von Breitenbach: Solch eine „Blindleistung“ wäre - wenn es sie so gäbe - alles andere als wünschenswert. Das Steering Committee ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Projekte. Sie brechen also eine Lanze für das Steering Committee? Auf jeden Fall! Sein Potenzial ist längst noch nicht ausgeschöpft. Wir sollten uns mehr mit dem Steering Committee auseinandersetzen, etwa mit seiner Funktion, seiner Rolle und seinen Aufgaben. Auseinandersetzen? In welcher Hinsicht? Eben sagten Sie, es werde kritisiert, dass Steering Committees für das Projekt keine Probleme lösen. Aber dies ist auch nicht die Aufgabe dieses Gremiums! Wer von Steering Committees Problemlösungen erwartet, der hat die Rolle, die Funktion und die Aufgaben dieses Gremiums nicht ganz verstanden. Fangen wir vorne an. Über Sinn und Nutzen des Steering Committees ist viel Tinte vergossen worden. Mal der Blick auf die Praxis - wo liegt der Nutzen dieses Gremiums? Das Projekt soll mit seiner besonderen Organisationsform dem Unternehmen wirtschaftliche Vorteile erarbeiten. Das Steering Committee ist dabei zum einen oberstes Aufsichts- und Entscheidungsgremium des Projektes, zum anderen Ralf von Breitenbach Diplomingenieur Ralf von Breitenbach (TU Darmstadt) war zunächst für HOCHTIEF in Deutschland und Südamerika tätig. Er verantwortete Einzelprojekte, später eine Niederlassung des Unternehmens. Mit seinem Wechsel zu Boehringer Ingelheim erwarb er Erfahrungen auf Betreiberseite, auch im internationalen Projektgeschäft: Als Leiter Projektmanagement hatte er die Realisierung aller Großinvestitionen weltweit im Fokus. In dieser Funktion war er Mitglied zahlreicher, auch international besetzter Steering Committees. Seit 2004 unterstützt Ralf von Breitenbach als selbstständiger Projektmanager Projektorganisationen und ihre Lenkungsgremien durch Training, Beratung und Umsetzungsunterstützung. Einen Schwerpunkt bilden Weiterbildung und Beratung von Steering Committees. Kontakt: RvB@RvB-PM.de; Foto: Sandra Hauer, www.nahdran.com 12 REPORT projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2018 das Gelenk zum „Normalbetrieb“ des Unternehmens. Das Problem ist jedoch oft: Nur wenige Mitglieder dieses Gremiums kennen sich tatsächlich mit Projektmanagement aus. Da muss sich etwas ändern, wenn ein Steering Committee zum Erfolg eines Projektes wirksam beitragen soll. Vielleicht liegt dies daran, dass die Mitglieder von Steering Committees meistens gar nicht der Projektwelt entstammen. Möglicherweise gibt es da einen Konstruktionsfehler. Vielleicht sitzen die falschen Leute im Komitee. Nein, überhaupt nicht! Mitglieder des Steering Committees sind hochrangige und kompetente Führungskräfte. Sie kommen aus der Geschäftswelt oder Produktwelt - und sind deshalb nicht in der Projektwelt zu Hause [siehe unten stehenden Textkasten]. Und es ist gut und wichtig, dass die Mitglieder aus dieser Welt der Produkte und des Business kommen. Nur so kann dieses Gremium seiner Funktion gerecht werden - nämlich „Produktwelt“ und „Projektwelt“ - Weshalb Projektmanager und Steering Committees so häufig aneinander vorbeireden Projektmanager und Mitglieder des Steering Committees entstammen zwei verschiedenen Welten. Die „Produktwelt“ betrachtet ein Projekt aus einem anderen Blickwinkel als die „Projektwelt“. Am Beispiel der Projektrisiken erklärt Ralf von Breitenbach die unterschiedlichen Perspektiven: Produktwelt: In der Produktwelt (beispielsweise Pharmabranche) sind Risiken bekannt und beherrschbar. Vertreter der Produktwelt sind mit Serienprodukten vertraut, mit fest definierten Prozessen und hohen Anteilen an Eigenleistungen. Sie arbeiten in der Regel mit gut trainiertem Personal und eingespielten Teams. Die Lieferkette ist durchgängig kontrolliert, es wird ein großer Aufwand für Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle betrieben. Projektwelt: Anders als in der Produktwelt hat man es in der Projektwelt mit Unikaten zu tun. Der Anteil der Eigenleistung für diese Unikate ist gering; an die Stelle der Eigenleistung tritt ein großer Anteil an Zulieferung durch (unbekannte) Firmen. Teams arbeiten auf allen Ebenen erstmals zusammen; sie müssen zunächst zueinander finden. Eine durchgängige Kontrolle der Lieferkette ist nur mit extrem hohem Aufwand möglich. „Das Problem besteht oft darin, dass die typischen Projektrisiken dem Steering Committee unbekannt sind“, sagt Ralf von Breitenbach. REPORT 13 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2018 ein Bindeglied zu sein. Oder besser: ein Gelenk zwischen der technischen Welt des Projekts und der Welt des Business und der Produkte. Ein Gelenk zwischen zwei Welten - wie darf ich dies verstehen? Ich beschreibe dies an einem Beispiel. Nehmen wir an, ein Pharmakonzern will in einem asiatischen Land einen neuen Markt erschließen. Das Unternehmen sieht sich aufgrund der dortigen Einfuhrbestimmungen gezwungen, in dem Land selbst zu produzieren. Es muss also vor Ort eine Fabrik bauen. Dieser Fabrikbau ist das Projekt, vor dem der Konzern steht. Verstanden! Auf der einen Seite haben wir die Projektwelt mit dem Errichter der Fabrik. Auf der anderen Seite steht der Konzern als Auftraggeber. Er investiert in diese Fabrik. Er verfolgt damit ein Geschäftsmodell und will Rendite erwirtschaften. Selbstverständlich hat dieser Konzern bestimmte Anforderungen an das Projekt - und zwar aus Perspektive des Geschäftsmodells. WICHTIGSTE „KUNDEN“ DES PROJEKTS IM STEERING COMMITTEE Vermutlich wollen viele Leute mitreden. Ja. Neben den Geschäftsfeldverantwortlichen denke ich an Verantwortliche für das Qualitätsmanagement, die Produktion, das Controlling und das Marketing; das sind nur wenige Beispiele. Zudem gibt es möglicherweise neben der Organisation der Konzernzentrale noch spiegelbildlich eine regionale Organisation des Unternehmens, also eine Organisation in dem Land, in dem die Fabrik errichtet wird. Da haben wir im Nu ein Dutzend oder mehr Verantwortliche zusammen, die das Projekt aus ihrer jeweiligen Fachperspektive betrachten, berechtigte Interessen bei dieser Investition haben und mitreden wollen. Sie wollen ihre Interessen auf den Tisch bringen: beispielsweise, dass die Fabrik Qualitätsstandards und Regularien einhält, dass sie kostengünstig betrieben wird, ihre Produkte marktfähig sind und sich die Investition rentiert - also dass sich das eingesetzte Kapital mit Gewinn wieder einspielt. Augenblick! Braucht man für das Erheben und Ausgleichen von Interessen gleich ein Steering Committee? Diese Anforderungen kann ein Projektmanager durch „normales“ Stakeholdermanagement analysieren … Ja - und nein! Das Projektteam, das die Fabrik errichtet, wird Stakeholdermanagement betreiben - zumal einige dieser Stakeholder durchaus wie „Kunden“ des Projekts verstanden werden können. Aber: Die wichtigsten Stakeholder - ebendiese Kunden - wird es in seinem Steering Committee versammeln. Dort treffen die Welt der Produkte und die Welt der Projekte aufeinander. Diese Welten müssen sich verstehen. Verstehen sie sich nicht, ist der Projekterfolg gefährdet. Nochmals meine ketzerische Frage: Braucht man dafür gleich ein Komitee? Ja. Aus zwei Gründen. Erstens: Der Projektmanager kann seine Stakeholder nur managen, wenn er deren Welt kennt und weiß, wie sie denken. Anders gesagt, er muss sich mit ihrer Welt auseinandersetzen. Dafür ist ein Steering Committee ideal. Der zweite Grund ist noch viel wichtiger. In dem Gremium kommen verschiedene Ressorts des Konzerns zusammen - mit unterschiedlichen Prioritäten. So besteht der Marketingverantwortliche möglicherweise auf einer repräsentativen Fassade der Fabrik, die ein Signal in den Markt sendet. Der Produktionsverantwortliche hält dagegen eine solche Investition für unnötig und wünscht sich stattdessen mehr Automatisierung. Das heißt, es treffen divergierende Anforderungen aufeinander? Die Mitglieder im Steering Committee stehen weit oben in der Unternehmenshierarchie. Sie tragen hohe Verantwortung und bringen große Fähigkeiten mit. Für den Projektmanager ist es durchaus hilfreich, wenn diese Personen sich in einem Gremium treffen, dort ihre divergierenden Interessen aufzeigen, wahrnehmen und zu gemeinsam getragenen Entscheidungen kommen. REDUKTION DER KOMPLEXITÄT Anders gesagt: Ein Steering Committee reduziert Komplexität im Stakeholdermanagement? Also: Je komplexer die Organisation, desto eher empfiehlt sich ein Steering Committee? Ja. Bei einem inhabergeführten Mittelständler braucht man dieses Gremium vielleicht nicht. In global organisierten Konzernen ist es aber zwin- 14 REPORT projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2018 gend erforderlich. Deshalb sind in sehr vielen Großunternehmen Steering Committees auch obligatorisch. Damit ist das Problem nicht gelöst. Die Mitglieder dieser Steering Committees können sich oft kaum eine Vorstellung von der Welt der Projekte machen. Manchmal verstehen sie offenbar gar nicht, was der Projektmanager ihnen versucht zu erklären. An diesem Punkt muss man natürlich über die Voraussetzungen sprechen, die Mitglieder von Steering Committees für ihre Tätigkeit mitbringen müssen. Sie sollten beispielsweise Risiko- und Erfolgsfaktoren im Projektmanagement kennen, Krisenindikatoren zu deuten wissen und die richtigen Fragen stellen können. Und sie müssen die persönlichen und methodischen Anforderungen an Projektleiter kennen. Schließlich handelt es sich hier um Führungskräfte von Unternehmen auf Zeit! Kurz: Sie brauchen eine Art „7. Sinn“ für das Projekt. So kann dieses Gremium das Projekt erfolgreich beaufsichtigen und strategisch steuern. Dabei hält es das Geschäftsmodell im Auge, das hinter einem Projekt steht. Es prüft laufend, ob das Projekt in seiner derzeitigen Planung noch für den Markt geeignet ist. Kennen Sie ein Beispiel dafür? Denken Sie an einen Pharmakonzern! Angenommen, es wird eine Fabrik gebaut für ein neu entwickeltes Medikament. Für das Projektteam stellen sich allein technische Fragen. Das Steering Committee jedoch hält zusätzlich den Business Case im Blick, aus dem heraus die technischen Anforderungen für das Projekt formuliert wurden. Beispielsweise betrachtet das Komitee die Regularien, das internationale Marktgeschehen, Veränderungen bei Kundengruppen oder Entwicklungen bei Mitbewerbern. Das Steering Committee kann dabei zu dem Schluss kommen, dass das Marktgeschehen eine Veränderung des Projekts erzwingt - oder sogar den Abbruch. In einem anderen Fall könnte es entscheiden, dass die Investition verdoppelt werden muss. Und wieder in einem anderen Fall, dass die Betriebskosten gesenkt werden, indem die Automatisierung bei der Produktion erhöht wird. EINE ART „TEAMWORK“ ... Also - Teamwork zwischen Steering Committee und Projektteam? Ja, eine Art Teamwork. Beide Teams müssen auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Davon ist man jedoch in vielen Unternehmen weit entfernt. Die Informationen, die der Projektmanager liefert, werden zuweilen im Steering Committee in ihrer Bedeutung nicht richtig erfasst. Es werden nicht die richtigen Schlüsse gezogen. Gerät dann das Projekt in Schieflage, steht der Projektleiter im Fadenkreuz. REPORT 15 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2018 Sie sprachen vorhin aber auch von Beaufsichtigung. Das Steering Committee versteht sich wie ein Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft? Ich finde diesen Vergleich passend, und ich verwende ihn oft auch selbst. Ein großes Projekt wie der Bau einer Fabrik ist immer eine Art Firmengründung. Der Vorstand dieser „Firma“ erhält Geld von seinen „Aktionären“, quasi das Projektbudget, das der Projektleiter von seinem Unternehmen bekommt. Das Geld wird investiert. Die Aktionäre wollen sichergehen, dass die Rückflüsse wie errechnet und versprochen auch kommen. Sie wollen sichergehen, dass das zugrunde gelegte Geschäftsmodell weiterhin Bestand hat und der „Vorstand“ - der Projektleiter - den Anforderungen genügt. Eben war von Teamwork zwischen Steering Committee und Projektteams die Rede. Zu gutem Teamwork gehört auch gutes Teambuilding, wie Projektmanager wissen. Kaum ein Projektmanager startet in sein Projekt, ohne vorher seine Mitarbeiter zu einem echten Team zusammengeschweißt zu haben. Dies wäre vielleicht auch ein Vorschlag an die Adresse von Steering Committees? Bei Steering Committees beobachte ich dieses Teambuilding leider selten - weder im Gremium selbst noch zusammen mit dem Projektteam. Wie die Mitglieder in dem Steering Committee kooperieren, dies hängt stark davon ab, ob und wie sie im normalen Geschäftsalltag zusammenarbeiten. Haben sie zuvor bereits miteinander zu tun gehabt? Haben sie zusammengearbeitet? Wenn ja, welche Erfahrungen haben sie dabei gemacht? Manchmal stehen die Beteiligten im Wettbewerb zueinander, oder sie haben generell stark divergierende Positionen. Kann es auch zu Blockaden kommen, weil Mitglieder des Komitees nicht miteinander auskommen? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen! Das ginge zu weit. Aber ich habe in vielen Steering Committees konkurrierende Interessen beobachtet, die nicht offen ausgesprochen werden. Verstehen Sie mich nicht falsch: Divergierende Interessen sind nachvollziehbar und auch notwendig. Man könnte sie bearbeiten, beispielsweise mit Balanced Scorecard oder einer Nutzwertanalyse. Die Probleme entstehen erst dann, wenn die Differenzen ständig unter der Decke gehalten werden. Dann fehlt dem Steering Committee das tragende Fundament. Und genau deshalb finde ich es problematisch, dass solches Teambuilding für Steering Committees heute noch unüblich ist. VERTRAUEN, SPIELREGELN UND TEAMBUILDING Bleiben wir bitte noch bei diesem Thema. Vertrauen ist das eine, was ein Team braucht. Hinzu kommen aber noch „Spielregeln“ … Auch darüber muss meiner Meinung nach in einem Steering Committee gesprochen werden. Verantwortlichkeiten und Entscheidungsprozesse sind festzulegen. Fangen wir mit den Verantwortlichkeiten an … Da stellt sich die Frage nach der Struktur. Es gibt verschiedene Wege, das Komitee aufzubauen. Der 16 REPORT projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2018 erste Weg: Einer hat die Verantwortung. Beispielsweise der Geschäftsfeldverantwortliche; er entscheidet. Die anderen Mitglieder fungieren als seine Berater und akzeptieren die Entscheidungen. Damit würde allein der Geschäftsfeldverantwortliche dafür in die Pflicht genommen, dass sich am Ende das in das Projekt investierte Geld auch rentiert. Ein zweiter Weg: Man könnte das Modell aus dem deutschen Aktienrecht übernehmen; dies haben wir einmal mit einem Rechtsanwalt diskutiert. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft fällt Entscheidungen gemeinsam und ist damit auch gesamtschuldnerisch verantwortlich. Analog dazu könnten alle Mitglieder eines Steering Committees zur Verantwortung gezogen werden, falls mit dem Projekt etwas schiefläuft. Bei dieser Konstruktion wäre die Frage zu klären, wie die Entscheidungen konkret zustande kommen - etwa mit einfacher Mehrheit oder Zweidrittelmehrheit. Und auch Fragen wie beispielsweise: Auf welche Weise kommt man zu schnellen Entscheidungen zwischen den Sitzungsterminen des Komitees? Wer darf wie entscheiden, wenn es zeitlich dringend ist? Mir stellt sich da eine völlig andere Frage. Wie soll etwa der Marketingverantwortliche über eine Frage aus der Produktion mitentscheiden - und am Ende dafür seinen Kopf hinhalten? Ich halte an diesem Punkt eine bestimmte Arbeitskultur für unerlässlich - und da sind wir wieder beim Teambuilding. So sollten Komiteemitglieder Fachfragen ihres Ressorts gegenüber ihren Kollegen so objektiv, verständlich und nachvollziehbar darlegen, dass die anderen die Sachlage beurteilen und Fragen stellen können. Wobei die anderen verpflichtet sind, sich ein umfassendes Bild zu machen und konsequent Fragen zu stellen, wenn ihnen Punkte unklar sind oder sie nicht folgen konnten. Nur so ist es möglich, dass das Gremium sich eine Meinung bildet und eine Entscheidung trifft. Dies alles setzt eine vertrauensvolle Kommunikationskultur voraus. Da sind wir wieder bei dem Thema Teambuilding und Vertrauen. Vor allem sind wir auch bei dem Willen, offen zu kommunizieren! Natürlich! Manche scheuen sich davor, bei Kollegen nachzufragen. Sie meinen, das Gesicht zu verlieren, wenn sie bestimmte Dinge nicht wissen. Deshalb brauchen wir ja das vertrauensvolle Umfeld! In einem konkurrenzdominierten Klima werden solche Fragen nicht gestellt. OFFENHEIT AUCH IM KOMITEE ERFORDERLICH Sie haben die Produktwelt und die Projektwelt beschrieben. Diese Welten, sagten Sie, kommen in der Zusammenarbeit zwischen Steering Committee und Projektteam zusammen. Mir fehlt in diesem Zusammenspiel allerdings eine Partei - die des Geldgebers. Wie ist er vertreten? Gut, machen wir das Bild an dieser Stelle komplett! Der Geldgeber befindet sich quasi über dem Steering Committee und dem Projektteam. Aus seiner Sicht ist das Steering Committee für den Erfolg des Geschäftsmodells verantwortlich - und zwar nicht nur im Sinne technischer Verantwortung, also hinsichtlich der Funktionsfähigkeit und termingerechten Fertigstellung der Fabrik, sondern auch für die Marktseite: Werden die verspro- REPORT 17 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2018 chenen Erlöse auch realisiert? Ich bin der Meinung, dass die Mitglieder des Steering Committees diese Verantwortung auch spüren sollten. Dafür kann man variable Bestandteile des Gehalts an den Projekterfolg knüpfen. Wichtig ist dem Komitee klarzumachen: Ihr werdet daran gemessen, ob das Projekt seine Ziele erreicht. Ihr seid wichtige Mitspieler, keine Zuschauer! Dieses Signal sollte gesendet und verstanden werden. DIE SACHE MIT DEM PROJEKTAUFTRAG Nochmals zum Projektmanager. Konkret gefragt: Was braucht der Projektmanager genau vom Steering Committee? Ganz klar - einen Projektauftrag. Das heißt, das Steering Committee schreibt den Projektauftrag ...? In der Praxis ermittelt das Projektteam die Anforderungen und stellt diese zu einem Dokument zusammen, das die Basis für den Auftrag bildet. Dann aber braucht dieses Dokument eine Unterschrift von den Mitgliedern des Komitees. Und diese Unterschriften sollten Projektmanager auch tatsächlich einholen. Ich empfehle, dass die Mitglieder des Steering Committees den Auftrag tatsächlich unterschreiben. Tun sie dies in der Regel nicht? Nur selten. Häufig werden Projektmanager vertröstet. Im Komitee ist dann vielleicht die Rede davon, dass das Team doch schon die Arbeiten starten könnte, dass man doch unter Kollegen sei. Das Projektteam solle mit dem Auftrag und den Unterschriften doch nicht so bürokratisch sein. Dies sei doch reine Formsache. Ist es aber nicht? Niemand setzt leichtfertig seine Unterschrift unter ein Dokument. Anders gewendet: Wer etwas unterschreibt, bekundet damit, dass er zum Inhalt des unterschriebenen Dokuments persönlich steht. Das ist für den Projektmanager ein echter Lackmustest! Daran kann er erkennen, ob die Mitglieder seines Steering Committees sich auch wirklich einig sind: Wie stehen sie zu dem Projekt? Haben sie alles wirklich verstanden und sich ein eigenes Bild von dem Projekt gemacht? Denn mit seiner Unterschrift zeigt das Steering Committee, dass das Projekt wie in dem Auftrag dokumentiert realisiert werden soll: Ein gemeinsames Projektverständnis ist erreicht. Weshalb ist dies so wichtig? Auf Basis des verbindlichen Auftrags kann das Projektteam später mögliche Änderungswünsche leichter als solche sichtbar machen. Angenommen, die Fabrik soll jährlich eine halbe Million Tabletten mehr produzieren als ursprünglich geplant, dann braucht man nur im Projektauftrag nachzusehen, um die Kapazitätserhöhung genau zu beziffern und die notwendigen Veränderungen daraus abzuleiten. Schön und gut. Doch der Projektmanager wird schwerlich sein Steering Committee zur Unterschrift zwingen können …? Natürlich nicht. Aber er kann erklären, weshalb ein unterschriebener Projektauftrag Nutzen bringt und weshalb er wichtig ist. Er kann in Richtung Produktwelt argumentieren: Mithilfe des Projektauftrags kommt man wirklich zu einem gemeinsamen Verständnis des Vorhabens. So gesehen führt die Erarbeitung und „Verhandlung“ des Projektauftrages zu einem gegenseitigen Verständnis der beiden Welten. Daran ist ja allen gelegen! INSTRUMENT DER VERSTÄNDIGUNG Ist dies wirklich so? Der Projektauftrag als Instrument der Verständigung? Ja! Der Projektauftrag zwingt den Projektmanager dazu, sich mit der Perspektive und den Anforderungen der Produktwelt auseinanderzusetzen. Andersherum werden die Mitglieder des Steering Committees dazu gezwungen, sich mit den Erwartungen der Projektwelt auseinanderzusetzen. 18 REPORT projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2018 Dies alles erfordert, dass Steering Committee und Projektteam auf gemeinsamer Augenhöhe kommunizieren. Gemeinsame Augenhöhe dürfte in der Praxis selten sein. In vielen Unternehmen herrscht ein starkes Machtgefälle vor. Der Projektleiter ist zumeist Angestellter, er ist weisungsgebunden. Ordnet das Steering Committee beispielsweise an, für den Fabrikbau eine Baugrube auszuheben, noch bevor der Projektauftrag unterzeichnet ist und feststeht, was gebaut werden soll, dann wird der Projektmanager dieser Anweisung vermutlich folgen. Ein erfahrener Projektleiter wird auf die Risiken hinweisen, die sich aus diesem vielleicht voreiligen Schritt ergeben. Aber: Manchmal kann es ja durchaus sinnvoll sein, die Arbeiten sehr früh zu starten, etwa bei einem felsigen Baugrund die Baugrube sehr früh auszuheben und später anzupassen. Dies spart einige Wochen. Solche Entscheidungen müssen nicht a priori falsch oder richtig sein. Sie müssen nur mit Bewusstsein und unter Abwägung der Risiken getroffen werden. Sprechen wir über weitere konkrete Aufgaben des Steering Committees. Welche Aufgaben hat das Gremium in der Regel noch - neben der Erteilung des Projektauftrags? Denken Sie an die Analogie zum Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft. Der Aufsichtsrat hat beispielsweise die Aufgabe, geeignetes Spitzenpersonal zu suchen. Das Komitee sollte die erste Führungsriege des Projektes besetzen, vielleicht sogar die zweite mit auswählen - wobei ich von großen Projekten spreche, deren Investitionen im zweistelligen oder dreistelligen Millionenbereich liegen. Zudem wird das Steering Committee bei strategischen Projektentscheidungen mitreden oder zumindest gehört werden. Strategische Fragen? Beispielsweise über die Strategie im Projektmanagement, beispielsweise die Wahl von agilen Ansätzen. Oder die Art und Weise, wie etwa ein Investitionsprojekt an den Markt gebracht wird: Wird ein Generalunternehmer beauftragt? Gibt es eine Aufteilung zwischen Planer und Unternehmer? Oder sind viele verschiedene Firmen auf der Baustelle tätig? Solche Entscheidungen will ein Projektmanager sicherlich nicht allein treffen - und er sollte dies meiner Meinung nach auch nicht tun. In welchen typischen Projektphasen arbeiten Steering Committee und Projektteam zusammen? Sie kooperieren bereits in den allerersten Phasen, etwa während der internen Genehmigungsphasen des Projekts. Am Beispiel des Fabrikbaus: Im ersten Schritt werden neue Märkte entdeckt. Man ermittelt grob die Kosten und die Bauzeit für die Anlage - meistens auf Basis von Benchmarks. Das Komitee wird die präsentierten Zahlen und Pläne bewerten. Es wird sich dann vielleicht hinter die ersten Konzepte stellen und dafür aussprechen, die Pläne weiterzuverfolgen. Dabei muss das Komitee sich auch an die Verantwortlichen für das Projektportfolio wenden und das Vorhaben mit Blick auf die gesamte Projektlandschaft des Unternehmens betrachten. DAS PROJEKT „DURCHBRINGEN“ Also das einzelne Projekt mit der Konkurrenz anderer Projekte abgleichen? In Konzernen werden diese Portfolios häufig durch Gremien gesteuert. In solch einem Gremium muss das neue Projekt durchgebracht werden - und das ist Aufgabe des Steering Committees. Gleiches gilt für die Geschäftsführung. Auch in diese Richtung muss das Komitee arbeiten, und es muss das Projekt dort einbringen. In dieser Phase geht es um die Frage: Lohnt es sich überhaupt, das Projekt zu realisieren? Es geht also um den Business Case, um das Geschäftsmodell hinter dem geplanten technischen Projekt. Ja. Dazu gehören beispielsweise Kostenabschätzungen, Schätzungen des erwarteten Erlöses oder geschäftlicher Risiken. Erst dann, wenn das Projekt freigegeben ist, wird sich das Projektteam mit der Planung befassen. Es wird etwa Planungsvarianten erarbeiten und mit genauerem Zahlenmaterial wieder an das Komitee herantreten, das in der Zwischenzeit den Markt und die strategischen Optionen des Unternehmens weiter beobachtet hat. Aus dieser Sicht wird dann der Plan nochmals überprüft - immer mit Perspektive auf den Markt, die Strategie und die damit verbundenen Optionen für das Projekt. An einem bestimmten Punkt dieser Planung und der Zahlenermittlung wird das Komitee sagen: Die Qualität der Pläne und Zahlen ist stichhaltig. Die beschriebene Umsetzung des Projekts und die Vorgehensweise passen. Danach wendet sich das Steering Committee an den Geldgeber und befürwortet dort das Projekt. Eingangs sagten Sie, dass vielen Mitgliedern von Steering Committees der Einblick in die Welt der Projekte fehlt. Generell gefragt: Welche Eignung und Voraussetzungen sollten Mitglieder von Steering Committees mitbringen? Offen gesagt: Ich bin der Meinung, dass wir eine eigene Competence Baseline für Mitglieder des Steering Committees brauchen. REPORT 19 projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2018 Gleich einen Kompetenzstandard - also eine Beschreibung dessen, was die Mitglieder wissen und können müssen? Ja. Die Mitglieder brauchen einen fundierten Überblick, wie ein Projekt abgewickelt wird, wie es in Phasen gegliedert ist, welche verschiedenen Aufgaben die jeweiligen Phasen mit sich bringen und weshalb diese Phasen sinnvoll sind. Es kommt darauf an, dass sie die Best Practice verstehen. Mit diesem Verständnis als Fundament ist es dann übrigens auch möglich, von der Best Practice abzuweichen, wenn es hilfreich erscheint - beispielsweise, um agil zu arbeiten. Das setzt natürlich voraus: Die Mitglieder des Steering Committees wissen, welche Risiken mit solchen Abweichungen verbunden sind. Die Entscheidungen werden also im Bewusstsein dieser Fakten getroffen. Manche Unternehmen führen bereits Projektmanagementschulungen für diese Zielgruppe durch - und machen sie zur Voraussetzung einer Mitgliedschaft in Steering Committees. Aber - wie will man Mitglieder eines Steering Committees zu langwierigen PM-Ausbildungen bewegen? Dies scheitert doch wohl an der Praxis! Solche Trainings müssen nicht langwierig und schon gar nicht langatmig sein. Die größte Hürde ist es, Einsicht in den Nutzen und die Notwendigkeit solcher „Druckbetankungen“ zu gewinnen: Der Hauptstadtflughafen in Berlin wäre mit einem kompetenten Steering Committee nicht erst dort, wo er heute steht. Wesentlich erscheint mir, dass die Mitglieder des Steering Committees für den Erfolg des Projektes mit „haften“ und sich selbst nicht „im ersten Rang Mitte“ sehen, sondern auf oder zumindest hinter der Bühne. Ich habe solche Schulungen selbst schon durchgeführt und dabei vielversprechende Erfahrungen gesammelt. COMPETENCE BASELINE FÜR STEERING COMMITTEES Wir sollten bei dem Gedanken an Schulungen eines nicht vergessen: Mitglieder des Steering Committees entstammen aus der oberen Führungsebene ... Natürlich, und das hilft. Diese Führungskräfte arbeiten sich regelmäßig in fachfremde Zusammenhänge ein. Sie haben aufgrund ihrer Managementtätigkeit eine ausgeprägte Auffassungsgabe. Die Schulung vermittelt Wissen über die harten und weichen Erfolgsfaktoren von Projekten. Es geht um den Überblick. Dafür braucht man keine mehrtägigen Trainings, wie Sie vermuten. Je nach Vorwissen und Erfahrung der Mitglieder kann man danach zusätzlich zu bestimmten Projektphasen nochmals gezieltes Wissen vermitteln. KEINE MEHRTÄGIGEN TRAININGS Zum Beispiel? Angenommen, in einer bestimmten Phase geht es darum, Vertragspartner für das Projekt auszuwählen. Bei solchen Entscheidungen hat ein Steering Committee mitzureden. Es muss Entscheidungsvorlagen beurteilen können. Es muss die Kriterien kennen, nach denen diese Vorlagen zu beurteilen und welche Fragen zu stellen sind. Ein weiteres Beispiel: Jedes Steering Committee hat auch eine Kontrollfunktion. Arbeitet das Projektteam zielgerichtet? Ist der Projektmanager seiner Aufgabe gewachsen? Auch dafür benötigt das Gremium Kriterien. Werden wir bitte nochmals für die Praxis konkret: Was darf ein Projektmanager von seinem Steering Committee erwarten? Oder anders gefragt: Welche Erwartungen stellt er sinnvollerweise an das Komitee? Das Steering Committee sollte sich aus Projektdetails heraushalten und sich nicht zu sehr in die Einzelheiten vertiefen. Über Jahre erfahrene Projektmanager sprechen dann süffisant davon, dass ihnen ihr Steering Committee so gerne „hilft“ … Ja, dies meine ich. Selbstverständlich hat jedes Steering Committee Mitglieder, die von Projektdetails etwas verstehen oder sehr konkrete Vorstellungen zu Details haben - beispielsweise zur Gestaltung der Blechfassade einer Fabrik in einem Industriegebiet. Doch solche Detaildiskussionen sind für viele Projektleiter zu Recht eine Horrorvorstellung. Sie befürchten Micromanagement oder ausbleibende Entscheidungen. Kein Wunder, dass sie bei bestimmten Fragen lieber selbst entscheiden - und danach schauen, wie das Komitee reagiert. 20 REPORT projektManagementaktuell | AUSGABE 2.2018 Also kein Micromanagement. Welche Erwartungen darf der Projektmanager darüber hinaus an sein Steering Committee richten? Einige Unternehmen arbeiten wirksam daran, die Anzahl der Mandate für ihre Führungskräfte einzuschränken. Spitzenmanager sollten nicht Mitglied in zu vielen Gremien sein - ähnlich, wie das auch bei Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften gehandhabt wird. In manchen Unternehmen, in denen viele Investitionsprojekte durchgeführt werden, sitzen manche Führungskräfte in einer zweistelligen Zahl dieser Gremien. Das ist zu viel! ERWARTUNGEN AN DAS COMMITTEE Was bedeutet dies konkret für den Projektmanager? Der Projektmanager darf erwarten, dass die Mitglieder seines Steering Committees ausreichend auf die Sitzungen vorbereitet sind. Nur durch gründliche Vorbereitung auf Sitzungen kann man die Basis für eine effiziente Zusammenarbeit legen. Darüber hinaus ist für Projektmanager wichtig: Das Steering Committee muss entscheidungsfreudig sein. Und: Es muss klar regeln, welche Entscheidungen zustimmungspflichtig sind. Was also entscheidet das Gremium? Und was entscheidet das Projektteam selbst? Dazu gehört auch, dass das Steering Committee mit dem Senior Management und der Unternehmensspitze kommuniziert. Denn manchmal werden Projektmanager verpflichtet, beispielsweise einem Konzernvorstand Rede und Antwort zu stehen. Der Projektmanager muss also erst mit seinem Komitee verhandeln, dann mit der Unternehmensspitze ...? Ja. Und da stellt er die berechtigte Frage, welche Funktion dann sein Steering Committee noch hat. An dieser Stelle ganz klar: Das Steering Committee berichtet an das Senior Management. Es formuliert seinen Bericht - und steht dann mit seinem Namen hinter diesem Bericht. Ich frage andersherum: Was erwartet ein Steering Committee von seinen Projektmanagern? Das Komitee will über wesentliche Sachverhalte im Projekt zuverlässig informiert und an bestimmten Entscheidungen beteiligt werden. Wie immer die Kommunikation im Einzelnen geregelt wird, diese Transparenz ist eine sehr wichtige Erwartung des Steering Committees. Die weiteren Erwartungen lassen sich gut zusammenfassen, und sie sind erfahrenen Projektmanagern auch nicht ganz unbekannt: früh und klar eskalieren, nur wirklich wichtige Fragen an das Komitee herantragen, direkt Lösungsvorschläge anbieten. Kommunikation und Präsentation einfach gestalten, verständlich und auf den Punkt gebracht. Und immer wieder auf den Sitzungen deutlich machen, was das Projektteam von dem Komitee genau braucht. Geht es nur um Information? Oder sind Entscheidungen zu bestimmten Punkten nötig? Verständigung fußt bekanntlich auf gegenseitigem Verständnis. Wer weiß, was der andere braucht und will … … der kann dessen Erwartungen auch erfüllen. Deshalb empfehle ich auch, anfangs eine gegenseitige Abfrage der Erwartungen zu machen. Was erwarten wir von euch und was erwartet ihr von uns? Wie gesagt, bei einem Projekt handelt es sich um eine Art Unternehmensgründung. Auf der einen Seite steht ein komplett neu zusammengestelltes Team, auf der anderen Seite ein neu zusammengestelltes Steering Committee. So, wie die Erwartungen innerhalb der Teams abgesprochen werden, sollten sie auch zwischen den Teams abgesprochen werden. Und: Dazu gehört am Ende auch wertschätzendes Feedback. Werden die Erwartungen erfüllt? Sind wir zufrieden mit der Kommunikation und der Zusammenarbeit? ABFRAGE DER ERWARTUNGEN EMPFOHLEN Wir haben viel von Partnerschaft gesprochen. Doch Steering Committees fällen bekanntlich auch schmerzhafte Entscheidungen. Schlimmstenfalls brechen sie ein Projekt ab. Damit dürfte der Projektmanager doch am kürzeren Hebel sitzen. Keine Frage, der Abbruch eines Projektes ist schmerzhaft für das Projektteam, das sein Herzblut in das Vorhaben gesteckt hat. Projekte machen ja Spaß, da sind immer Emotionen im Spiel. Aber: Je mehr Verständnis der Projektleiter für die Welt des Business hat, desto besser kann er solche schmerzhaften Entscheidungen nachvollziehen und mit ihnen umgehen. Er sollte übrigens nicht nur die Geschäftswelt verstehen, sondern auch verinnerlichen, dass im Steering Committee sein Kunde sitzt. Und dass dieser Kunde letztlich entscheidet, dies ergibt sich aus seiner Rolle. Bei schwierigen Entscheidungen empfehle ich, dass das Steering Committee seine Motive darlegt - und dass der Projektmanager sich so weit mit der Welt der Produkte vertraut macht, dass er diese Entscheidungen nachvollziehen kann. Eine Abschlussfrage: Was können wir tun, damit die Zusammenarbeit zwischen der Produktwelt und Projektwelt künftig erfolgreicher ist? Ich sehe drei Ansätze: Erstens, es gilt die Projektteams weiterzuentwickeln. Sie sollten die Produktwelt kennenlernen und die Interessen des Geschäftes verstehen, damit sie künftig mehr geschäftsorientiert denken können. Zweitens, ich würde auch beim Steering Committee ansetzen. Seine Mitglieder sollten sich mit der Projektwelt vertraut machen. Sie sollten die Besonderheiten des Projektgeschäftes kennen und im Idealfall den eben erwähnten „7. Sinn“ dafür entwickeln. Und drittens, wir sollten die Kultur der Zusammenarbeit verbessern. Rollen und Verantwortlichkeiten beider Teams sollten geklärt, Regeln der Zusammenarbeit defi-niert, gegenseitige Erwartungen formuliert und regelmäßig abgeglichen werden. Alle Abbildungen: wei - Fotolia.com  Corporate Quality Akademie Projektmanagement Einführungslehrgang per Fernlehre: www.cqa.de PM-Normen + Methoden info@cqa.de www.cqa.de 029161 908951 Anzeige