PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
pm
2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
1201
2018
295
GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Erfolg und Zufriedenheit im Beruf
1201
2018
Heinz Jörg Kolitsch
Gehr, S./Huang, J./Boxheimer, M./Armatowski, S.: Systemische Werkzeuge für erfolgreiches Projektmanagement. Springer Gabler, Wiesbaden 2018, ISBN 9783-658-19988-3, 164 S., EUR 34,99
pm2950047
WISSEN 47 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2018 Gehr, S./ Huang, J./ Boxheimer, M./ Armatowski, S.: Systemische Werkzeuge für erfolgreiches Projektmanagement. Springer Gabler, Wiesbaden 2018, ISBN 978- 3-658-19988-3, 164 S., EUR 34,99 Die systemische Sicht im Projektmanagement - eine neue Dimension Was kann einem Projektmanager auf der Suche nach Methoden Besseres widerfahren, als auf vier Experten mit unterschiedlichen Werdegängen und Erfahrungen zu stoßen, die sich als Autoren zusammengeschlossen haben, um ihr Wissen zu bündeln? Sonja Armatowski, Michael Boxheimer, Simone Gehr und Joanne Huang haben mit ihrem Sachbuch auf insgesamt 164 Seiten einen kompakten und zugleich umfassenden Ratgeber erstellt, der für die tägliche Praxis eines Projektmanagers quasi eine neue Dimension eröffnet, nämlich die systemische Sicht auf die Projektbeteiligten und das Umfeld. Sie zeigen zunächst Beispiele für Schwierigkeiten in Projekten, beschreiben wichtige systemtheoretische Konzepte aus verschiedensten Fachgebieten, stellen deren Bezug zu Projekten her und schlagen systemische Interventionen als Steuerungsinstrumente eines Projektleiters vor. Die Interventionen sollen Anstöße zur teaminternen Selbstregulierung geben. Es folgt, den einzelnen klassischen Projektphasen zugeordnet, eine Fülle detailliert beschriebener Interventionsmöglichkeiten mit praktischen Tipps für die Durchführung. Zum Abschluss werden verschiedene Fallbeispiele vorgestellt, bei denen systemische Interventionen des Projektmanagements erfolgreiche Impulse gesetzt haben. Formal abgerundet wird dieses Buch durch ein ausführliches Inhaltsverzeichnis, eine Übersicht im Anhang zu unterschiedlichen Bereichen der systemtheoretischen Ansätze mit den jeweiligen Autoren, Informationen zu Autoren der Systemtheorie und ein Glossar. Meine persönliche Einschätzung Während meiner langjährigen Tätigkeit in einem Automobilkonzern habe ich neben meinen Führungsaufgaben in der Linie selbst diverse Projekte geleitet oder war Mitglied des Steuerkreises von Projekten. Daher habe ich dieses Buch mit großem Interesse gelesen. Es handelt sich um eine großartige und umfangreiche Sammlung äußerst wertvoller Methoden, um in den verschiedenen Projektphasen die sogenannten „weichen“ Erfolgsfaktoren in den Fokus zu rücken. Es „menschelt“ eben überall. Meiner Erfahrung und Beobachtung nach wird das Kräftespiel zwischenmenschlicher Beziehungen durch das Projektmanagement leider vielfach vernachlässigt, und hier liegt der wahre Grund für das Scheitern zahlreicher Projekte. Gerade bei interkulturellen Teams kommt es ganz besonders auf die Sensibilität des Projektleiters für unterschwellige kommunikative Signale an. Um eine Ahnung zu vermitteln, was mit systemischen Werkzeugen gemeint ist, möchte ich beispielsweise die Intervention „Interkultureller Abgleich“ herausgreifen. Dabei schildert ein Moderator in einem Workshop mit Mitgliedern eines internationalen Projekts persönliche Erlebnisse in einem bestimmten Land. Dann werden die Teilnehmer eines anderen Landes aufgefordert zu erzählen, wie es bei ihnen abläuft. In der anschließenden Diskussion reflektieren die Teilnehmer die Unterschiede. So eignen sie sich Techniken an, wie sie befremdliche Situationen im Ausland handhaben können. Aus meiner Sicht kann dies in internationalen Teams frappierende „Aha-Erlebnisse“ auslösen und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit enorm verstärken, was sich positiv auf Qualität, Kosten und Zeit auswirkt. Außerdem greife ich noch eines der Fallbeispiele heraus. Dabei handelt es sich um einen missglückten Produktionsstart von Wafern in einem internationalen Produktionsverbund und es wird beschrieben, wie mit einer systemischen Haltung und Vorgehensweise erhebliche „versteckte Kosten“ vermieden werden können. Es ist leicht nachvollziehbar, dass Fehlinterpretationen in der Kommunikation bei technischen Vorhaben zu Sollwertabweichungen führen und anschließende Korrekturen auslösen. Dieses Buch hilft also dabei, von Anfang an unmissverständlich zu kommunizieren und unnötige Kosten zu vermeiden. Eine systemische Sichtweise hinsichtlich der Projektbeteiligten und ihres Umfelds mag für viele zunächst ungewöhnlich sein. Einerseits erscheint es vielleicht befremdlich, wenn man reale Menschen als Bestandteile eines sozialen Projektsystems betrachtet. Andererseits kann just ein solcher Gedankengang den vorwiegend technisch und fachlich orientierten Projektmanagern viel eher liegen. Der Sachverstand und das Gespür eines Projektmanagers für das Machbare sind für das Projektergebnis extrem wichtig. Wenn es einem Projektmanager darüber hinaus gelingt, auf einer Metaebene die Stakeholder und die Projektbeteiligten als bedeutsame Erfolgsfaktoren zu betrachten, kann er mit ihren Eigenarten, Befindlichkeiten, Gefühlen und Interessen viel professioneller umgehen. Das Buch ist sehr logisch und konsequent strukturiert. Man muss daher die einzelnen Interventionswerkzeuge nicht aufeinanderfolgend lesen, sondern kann sich ausschließlich mit denjenigen Methoden auseinandersetzen, die zur gerade aktuellen Phase des eigenen Projekts passen. Kritisch könnte man anmerken, dass man stilistisch merkt, nicht das Werk von einem, sondern Buchbesprechungen Erfolg und Zufriedenheit im Beruf 48 WISSEN projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2018 Projektmanagement für Ingenieure von vier Autoren vor sich zu haben. Es wirkt nicht unbedingt wie „aus einem Guss“. Das ist andererseits aber auch ein Glücksfall, wie eingangs erwähnt, und beeinträchtigt nicht die Qualität des Inhalts. Jakoby, W.: Projektmanagement für Ingenieure. Ein praxisnahes Lehrbuch für den systematischen Projekterfolg. 3. aktualisierte und erweiterte Auflage, Springer Vieweg, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658- 02607-3, 428 S., EUR 34,99 Es gibt Bücher, die treiben mir beim Lesen die Zornesröte ins Gesicht. Dazu gehört dieses eigentlich sehr respektable Werk. Der Grund: Da schreibt ein Hochschullehrer ein Lehrbuch, das nicht nur für Praktiker bestimmt ist, sondern auch für „Studierende in betriebswirtschaftlichen und technischen Studiengängen“, geht aber derart sparsam mit Quellenangaben um, dass sich ein Anfänger wohl fragen dürfte: „Hat sich denn der das alles selbst ausgedacht? “ Wer sich in der Literatur des Projektmanagements einigermaßen auskennt, dem ist bekannt, dass der größte Teil des Wissens erst in den letzten 50 Jahren von unzähligen Praktikern und Wissenschaftlern erarbeitet wurde. Leistungserstellung mit Projektcharakter wurde vorher kaum explizit in der Literatur behandelt. Das wird vom Autor nahezu völlig ignoriert, obwohl doch vor allem Studierende bei der Anfertigung von Studienarbeiten weitergehende Literaturhinweise dringend brauchen. Ein Beispiel: Da gibt es ein Kapitel „Standard-Ablaufstrukturen“ (S. 125 ff.), in dem auch Scrum ganz kurz erwähnt wird, ein Thema, das nun wirklich zurzeit aktuell ist. Allerdings Mein Resümee Ich habe mir die Frage gestellt, ob mir dieses Buch bei meinen früheren Projekten geholfen hätte. Diese Frage kann ich mit einem uneingefindet sich im Buch keinerlei Hinweis auf vertiefende Veröffentlichungen. Stattdessen gibt es rätselhafte Abkürzungen wie z. B. ips oder ipp, die nirgends erläutert werden. Ein weiteres Beispiel: Das umfangreiche Kapitel „Qualitätsmanagement“ kommt praktisch ebenfalls ohne Literaturangaben aus. Ein drittes Beispiel: Im ebenfalls sehr ausführlichen Kapitel „Risikomanagement“ gibt es keinen Quellennachweis, obwohl gerade zu diesem Thema vor allem die Organisationspsychologie erhebliche kritische Einwände einbringt und es durchaus vorteilhaft wäre, wenn vor allem Studenten Ansätze kennenlernen würden, die den hier vorgestellten konventionellen Checklistenansatz infrage stellen. Wenn schon einmal Literatur genannt wird, dann wird die sich mehr und mehr ausbreitende Unsitte gepflegt und auf Seitenangaben verzichtet. Nach dem Motto: Such sie dir doch selbst. Und das möglicherweise in einem Werk von mehreren Hundert Seiten und fehlendem Stichwortverzeichnis. Das umfangreiche Literaturverzeichnis am Schluss relativiert meine Kritik nicht, weil es an ausreichender Verknüpfung mit dem Text fehlt. So gibt es im Zusammenhang mit der Behandlung der Teambildung für den Hinweis „Tuckman“ ohne weitere Information (S. 371) dort keine sichtbare Entsprechung. Natürlich kann man sich im Internet informieren, vielleicht möchte der Diplomand oder Doktorand aber einen kundigen Führer durch den Informationsdschungel. Ich kann es nicht oft genug sagen, selbst auf die Gefahr hin, dass ich langweile: Wenn wir wollen, schränkten „Ja“ beantworten. Dieses Buch braucht jeder Projektmanager als Nachschlagewerk, und zwar in unmittelbarer Griffweite. Ich gratuliere den Autoren zu ihrem gelungenen Werk. Autor: Heinz Jörg Kolitsch dass Projektmanagement eine anerkannte Disziplin an Hochschulen wird - an unseren Universitäten ist das noch nicht durchgehend der Fall -, dann müssen wir uns auch an die akademischen Gepflogenheiten halten und vor allem Studierenden bestmögliche Unterstützung geben. Zu Beginn habe ich das Buch von Jakoby trotz meiner Rügen respektabel genannt. Der Grund: Die gebotenen Informationen sind durchweg sehr solide, wenn auch an manchen Stellen (z. B. auf S. 194, CoCoMo) eine Aktualisierung notwendig wäre. Ein weiterer Grund: Sosehr Studierende bei der Literatursuche im Stich gelassen werden, so hervorragend wird ihnen bei der Einübung des Stoffes vom Autor, Gewinner des Lehrpreises des Landes Rheinland-Pfalz, geholfen. Vermutlich ein didaktisches Alleinstellungsmerkmal des Lehrwerks: 95 Beispiele, 70 Übungsaufgaben, 134 Verständnisfragen und drei durchgängige Fallbeispiele sind vorbildlich. Deshalb ist das Buch trotz der erwähnten Mängel empfehlenswert. Seinem Verfasser rate ich allerdings für eine weitere Auflage zu einer entsprechenden Überarbeitung. Autor: Heinz Schelle