eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 29/5

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
1201
2018
295 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Märkte und Unternehmen im Wandel

1201
2018
Wolfgang Pfeffer
Steffen Scheurer
Der dynamische Wandel von Märkten und Kundenbedürfnissen bringt für Unternehmen, gerade auch für KMUs, komplett neue Herausforderungen. Diesen Herausforderungen kann durch den zunehmenden Einsatz von Projektmanagement begegnet werden. Damit verbunden entstehen neue Herausforderungen hinsichtlich des Kompetenzaufbaus der Mitarbeiter, aber auch hinsichtlich einer angemessenen Entlohnung. Dieser Beitrag zeigt, wie den Unternehmen durch eine Kooperation zwischen Südwestmetall und der GPM Hilfestellungen in den oben genannten Fragestellungen ermöglicht werden.
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POLITIK UND GESELLSCHAFT 21 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2018 Neue Herausforderungen für das Projektmanagement und das Entgeltsystem von Unternehmen - ein gemeinsamer Lösungsansatz von Südwestmetall und der GPM e. V. Märkte und Unternehmen im Wandel Autoren: Wolfgang Pfeffer, Steffen Scheurer 1 Wandel als unternehmerische Herausforderung „Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ [1] 1.1 Märkte im Wandel Nahezu kein Unternehmen, egal ob Weltkonzern oder KMU, kann seine Produkte oder Dienstleistungen in gleicher Weise anbieten, wie es in den 80er- und 90er-Jahren noch möglich war. Inzwischen sind die Märkte von disruptiven technologischen Entwicklungen, von einer weltweiten Vernetzung und von einer stetig zunehmenden Dynamik des Wandels geprägt. Hinzu kommen die gestiegenen Anforderungen der Kunden an „maßgeschneiderte“ Produkte. Diese Entwicklungen bringen neue Herausforderungen für Unternehmen: Eine Steigerung der Innovationsfähigkeit bei gleichzeitiger Senkung der Entwicklungskosten, Marktnähe und ausgeprägte Kundenorientierung werden immer wichtiger. Das Management des Wandels wird zur zentralen Aufgabe für Unternehmen zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Im Umgang mit dem Wandel spielen unternehmerische Kompetenzen wie Flexibilität, Kreativität, Innovationsfähigkeit und -bereitschaft, aber auch Geschwindigkeit und Entscheidungsfähigkeit eine wichtige Rolle. Diesen Ansprüchen sind klassische Organisationsmodelle nicht mehr gewachsen. Linienorganisationen, die auf feste Routinen und auf möglichst hohe Durchlaufeffizienz setzen, sind in sicheren Umfeldern mit überschaubarem Wandel oder zur Abwicklung immer gleich laufender Serienproduktionen sinnvoll. In dynamischen Umfeldern oder zur Umsetzung individualisierter Produktanforderungen müssen diese jedoch durch weitere Organisationsformen ergänzt werden. Die Organisation des Geschäftes im Rahmen von Projekten verspricht einen adäquaten Umgang mit den ständig wachsenden Herausforderungen durch Umwelt und Kunden. Dabei sind Projekte vom Charakter her kleinere, äußerst flexible Einheiten, die geradezu prädestiniert dafür sein können, mit schnellem Wandel und gewachsener Komplexität umzugehen. Modelle der Projektorganisation ermöglichen zudem eine fokussierte Orientierung am Produkt sowie die Möglichkeit der fachübergreifenden Zusammenarbeit in einer teamorientierten Projektgruppe. Solche organisatorischen Anpassungen können auch an praktischen Beispielen aufgezeigt werden: So wird beispielsweise bei einem mittelständischen Maschinenbauer neben seiner klassischen Abwicklungsorganisation (Serienprodukte im Katalogvertrieb) immer mehr eine projektbezogene Abwicklung notwendig (Einzelkundenabwicklung) - klassische Organisationsformen werden sukzessive ergänzt oder sogar ersetzt. Dass dies kein Einzelfall ist, zeigt die Studie zur makroökonomischen Vermessung der Projekttätigkeit in Deutschland, nach der bereits 2013 der Anteil der Projekttätigkeit gemessen an der Gesamtarbeitszeit in Deutschland bei 34,7 %, im produzierenden Gewerbe sogar bereits bei 41,9 % lag [2, S. 19]. Es bedarf keiner großen Phantasie, dass sich dieser Trend durch die Folgen der Digitalisierung noch verstärken wird. 1.2 Projektmanagement im Wandel Auch das Projektmanagement befindet sich im Wandel. Wenn Unternehmen vor dem Hintergrund der geschilderten Umfeldbedingungen mit einem vermehrten Einsatz von Projekten reagieren, müssen mehrere Projekte gleichzeitig geplant, durchgeführt und kontrolliert werden. Reines Einzelprojektmanagement wird also zunehmend zu einem Multiprojektmanagement. Je größer der Anteil des Projektgeschäftes am Umsatz wird, desto mehr gewinnt Projektmanagement an strategischer Bedeutung: Die Struktur des Projektportfolios des Unternehmens bestimmt zunehmend die strategische Entwicklung des gesamten Unternehmens. Projektmanagement wandelt sich von einer stark einzelprojektbezogenen Abwicklungsmethodik zu einer Führungskonzeption. „Eine Führungskonzeption beschreibt die grundsätzliche Ausrichtung der Unternehmensführung bei der zielorientierten Gestaltung des Unternehmens. Sie äußert sich in den Zielen, den Aufgaben und den Methoden der Führung. Wird das Projektmanagement als Führungskonzeption verstanden, so bedeutet dies, >> Für eilige Leser Der dynamische Wandel von Märkten und Kundenbedürfnissen bringt für Unternehmen, gerade auch für KMUs, komplett neue Herausforderungen. Diesen Herausforderungen kann durch den zunehmenden Einsatz von Projektmanagement begegnet werden. Damit verbunden entstehen neue Herausforderungen hinsichtlich des Kompetenzaufbaus der Mitarbeiter, aber auch hinsichtlich einer angemessenen Entlohnung. Dieser Beitrag zeigt, wie den Unternehmen durch eine Kooperation zwischen Südwestmetall und der GPM Hilfestellungen in den oben genannten Fragestellungen ermöglicht werden. 22 POLITIK UND GESELLSCHAFT projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2018 dass die Ziele, die Aufgaben und die Methoden des Projektmanagements unmittelbar mit der strategischen Entwicklung des Unternehmens verknüpft werden müssen.“ [3, S. 8] Aber auch die Methodik der Projektabwicklung wandelt sich. Ausgehend von den Entwicklungen im Softwarebereich, hat sich das etablierte Projektmanagement den neuen Anforderungen dynamischer Projektumgebungen gestellt. Mit der Entwicklung des agilen Manifests und den daraus abgeleiteten zwölf Prinzipien der Softwareentwicklung wurde der Anstoß für neue Abwicklungsprozesse sowie für die Entwicklung von neuen Methoden im Projektmanagement gegeben. [4] So wird unter dem Begriff „Agiles Projektmanagement“ eine Vielzahl von Methoden wie Scrum, Kanban, Design Thinking etc. aufgeführt. Dabei setzt „Agiles Projektmanagement“ auf Flexibilität und kontinuierliche Anpassung statt auf detaillierte Projektplanung und stellt somit das klassische Projektmanagement sogar infrage. Zwischenzeitlich hat sich der Methodenstreit jedoch pragmatisch gelegt. Es gibt zunehmend sogenannte hybride Ansätze, bei welchen die Methoden des klassischen Projektmanagements mit agilen Ansätzen kombiniert werden [5]. „An agilen Methoden führt kein Weg vorbei. Auch außerhalb der Softwareentwicklung sind agile Methoden erfolgreich und finden immer mehr Verbreitung. Dabei werden häufig agile Methoden mit klassischen Projektmanagementmethoden kombiniert.“ [6] In Summe wird deutlich: Die Anforderungen an das Projektmanagement haben sich durch die neue Rolle als Führungskonzeption, aber auch durch neue Methoden erhöht. 2 Neue Aufgaben bedingen neue Standards im Projektmanagement Die neuen strategischen und methodischen Herausforderungen und die damit verbundenen neuen Aufgaben, denen sich Projektmanagementverantwortliche in verschiedenen Positionen des Projektmanagements gegenübersehen, verlangen somit auch nach einer Weiterentwicklung dieser Disziplin. Diesem Anspruch hat sich sowohl das PMI als auch die IPMA durch die Herausgabe neuer Standards für das Projektmanagement gestellt. Die GPM hat die Weiterentwicklung ihrer Standards im Rahmen der Individual Competence Baseline in der Version 4.0 vorgenommen. Das PMI hat mit der Veröffentlichung des PMBOK Guides in der sechsten Edition ebenfalls auf die neuen Herausforderungen reagiert. In beiden Standards wird eine Vielzahl von Themen neu aufgenommen oder verstärkt, die mit der erweiterten strategischen Bedeutung des Projektmanagements zusammenhängen. So wurden in der ICB 4.0 Kompetenzen wie bspw. „Strategie“, „Change und Transformation“ oder „Macht und Interessen“ neu aufgenommen. Der neue Standard der IPMA ist zudem in die drei Domänen des (Einzel)-projektmanagements, des Programm- und Portfoliomanagements aufgeteilt. Aber auch der Entwicklung der Projektmanagementmethodik wird Rechnung getragen. In beiden Standards ist ein gleichberechtigtes Nebeneinander von klassischen und agilen Projektmanagementmethoden zu finden. Zudem wird deutlich, dass dem Design eines Projektes, also der Frage, welche Methodik passt besser zu dem vorliegenden Projekt und zu dem Projektumfeld, eine deutlich größere Bedeutung zugemessen wird. Während beim PMI der Prozessgedanke etwas stärker im Mittelpunkt steht, stellt die IPMA in ihrem Standard den Menschen und die von ihm benötigten Kompetenzen in den Mittelpunkt der Betrachtung. In Abbildung 1 sind die neu formulierten Kompetenzen nach der ICB 4.0 dargestellt. 3 Neue Aufgaben im Projektmanagement verändern Gehaltsstrukturen Mit den neuen Aufgaben im Projektmanagement wachsen auch die Ansprüche an die Mitarbeiter in den Unternehmen. Es entsteht eine größere Vielfalt von Stellen mit unterschiedlichen Tätigkeitsprofilen in den Bereichen des Einzel-, aber auch des Multiprojektmanagements. Damit verbunden entsteht für die Mitarbeiter die Notwendigkeit, sich die für die neuen Aufgaben benötigten Handlungskompetenzen anzueignen. Neue Tätigkeitsbereiche und neue Kompetenzprofile führen verständlicherweise bei den Mitarbeitern zu dem Wunsch nach einer angemessenen Bezahlung. Die GPM führt seit 2005 Gehaltsstudien im Bereich ihrer Mitglieder durch. Die Studien mit stets zunehmenden Teilnehmerzahlen - die Anzahl der antwortenden Mitglieder hat sich seit 2005 verfünffacht - zeigen über die Jahre wie stark das Interesse an Gehaltsvergleichen gestiegen ist. Ca. 50 % der Studienteilnehmer kommen aus Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern. Abb. 1: Die 28 Kompetenzen nach der ICB 4.0 POLITIK UND GESELLSCHAFT 23 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2018 Die Studienteilnehmer kommen nicht nur aus Unternehmen unterschiedlichster Größe, sondern auch aus allen denkbaren Branchen. 3.1 Tarifliche Entgeltsysteme unter Anpassungsdruck Mit Fragestellungen zur Entlohnung von Aufgaben beschäftigt sich der „Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e. V. - Südwestmetall“ (SWM) bereits seit vielen Jahren. Im Jahr 2003 wurde in Baden-Württemberg das Tarifsystem der Metall- und Elektroindustrie (für annähernd 1.000 Firmen) grundlegend reformiert. Das Entgeltsystem bietet seitdem für die Beschäftigten dieser Firmen (früher Arbeiter und Angestellte) einen einheitlichen Entgeltaufbau. Eines der wesentlichen Elemente des Entgeltaufbaus ist hier das sogenannte Grundentgelt, das sich aus den Anforderungen für die Ausführung der Arbeitsaufgabe ergibt. Diese Arbeitsaufgabe wird mit mehreren Merkmalen (Wissen und Können, Denken, Handlungsspielraum/ Verantwortung, Kommunikation und Mitarbeiterführung) nach spezifizierten Anforderungen mit Punkten bewertet. Die sich daraus ergebenden Punktesummen sind 17 tariflichen Entgeltstufen zugeordnet. Anhand dieser Vorgehensweise können Aufgaben in ihrer Wertigkeit dargestellt werden. Bei der korrekten Einstufung der Aufgaben werden die Mitgliedsfirmen des „Verbands der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e. V. - Südwestmetall“ durch ihren Verband unterstützt. Um den Firmen die Zuordnung von Aufgaben zu den 17 Entgeltstufen zu erleichtern, wurde zeitgleich zur Einführung des Entgeltsystems ein Katalog von typischen betrieblichen Aufgabenbeschreibungen zwischen IG Metall und Südwestmetall vereinbart. Hat eine betriebliche Aufgabe eine konkrete Ähnlichkeit (die Tarifvertragsparteien sprechen hier von „dem gleichen Niveau“) mit einer dieser (122) „Katalogbeschreibungen“, war die Arbeitsaufgabe in ihrer Wertigkeit bestimmt. Insbesondere in den ersten Jahren der Tarifsystemeinführung in Baden-Württemberg hat diese Vorgehensweise erheblich zur schnellen und sicheren Einführung beigetragen. Im Katalog enthalten sind auch Aufgabenbeschreibungen aus dem Projektmanagementbereich, die inhaltlich die damaligen Anforderungen hinreichend beschrieben haben. 3.2 Grundlagen der Entgeltbemessung Im Laufe der Zeit haben sich die betrieblichen Strukturen und die Anforderungen des Projektmanagements so verändert, dass die „Katalogbeschreibungen“ immer weniger passend sind. Insbesondere im aufkommenden Projektgeschäft im KMU-Bereich sind so vielfältige Fragen und Probleme entstanden, die leichter bearbeitet werden könnten, wenn die Katalogbeschreibungen aktualisiert vorliegen würden. Infolgedessen ist SWM an die mitgliederstärkste Organisation im deutschsprachigen Projektmanagementraum herangetreten, an die GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., um mit deren Unterstützung dem Mangel abzuhelfen. Die erste Aufgabe bestand darin, bestimmten Begriffen eine wissenschaftlich abgesicherte und allgemeinverständliche Definition zuzuschreiben. Anzahl Mitarbeiter n = 996 Abb. 3: Verteilung der Studienteilnehmer nach Unternehmensgrößen Abb. 2: Die Entwicklung der Lohn- und Gehaltstudie im Zeitablauf 2005 2008/ 09 2013 2015 2011 Fallzahlen 2017 6.Gehaltsstudie 2017 Gehalt und Karriere Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2017 Das Gehaltsbarometer für Projektmanagerinnen und Projektmanager im deutschsprachigen Raum KNOW-HOW Digitale Ausgabe 139,00 € 24 POLITIK UND GESELLSCHAFT projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2018 Dies war die Grundlage für systematische Aufgabenbeschreibungen für unterschiedliche Projektmanagementtätigkeiten in Unternehmen. 3.2.1 Begriffsdefinition „Projekt“ Begriffe wie „Projekt“ oder „komplex“ haben sich in ihrer vielfältigen Anwendung in der betrieblichen Praxis teilweise völlig von ursprünglichen Definitionen gelöst und haben immer mehr einen eher subjektiven Wert. Im Zuge der Erneuerung von Aufgabenbeschreibungen konnten diese Begriffe in ihrer Bedeutung zusammen mit der GPM korrekt definiert werden. Am Beispiel der Begriffsdefinition „Projekt“ wird dies im Folgenden erläutert. Der Begriff „Projekt“ wird in seiner Verwendung meist wertig gesehen. In der Praxis wird der Projektbegriff deshalb für eine Vielzahl von Aktivitäten verwendet. Dabei werden Tagesgeschäft, Aufgaben oder Aufträge oft als Projekt bezeichnet, häufig aus Unkenntnis oder mit der Absicht der Aufwertung der Aktivität oder der Aufwertung der durchführenden Person. Dadurch verliert der Begriff seine originäre Bedeutung. Abhilfe schafft hier die Orientierung an der Definition der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., die maßgeblich die Begriffsdefinition der hierzu existierenden DINNorm mitgeprägt hat. Nach der DIN-Norm ist das Projektmanagement die: „Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mitteln für die Initiierung, Definition, Planung, Steuerung und den Abschluss von Projekten. [7] Ein Projekt wird in Anlehnung an die DIN-Norm 69901 wie folgt definiert (vgl. [7]): Ein Projekt ist ein Vorhaben, das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, durch: • Zielvorgabe (Für das Projekt existiert eine konkrete Zielvorgabe.) • Zeitlich begrenzt (Das Projekt ist zeitlich mit Anfang und Ende begrenzt.) • Ressourcen (Das Projekt benötigt spezifische Ressourcen (z. B. finanziell, personell, …).) • Projektspezifische Organisation (Es existiert eine eigenständige Organisation, die sich von der Standardorganisation im Unternehmen abgrenzt.) • Mindestdauer (Das Projekt hat eine definierte Mindestdauer, zum Beispiel 4 Wochen.) • Teilnehmer (Das Projekt besteht aus mehreren Teilnehmern und mehreren Fachabteilungen.) Dabei wurde die Norm um die zusätzlichen Kriterien „Mindestdauer“ und „Teilnehmer“ erweitert. Dies ist im vorliegenden Kontext notwendig, um eine klare Abgrenzung zu zeitlich kurzen, kleinteiligen „Projekten“, zu einzelnen Personen oder zu abteilungsinternen Aufgaben, zu erhalten. Eine ähnliche Erweiterung der Definition des Projektbegriffes wurde im Rahmen der „Makroökonomischen Vermessung der Projekttätigkeit in Deutschland“ in vergleichbarer Form erfolgreich etabliert. [2, S. 16] Besonderes Merkmal von Projektarbeit ist die „Einmaligkeit“. Als einmalig gilt, wenn Aufgabenstellung, internes und externes Umfeld so ausgestaltet sind, dass es sich um keine stetig wiederkehrende Routineaufgabe handelt. Eine eigenständige Projektorganisation liegt dann vor, wenn die geplanten Aktivitäten die Koordinationsmöglichkeiten eines Leitungsbereiches aufgrund der organisatorisch festgeschriebenen Befugnisse übersteigen. Tätigkeiten, Aufgaben, Vorhaben etc., welche die aufgeführten Kriterien erfüllen, gelten als Projekt. Darunter fallen zum Beispiel: die Entwicklung und Einführung eines Produkts, die Durchführung einer Reorganisation, der Aufbau eines Vertriebskanals, das Inbzw. Outsourcing von Produktlinien. Explizit nicht enthalten sind Arbeitsaufgaben, die sich periodisch wiederholen und über eine eigens geschaffene Stelle (in der Linienorganisation) abgewickelt werden, wie z. B. Messeausstellungen. Die bloße Bezeichnung als Projekt, Projektorganisation, Projektmanagement etc. ist nicht ausreichend für eine Klassifizierung als Projekt. 3.2.2 Aufgabenbeschreibung „Projektmanager“ Bereits in den ersten Gesprächen zu neuen Aufgabenbeschreibungen war klar, dass diese sich an den aktuellen Standards orientieren sollten. Ziel der Beschreibungen war es: • die Aufgabe eines Projektmanagers bzw. Teilaufgaben zeitgemäß darzustellen, • durch zusätzliche Erläuterungen die Anwendung der Beschreibung abzusichern, • den aktuellen Stand der Standards (ICB 4.0) zu berücksichtigen, • Hinweise zu den typischen Basisqualifikationen zur Aufgabendurchführung anzugeben, Tab. 1: Aufgabenbeschreibung „Projektmanager“; hier handelt es sich nur um einen Auszug aus der Tabelle. Die komplette Tabelle finden Sie als Checkliste „Projektmanager/ -in - Konkretisierung der Beschreibung und der Wertigkeit“ zwischen den Seiten 16 und 17 zum Herausnehmen in diesem Heft. Teilaufgabe Beschreibung Erläuterung Berücksichtigung der Rahmenbedingungen von Projekten Die Rahmenbedingungen der Projekte mit den Entscheidungs- und Berichterstattungsstrukturen sowie den Qualitätsanforderungen der Organisation abstimmen, relevante Rechtsvorschriften berücksichtigen. … Die Rahmenbedingungen des Projekts umfassen alle betrieblichen, produkt- und prozessspezifischen Regularien (z. B. Projekt-, QM-Handbücher). Ebenso sind die Kultur und Werte des Unternehmens und der Gesellschaft zu beachten. … Planen von Projekten Bedürfnisse, Anforderungen und Abnahmekriterien der Auftraggeber sowie Erfolgskriterien analysieren und priorisieren. Projektziele, Projektkonzept entwickeln und Pflichtenheft erstellen. … Der Begriff Lieferobjekt (deliverable) bezeichnet ein eindeutiges und überprüfbares Produkt oder Ergebnis oder eine Dienstleistung, das/ die hergestellt bzw. erbracht werden muss, um einen Prozess, eine Phase oder ein Projekt abschließen zu können. … POLITIK UND GESELLSCHAFT 25 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2018 • durch eine systematische Aufgabenbeschreibung die Grundlage zur Entlohnung zu schaffen. Die Aufgaben des Projektmanagers wurden als Referenz zur Ableitung weiterer Aufgabenbeschreibungen, wie in Tabelle 1 dargestellt, zugrunde gelegt. Basierend auf der ersten gemeinsam verabschiedeten Aufgabenbeschreibung des Projektmanagers, konnte eine für Firmen im KMU-Bereich anwendbare Kette von weiteren Aufgabenbeschreibungen für den Senior Projektmanager, für Mitarbeiter in Projekten sowie für die Stelle eines Projektprogrammmanagers erstellt werden. Für alle Aufgabenbeschreibungen wurden zudem Kompetenzbeschreibungen, angelehnt an die ICB 4.0, zugeordnet, die es den Unternehmen ermöglichen, zugehörige Personalentwicklungsmaßnahmen für ihre Mitarbeiter/ -innen umzusetzen. Dieser Kompetenzaufbau kann, falls erwünscht, dann auch mit dem Erwerb internationaler Projektmanagementzertifikate nach den Maßstäben der IPMA dokumentiert werden. Auf Basis der Aufgabenbeschreibungen wurden diese mit dem Tarifsystem der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg bewertet und entsprechende Entgelte zugeordnet. 4 Gemeinsame Aktivitäten von Südwestmetall - Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft und GPM zur Unterstützung der Unternehmen In den gemeinsamen Arbeiten von GPM und SWM wurde deutlich, dass insbesondere im KMU-Bereich noch Nachholbedarfe existieren, um ein professionelles Projektmanagement aufzubauen bzw. zu betreiben. Unter dem Dach von SWM ist als Bildungspartner der Baden-Württembergischen Wirtschaft das Bildungswerk e. V. (BiWe) etabliert. Das Bildungswerk bietet ein umfassendes Weiterbildungsangebot (Seminare, Praxistrainings, Beratung etc.) im Bereich des Projektmanagements an. Im Rahmen einer Kooperation mit der GPM ist zudem geplant, dass auch die Zertifizierungsangebote der IPMA für unterschiedliche Kompetenzstufen des Projektmanagements möglich werden. Die Zusammenarbeit der Verbände GPM, SWM und des dazugehörenden Bildungswerks bietet den Unternehmen so einen konkreten Mehrnutzen: Von der Aufgabendefinition über den Kompetenzaufbau von Beschäftigten, Beratungsdienstleistungen bis hin zu Entgeltfragen ist alles durchgängig abgestimmt. Dies sollte es den Unternehmen in Zukunft ermöglichen, Wettbewerbsvorteile aus einem professionell umgesetzten Projektmanagement zu erzielen.  Literatur [1] Heraklit von Ephesus. Ca. 500 v. Chr. [2] Wald, Andreas/ Spanuth, Thomas/ Schneider, Christoph/ Futterer, Fabian: Makro-ökonomische Vermessung der Projekttätigkeit in Deutschland. Eine Studie in Zusammenarbeit mit der GPM e. V. 2015, S. 19, www.gpm-ipma.de/ fileadmin/ user_upload/ Know-How/ studien/ GPM_Studie_ Vermessung_der_Projektt%C3%A4tigkeit.pdf, Stand: 12.10.2018 [3] Bea, Franz Xaver/ Scheurer, Steffen/ Hesselmann, Sabine: Projektmanagement. Stuttgart 2011 [4] Agiles Manifest. http: / / agilemanifesto.org/ iso/ de/ principles.html, Stand: 12.10.2018 [5] Komus, A./ Kuberg, M.: Management Summary. In: Status Quo Agile. Eine Studie in Zusammenarbeit mit der GPM e. V., 2017, www.gpm-ipma.de/ fileadmin/ user_upload/ GPM/ Know-How/ Studie_Status_Quo_ Agile_2017.pdf, Stand: 12.10.2018 [6] Komus, A./ Kuberg, M.: Management Summary. In: Status Quo Agile. Eine Studie in Zusammenarbeit mit der GPM e. V., 2015, www.gpm-ipma.de/ fileadmin/ user_upload/ Know-How/ studien/ Studie_Agiles-PM_web.pdf, Stand: 12.10.2018 [7] DIN 69901: Projektmanagement, Projektmanagementsysteme. DIN Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin 2009 [8] GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement: Individual Competence Baseline für Projektmanagement. Version 4.0. Nürnberg 2017 [9] GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement: Individual Competence Baseline für Programmmanagement. Version 4.0. Nürnberg 2017 [10] GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement: Individual Competence Baseline für Portfoliomanagement. Version 4.0. Nürnberg 2017 [11] PMBOK Guide: A Guide to the Project Management Body of Knowledge. Sixth Edition. Newtown Square, PA, USA, 2017 Schlagwörter ICB 4.0, KMUs, Kompetenzaufbau von Mitarbeitern, Projekt, Projektmanagement, Projektmanager, Kompetenzelemente der ICB 4.0 Compliance, Standards und Regelungen Autoren Wolfgang Pfeffer ist Verbandsingenieur beim Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg. Er betreut die Mitgliedsfirmen des Verbandes bei arbeitswissenschaftlichen Themen. Anschrift: E-Mail: Pfeffer@suedwestmetall.de Prof. Dr. Steffen Scheurer vertritt das Lehrgebiet „Rechnungswesen und Controlling“ an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) Nürtingen-Geislingen. Zudem ist er der wissenschaftliche Leiter des berufsbegleitenden MBA-Studiengangs „Internationales Projektmanagement und projektorientierte Unternehmensführung“ an derselben Hochschule. Er ist Autor zahlreicher Artikel und Mitautor eines Lehrbuches zum Thema „Projektmanagement“. Zudem ist er in der GPM in verschiedenen ehrenamtlichen Funktionen engagiert. Darüber hinaus hat er über 20 Jahre Beratungserfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Unternehmensführung und Controlling und ist Inhaber der Unternehmensberatung Dr. Scheurer GmbH & Co. KG. Anschrift: E-Mail: Steffen.Scheurer@hfwu.de