eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 29/3

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
0501
2018
293 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Business to Business (B2B)

0501
2018
Thomas M. Duda
Joachim Barsch
Ingolf Popel
Stephan Scheidler
Auf Kernkompetenz ausgerichtetes Unternehmen sucht langfristige Partnerschaft für ein variables geschäftliches Umfeld. Innerhalb der DGLR/GPM Fachgruppe „Projekt- und Qualitätsmanagement in Luft- und Raumfahrt“ nahm sich die Arbeitsgruppe „Business to Business (B2B)“ dieses Themas an. Nahezu jedes Unternehmen, klein-, mittelständisch oder auch Großunternehmen und Konzerne, macht sich diesen Leitgedanken zunutze. Es fing damit an, als die Unternehmen sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrierten und nach geeigneten Partnern gesucht haben, die sie in weiteren Kompetenzen ergänzen. Die spezifische Ausprägung der individuellen Partnerschaften ist hierbei die essenzielle Aufgabe. Daraus ergeben sich die in der Arbeitsgruppe erarbeiteten Hauptdimensionen. In der heutigen Geschäftswelt ist „Business to Business (B2B)“ ein wesentlicher Bestandteil des Projektmanagements. Basierend auf der Definition wird untergliedert in Partnerschaften, Strategie, Risk Sharing, Nachhaltigkeit, Markt- & Kundenentwicklung, Wertschöpfungskette, Sicherung des Know-hows sowie Compliance. Den Abschluss dieses Beitrags bildet ein Ausblick, wie es mit diesem Thema weitergehen soll.
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24 ERFAHRUNG projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2018 „When you want to go fast, go alone! When you want to go far, go together! “ (Afrikanisches Sprichwort) Definition von B2B „Festlegung der Begrifflichkeiten zur Vermeidung von Missverständnissen“ Aus dem Wirtschaftslexikon referenziert: „Übliche Form des Marktes, bei der das Angebot und die Leistungserstellung von Unternehmen an Unternehmen erfolgen. Der Begriff Business-to- Business-Markt dient zur Abgrenzung derjenigen Marktbereiche, in die häufig der E-Commerce eingeteilt wird, um die jeweils spezifischen Gestaltungsparameter zu identifizieren.“ [1] „Die Bezeichnung business-to-business (Abkürzungen: B2B oder B-to-B) wird allgemein für Beziehungen zwischen mindestens zwei Unternehmen benutzt - im Gegensatz zu Beziehungen zwischen Unternehmen und anderen Gruppen, wie z. B. Konsumenten (Business-to-Consumer), also Privatpersonen als Kunden, Mitarbeitern oder der öffentlichen Verwaltung.“ [2] Partnerschaften „Gemeinsames Vorgehen mit vertraglicher Bindung“ Die Ausprägung der Partnerschaften beinhaltet die Achtungspunkte Fairness sowie fairer Umgang mit dem Partner, Nachhaltigkeit der partnerschaftlichen Beziehung, die Berücksichtigung von Ethik und Compliance, gerade in den immer globaler werdenden Geschäftsbeziehungen. Beachtung und Management der Intellectual Property Rights (IPRs = geistige Eigentumsrechte), die Rolle des Partners im Verbund sowie das Management von UAN (Unterauftragnehmer) und KMU (kleine und mittelständische Unternehmen) spielen dabei eine wesentliche Rolle. Die Kontinuität und Verlässlichkeit ist ebenso ein Kernbestandteil von Partnerschaften. In partnerschaftlichen Beziehungen begeben sich die Partner, z. B. das beauftragende Unternehmen und der/ die Leistungserbringer, in eine vertrauensvolle, anspruchsvolle Beziehung zueinander. Vorteile: Steigerung der Flexibilität, Aufteilen der Wertschöpfung, effiziente Kompetenzallokation und auch die Risikominimierung sind positive Eigenschaften. Mögliche Effekte: Das Überstülpen der Prozesse auf kleinere Partner, sich ergebende Abhängigkeiten sowie die Machtposition des größeren Partners sind nicht zu unterschätzen. Die Empfehlung: „Coaching anstelle von Controlling. Behandeln Sie Ihren Partner gleichwertig! “ Strategie „Geplant gewolltes Vorgehen ohne Fremdeinblick“ Die Bedeutung einer Strategie für die Businessto-Business-Methodik ist offensichtlich: Die unterschiedlichen Unternehmen sichern die Wettbewerbsfähigkeit sowie den Erhalt der Systemfähigkeit durch intelligentes Risk Sharing, um z. B. große Vorhaben zu stemmen. Mit der Sicherung und Bindung von Technologien im eigenen Hause, aber auch bei den Partnern lassen sich diese Technologien durch die alleinige Konzentration intensivieren. Somit erzielen die B2B- Partner einen komparativen Wettbewerbsvorteil mit langfristiger Geschäftsbeziehung und Geschäftsabsicherung. Der gesteigerte Nutzen ist bei allen Beteiligten gegeben (gleichwertige Partner, Auftragnehmer, Auftraggeber, Kunden). Vorteile: Technologie- und Marktführerschaft sichern mit der Fokussierung auf die jeweiligen Kernkompetenzen; breitbandiges Nutzen von verfügbarem Know-how. Die Zielsetzung ist auch die langfristige Absicherung der Geschäftsgrundlage mit der Bindung des Kunden. Mögliche Effekte: aktiver Verdrängungswettbewerb, eine Einengung als Folge von Qualifikation Business to Business (B2B) Autoren: DGLR/ GPM Fachgruppe „Projekt- und Qualitätsmanagement in Luft- und Raumfahrt“, Arbeitsgruppe „Business to Business (B2B)“ >> Für eilige Leser Auf Kernkompetenz ausgerichtetes Unternehmen sucht langfristige Partnerschaft für ein variables geschäftliches Umfeld. Innerhalb der DGLR/ GPM Fachgruppe „Projekt- und Qualitätsmanagement in Luft- und Raumfahrt“ nahm sich die Arbeitsgruppe „Business to Business (B2B)“ dieses Themas an. Nahezu jedes Unternehmen, klein-, mittelständisch oder auch Großunternehmen und Konzerne, macht sich diesen Leitgedanken zunutze. Es fing damit an, als die Unternehmen sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrierten und nach geeigneten Partnern gesucht haben, die sie in weiteren Kompetenzen ergänzen. Die spezifische Ausprägung der individuellen Partnerschaften ist hierbei die essenzielle Aufgabe. Daraus ergeben sich die in der Arbeitsgruppe erarbeiteten Hauptdimensionen. In der heutigen Geschäftswelt ist „Business to Business (B2B)“ ein wesentlicher Bestandteil des Projektmanagements. Basierend auf der Definition wird untergliedert in Partnerschaften, Strategie, Risk Sharing, Nachhaltigkeit, Markt- & Kundenentwicklung, Wertschöpfungskette, Sicherung des Know-hows sowie Compliance. Den Abschluss dieses Beitrags bildet ein Ausblick, wie es mit diesem Thema weitergehen soll. ERFAHRUNG 25 projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2018 und Zulassungskriterien sowie eine Abhängigkeit infolge der Partnerbildung. Die Empfehlung: „Definition einer B2B-Strategie mit Weitblick und Optionen (als Rückfallposition) erhalten! “ Risk Sharing „So wie wir uns, so ihr euch“ - gewerbliche Lastenschieberei“ Obgleich die Flugzeughersteller in einem weltweiten Wettbewerb stehen, ist die Verlagerung kommerzieller Risiken auf die Zulieferunternehmen ein wesentlicher Teil der strategischen Unternehmensplanung. Für Zulieferunternehmen ist daraus eine strategische Notwendigkeit geworden, durch Zusammenlegung diverser Fähigkeiten den Lieferanteil zu einem Produkt oder besser zu einem System zu erweitern, also den Wertschöpfungsanteil auf eine signifikante Größe zu steigern. Die Zielsetzungen, um im Wettbewerb zu bestehen, sind, globale Marktanteile auszuweiten und alle OEMs (Original Equipment Manufacturer = Originalteile-Hersteller) anzusprechen. Das gilt nicht nur für 1 st Tier (Zulieferer der ersten Ebene), sondern vermehrt auch für 2 nd Tier (Zulieferer der Folgeebenen). Vielfach liefert ein 2 nd Tier ähnliche Komponenten an verschiedene 1 st Tier und damit an nahezu alle OEMs. Dies garantiert Synergieeffekte durch Economies of Scales (Skaleneffekte), aber auch eine gesunde Risikoverteilung. Ein hoher Zulieferanteil resultiert in einem gewissen Exklusivitätseffekt. Aus dieser Situation ergeben sich potenzielle Abhängigkeiten. Der jeweilige OEM muss und wird Verträge ausgestalten, welche den gängigen und auch zukünftigen Compliance-Regeln, also Anti-Trust (Kartellrecht) sowie Anti Corruption (Ethische Grundlagen), entsprechen. Um den Wertschöpfungsanteil zu steigern, ist der Zulieferer wiederum auf Vorleistungen bei Partnern (Unterlieferanten) angewiesen. Dies erfordert ein strategisches Zuliefermanagement, bei dem stets zwischen Cashflow und Marge abzuwägen ist. Vielfach ist zur Risikominimierung notwendig, dass der Zulieferer sich Kaufoptionen bei systemwichtigen Unterlieferanten offenhält und notwendige Unternehmenstransaktionen auf nationaler und auch internationaler Ebene plant. Vorteile: Mit dem Risk Sharing-Partnerschaftsmodell, das in der Luftfahrtindustrie vermehrt angewendet wird, eröffnet sich für den OEM wie auch für den jeweiligen Zulieferer die gemeinsame Chance, ein dauerhaft wettbewerbsfähiges hochtechnologisches Produkt auf den Markt zu bringen. Anpassungen an neue Technologien wie auch an neue Gesetze und Verordnungen können meist in optimaler Zeit und zu optimalen Kosten umgesetzt werden, da sich jeder der Partner auf seine Kernkompetenzen konzentriert. Der Zulieferer kann seine Abhängigkeit von einzelnen OEMs reduzieren, indem er durch den Risk Sharing-Ansatz sowohl neue Kunden (OEMs) wie auch vorhandene OEMs in deren neuen Märkten erreicht. Dies sichert dem Zulieferer Marktpräsenz und Marktanteile, sofern nicht Exklusivitätsregeln im Vertrag vereinbart sind. Mögliche Effekte: Je nach vertraglicher Ausgestaltung besteht ein geringes oder ein sehr hohes wirtschaftliches Restrisiko. Dies resultiert aus der vertraglichen Verpflichtung, langfristig zuzuliefern und eventuell Änderungen wegen Obsoleszenzen und/ oder Zulassungsbestimmungen in das zu liefernde System einzubringen. Abhängigkeiten von einem einzelnen OEM sind möglichst klein zu halten. Desgleichen ist auf eine ausgewogene Haftung/ Mithaftung zu achten; die Verantwortlichkeiten im Designprozess (Engineering, Fertigung) sowie in der logistischen Kette sind partnerschaftlich auszugestalten. Die Empfehlung: Aufgrund der stets vorhandenen wirtschaftlichen Ungleichheit zwischen OEM und Zulieferern ist ein Risk Sharing-Konzept partnerschaftlich zu formulieren. Im Vertrag sind Haftungsbegrenzungen mit exakten Definitionen zu erarbeiten, um den Zulieferern langfristiges Handeln zu ermöglichen. „Industrielle Partnerschaften dienen einerseits der Optimierung, andererseits durchlebt man Phasen wie in einer eheähnlichen Gemeinschaft! “ Nachhaltigkeit „Vorausschauende Handlung mit Werterhaltung“ Um Nachhaltigkeit in Geschäftsbeziehungen stabil etablieren zu können, bedarf es einer Dokumentation sowie einer Archivierung der wesentlichen Projektdokumente. Hierzu zählen nicht nur Vertragsbestandteile, sondern auch die wesentlichen Projektunterlagen wie z. B. Projektsteckbrief, Zielbeschreibungen, Arbeitspaketdefinitionen und - last but not least - die „Lessons Learned“-Aufzeichnungen. Abb. 1: Business to Business - Titelbild; Foto: Airbus 26 ERFAHRUNG projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2018 Dies dient daneben auch der Sicherung des Know-hows bei fachlich-technischen Problemstellungen, aber auch bei der Projektabwicklung selbst. Zusätzlich zu den „Lessons Learned“-Aufzeichnungen sind „Best Practice“-Empfehlungen auszusprechen und zu dokumentieren, sodass auch zukünftige neue Geschäftsbeziehungen von den wertvollen Erfahrungen zurückliegender erfolgreicher Projektabwicklungen profitieren können. Das Einhalten von Standards, Normen und gesetzlichen Auflagen ist ebenfalls ein Wegbereiter für den Aufbau und kontinuierlichen Erhalt von nachhaltigen Geschäftsbeziehungen. Aspekte der Verfügbarkeit und Versorgbarkeit sowohl von Produkten und Material, aber auch von Dienstleistungen sind elementare Bestandteile beim Themenkomplex „Nachhaltigkeit“. Des Weiteren zählen auch die Wiederverwertbarkeit, eine Rückbau- und Recyclingfähigkeit dazu. „Blue Planet: Nachhaltigkeit im Sinne des Erhalts unseres blauen Planeten und einer Weitergabe dieses blauen Planeten an unsere Nachkommen.“ Ausprägung: Damit Nachhaltigkeit als stabiles Element in den Geschäftsbeziehungen zwischen Partnern langfristig erhalten bleiben kann, muss Nachhaltigkeit ein elementarer Bestandteil der Firmenphilosophie sein, aktiv gelebt und auch entsprechend gepflegt und weiterentwickelt werden. Vorteile: Wird Nachhaltigkeit in Geschäftsbeziehungen entsprechend umgesetzt, so schafft dies die Grundlage für eine langfristige Absicherung der Geschäftsgrundlage. Ändern sich die äußeren Randbedingungen, so ist im Rahmen des Erhalts der Nachhaltigkeit zu prüfen, welche Elemente im direkten Geschäftskontakt weiterhin unverändert aufrechtzuerhalten und welche für eine erfolgreiche Fortführung der Aktivitäten entsprechend anzupassen sind. Das kontinuierliche Festhalten an der beschriebenen Nachhaltigkeit kann dem Unternehmen bzw. der Institution auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Parteien auf dem Markt verschaffen, welche ohne diese Stärke eher sprunghaft und ohne diese Nachhaltigkeit agieren. „Nachhaltigkeit ist ein elementarer Bestandteil von Geschäftsbeziehungen im Business-to-Business-Verhältnis.“ Resultate einer gelebten Nachhaltigkeit: Der durch die Nachhaltigkeit erzielte Wettbewerbsvorteil geht Hand in Hand einher mit einer höheren Akzeptanz auf dem Markt, sowohl der Produkte als auch der angebotenen Dienstleistungen, und hat positive Auswirkungen auf das Image des Unternehmens bzw. der Institution im Projektumfeld. Mögliche Effekte: Um Nachhaltigkeit beständig zu etablieren, können Investitionen erforderlich werden, die innerhalb des Unternehmens bzw. der Institution erst gegen Widerstände durchgesetzt werden müssen, die sich jedoch auf langfristige Sicht auszahlen. Hier ist ein strategisches Denken von Bedeutung! Zusätzlich erfordert es kontinuierliche Aktivitäten, damit die Nachhaltigkeit lebendig bleibt. Dies kann jedoch auch mit einer Einschränkung der Geschäftsfreiheiten verbunden sein! Die Empfehlung: „Im Sinne der Nachhaltigkeit bedarf es einer langfristigen Strategie über die operative Planung hinaus! “ Markt- & Kundenentwicklung „Jeder Partner entwickelt sich in seinem und im gemeinsamen Umfeld“ Der Markt ist der virtuelle und reale Ort, an dem Unternehmen zusammenkommen, um Angebot und Nachfrage auszutauschen. Hierfür ist es zwingend erforderlich, den Markt einzugrenzen bzw. über genaue Kenntnisse des Marktes und der Marktteilnehmer zu verfügen. Essenziell sind dabei nicht nur die Kenntnisse über den momentanen Marktzustand, sondern insbesondere die Antizipation kommender Marktlagen. Dazu gehören genauere Kenntnisse über die Art der Kunden (Kundengruppen, Einzelkunden), das entsprechende (politische) Umfeld sowie momentane und zukünftige Erwartungen und Forderungen. Um eine Übersichtlichkeit zu gewinnen, lässt sich dies in einer (Kommunikations-)Matrix darstellen. Vorteile: Durch geschicktes Einsetzen dieser Instrumentarien lassen sich langfristig Marktanteile halten bzw. dazugewinnen sowie Kunden binden, sodass der Markt mit dem Kunden zusammen entwickelt werden kann. Dies gewährleistet auch eine zeitgerechte Einführung von Produkten und Dienstleistungen. Mögliche Effekte: Die Aufwände hierfür sind zeit- und kostenintensiv und der Erfolg nicht immer eindeutig prognostizierbar. Die Empfehlung: Die Anwendung „zwingt“ Unternehmen dazu, über ihren eigentlichen Geschäftszweck hinauszudenken und dadurch neue Märkte zu generieren. Wertschöpfungskette „Optimierte Aufgabenverteilung - zusammen sind wir stark“ Im Zeitalter Industrie 4.0 ist die Wertschöpfungskette - neudeutsch auch Supply Chain - mehr als nur verlängerte Werkbank. Die Luft- und Raumfahrtindustrie ist seit jeher gefordert, die logistischen Prozesse kontinuierlich zu optimieren. Mit mehr als 1 Mio. Teilen und vielen tausend Zulieferern sind sowohl Flugzeuge als auch Raketen und Satelliten die wohl komplexesten Produkte auf dem Markt. Hinzu kommen extrem anfordernde Regularien der Gesetzgeber sowie der Luft- und Raumfahrt- Aufsichtsbehörden. Supply Chain Management ist in der Wertigkeit herausgehoben; das wird unterstrichen durch die hierarchische Einordnung dieser Funktion. Häufig führt bei großen OEMs ein Vorstandsmitglied das entsprechende Ressort. Das Ressort Supply Chain Management ist international in den Konzern eingebunden. Die großen OEMs haben bzw. gründen Niederlassungen dort, wo die Kunden, also die Luft- und Raumfahrtgesellschaften, Hauptniederlassungen oder wesentliche Zentren haben. Ein Nebeneffekt dieser lokalen Diversifizierung ist eine optimale Verteilung der Finanzströme. Ausgaben in Euro werden dort getätigt, wo Einnahmen im Euro zu verzeichnen sind, ebenso Dollar zu Dollar und seit Kurzem Yuan zu Yuan. Dies gilt für die Zulieferer gleichermaßen, die, wie oben erwähnt, als Risikopartner agieren. Während früher die OEMs „Make or Buy“-Entscheidungen lediglich auf Fertigungskostenbasis trafen, ist heute eine komplexe Struktur zu bewerten. In diese Bewertung fließen Entwicklungskapazitäten vor Ort ein, um individuelle Kundenwünsche durch agile Produktentwicklung und gezielte Innovation entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu realisieren. Auch lokale politische Vorgaben zwingen zur Reduzierung der Entwicklungszyklen; dies ist nur möglich mit einer konsequenten Vernetzung zwischen OEM und Zulieferer (Risk Sharing-Partner). Vorteile: Der OEM profitiert durch die Konzentration auf strategische Systemlieferanten, da er die beste am Markt zu findende Technologie erhält („Best in Breed“). Die Technologie bleibt dauerhaft aktuell durch kontinuierliche agile ERFAHRUNG 27 projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2018 Anpassung an kunden- und zulassungsrelevante Anforderung. Da umfassende, über die reine Produktion hinausgehende Funktionen auf den strategischen Zulieferer ausgelagert werden, ergeben sich implizierte Kosten- und Wettbewerbsvorteile. Mögliche Effekte: Der OEM konzentriert sich auf seine Kernkompetenz der Systemführerschaft, das heißt, sowohl Systementwicklung wie auch große Teile der Wertschöpfung werden außer Haus gegeben. Durch strategische finanzielle und unternehmerische Beteiligung am Systempartner verbleibt Know-how dennoch im Unternehmensverbund. Die gegenseitige Beeinflussung des Systemführers einerseits und des Lieferanten andererseits resultiert so in einem Mehrwert für die gesamte Wertschöpfungskette. Die Empfehlung: rechtzeitige und produktorientierte Kooperation der Partner, inkl. Koordination und Management; Zerlegung des Gesamtprozesses in einzelne Teilprozesse. „Unternehmen mit großer Fertigungstiefe wechselt in Partnerschaften, um die Wertschöpfung zu optimieren! “ „Oder was tun Sie, um am Markt zu bestehen? - Alles selbst machen, muss nicht die beste Vorgehensweise sein.“ Sicherung des Know-hows „Schütze das, was dir wichtig ist! Eigenschutz“ Eines der wesentlichen Kernelemente von Unternehmen ist das Know-how. Es manifestiert sich in verbrieften/ unverbrieften geistigen Eigentumsrechten, Lizenzen, Verfahrenstechniken und/ oder spezifischen Kenntnissen einzelner Mitarbeiter. Die Sensibilisierung auf dieses Thema dient dem Schutz einerseits und unterstützt die Verbreitung und Vertiefung des Wissens im Unternehmen. Andererseits bedarf es einer intelligenten IT-Infrastruktur, um Wissen dauerhaft zu archivieren bzw. vielschichtig zu nutzen. Häufig werden auch Lessons Learned/ Best Practices als wesentlicher Bestandteil des Unternehmenswissens genannt. Dort sind die Erfahrungen hinsichtlich Produkten, Märkten, Verfahren etc. hinterlegt. Für die Wissensübertragung und als Gewährleistung für eine spätere Anwendung wird der Begriff des „Kompetenz-Mappings“ verwendet. Vorteile: Die spezifischen Wissensbereiche tragen dazu bei, dass Unternehmen ihre Position auf dem Markt stärken können. Durch die Anwendung spezifischen (z. B. kundenorientierten) Wissens lassen sich Wettbewerbsvorteile auf dem Markt erzielen. Dadurch kann beispielsweise gezielter auf Kundenanforderungen eingegangen werden. Mögliche Effekte: Inwieweit Unternehmenswissen auf dem Markt umgesetzt werden kann, ist insofern fraglich, als Aufwand und Nutzen nicht immer messbar sind und sich teilweise erst nach längerer Zeit abbilden. Der Aufwand spiegelt sich mehrdimensional wider: Hierzu zählen eine entsprechende IT-Infrastruktur und Personalallokation. Die Empfehlung: Um das Know-how eines Unternehmens zu schützen, sind eine Abwägung von geeigneten präventiven Maßnahmen sowie gegebenenfalls Anpassungen an geänderte Verhaltensweisen bzw. Marktumgebungen vorzunehmen. „Ein Kopf ohne Gedächtnis ist eine Festung ohne Besatzung.“ (Zitat: Napoleon Bonaparte) Compliance „Achtung, Respekt und Einhaltung sind ein absolutes Muss.“ Compliance bzw. Regelkonformität ist der Fachbegriff für die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien, aber auch von freiwilligen Kodizes in Unternehmen. Die Gesamtheit der Grundsätze und Maßnahmen eines Unternehmens zur Einhaltung bestimmter Regeln und damit zur Vermeidung von Regelverstößen wird als Compliance Management bezeichnet. Compliance betrifft alle Unternehmensbereiche. Die Wirkung von Compliance findet innerhalb und außerhalb von Unternehmen Anwendung und ist länder- und nationenübergreifend. Die Anwendung von Compliance stellt einen Teil des Risikomanagements dar. Um effektives Compliance Management zu gewährleisten, bedarf es einer regelmäßigen, klaren und zielgerichteten Kommunikation. Die Effekte nach innen und nach außen müssen dabei deutlich erkennbar sein. Anzeige 28 ERFAHRUNG projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2018 Autoren Diplom-Ökonom Thomas M. Duda; Studium an der Ruhr-Universität Bochum; Mitglied eines Kompetenzzentrums des Airbus-Konzerns, Ersteller von Konzernrichtlinien, Methoden und Prozessen; Mitglied der DGLR/ GPM Fachgruppe „Projekt- und Qualitätsmanagement in Luft- und Raumfahrt“, Leiter der Arbeitsgruppe „Business to Business (B2B)“ Anschrift: Airbus Defence and Space GmbH, Willy-Messerschmitt-Straße 1, 82024 Taufkirchen, E-Mail: Thomas.Duda@airbus.com. Diplom-Ingenieur (FH) Joachim Barsch; Studium Maschinenbau an der FH Konstanz und Informatik an der FH Esslingen; zertifizierter Projektmanager nach PMI-PMP, IPMA-Level C und zertifizierter SCRUM Master (CSM © ); Gastdozent/ Lehrbeauftragter für Projektmanagement seit 1999 an der FH Ulm, HS Aalen; langjährige Projektmanagementtätigkeit als Projektleiter, PMO, Lead PMO, PM-Experte innerhalb des Airbus-Konzerns; Mitglied der GPM und der DGLR/ GPM Fachgruppe „Projekt- und Qualitätsmanagement in Luft- und Raumfahrt“, Arbeitsgruppe „PM-Best Practice“ und „Arbeitsgruppe Business to Business (B2B)“ Anschrift: Airbus Defence and Space GmbH, Wörthstraße 85, 89077 Ulm, E-Mail: Joachim. Barsch@airbus.com Betriebswirt (BA) Ingolf Popel, WAK S/ H, Kiel- Flensburg; langjährige Projektmanagementtätigkeit im internationalen Umfeld; Mitglied der GPM SIG „Internationales Projekt Management“ und Mitglied der GPM und der DGLR/ GPM Fachgruppe „Projekt- und Qualitätsmanagement in Luft- und Raumfahrt“, der Arbeitsgruppe „PM-Best Practice“ und der „Arbeitsgruppe Business to Business (B2B)“ Vorteile: Die Einhaltung von unternehmensinternen und -externen Regeln sowie die Dokumentierung der Maßnahmen sind mittlerweile eine Grundvoraussetzung für eine Marktteilnahme und bei der Wahl der entsprechenden Geschäftspartner. Mögliche Effekte: Verstöße können teils drastische Konsequenzen finanzieller, juristischer und politischer Art, aber auch Imageschäden nach sich ziehen. Dies betrifft nicht nur den Hauptverursacher eines Regelverstoßes, sondern auch alle vor- und nachgelagerten Geschäftsketten. Dies sind alle Beteiligten einer Transaktion. Die Empfehlung: Es ist daher dringend anzuraten, Compliance nicht als notwendiges Übel, sondern als Chance und Vorteil zu begreifen. „Einhaltung von Compliance-Regeln ist keine Kür, sondern Pflicht! “ Ausblick „Der konkrete Blick nach vorne“ Das Thema „Business to Business (B2B)“ gilt als zentrales, wichtiges Element von Geschäftsbeziehungen. Dabei ist das Verhältnis B2B unabhängig von der Branche sowie der wirtschaftlichen und personellen Größe der Geschäftspartner. Des Weiteren spielt es keine Rolle, ob es sich in einem B2B-Verhältnis nur um zwei oder mehrere Geschäftspartner handelt. Bei mehreren Geschäftspartnern werden die zuvor beschriebenen Ausprägungen, Vorteile und Effekte nur komplexer und es ist mit größerer Sorgfalt auf deren Einhaltung und Berücksichtigung zu achten, um ein erfolgreiches Projektmanagement sicherzustellen. Die ausgesprochenen Empfehlungen gelten auch beim Zusammenspiel von mehreren Geschäftspartnern. Das Verhältnis B2B dient der Absicherung der Geschäftsgrundlage und gilt bei Geschäftsbeziehungen als kooperationsfördernd und imagefördernd. Es ist global, national und lokal umsetzbar, somit hängt es auch nicht vom jeweiligen Ort der Geschäftspartner ab. Beim Zusammenwirken mit globalen Geschäftspartnern ist jedoch auf einen korrekten Umgang mit den möglicherweise abweichenden sozialen und kulturellen Erfordernissen zu achten! Bei der Hinzugewinnung neuer, weiterer Mitglieder ist vorzusehen, dass weitere Ziele und Inhalte zum Tragen kommen sowie die Erfahrungen anderer Firmen und Institutionen aus dem Bereich Luft- und Raumfahrt miteinbezogen werden können. Darüber hinaus ist das Thema B2B als elementarer Bestandteil des Projektmanagements zu fördern. Hierfür sind die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen. In diesem Zusammenhang wird B2B auch als wesentlicher Bestandteil des Projektmanagements in Forschung und Lehre angesehen. Weitere Ziele sind ein erfolgreiches Networking zwischen den beteiligten Partnern sowie eine Bündelung der Aktivitäten auf dem Gebiet „Business to Business (B2B)“. … to adopt „Business to Business“ (B2B) principles and methods!  Literatur [1] http: / / wirtschaftslexikon.gabler.de/ Definition/ business-to-business-markt.html, Stand: 2016 [2] https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Businessto-Business, Stand: 2016 Schlagwörter Business to Business (B2B), Compliance, Know-how-Sicherung, Kundenentwicklung, Marktentwicklung, Nachhaltigkeit, Partnerschaften, Risk Sharing, Strategie, Wertschöpfungskette Kompetenzelemente der ICB 4.0 3.05 Organisation, Information und Dokumentation Abb. 2: Business to Business - Kontakt; Abbildung: gemeinfrei ERFAHRUNG 29 projektManagementaktuell | AUSGABE 3.2018 Anschrift: Kappa optronics GmbH, Kleines Feld 6, 37130 Gleichen, E-Mail: I.Popel@ kappa-optronics.com Dr.-Ing. Luft- und Raumfahrttechnik Stephan Scheidler, UniBwM Neubiberg; zertifizierter Senior Projektmanager nach IPMA-Level B; langjährige Projektmanagementtätigkeit innerhalb der Firma IABG mbH; Mitglied der DGLR/ GPM Fachgruppe „Projekt- und Qualitätsmanagement in Luft- und Raumfahrt“, Arbeitsgruppe „PM-Best Practice“ und „Arbeitsgruppe Business to Business (B2B)“ Anschrift: IABG mbH, Einsteinstraße 20, 85521 Ottobrunn, E-Mail: Scheidler@iabg.de Unter Mitwirkung von: • Dr. Hannes Griebel (TAS) • Claudius Lyn (Lyn & Partner) • Heinz-Hermann Müller (Airbus) • Ivo Reginka (Reginka Law) • • • • • M A H Management Akademie Heidelberg gGmbH Anzeige Der Benchmark für Ressourcenplanung Projektportfolio-Management Ressourcenplanung Zeit-/ Aufwanderfassung Kostenmanagement Projektplanung Die Testumgebung in der Cloud steht für Sie bereit Scheuring AG CH-4313 Möhlin � +41 61 853 01 54 www.scheuring.ch � info@scheuring.ch www.ressolution.ch Anzeige